Normen
EO §382 Z8 litb
EO §382 Z8 litc
EO §382 Z8 litb
EO §382 Z8 litc
Spruch:
Im Zusammenhang mit einem Verfahren zur Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse kann nicht mit einstweiliger Verfügung einem Ehegatten das Verlassen der Ehewohnung aufgetragen werden
OGH 12. Oktober 1982, 2 Ob 563/82 (LGZ Wien 43 R 2070/82; BG Hietzing 1 C 41/81)
Text
Die Ehe der Parteien ist seit 18. 11. 1980 rechtskräftig geschieden. Zu 1 F 1/81 ist beim Erstgericht ein Verfahren nach §§ 81 ff. EheG zur Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens anhängig. Gegenstand dieses Verfahrens ist und war die Liegenschaft EZ 107 KG S, Haus G-Gasse 11, die je zur Hälfte im Eigentum der Parteien steht. Die Antragstellerin strebt die Zuweisung dieser Liegenschaft in ihr Alleineigentum an. Im Zusammenhang damit beantragte die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach dem Antragsgegner bis zur rechtskräftigen Beendigung des Aufteilungsverfahrens verboten werde, die Ehewohnung zu betreten. Das Begehren wird auf die Bestimmung des § 381 Z 2 EO gestützt und dazu vorgebracht, die Parteien lebten beide noch in der Ehewohnung, der Antragsgegner habe die Antragstellerin am 22. 11. 1981 im Zuge einer Auseinandersetzung mißhandelt. Zur Sicherung ihres und der beiden ehelichen Kinder Anspruches auf ein ungestörtes und vor allem nicht gefährdetes Wohnen in der Wohnung G-Gasse 11 sei die Erlassung der einstweiligen Verfügung notwendig, um drohende Gewalt bzw. einen drohenden unwiederbringlichen Schaden abzuwenden.
Das Erstgericht verbot dem Antragsgegner binnen drei Tagen ab Zustellung des Beschlusses, die Ehewohnung zu betreten; die einstweilige Verfügung gelte bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens nach §§ 81 ff. EheG zu 1 F 1/81.
Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an: Antragstellerin und Antragsgegner leben auch nach der Scheidung in der ehelichen Wohnung in Wien 13, G-Gasse 11. In derselben Wohnung leben auch die beiden mj. ehelichen Kinder. In den letzten Monaten wurde der Antragsgegner der Antragstellerin gegenüber zunehmend aggressiv. Am 22. 11. 1981 kam es am späten Abend zu einer Auseinandersetzung zwischen den Parteien. Die Antragstellerin hatte die Tür eines Zimmers geschlossen, um Heizkosten zu sparen; der Antragsgegner bestand jedoch darauf, daß die Tür offen bleibe. Im Zuge der Auseinandersetzung versetzte der Antragsgegner der Antragstellerin einen heftigen Stoß, so daß sie gegen eine Bauerntruhe fiel. Die Antragstellerin benachrichtigte hierauf die Funkstreife und wurde infolge der Schmerzen, die sie verspürte, von der Rettung ins Lainzer Krankenhaus gebracht. Die Untersuchungen ergaben, daß die Antragstellerin, die über Druckschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule klagte, eine Prellung der Lendenwirbelsäule erlitten hatte. Durch die Prellung kam es überdies zu einer Zwischenblutung bei Pilleneinnahme.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt dahin, daß im Hinblick auf den tätlichen Angriff des Antragsgegners und die von der Antragstellerin davongetragenen Verletzungen für die Antragstellerin die Gefahr drohender Gewalt iS des § 381 Z 2 EO bestehe. Zur Sicherung des Anspruches der Antragstellerin und jenes der beiden ehelichen Kinder auf ein ungestörtes und ungefährdetes Wohnen in der genannten Wohnung sei die einstweilige Verfügung iS des § 381 Z 2 EO erforderlich.
Das Rekursgericht änderte die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung dahin ab, daß es den bezüglichen Antrag der Antragstellerin abwies. Das Rekursgericht erachtete, daß das im Provisorialantrag angezogene Recht "auf ungestörtes ... nicht gefährdetes Wohnen" nicht Gegenstand des Aufteilungsverfahrens sei und sich die Provisorialmaßnahme somit nicht im Rahmen des auf Vermögensteilung gerichteten Hauptanspruches halte. Damit liege aber kein iS des § 381 EO sicherungsfähiger Anspruch vor. Wegen der bereits erfolgten Ehescheidung lasse sich der Anspruch auch nicht auf die Bestimmung des § 382 Z 8 lit. b EO stützen. Im Zusammenhang mit dem Aufteilungsverfahren wäre allenfalls eine einstweilige Verfügung nach § 382 Z 8 lit. c EO möglich, doch sei der Provisorialantrag weder auf eine einstweilige Benützungsregelung noch auf einstweilige Sicherung des aufzuteilenden ehelichen Gebrauchsvermögens gerichtet. Selbst unter der Annahme, daß eine Ausweisung aus der Ehewohnung analog der Bestimmung des § 382 Z 8 lit. b EO möglich wäre, könnte im vorliegenden Fall die bescheinigte einmalige tätliche Entgleisung des Antragsgegners noch nicht die Grundlage für eine Ausweisung aus der Ehewohnung geben. Ein einmaliges Versagen der Selbstbeherrschung sei noch nicht hinreichend für eine derartige Maßnahme. Die Antragstellerin habe bei ihrer Einvernahme zwar angegeben, während 14 jähriger Ehe von ihrem Gatten dreimal körperlich mißhandelt worden zu sein, habe aber nicht angeführt und bescheinigt, wie lange diese Mißhandlungen bereits zurückliegen, so daß allein der Vorfall vom 22. 11. 1981 maßgeblich erscheine.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragstellerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß der vorliegende Anspruch nach § 381 Z 2 EO als zur Verhütung drohender Gewalt nötig erscheinend zulässig wäre. Doch hat sich die Provisorialmaßnahme immer im Rahmen des zu sichernden Hauptanspruches zu halten (SZ 27/329; EvBl. 1961/308). Da die Ehe der Streitteile aber bereits geschieden ist, könnte die beantragte einstweilige Verfügung nur im Zusammenhang mit dem beim Erstgericht anhängigen Verfahren auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, dh. im Rahmen des § 382 Z 8 lit. c EO, erlassen werden. Anders als im Falle des § 382 Z 8 lit. b EO, in welchem der Auftrag an einen Ehegatten zum Verlassen der Wohnung erteilt werden kann, sieht das Gesetz jedoch im Falle lit. c diese Maßnahme nicht vor. Es mangelt somit für die hier beantragte Maßnahme an einer gesetzlichen Grundlage (vgl. dazu 1662 BlgNR, XIII. GP, die zu § 382 Z 8 lit. c keine Bemerkung enthält).
Entgegen der Meinung der Antragstellerin konnte das Rekursgericht auch nicht, anstatt die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung zu bestätigen oder abzuändern, eine Benützungsregelung treffen, und zwar schon deshalb nicht, weil es damit gegen § 405 ZPO verstoßen hätte, der gemäß §§ 78, 402 EO auch im Verfahren über eine einstweilige Verfügung gilt (SZ 27/329; SZ 50/83).
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