Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind gleich weiteren Verfahrenskosten zu behandeln.
Text
Begründung
Rechtsanwalt Dr. Viktor Franz P*** hat für die als Kreditvermittlerin tätige Beklagte anwaltliche Leistungen erbracht. Nach seinem Tod im Jahre 1982 wurde Rechtsanwalt Dr. Hans W*** zum Verlassenschaftskurator bestellt. Dieser brachte am 17.September 1984 namens der Verlassenschaft gegen die Beklagte die Klage auf Bezahlung eines Anwaltshonorars von S 108.454,34 sA ein. Die Beklagte wendete ein, mit Dr. P*** sei vereinbart gewesen, daß er sein Honorar nur von den jeweiligen Prozeßgegnern hereinbringen dürfe. Das begehrte Honorar sei auch weder richtig noch angemessen. Mit Einantwortungsurkunde vom 11.3.1987 (spätestens rechtskräftig am 31.3.1987) wurde der Nachlaß je zur Hälfte Christa K*** (in der Folge: Klägerin) und Dr. Robert P*** eingeantwortet. Rechtsanwalt Dr. A*** wurde von mehreren ehemaligen Klienten des Dr. P*** bevollmächtigt, darunter auch von der Beklagten. Im Anschluß an eine Gerichtsverhandlung, in welcher Dr. A*** in einer nicht die Beklagte betreffenden Angelegenheit als Parteienvertreter gegen die Klägerin aufgetreten war, führten die Klägerin und Dr. A*** am 27.5.1987 oder am 11.6.1987 ein Gespräch, bei welchem Dr. A*** darauf hinwies, daß noch eine Vielzahl anderer Sachen, in denen er frühere Klienten des Dr. P*** gegen die Klägerin und Dr. Robert P*** vertrete, anhängig seien. Dr. A*** machte sich erbötig, eine Liste über diese anhängigen Sachen zu machen, weil man sie möglicherweise außergerichtlich vergleichen könne. Die Klägerin war damit einverstanden. Mit Schreiben vom 5.7.1987 machte die Klägerin Dr. A*** in einer anderen Sache einen Vergleichsvorschlag, erhielt zunächst jedoch keine Antwort. Im September 1987 erinnerte sie Dr. A*** an die Liste und erhielt die Antwort, die Liste sei noch nicht fertig. Dr. A*** fertigte die Liste überhaupt nicht an. Ein konkretes Vergleichsgespräch über den zwischen den Parteien anhängigen Rechtsstreit führte die Klägerin nie. Zwischen Dr. Robert P*** und den Vertretern der Beklagten kam eine außergerichtliche Einigung zustande.
Mit einem am 24.11.1987 beim Erstgericht überreichten Schriftsatz beantragte die Klägerin die Fortsetzung des Verfahrens hinsichtlich eines Betrages von S 54.227,20 sA.
Die Beklagte wendete Verjährung wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens ein.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte aus, bei der Frage, ob das Verfahren gehörig fortgesetzt worden sei, komme es darauf an, ob die Klägerin alles getan habe, um den geltend gemachten Anspruch weiter zu verfolgen. Darauf, ob auch das Gericht säumig gewesen sei, komme es nicht an. Das Wissen des Verlassenschaftskurators sei der Klägerin zuzurechnen. Die Klägerin habe laut eigenem Vorbringen zumindest seit Juni 1987 in groben Zügen über die Sache Bescheid gewußt. Die Liste des Dr. A*** hätte nur dazu dienen sollen, der Klägerin noch nicht bekannte Causen zur Kenntnis zu bringen. Für den vorliegenden Fal sei diese Liste ohne Bedeutung. Die Klägerin hätte ab Juni 1987 mit Dr. A*** Vergleichsgespräche führen können, habe dies aber nicht getan. Es wäre ihre Sache gewesen, triftige Rechtfertigungsgründe für ihre Säumnis zu behaupten und zu beweisen. Sie habe rund 6 Monate lang in dieser Causa keinerlei Aktivitäten gesetzt, habe also nicht gehörig fortgesetzt. Es sei daher Verjährung eingetreten.
Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, der ruhende Nachlaß sei prozeßunfähig und werde daher vom Verlassenschaftskurator als gesetzlichen Vertreter vertreten. Mit Rechtskraft der Einantwortung treten die Erben an Stelle der Verlassenschaft in das Verfahren ein, das Vertretungsrecht des Verlassenschaftskurators erlösche. Da vor dem Erstgericht absoluter Anwaltszwang herrsche und der Verlassenschaftskurator als gesetzlicher Vertreter nur deswegen keinen Rechtsanwalt zu bevollmächtigen gebraucht habe, weil er selbst Rechtsanwalt sei, sei die Beendigung seiner Funktion als gesetzlicher Vertreter prozessual wie in jenem Fall zu beurteilen, in dem die vom Anwaltszwang befreite Partei während des Verfahrens unfähig werde, sich selbst zu vertreten. Dieser Fall sei aber jenem im § 160 Abs 1 ZPO genannten Fall gleichzusetzen, in dem der Rechtsanwalt einer Partei unfähig werde, die Vertretung der Partei fortzuführen. Dies führe daher zur Unterbrechung des Verfahrens nach § 160 Abs 1 ZPO. Dieser Fall sei nicht, wie Fasching meine, dem § 155 ZPO zu unterstellen, denn durch die Einantwortung erlange der ruhende Nachlaß in Gestalt der Erben die Prozeßfähigkeit. Dies stelle aber konsequent weitergedacht, das Gegenteil von jenem Fall dar, in dem die durch einen gesetzlichen Vertreter vertretene prozeßunfähige Partei sterbe. Die Unterbrechung trete kraft Gesetzes ein und bedürfe keines vom Richter verfügten Unterbrechungsbeschlusses. Sie ende unter anderem mit der Anzeige der Bevollmächtigung eines Rechtsanwaltes durch den Erben und dem gleichzeitigen Antrag auf Aufnahme des Verfahrens. Nicht nur beim Ruhen des Verfahrens, sondern auch im Fall einer Unterbrechung des Verfahrens nach § 160 ZPO könne aus der Unterlassung einer Verfahrensaufnahme seitens der Erben auf die beharrliche Untätigkeit geschlossen werden, an welches Kriterium von Lehre und Rechtsprechung der Verlust der mit der Klageeinbringung bewirkten Verjährungsunterbrechung geknüpft werde. Ob ein längeres Zuwarten mit der Verfolgung des Anspruches noch hingenommen werden könne oder ob eine ungewöhnliche Untätigkeit vorliege, sei nach den Umständen des Falles zu beurteilen. Die Gründe für die Untätigkeit müßten im Verhältnis zwischen den Parteien liegen. Für die Frage, ob eine ungebührliche Untätigkeit vorliege, komme es nicht auf die Dauer, sondern auch auf die Gründe der Untätigkeit an. Entscheidend sei, ob das Verhalten der Klägerin auf ihr mangelndes Interesse an der Verfahrensfortsetzung schließen lasse. Die Klägerin sei im Juni 1987 zwar in groben Zügen über das vorliegende Verfahren informiert worden; vom Beklagtenvertreter habe sie aber eine Liste der von diesem mit der Verlassenschaft geführten Prozesse versprochen erhalten. Im Hinblick auf das Fehlen eines auf die ex lege Unterbrechung hinweisenden Beschlusses des Erstgerichtes sei die Unterbrechung des Verfahrens bis zur Fortsetzung durch eine der beiden Parteien über die Klägerin nicht ohne weiteres durchschaubar gewesen. Unter diesen Voraussetzungen könne von einer nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens nicht gesprochen werden. Die Beklagte bekämpft den Beschluß des Berufungsgerichtes mit Rekurs und beantragt die Wiederherstellung des Ersturteils. Die Klägerin stellt den Antrag, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Mit Rechtskraft der Einantwortung tritt die Universalsukzession des Erben nach dem Erblasser ein, der Zustand des ruhenden Nachlasses hört auf (Welser in Rummel, ABGB2, Rz 5 zu den §§ 797, 798), der Verlassenschaftskurator ist zu entheben (Knell, Die Kuratoren im österreichischen Recht 96; Weiss in Klang2 III 131; 1 Ob 36,37/80). § 155 ZPO findet nicht nur beim Tod einer natürlichen Person, sondern auch beim Untergang einer juristischen Person oder einer sonstigen Partei Anwendung (Fasching II 285 und 761; SZ 35/112; SZ 51/3; 1 Ob 36,37/80). Durch die Rechtskraft der Einantwortung tritt daher eine Verfahrensunterbrechung nach § 155 ZPO ein (Fasching II 763; 1 Ob 36,37/80). Die Ansicht des Berufungsgerichtes, es liege ein Fall des § 160 ZPO vor, kann nicht geteilt werden, denn durch die Einantwortung wurde nicht der ruhende Nachlaß prozeßfähig, dieser erlosch vielmehr. Die Unterbrechung erfolgt kraft Gesetzes (Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 602 f) und dauert bis zur Wiederaufnahme durch die Rechtsnachfolger (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 384). Im vorliegenden Fall erfolgte diese durch den am 24.November 1987 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz.
Bei Beurteilung der Frage, ob die Einbringung des Fortsetzungsantrages erst am 24.11.1987 als gehörige Fortsetzung der Klage im Sinne des § 1497 ABGB angesehen werden kann, ist davon auszugehen, daß nur eine ungewöhnliche Untätigkeit des Klägers die Unterbrechungswirkung der Klage beseitigt. Entscheidend ist, ob das Verhalten des Klägers auf sein mangelndes Interesse an der Verfahrensfortsetzung schließen läßt. Maßgebend sind dabei immer die Umstände des konkreten Einzelfalles. Der Grund für die Unterlassung der Betreibung des Rechtsstreites muß immer im Verhältnis zwischen den Parteien gelegen sein (SZ 54/177; SZ 58/112; SZ 60/137 u.v.a.; siehe dazu auch Schubert in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 1497). Im vorliegenden Fall ist die Klägerin Erbin nach einem Rechtsanwalt, sie erfuhr nach der Einantwortung von Dr. A***, daß zwischen ihr und dem Miterben einerseits und ehemaligen Klienten des Erblassers andererseits eine Vielzahl von Prozessen anhängig sei. Dr. A*** kündigte ihr die Übermittlung einer Liste über diese Verfahren und die Möglichkeit außergerichtlicher Bereinigung an. Wohl hatte die Klägerin damals vom vorliegenden Rechtsstreit schon Kenntnis, die Liste war hiefür daher nicht erforderlich. Die Möglichkeit einer außergerichtlichen Bereinigung betraf jedoch auch diesen Rechtsstreit. Gewiß hätte die Klägerin für Vergleichsverhandlungen über das vorliegende Verfahren nicht die Liste über alle anderen anhängigen Verfahren abwarten müssen. Der Umstand, daß sie nicht sogleich Vergleichsgespräche aufnahm, um bei deren Scheitern einen Fortsetzungsantrag zu stellen, läßt jedoch keinen Schluß auf ein mangelndes Interesse an der Verfahrensfortsetzung zu. Es wäre wegen der Vielzahl der Verfahren nämlich ohne Zweifel zweckmäßiger und im Hinblick auf die Anwaltskosten auch billiger gewesen, möglichst über alle Causen an einem Tag zu sprechen und nicht über jede einzelne gesondert. Darin, daß die Klägerin, nachdem sie vom vorliegenden Verfahren Kenntnis erlangt hatte, wegen der Ankündigung des Beklagtenvertreters über die Liste und die Möglichkeit einer außergerichtlichen Bereinigung zunächst keine Fortsetzung des Verfahrens beantragte und dies erst etwa ein halbes Jahr später tat, als Dr. A*** trotz Urgenz die Liste nicht anfertigte, kann daher keine ungewöhnliche Untätigkeit erblickt werden, die die Unterbrechungswirkung der Klage beseitigt hätte. Der Grund für die Untätigkeit der Klägerin lag auch im Verhältnis zwischen den Parteien und die Klägerin kam ihrer Beweispflicht nach, da sie in Erwiderung auf die Verjährungseinrede der Beklagten auf Vergleichsverhandlungen hinwies. Zutreffend gelangte daher das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, daß Verjährung nicht eingetreten und die Sache nicht spruchreif sei.
Aus diesen Gründen war dem Rekurs ein Erfolg zu versagen. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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