OGH 2Ob617/90

OGH2Ob617/9021.11.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Zehetner und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T und D Gastronomiebetriebsgesellschaft m.b.H., Rainer Straße 12, 4910 Ried im Innkreis, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Egon H***, Diplom-Innenarchitekt, Alte Schule, 4844 Regau, vertreten durch Dr. Wolfgang Puttinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen S 1,302.484,40 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 12. September 1990, GZ Nc 75/90-6, womit der Antrag der beklagten Partei, die Rechtssache dem Kreisgericht Wels abzunehmen und dem Kreisgericht Ried im Innkreis zu übertragen, abgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:

Die Rechtssache wird dem Kreisgericht Wels abgenommen und dem Kreisgericht Ried im Innkreis zugewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.235,91 bestimmten Rekurskosten (darin Umsatzsteuer von S 3.539,31, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte mit ihrer zu 5 Cg 175/90 des Kreisgerichtes Wels eingebrachten Klage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 1,302.484,40 sA im wesentlichen mit der Begründung, er habe ihr im Rahmen seiner auftragsgemäßen Tätigkeit anläßlich der Errichtung ihres Gastlokales im Haus Rainer Straße 12 in Ried im Innkreis einen Schaden in dieser Höhe zugefügt. Die Klägerin berief sich zum Nachweis ihrer Klagsbehauptungen neben Urkundenbeweisen auf die Einvernahme eines im Sprengel des KG Ried im Innkreis wohnhaften Zeugen, auf die Durchführung eines Ortsaugenscheines, die Einholung eines Gutachtens eines Bausachverständigen und auf Parteienvernehmung.

Der Beklagte bestritt das Klagevorbringen und berief sich seinerseits zum Nachweis seiner Behauptungen neben Urkundenbeweisen auf die Einvernahme eines im Sprengel des KG Ried im Innkreis wohnhaften Zeugen, die Einholung eines Gutachtens eines Bausachverständigen und Parteienvernehmung.

Der Beklagte beantragte die Delegierung dieser Rechtssache an das KG Ried im Innkreis aus Zweckmäßigkeitsgründen. Die Klägerin sprach sich dagegen aus.

Das Oberlandesgericht Linz wies mit dem angefochtenen Beschluß den Delegierungsantrag des Beklagten im wesentlichen mit der Begründung ab, daß zwar die beantragten Zeugen und auch der Gesellschafter der Klägerin in Ried im Innkreis wohnten, doch spiele dies angesichts der geringen Entfernung zwischen Wels und Ried im Innkreis und der guten Verkehrsverhältnisse keine entscheidende Rolle. Ob ein Ortsaugenschein tatsächlich vorgenommen werde, sei fraglich; auch diesbezüglich sei auf die räumliche Nähe zu verweisen. Für den mit einiger Sicherheit zu erwartenden Sachverständigenbeweis sei der Ort des Prozeßgerichtes gleichgültig. Dem Kanzleisitz eines Parteienvertreters komme keine Bedeutung zu. Die von der Klägerin aufgestellte Behauptung, vom KG Ried im Innkreis sei keine Objektivität zu erwarten, sei zwar als unsachlich zurückzuweisen; sie sei aber für das Delegierungsverfahren insofern von Bedeutung, als unter Umständen Ablehnungsverfahren und damit letztlich eine Verteuerung und Verzögerung des Prozesses zu erwarten seien. Bei dieser Sach- und Rechtslage sei dem Delegierungsantrag keine Folge zu geben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der (zu Unrecht als Revisionsrekurs bezeichnete) Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Stattgebung seines Delegierungsantrages abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 209; EvBl. 1987/204 mwN ua) und auch sachlich berechtigt. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß dann, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit einer Delegierung nach § 31 JN nicht eindeutig zu Gunsten beider Parteien beantwortet werden kann und eine der Parteien der Delegierung widerspricht, dieser in der Regel der Vorzug zu geben ist; wenn aber mindestens eine Partei und die überwiegende Zahl der Zeugen im Sprengel des anderen Gerichtes wohnen, ist die Delegierung in der Regel zweckmäßig (EvBl. 1966/380 uva; zuletzt etwa 7 Nd 510/90). Insbesondere der Ort eines beantragten Lokalaugenscheines ist für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer Delegierung von ausschlaggebender Bedeutung (7 Nd 507/90 ua). Ebensowenig, wie ein Delegierungsantrag auf Ablehnungsgründe gestützt werden kann (EvBl 1958/366; EvBl 1968/144 ua), kann für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Delegierung die Befürchtung der der Delegierung widersprechenden Partei, bei einem anderen Gericht nicht mit einer objektiven und vorurteilsfreien Verfahrensführung rechnen zu können, von Bedeutung sein. Die räumliche Entfernung zwischen den Kreisgerichten Wels und Ried im Innkreis ist nicht so gering, daß im Hinblick darauf die Zweckmäßigkeit der Delegierung einer Rechtssache von dem einen Gericht an das andere schlechthin verneint werden könnte.

Geht man von diesen Grundsätzen aus und berücksichtigt man im vorliegenden Fall, daß die Klägerin ihren Sitz in Ried im Innkreis hat, daß die beantragten Zeugen im Sprengel dieses Gerichtes wohnen und der von der Klägerin beantragte Ortsaugenschein in Ried im Innkreis durchzuführen wäre, dann erscheint die vom Beklagten beantragte Delegierung im wohlverstandenen Interesse beider Parteien gelegen, weil die Sache aller Voraussicht nach vom KG Ried im Innkreis rascher und mit geringerem Kostenaufwand zu Ende geführt werden kann (EvBl 1968/144 uva; zuletzt etwa 7 Nd 507/90). Es war daher in Stattgebung des Rekurses des Beklagten wie im Spruch zu entscheiden.

Da die Klägerin im Zwischenstreit über die Delegierung unterlegen ist, hat sie dem Beklagten die Rekurskosten zu ersetzen (§ 52 ZPO; 6 Nd 512/84; 4 Ob 526/89).

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