Spruch:
Zur Haftung eines in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten für die Vertretungskosten des anderen Ehegatten in einem Ehescheidungsstreit.
Entscheidung vom 23. Juli 1952, 2 Ob 578/52.
I. Instanz: Bezirksgericht Peuerbach; II. Instanz: Kreisgericht Wels.
Text
Zwischen dem Beklagten und seiner Ehefrau besteht eine allgemeine, unter Lebenden wirkende Gütergemeinschaft. Der Kläger hat die Ehefrau in dem durch ihre Klage eingeleiteten und beim Kreisgericht Wels anhängig gewesenen Verfahren gegen den Beklagten wegen Ehescheidung vertreten; der durch alle Instanzen geführte Rechtsstreit ist mit der Abweisung des Klagebegehrens beendet worden. Die aus seiner Vertretungstätigkeit dem Kläger entstandene Kostenforderung ist bis auf den Restbetrag von 2600 S von seiner Mandantin berichtigt worden. Der Kläger begehrte mit dem Hinweis auf die bestehende Gütergemeinschaft die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des offenen Betrages bei sonstiger Exekution in das der Gütergemeinschaft unterliegende Vermögen.
Das Prozeßgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht gab ihm statt.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte das Urteil des Berufungsgerichtes.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Prozeßgericht hat unangefochten festgestellt und das Berufungsgericht hat diese Feststellung übernommen, daß die Ehefrau des Beklagten - abgesehen von den ihrem persönlichen Gebrauch dienenden Fahrnissen - über ein Sondervermögen nicht verfügt. Ihre Restschuld an den Kläger, deren Höhe und Fälligkeit außer Streit steht, kann daher nur aus dem gemeinsamen Vermögen bezahlt werden. Die Gütergemeinschaft hat aber zur Folge, daß der Beklagte für die Schulden seiner Ehefrau, soferne sie ihm nicht ohnehin primär auf Grund seiner gesetzlichen Versorgungspflicht zur Berichtigung obliegen oder das gemeinsame Vermögen betreffen, zwar nicht persönlich, wohl aber - u. zw. zur ungeteilten Hand mit ihr - sachlich mit dem der Gütergemeinschaft unterliegenden Vermögen haftet. Da jedoch bei einem solidarischen Schuldverhältnis gemäß § 891 ABGB. dem Gläubiger die Wahl überlassen ist, ob er seine Forderung gegen beide oder nur gegen einen Schuldner geltend macht, konnte der Kläger den Beklagten allein belangen. Daß die Gattin des Beklagten flach der Beendigung des Scheidungsverfahrens verpflichtet gewesen ist, die dem Beklagten aufgelaufenen Prozeßkosten zu bezahlen, und diese auch tatsächlich gezahlt hat, hat auf die Honorarforderung des Klägers keinen Einfluß. Sie ist auf Grund des Bevollmächtigungsvertrages zur Befriedigung dieser Forderung verpflichtet; diese Verpflichtung hätte auch im Falle ihres Obsiegens im Rechtsstreit bestanden, nur hätte ihr dann eben der Beklagte die gerichtlich bestimmten Kosten zu ersetzen gehabt. Auf Grund der zwischen ihr und dem Beklagten bestehenden Gütergemeinschaft kann aber, wie bereits ausgeführt wurde, der Kläger den Beklagten unmittelbar und allein in Anspruch nehmen, um einen Exekutionstitel für seine Forderung zu erwirken. Dieses Begehren des Klägers ist weder unsittlich oder gar, wie das Prozeßgericht ebenfalls angenommen hat, dem gesunden Rechtsempfinden widersprechend noch schikanös. Da vom Beklagten nicht einmal behauptet worden ist, daß der Kläger die Ehefrau zu einer von vornherein aussichtslosen Prozeßführung veranlaßt hat, kann das Ergebnis des Prozesses den Anspruch des Klägers in keiner Weise berühren, der ausschließlich aus der vom Beklagten frei vereinbarten Gütergemeinschaft abgeleitet wird. Übrigens würde auch das Unterliegen der Ehefrau in dem gegen den Beklagten angestrengten Scheidungsverfahren nicht ausreichen, in ihrem Beharren auf dem Scheidungsbegehren einen unerlaubten (deliktischen) Angriff auf den Bestand der Ehe zu erblicken. Das Revisionsgericht erachtet vielmehr auf Grund der sachlichen Solidarhaftung das Klagebegehren für begrundet und hält in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht auch das Rechtsschutzinteresse des Klägers für gegeben. Wenngleich das nur gegen den Beklagten ergangene Urteil noch nicht eine Exekutionsführung auf die Liegenschaftsanteile seiner Ehefrau zuläßt, so kann dies die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites nicht beeinflussen. Da offenbar die Ehefrau in Ansehung der Liegenschaft EZ. X ebenfalls zu einer Hälfte und in Ansehung der Liegenschaft EZ. Y ebenfalls zu einem Drittel als Eigentümerin einverleibt sein dürfte, hätte der Beisatz im Klagebegehren, mit dem die Verurteilung des Beklagten "insbesondere bei Exekution auf seine Liegenschaftsanteile" begehrt worden ist und der nichts anderes als die sachliche Haftung des Beklagten zum Ausdruck gebracht hat, vom Berufungsgericht nicht ausgeschaltet werden müssen, zumal auch der Beklagte die Fassung des Klagebegehrens nicht gerügt hat.
Dem Beklagten ist es allerdings verwehrt, diese Ausschaltung, die nach Ansicht des Berufungsgerichtes in seinem Interesse erfolgt ist, zu bekämpfen. Es ist aber auch schließlich in diesem Verfahren nicht zu beurteilen, ob der Kläger im Exekutionsweg mit einem nur gegen den Beklagten gerichteten Exekutionstitel zur Befriedigung seiner Forderung gelangen wird; die allfällige Notwendigkeit, auch gegen die Ehefrau des Beklagten einen Exekutionstitel erwirken zu müssen, um eine Exekution auf die Liegenschaftsanteile beider Ehegatten führen zu können, wird bloß bei der Bestimmung der hiedurch verursachten Mehrkosten zu berücksichtigen sein.
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