OGH 2Ob606/94

OGH2Ob606/9412.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Erika R*****, vertreten durch Dr.Georg Josef Reich, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Johanna G*****, vertreten durch Dr.Ernst Mayr und Dr.Christoph Rittler, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 58.787,88 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 15.November 1994, GZ 4 Nc 8/94-15, womit der Delegierungsantrag der klagenden Partei abgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit der beim Bezirksgericht Hall in Tirol eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von S 20.775 sA mit der Begründung, mit der Beklagten vereinbart zu haben, durch Dipl.Ing.P***** die Teilung einer gemeinsamen Liegenschaft und die Begründung von Wohnungseigentum vorbereiten zu lassen. Die Kosten sollten je zur Hälfte getragen werden. Die Beklagte weigere sich aber nunmehr, die Hälfte der von der Klägerin getragenen Kosten zu zahlen (refundieren).

Zum Beweis ihres Vorbringens beantragt die Klägerin die Einvernahme der Zeugen Dipl.Ing.P***** (6800 Feldkirch), Auguste und Karl M***** (6672 Nesselwängle), Dr.R***** (Feldkirch), RA Dr.Ernst M***** (Innsbruck), RA Dr.Georg Josef R***** (Wien) sowie PV.

Die Beklagte bestritt die von der Klägerin behauptete Vereinbarung und beantragte die Einvernahme der Zeugen R***** (Innsbruck), Wolfgang und Dr.Elvira M***** (Innsbruck) und Parteienvernehmung.

Im vorbereitendem Schriftsatz vom 14.6.1991 beantragte die Klägerin zusätzlich noch die Einvernahme der Zeugen Josef M***** (Deutschland) und Mag. Kassian R***** (Feldkirch).

In der Verhandlung vom 12.7.1994 faßte das Erstgericht einen Beweisbeschluß auf Einvernahme der beantragten Zeugen, Einsichtnahme in die Pläne und PV.

Mit Schriftsatz vom 25.7.1994 dehnte die Klägerin das Klagebegehren um den Betrag von S 38.012,88 sA aus und brachte dazu vor, es handle sich dabei um eine Rechnung eines Elektroinstallationsunternehmens, zu deren Tragung sich die Beklagte verpflichtet habe. Zum Beweise dieses Vorbringens beantragte sie die Einvernahme der Zeugen S***** (Feldkirch) und H***** (Wien).

Mit dem am 17.10.1994 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz beantragte die Klägerin die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Feldkirch mit der Begründung, es müßten Augenscheine mit Sachverständigen vorgenommen werden, die meisten Zeugen lebten in Feldkirch. Die Parteien seien auch "Eigentümer in Feldkirch bzw waren solche". Die Zeugen Dr.M***** seien heute noch Eigentümer. Die Zureise des Zeugen Dipl.Ing.P***** nach Hall wäre mit einem großen Aufwand verbunden.

Die beklagte Partei sprach sich gegen die beantragte Delegierung mit der Begründung aus, es gebe ebensoviele Gründe, die für die Belassung der Rechtssache beim zuständigen Bezirksgericht Hall sprechen wie solche, die von der klagenden Partei für die beantragte Delegierung ins Treffen geführt werden. Da es im wesentlichen darum gehe, welche Vereinbarungen zwischen den Streitteilen getroffen wurden, sei ein Sachbefund an Ort und Stelle überhaupt nicht erforderlich.

Das Erstgericht sprach sich nicht gegen den Delegierungsantrag aus, da ein Großteil der Zeugen sich in Feldkirch befinde, desgleichen auch die streitgegenständliche Liegenschaft; allenfalls sei auch ein Sachverständigenbeweis und/oder ein Lokalaugenschein erforderlich.

Das zur Entscheidung über den Delegierungsantrag zuständige Oberlandesgericht Innsbruck wies diesen ab. Es führte aus, eine Delegierung solle nur den Ausnahmefall darstellen und solle keinesfalls durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden. Wenn sich die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien lösen lasse und eine Partei der Delegation widerspreche, sei die Delegation abzulehnen.

Im vorliegenden Fall lasse sich die Frage der Zweckmäßigkeit der beantragten Delegierung keineswegs eindeutig bejahen, weil die überwiegende Anzahl der Zeugen nicht in Vorarlberg, sondern in Tirol wohne. Für die Einvernahme der Klägerin und des Klagevertreters als Zeugen sei es nicht entscheidend, ob sie nach Hall in Tirol oder nach Feldkirch zureisten. Weder ein Ortsaugenschein noch ein Sachbefund seien bisher angeboten worden, es sei nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien auch nicht zu ersehen, weshalb ein solcher erforderlich sein sollte.

Dagegen richtet sich der Rekurs der klagenden Partei, welcher wohl zulässig (siehe Mayr in Rechberger, ZPO Rz 6 zu § 31 JN), aber nicht berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel geltend, die Zeugen Wolfgang und Dr.Elvira M***** (richtig: M*****) wohnten zwar in Tirol, seien aber Eigentümer der Liegenschaft in Feldkirch, wo sie sich auch niederlassen wollten. Die Beklagte komme als Maklerin laufend nach Vorarlberg, die Klägerin habe ihren ordentlichen Wohnsitz in Feldkirch, dies gelte auch für den Klagevertreter, der als Zeuge beantragt worden sei. Die Zeugen Dr.M***** (M*****) seien junge Leute, die Klägerin und ihr Gatte seien 58 und 64 Jahre, die jungen Leute könnten viel leichter von Innsbruck nach Feldkirch fahren, als die älteren von Wien nach Innsbruck und wieder zurück. Mit der Ladung der Zeugen Dipl.Ing.P***** und RA Dr.R***** nach Innsbruck wären beträchtliche Kosten verbunden. Auguste und Karl M***** könnten leichter nach Feldkirch als nach Innsbruck fahren; Augenschein und Sachbefund seien erforderlich, weil auch die Höhe der Rechnung von Dipl.Ing.P***** bestritten sei. Schließlich sei noch zu bedenken, daß es zu einer Verbindung mit anderen Rechtssachen kommen werde, wonach es überhaupt keinen Zweifel mehr geben könne, daß die Delegation nach Feldkirch nicht nur zweckmäßig, sondern geboten sei.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Zweckmäßig ist eine Delegierung dann, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung des Gerichtszuganges und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreites beitragen kann (Fasching LB2 Rz 209; 2 Nd 8/91 ua). Gegen den Widerspruch einer Partei ist dem Delegierungsantrag nur dann zu entsprechen, wenn die Übertragung der Sache vom zuständigen Gericht an ein anderes im eindeutigen Interesse aller Verfahrensbeteiligter liegt (2 Nd 3/93 ua). Wenn sich die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien lösen läßt und eine Partei der Delegation widersprochen hat, so ist diese abzulehnen (EFSlg 69.712).

Wie das Obelandesgericht Innsbruck bereits zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich im vorliegenden Fall kein eindeutiger Schwerpunkt für die Gerichtstätigkeit an einem bestimmten Ort, weil ein Teil der Zeugen in Vorarlberg, ein anderer hingegen in Tirol und schließlich die Klägerin sowie ihr Vertreter und der Zeuge M***** weit entfernt von beiden Gerichten wohnen. Die Ausführungen im Rekurs der Klägerin, wonach sich die Zeugen Dr.M***** in Feldkirch niederlassen wollen, die Beklagte laufend nach Vorarlberg kommt, die Klägerin und der Zeuge Dr.R***** ihren ordentlichen Wohnsitz in Feldkirch haben, die Zeugen Dr.M***** als junge Leute leichter nach Feldkirch kommen können und es zu einer Verbindung mit anderen Rechtssachen kommen werde, verstoßen gegen das auch für das Rekursverfahren geltende Neuerungsverbot (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 526), so daß darauf nicht einzugehen ist. Daß mit der Einvernahme der Zeugen Dipl.Ing.P***** und Dr.R***** gewisse Kosten verbunden sind, vermag nicht ein eindeutiges Schwergewicht für die Gerichtstätigkeit in Feldkirch zu begründen, so daß es bei der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung zu bleiben hat.

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