OGH 2Ob566/90

OGH2Ob566/9020.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel, Dr.Melber, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wolfgang R***, Angestellter, Saaß 46, 4421 Aschach, vertreten durch Dr.Walter Lanner, Rechtsanwalt in Steyr, wider die beklagte Partei P*** Bauunternehmung Gesellschaft mbH, Höllstraße 5, 4451 Garsten, vertreten durch Dr.Walter Christl und Dr.Wilfried Werbik, Rechtsanwälte in Steyr, unter Beitritt des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Ö***, Österreichische Säurebau- und Korrosionsschutz Gesellschaft mbH, Salzburgerstraße 10, 4053 Haid, vertreten durch Dr.Eduard Saxinger und Dr.Peter Baumann, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 133.320 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 13.März 1990, GZ 2 R 54/90-41, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 12.Dezember 1989, GZ 3 Cg 160/84-37, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.172,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.028,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger ließ duch die beklagte Partei an seinem Wohnhaus einen Vollwärmeschutz (bestehend aus Dämmplatten aus Styropor, Kleber, Glasseidengewebe und Reibeputz) anbringen und bezahlte hiefür S 90.674,20. Etwa 2 Jahre später traten im Verputz bis zu einem Millimeter breite Risse auf. Es handelt sich um einen Schönheitsfehler, die Wärmedämmung wird dadurch nicht beeinflußt. Ursache der Rißbildung ist ein Materialfehler des verwendeten Fertigreibeputzes, den die beklagte Partei von der Nebenintervenientin bezogen hatte. Durch fachgerechte Aufbringung eines kunststoffgebundenen Reibeputzes könnten die Risse beseitigt werden, was Kosten von S 50.000 bis S 70.000 zuzüglich Umsatzsteuer verursachen würde. Die Entfernung des gesamten Dämmsystems und Neuherstellung des Vollwärmeschutzes würde S 133.320 kosten. Der Kläger begehrte in seiner Klage die Bezahlung des Betrages von S 133.320 aus dem Titel der Gewährleistung und brachte im Lauf der Verhandlung vor, er habe einen Wandlungsanspruch in der Höhe des von ihm bezahlten Betrages. Mit Eventualbegehren forderte er die Zahlung von S 90.674,20. Der Kläger lehnte es ab, eine von der beklagten Partei angebotene Beseitigung der Risse durch Anbringung eines kunststoffgebundenen Reibeputzes vornehmen zu lassen und zwar mit der Begründung, dadurch würden die Mängel nicht beseitigt. Das Erstgericht wies das Haupt- und Eventualbegehren ab. Es führte aus, die Klage sei zunächst unschlüssig gewesen, weil aus dem Recht der Gewährleistung kein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Entfernung und Neuherstellung abgeleitet werden könne. Der Ersatz der Kosten der Entfernung und Neuherstellung stelle einen Schadenersatzanspruch dar, doch sei die beklagte Partei nicht schadenersatzpflichtig, weil der Schaden auf einen Materialfehler zurückzuführen sei, der der beklagten Partei nicht als Verschulden angelastet werden könne. Ein Wandlungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu, weil der Mangel nicht als wesentlich anzusehen sei. Eine Verbesserung habe der Kläger abgelehnt, es bleibe ihm daher nur ein Preisminderungsanspruch. Einer solchen habe er aber nicht geltend gemacht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, die beklagte Partei habe nachgewiesen, daß sie kein Verschulden an der Rißbildung treffe. Die Ansicht des Erstgerichtes, die beklagte Partei sei mangels eines Verschuldens nicht zum Schadenersatz heranzuziehen, sei daher zu billigen. Betreffend die Gewährleistung gehe der Kläger selbst davon aus, nur Wandlung geltend gemacht zu haben, er stelle auch nicht in Abrede, daß hier Wandlung nicht in Betracht komme. Er meine allerdings, daß sein Wandlungsbegehren auch als Begehren auf Preisminderung anzusehen gewesen wäre. Dem hielt das Berufungsgericht entgegen, der Oberste Gerichtshof habe wiederholt ausgesprochen, daß das Begehren auf Preisminderung gegenüber einem Begehren auf Wandlung kein geringeres sondern ein anderes Begehren darstelle, weshalb dann, wenn auf Wandlung geklagt werde, Preisminderung nicht zugesprochen werden könne. Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 933 und Harrer in Schwimann, ABGB, IV/1, § 932 Rz 18 hätten zwar die Ansicht vertreten, eine Entgeltminderung sei als Minus anzusehen, das Berufungsgericht schließe sich aber der Meinung des Obersten Gerichtshofes an. Das eindeutig nur auf Wandlung gerichtete Begehren habe daher nicht Anlaß zu Erörterungen in Richtung Entgeltminderung führen können. Die ordentliche Revision sei für zulässig zu erklären gewesen, weil der Oberste Gerichtshof bislang noch keine Gelegenheit gehabt habe, zu der erst in letzter Zeit von einem Teil der Lehre vertretenen Rechtsansicht Stellung zu nehmen.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision, macht den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt, das angefochtene Urteil im Sinne des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise stellt der Kläger einen Aufhebungsantrag.

Die beklagte Partei beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht zulässig.

Gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist gegen das Urteil des Berufungsgerichtes die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Schließt sich das Berufungsgericht einer die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ablehenden Lehrmeinung an, und weicht es somit von der Rechtsprechung ab, dann liegt ein Grund für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision vor. Schließt sich das Berufungsgericht der Lehrmeinung aber nicht an und folgt es der Rechtsprechung, dann kann der Umstand, daß eine abweichende Lehrmeinung vorhanden ist, für sich allein eine Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Demjenigen, der sich auf die die Rechtsprechung ablehnende Lehrmeinung beruft, steht es frei, eine außerordentliche Revision zu erheben und der Oberste Gerichtshof hat, sofern er sich der Lehrmeinung anschließt, dieses Rechtsmittel zuzulassen. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Wie schon das Berufungsgericht ausführte, vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, ein Preisminderungsanspruch sei in einem Wandlungsanspruch nicht inbegriffen, es handle sich um zwei verschiedene Begehren. Mache der Gewährleistungsberechtigte nur Wandlung geltend, sei die Frage der Preisminderung nicht zu prüfen (HS 1829; HS 6383; 8 Ob 28/63; 8 Ob 311/67; 3 Ob 565/80; 1 Ob 823/82; 4 Ob 586/87 ua). Auch ein Teil der Lehre sieht - ebenso wie die Entscheidung SZ 9/149 - die Umstellung eines auf Wandlung gerichteten Begehrens in ein solches auf Preisminderung als Änderung des Klagebegehrens an, geht also nicht davon aus, daß Preisminderung als Minus im Wandlungsbegehren enthalten ist (Gschnitzer in Klang2 IV/1, 555;

Gschnitzer-Faistenberger, Schuldrecht, Allgemeiner Teil, 156; vgl auch Ehrenzweig-Mayerhofer, Schuldrecht, Allgemeiner Teil 447, der ausführt, der Gewährleistungsberechtigte könne neben dem Begehren auf Preisminderung oder Behebung von vornherein hilfsweise jenes auf Wandlung stellen, auch das Umgekehrte sei zulässig. Auch dieser Autor geht daher offenbar nicht davon aus, das Preisminderungsbegehren sei im Wandlungsbegehren enthalten, vielmehr sei das Preisminderungsbegehren gesondert geltend zu machen). Richtig ist, daß Reischauer und Harrer in den vom Berufungsgericht angeführten Werken die Ansicht vertreten, das Wandlungsbegehren schließe als Minus das Minderungsbegehren ein. Beide Autoren geben für ihre von der Rechtsprechung abweichende Ansicht aber keine Begründung. Der Oberste Gerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von seiner in ständiger Rechtsprechung vertretenen Ansicht abzugehen. Die Revision war daher zurückzuweisen, zumal der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision nicht an den Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO gebunden ist (§ 508 a Abs 1 ZPO).

Gemäß den §§ 41, 50 ZPO hat der Kläger der beklagten Partei die Kosten der Revisionsbeantwortung, in der auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen wurde, zu ersetzen.

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