OGH 2Ob588/95

OGH2Ob588/9526.5.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Spenling als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Gerda L*****, vertreten durch Dr.Heinz Oppitz und Dr.Heinrich Neumayr, Rechtsanwälte in Linz,

1. gegen die beklagten Parteien 1.) Marianne A*****, und 2.) Jörg A*****, beide vertreten durch Dr.Christoph Rogler, Rechtsanwalt in Steyr, wegen Feststellung (Streitwert S 110.000,--) und Einräumung von Veräußerungs- und Belastungsverboten (Streitwert je S 65.000,--), und

2. gegen die angeführte erstbeklagte Partei Marianne A*****, außerdem wegen Feststellung und Einräumung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes (Streitwert S 110.000,--),

infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 5.September 1995, GZ 4 R 13/95-16, womit infolge Berufung der klagenden und der (Erst-)Beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 2. November 1994, GZ 2 Cg 23/94i-8, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig,

a) den beklagten Parteien Marianne A***** und Jörg A***** S 12.335,40 (darin enthalten S 2.055,90 USt) und

b) der beklagten Partei Marianne ***** S 5.286,60 (darin enthalten S 881,10 USt)

an Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 8.3.1991 verstorbene Rudolf A***** hinterließ ein Testament vom 28.2.1990, dessen Punkte 1. und 2a. folgenden Wortlaut haben:

"1. Zu meiner Alleinerbin bestimme ich meine Frau Maria A*****.

Falls meine Frau das Erbe nicht antreten will oder nicht antreten kann, sollen mein Sohn Jörg A***** und meine Enkelin Gerda L***** je zur Hälfte meine Erben sein.

2. Zugleich setze ich folgende Vermächtnisse aus:

a) Meiner Frau Maria A***** vermache die mir gehörige Hälfte des Wohnhauses in ***** N*****, T*****, EZ 455 KatGem G***** mit der Auflage, an der ihr gehörigen und an der ererbten Hälfte dieser Liegenschaft, somit an der Gesamtliegenschaft, meinem leiblichen Sohn Jörg A***** auf dessen Lebensdauer das Fruchtnießungsrecht einzuräumen, unserer Enkelin Gerda L***** an dieser Liegenschaft jedoch das Nachvermächtnis einzuräumen.

Dieses Anwartschaftsrecht der Gerda L***** ist durch grundbücherliche Eintragung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes zu ihren Gunsten abzusichern, das dem Jörg A***** einzuräumende Fruchtnießungsrecht ist ebenfalls grundbücherlich einzutragen."

Die im Testament genannte Maria A***** ist mit der (Erst-)Beklagten ident.

Im Verlassenschaftsverfahren erklärte sie durch ihren Rechtsvertreter, die "Auflage", an der ihr gehörenden Hälfte der Liegenschaft EZ 455 KG G***** dem Jörg A***** (dem Zweitbeklagten) das Fruchtgenußrecht und der Gerda L***** (der Klägerin) das Nachvermächtnis einzuräumen, als unzulässig zu erachten und nicht erfüllen zu wollen. Hinsichtlich der ererbten Hälfte der Liegenschaft werde sie das angeordnete Veräußerungs- und Belastungsverbot und das Fruchtgenußrecht dulden. Sie räume an der erblasserischen Hälfte der Liegenschaft dem Zweitbeklagten das Fruchtgenußrecht ein und verpflichte sich, diese Hälfte ohne Zustimmung der Klägerin weder zu veräußern noch zu belasten.

Mit Übergabsvertrag vom 19.9.1991 hatte die (Est-)Beklagte bereits ihr Hälfteeigentum an den Grundstücken 766/1 und 766/2 der EZ 455 KG G***** an den Zweitbeklagten übergeben. Für die übergebenen Grundstücke wurde die neue Einlage EZ 529 eröffnet und zugleich das Hälfteeigentum für den Zweitbeklagten einverleibt. Das in der EZ 455 verbliebene Grundstück 182/1 ist nicht Gegenstand des Übergabsvertrages.

Mit ihrer zu 2 Cg 115/93t des Erstgerichtes eingetragenen und nur gegen Marianne A***** gerichteten Klage begehrt die Klägerin

1. die Feststellung, daß ihr aufgrund des Testamentes vom 28.2.1990 das Nachvermächtnis an der Liegenschaft EZ 455 im Grundbuch G***** in der Form zustehe, daß ihr nach dem Ableben der Beklagten das Eigentumsrecht an der Gesamtliegenschaft zufalle;

2. die Verpflichtung der Beklagten, in die Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes ob der Liegenschaft EZ 455 Grundbuch G***** zu ihren Gunsten einzuwilligen.

Soweit der Erblasser ihr das Nachvermächtnis auch hinsichtlich der der Beklagten gehörigen Hälfte der Liegenschaft eingeräumt habe, handle es sich um das Vermächtnis einer fremden Sache, das iS des § 662 ABGB gültig sei. Die Beklagte habe daher nur die Möglichkeit gehabt, die Erbschaft anzutreten oder sie auszuschlagen. Da sie die Erbschaft aus dem Rechtstitel des Testamentes vom 28.2.1990 angetreten habe, sei sie auch verpflichtet, die im Testament ausgesetzten Vermächtnisse zu erfüllen.

Mit ihrer zu 2 Cg 23/94i des Erstgerichtes eingetragenen und gegen Marianne A***** und Jörg A***** gerichteten Klage begehrt die Klägerin

1. die Feststellung, daß ihr aufgrund des Testamentes vom 28.2.1990 das Nachvermächtnis an der Liegenschaft EZ 529 Grundbuch G***** in der Form zustehe, daß ihr nach dem Ableben der Erstbeklagten das Eigentumsrecht an der Gesamtliegenschaft zufalle;

2. die Verpflichtung des Zweitbeklagten, in die Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes ob dem ihm gehörenden Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 529 Grundbuch G***** zu ihren Gunsten einzuwilligen und

3. die Verpflichtung der Erstbeklagten, in die Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes ob dem Hälfteanteil des Rudolf A***** an der Liegenschaft EZ 529 Grundbuch G***** zu ihren Gunsten einzuwilligen.

Die Klägerin wiederholte dazu ihr bereits oben widergegebenes Vorbringen und brachte überdies vor, daß die beiden Beklagten mit dem von ihnen während des gesamten Verlassenschaftsverfahrens verschwiegenen Übergabsvertrag vom 19.9.1991 versucht hätten, den Willen des Erblassers zu unterlaufen. Der Zweitbeklagte sei bei Abschluß des Übergabsvertrages nicht gutgläubig gewesen. Er müsse daher die Rechte, die ihr aufgrund des Testamentes des Erblassers zustünden, auch gegen sich gelten lassen. Er habe im Übergabsvertrag überdies alle Rechte und Pflichten der Erstbeklagen hinsichtlich der vertragsgegenständlichen Liegenschaftsanteile übernommen. Diese Anteile seien aber bereits damals mit dem Vermächtnis des Erblassers belastet gewesen. Auch aus diesem Grunde müsse der Zweitbeklagte dieses ihm bei Errichtung des Übergabsvertrages bekannte Vermächtnis gegen sich gelten lassen.

In ihrer zu 2 Cg 115/93t erstatteten Klagebeantwortung brachte die Beklagte vor, sich lange vor Abgabe ihrer Erbserklärung zur Übergabe ihres Hälfteanteiles an den Grundstücken 766/1 und 766/2 der EZ 455 Grundbuch G***** verpflichtet zu haben, um ihre Betreuung und Pflege bis zu ihrem Lebensende abzusichern. Zum Zeitpunkt der Abgabe der Erbserklärung seien daher die Voraussetzungen des § 662 ABGB nicht vorgelegen, weshalb das angeordnete Vermächtnis einer fremden Sache nicht zulässig sei. Überdies fehle der Klägerin das Feststellungsinteresse sowie - was das Leistungsbegehren anlange - das Rechtsschutzinteresse. Darüberhinaus sei sie (Beklagte) in ihren Pflichtteilsansprüchen verkürzt worden, weshalb sich auch die Klägerin eine verhältnismäßige Beschränkung des ihr zugedachten Vermächtnisses zurechnen lassen müsse.

In der von beiden Beklagten zu 2 Cg 23/94i erstatteten Klagebeantwortung brachten sie überdies vor, daß die von der Klägerin verlangte Einwilligung in die Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes ob dem Hälfteanteil des Erblassers an der Liegenschaft EZ 529 Grundbuch G***** im Verlassenschaftsverfahren längst abgegeben worden sei. Das gegen den Zweitbeklagten gerichtete Feststellungsbegehren sei nicht berechtigt, weil der Umfang des Vermächtnisses der Klägerin zwischen dieser und ihm nicht strittig sei. Dies ändere aber nichts daran, daß er rechtsgültig aufgrund des Übergabsvertrages Eigentum an der streitgegenständlichen Liegenschaftshälfte erworben habe. Diese Liegenschaftshälfte sei nicht mit dem Vermächtnis des Erblassers belastet gewesen. An der begehrten Aufsandungserklärung des Zweitbeklagten könne die Klägerin kein Rechtsschutzinteresse haben, weil eine grundbuchmäßige Durchführung auf der dem Zweitbeklagten gehörigen Liegenschaftshälfte im Hinblick auf § 364c ABGB unmöglich sei.

Das Erstgericht verband beide Rechtssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung.

Mit Urteil vom 2.11.1994 gab es dem zu 2 Cg 23/94i (gegen beide Beklagten) gerichteten Klagebegehren hinsichtlich der Erstbeklagten in Ansehung des Hälfteanteiles des Erblassers statt. Das gegen die Erstbeklagte erhobene Mehrbegehren und das gegen den Zweitbeklagten gerichtete Klagebegehren wies es ab. Das zu 2 Cg 115/93t (nur gegen Marianne A*****) erhobene Klagebegehren wies es ebenfalls ab.

Da im Verlassenschaftsverfahren der Nachlaß vor dem Beschluß des Grundbuchsgerichtes betreffend die Neueröffnung der EZ 529 Grundbuch G***** eingeantwortet worden sei, sei das Klagebegehren hinsichtlich der erblasserischen Hälfte dieser neuen Einlagezahl berechtigt. Die (Erst-)Beklagte habe ihre Zustimmung zur Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes zugunsten der Klägerin nur hinsichtlich der erblasserischen Hälfte der Liegenschaft EZ 455 gegeben. Im übrigen seien die Klagen abzuweisen gewesen, weil bei der letztwilligen Verfügung des Erblassers nicht das Vermächtnis, sondern die Substitution im Vordergrund stehe. Wenngleich gemäß § 662 ABGB das Vermächtnis einer dem Erben gehörenden Sache zulässig sei, so sei doch aus § 608 ABGB zu schließen, daß eine Substitution über ein erblasserfremdes Vermögen nicht möglich sei.

Das von der Klägerin und von der (Erst-)Beklagten angerufene Berufungsgericht änderte das Ersturteil iS der Abweisung aller Klagebegehren ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes bei jedem Anspruch S 50.000,-- übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei.

Nach § 684 2. Satz ABGB könne das Eigentumsrecht an der vermachten Sache nur nach den für die Erwerbung des Eigentums aufgestellten Vorschriften erlangt werden. Vom hier nicht gegeben Fall des § 10 WEG abgesehen werde dem Vermächtnisnehmer ein schuldrechtlicher Anspruch auf einzelne Sachen oder Rechte eingeräumt, die erst durch Verfügungsgeschäfte übertragen werden müßten. Wegen des in § 684 ABGB enthaltenen Hinweises auf die Vorschriften des fünften Hauptstückes des ABGB sei § 440 ABGB anwendbar. Demnach falle die unbewegliche Sache, die der Eigentümer zwei verschiedenen Personen überlassen habe, demjenigen zu, der früher um die Einverleibung angesucht habe. Demgemäß sei ein Zufallen des Eigentumsrechtes an die Klägerin (Nachlegatarin) nach dem Ableben der Erstbeklagten (Erbin) im Sinne des Feststellungsbegehrens gesetzlich nicht vorgesehen, weil der Legatarin das Eigentumsrecht erst durch sachenrechtlichen Übertragungsakt zu verschaffen sei. Soweit bereits der Zweitbeklagte grundbücherlicher Hälfteigentümer geworden sei, sei überdies ein sachrechtlicher Übertragungsakt der Erbin zu Gunsten der Klägerin nicht mehr möglich. Allfällige Schadenersatzansprüche der Klägerin gegen die (Erst-)Beklagte iS des § 920 ABGB oder gegen den Zweitbeklagten wegen schuldhafter Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte habe die Klägerin nicht geltend gemacht. Hinsichtlich der begehrten Einwilligung in die Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes sei zwischen dem vormals dem Erblasser gehörenden Hälfteanteil und dem von der Verlassenschaftsabhandlung nicht tangierten Hälfteanteil der Erstbeklagten zu unterscheiden. Bezüglich des erstgenannten Anteils habe die Verlassenschaftsabhandlung bereits zu dem verbücherungsfähigen Ergebnis geführt, daß bei der erblasserischen Hälfte der Liegenschaft EZ 455 das Veräußerungs- und Belastungsverbot für die Klägerin einverleibt werden könne. Die nachträgliche Abschreibung wesentlicher Bestandteile dieser Liegenschaft stelle kein Hindernis dar, mittels der zitierten Einantwortungsurkunde das Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten der Klägerin auch ob dem entsprechenden Hälfteanteil an der EZ 529 zu verbüchern. Da somit die Klägerin aufgrund des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung zur Verbücherung des ihr letztwillig zugedachten Belastungs- und Veräußerungsverbotes in der Lage sei, bestehe kein Rechtschutzbedürfnis nach weiteren inhaltsgleichen grundbuchsfähigen Einwilligungen oder Erklärungen der beklagten Erbin. Hinsichtlich des nicht in die Verlassenschaft fallenden Hälfteanteiles sei - selbst wenn man die Berechtigung des Erblassers, hierüber letztwillig zu verfügen, bejahe - davon auszugehen, daß ein letztwilliges Veräußerungs- oder Belastungsverbot gemäß § 364c ABGB nur den ersten Eigentümer, nicht aber seine Erben oder sonstigen Rechtsnachfolge binde. Erster Eigentümer im Sinne dieser Gesetzesstelle sei die mit dem Verbot belastete Erbin; der nunmehrige grundbücherliche Eigentümer dieses Hälfteanteils - der Zweitbeklagte - sei hingegen einem Dritten oder sonstigen Rechtsnachfolger im Sinne des § 364c ABGB gleichzuhalten, gegen den das Verbot nicht wirke. Dazu komme, daß das Verbot nur dann eintragungsfähig sei, wenn es zwischen den in § 364c ABGB genannten Personen begründet worden sei. Maßgeblich sei das Verhältnis des Belasteten zum Begünstigten. Mit dem Verbot solle jedoch der Hälfteanteil des Zweitbeklagten und somit dieser belastet werden. Auf die Liegenschaft EZ 455 treffe dieser Abweisungsgrund nicht zu, weil insofern die Kindeseigenschaft der Klägerin bestehe. Hier schließe sich das Berufungsgericht der Rechtsansicht des Erstgerichtes an, daß eine fidekommisarische Substitution hinsichtlich einer dem Erblasser nicht gehörenden Sache gesetzlich nicht vorgesehen sei. Über fremdes Vermögen zu verfügen, widerspreche an sich schon dem allgemeinen Rechtsgrundsatz des § 442 3. Satz ABGB. Soweit § 662 ABGB hievon eine Ausnahme zulasse, sei er eng auszulegen.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil sich die Lösung der hier vorliegenden Rechtsprobleme nicht ohne weiteres aus der oberstgerichtlichen Rechtsprechung ergebe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Stattgebung sämtlicher Klagebegehren abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufgebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil aus Gründen der Rechtssicherheit ein Bedürfnis zur Klarstellung der von den Vorinstanzen nicht erkannten Rechtswirkungen des erblasserischen Testamentes besteht.

Sie ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.

Ausgangspunkt für die Auslegung des Testamentes vom 28.2.1990 ist die bislang unbeachtet gebliebene Tatsache, daß die in seinem Punkt 1 als Alleinerbin eingesetzte (Erst-)Beklagte nach dem völlig eindeutigen Wortlaut des Punktes 2 hinsichtlich der in Rede stehenden Liegenschaft Vermächtnisnehmerin ist. Eine derartige Anordnung - nämlich die Aussetzung eines Vermächtnisses an den Alleinerben - wird von Lehre und Rechtsprechung unter Hinweis auf § 648 ABGB als zulässig erachtet und hat zur Folge, daß der bedachte Erbe hinsichtlich des Vermächtnisgegenstandes in seinen Rechtsverhältnissen zu anderen Personen wie ein Legatar zu behandeln ist (Kralik, Erbrecht 207; Weiß in Klang**2 648 f; 5 Ob 9/82; 3 Ob 620/85).

Die der Vermächtnisnehmerin erteilte "Auflage", der Klägerin an der Liegenschaft das Nachvermächtnis einzuräumen, erweist sich inhaltlich hinsichtlich der in den Nachlaß fallenden Liegenschaftshälfte als Nachvermächtnis iS des § 652 ABGB. Die Verwendung des Wortes "Auflage" ändert daran nichts, weil der Erblasser der Klägerin nach dem Inhalt der in Rede stehenden Anordnung einen durchsetzbaren Anspruch einräumen wollte; damit liegt aber inhaltlich ein - im übrigen vom Erblasser auch so bezeichnetes - Nachvermächtnis vor (Welser in Rummel**2 Rz 7 zu § 709; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht10 II 372 und die dort jeweils angeführten Nachweise). Hinsichtlich der im Eigentum der (Erst-)Beklagten stehenden Liegenschaftshälfte kommt aber eine Deutung der erblasserischen Anordnung als Nachvermächtnis nicht in Betracht, weil hier begrifflich nicht von der Anordnung einer Nachfolge in den Rechten an einem vom Erblasser zugewendeten Vermögensgegenstand gesprochen werden kann.

Gemäß § 650 ABGB steht es dem Erblasser frei, einen Legatar zur Erfüllung eines Vermächtnisses an einen anderen Vermächtnisnehmer zu verpflichten (Untervermächtnis; Sublegat; Welser in Rummel**2 Rz 1 zu § 649; Kralik aaO 213; Weiß aaO 511). Von dieser Möglichkeit hat der Erblasser Gebrauch gemacht, indem er die (Erst-)Beklagte als Vermächtnisnehmerin verpflichtete, dem Zweitbeklagten an der Gesamtliegenschaft das Fruchtgenußrecht einzuräumen.

Aber auch die Anordnung, der Klägerin an der der (Erst-)Beklagten gehörenden Liegenschaftshälfte "das Nachvermächtnis" einzuräumen, stellt sich inhaltlich als ein derartiges Untervermächtnis dar. Anders kann der für die Auslegung der letztwilligen Anordnung maßgebende (und hier offenkundige) Wille des Erblassers (Koziol/Welser aaO 329), der Klägerin nach dem Ableben der (Erst-)Beklagten nicht nur seine eigene Liegenschaftshälfte zuzuwenden, sondern auch jene der (Erst-)Beklagten, nicht interpretiert werden. Daran ändert nichts, daß dieses der Klägerin ausgesetzte Untervermächtnis erst nach dem Tode der (Erst-)Beklagten zum Tragen kommen soll, weil es dem Erblasser freisteht, den Zeitpunkt der Fälligkeit des Vermächtnisses zu bestimmen (Welser aaO Rz 1 zu § 685; Kralik aaO 237).

Daß sich die vom Erblasser ausgesetzten Untervermächtnisse (auch) auf die nicht in seinem Eigentum stehende Liegenschaftshälfte beziehen, beeinträchtigt die Wirksamkeit der erblasserischen Anordnung nicht. § 662 ABGB bezeichnet das Vermächtnis einer fremden Sache, "die weder dem Erblasser, noch dem Erben oder Legatar, welcher sie einem Dritten leisten soll, gehört", als wirkungslos. Daraus ergibt sich aber, daß Legate - aber auch Sublegate - wirksam sind, sofern die hievon betroffene Sache im Eigentum des Beschwerten steht, also des Erben oder des mit einem Untervermächtnis belasteten Hauptlegatars (Welser aaO Rz 2 zu § 662; Weiß aaO 662). Dabei kommt es jedenfalls nicht - wie die (Erst-)Beklagte meint - auf den Zeitpunkt der Erbserklärung an. Ob auf den Zeitpunkt des Erbanfalles (so Welser aaO Rz 2 zu § 662), oder auf den Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Anordnung (so Weiß aaO 559 und Miet 22.840) abzustellen ist, kann dahingestellt bleiben. Auch die zuletzt zitierte Meinung würde hier nämlich zu keinem anderen Ergebnis führen, weil gar nicht behauptet wurde, daß die zum Zeitpunkt des Erbanfalles im Eigentum der (Erst-)Beklagten stehenden Liegenschaftshälfte zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Anordnung nicht ihr gehört hätte.

Damit erweist sich die vom Erblasser im Punkt 2 des Testamentes angeordnete Regelung in ihrer Gesamtheit als zulässig und wirksam. Danach kommt der Klägerin in Ansehung der Liegenschaftshälfte der (Erst-)Beklagten die Stellung einer Untervermächtnisnehmerin zu, in Ansehung der dem Erblasser gehörenden Liegenschaftshälfte hingegen die Stellung einer Nachvermächtnisnehmerin.

Es bedarf daher der Klärung der Rechtsfolgen der von der (Erst-)Beklagten im Verlassenschaftsverfahren abgegebene Erklärung, nur die den erblasserischen Liegenschaftsanteil betreffenden Anordnungen des Erblassers zu akzeptieren, nicht aber die Anordnungen, die sich auf ihren eigenen Anteil beziehen:

Dem Vermächtnisnehmer steht es frei, das Vermächtnis auszuschlagen. Vom Fall der Teilbarkeit des Vermächtnisgegenstandes abgesehen, kommt aber eine Teilausschlagung nicht in Betracht (Welser aao Rz 11 zu § 647; Kralik aaO 236). Nach Wortlaut und Zweck der erblasserischen Anordnung kann nicht zweifelhaft sein, daß es sich dabei um eine einheitliche und unteilbare Gesamtregelung handelt, weshalb es der (Erst-)Beklagten als Vermächtnisnehmerin nicht freistehen kann, nur die ihr genehmen Teile der angeordneten Regelung zu akzeptieren. Da somit eine Teilausschlagung des Vermächtnisses nicht möglich ist, kann die von der (schon damals anwaltlich vertretenen) (Erst-)Beklagten abgegebene Erklärung, die ihre Liegenschaftshälfte betreffenden Anordnungen nicht zu akzeptieren, nur als Ausschlagung des ihr mit Punkt 2 des Testamentes ausgesetzten Vermächtnisses verstanden werden (vgl dazu Kralik aaO 236, wonach die Ausschlagung des Vermächtnisses auch konkludent erfolgen kann; ebenso die - bei vergleichbarer Rechtslage - zu § 2180 Abs 2 BGB ergangene Entscheidung ZfRV 1988, 132).

Wird das mit einem Untervermächtnis belastete Vermächtnis ausgeschlagen, wird der Vermächtnisnehmer von seiner Verpflichtung gegenüber dem Untervermächtnisnehmer frei (Weiß aaO 515; Kralik aaO 236). Das Vermächtnis fällt einem allenfalls berufenen Ersatzvermächtnisnehmer zu, sonst dem Erben (Welser aaO Rz 4 zu § 651). Ein allfälliger Nachberufener ist so zu behandeln, als ob er das Vermächtnis bereits mit dem Anfall erworben hätte (Kralik aaO 236).

Gemäß § 652 ABGB sind auf das Subsituitionsvermächtnis "die in dem vorigen Hauptstück gegebenen Vorschriften" (gemeint: die §§ 604 bis 617) anzuwenden. Daraus wird im Hinblick auf § 608 ABGB abgeleitet, daß einem Nachlegatar auch die Stellung eines Ersatzlegatares zukommt (Welser aaO Rz 1 zu § 652). Die Klägerin ist daher aufgrund ihrer Berufung als Nachlegatarin auch als Ersatzlegatarin anzusehen, weshalb ihr iS der dargelegten Rechtslage das vom Erblasser im Punkt 2 des Testamentes ausgesetzte und von der Hauptvermächtnisnehmerin ausgeschlagene Vermächtnis zugefallen ist. Daß dieser Umstand bislang nicht erkannt wurde, ändert daran nichts, weil der Vermächtnisanspruch ipso iure erworben wird, ohne daß es einer Annahmeerklärung bedürfte (Welser aaO Rz 11 zu § 647; Kralik aaO 236). Daraus folgt aber weiter, daß das Vermächtnis nur insoweit wirksam ist, als es sich auf die in den Nachlaß fallende Liegenschaftshälfte bezieht. In diesem Umfang ist die Klägerin auch durch das dem Zweitbeklagten eingeräumte Untervermächtnis belastet. Die der (Erst-)Beklagten gehörende Liegenschaftshälfte stellt hingegen für die Klägerin eine fremde Sache iS § 662 ABGB dar, weshalb das insoweit dem Zweitbeklagten ausgesetzte Untervermächtnis (dem allerdings im Hinblick auf den mittlerweiligen Erwerb des betroffenen Liegenschaftsanteiles durch ihn ohnedies keine praktische Bedeutung mehr zukommt) wirkungslos ist.

Auch Ablauf und Ergebnis des Verlassenschaftsverfahrens stellen all dies nicht in Frage: Legatsansprüche, die - wie die hier zu beurteilenden - nicht zu den in den §§ 159, 160 AußStrG genannten (priviligierten) Vermächtnissen gehören, sind im Verlassenschaftsverfahren nicht zu berücksichtigen; bei diesen genügt es vielmehr darzutun, daß die Legatare gerichtlich oder außergerichtlich verständigt wurden (§ 161 Abs 1 AußStrG, § 817 ABGB). Ein Streit zwischen den Erben und den Vermächtnisnehmern steht in diesem Fall einer Einantwortung nicht entgegen. Die Einantwortung stellt nur die Einweisung der Erben in den Besitz des Nachlasses dar, ohne die damit verbundene Lasten, wie Legatsansprüche, zu berühren, weshalb die Einantwortung für die Frage der Legatserfüllung nicht präjudiziell wirkt. Das Abhandlungsgericht hat demnach auch über streitige Legate nicht zu entscheiden und nicht zu beurteilen, wie eine letztwillige Verfügung auszulegen ist und in welchem Ausmaß ein Vermächtnis den Vermächtnisnehmern zuzukommen hat (Feil, AußStrVerf, Handkommentar für die Praxis 428 mwN).

Daraus folgt, daß das Ergebnis des Verlassenschaftsverfahrens, in dem die eben dargestellte Rechtslage um das Vermächtnis laut Punkt 2 des Testamentes nicht berücksichtigt wurde, die Rechte der Klägerin aus diesem Vermächtnis nicht beeinträchtigt. Die Einantwortung des Nachlasses an die (Erst-)Beklagte steht mit dem aus dem Vermächtnis resultierenden Anspruch der Klägerin nicht in Widerspruch, weil ihr nur ein schuldrechtlicher Anspruch gegen die Erbin zusteht (Welser aaO Rz 6 zu § 647). Gleiches gilt für die Anordnung der Verbücherung des Eigentums der (Erst-)Beklagten an der dem Erblasser gehörenden Liegenschaftshälfte, die in der Einantwortungsurkunde (deren Inhalt zwar nicht festgestellt wurde, die aber dem Obersten Gerichtshof vorliegt) enthalten ist. Auch die Anordnung der Verbücherung des Fruchtgenußrechtes des Zweitbeklagten auf dieser Liegenschaftshälfte steht mit der dargestellten Rechtsposition der Klägerin nicht in Widerspruch, zumal ja auch sie - wie gezeigt - mit diesem Recht belastet ist. Daß ferner die Verbücherung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes für die Klägerin angeordnet wurde, stellt jedenfalls keine rechtswirksame Verneinung der darüber hinausgehenden Ansprüche der Klägerin dar.

Aus all diesen Überlegungen folgt aber, daß sich die Abweisung sämtlicher Klagebegehren durch das Berufungsgericht im Ergebnis als zutreffend erweist:

Durch die Ausschlagung des ihr ausgesetzten (belasteten) Vermächtnisses hat sich die (Erst-)Beklagte von ihrer ihren eigenen Liegenschaftsanteil betreffenden Verpflichtung gegenüber der Klägerin befreit. Für diesen Liegenschaftsanteil betreffende Ansprüche der Klägerin besteht daher keine Grundlage mehr. Hinsichtlich des in den Nachlaß fallenden Hälfteanteiles steht der Klägerin zwar ein Leistungsanspruch zu, der aber gegenüber den hier geltendgemachten Begehren ein Aliud darstellt und deren Stattgebung daher nicht rechtfertigen kann.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die von den Beklagten verzeichneten Kosten waren im Verhältnis der Streitwerte auf die beiden verbundenen Rechtssachen aufzuteilen.

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