OGH 2Ob561/94

OGH2Ob561/9422.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helene P*****, vertreten durch Dr.Friedrich Flendrovsky, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei *****krankenkasse, ***** vertreten durch Dr.Robert Amhof, Dr.Heinz Damian, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 100.000,-- samt Anhang, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25. März 1994, GZ 13 R 156/93-10, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 2.April 1993, GZ 22 Cg 289/92-6, wegen Nichtigkeit aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die Entscheidung über die Berufung in der Sache selbst aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit ihrer am 23.11.1992 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von S 100.000,--. Die Klägerin brachte vor, sie und ihr Gatte Philipp P***** seien Geschäftsführer der Philipp P***** GmbH gewesen, über welche im Jahr 1983 zu S ***** des Handelsgerichtes Wien der Konkurs eröffnet und mit Beschluß vom 8.4.1992 nach Verteilung aufgehoben worden sei. In diesem Konkurs habe die Beklagte nach geltender (alter) Rechtslage in der ersten Klasse rückständige Sozialversicherungsbeiträge der Gemeinschuldnerin im Ausmaß von S 733.555,50 angemeldet, welche in der ersten Klasse festgestellt und mit einer Quote von 36,942 % ausbezahlt worden seien. Die Klägerin und ihr Gatte seien teilweise aus Geschäftsführerhaftung, teilweise aus übernommener persönlicher Haftung von der Beklagten zu 28 Cg 194/83 des LGZ Wien wegen S 270.915,87 in Anspruch genommen worden, wobei ein Versäumungsurteil gegen die Klägerin und ihren Gatten ergangen sei und sie diesen Betrag auch bezahlt hätten. Dabei habe es sich jedoch um einen Teil des Betrages gehandelt, den die Beklagte auch im Konkurs angemeldet habe. Die Beklagte habe ihre Anmeldung im Konkurs aufgrund der Zahlung der Klägerin und ihres Gatten nicht eingeschränkt. Da von dem gesamten angemeldeten Betrag ein Teilbetrag von S 270.991,07 (richtig: 270.915,87) durch die Zahlung der Klägerin und ihres Gatten infolge Einlösung auf sie übergegangen sei, habe die Beklagte die auf diesen Teilbetrag entfallende Quote zu Unrecht erhalten und habe diese daher an die Klägerin und ihren Gatten zurückzuleisten. 36,942 % von S 270.991,07 ergäben gerundet den Klagsbetrag von S 100.000,--. Soweit Ansprüche Philipp P***** bzw. der gemeinschuldnerischen GmbH zustünden, seien diese Ansprüche von Philipp P***** persönlich bzw. von diesem als letztem Geschäftsführer der GmbH an die Klägerin zediert worden. Überdies stütze die Klägerin ihr Begehren auf jeden erdenklichen Rechtsgrund.

Die Beklagte stellte das Klagsvorbringen betreffend Daten des Konkurses, Ziffern der Anmeldung, der Quote, des Auszahlungsbetrages sowie der geleisteten Zahlung des Ehepaares P***** aufgrund ihrer persönlichen Haftung, weiters die Zession allfälliger Rückforderungsansprüche des Philipp P***** an die Klägerin außer Streit, bestritt im übrigen und wendete ein, die Klägerin und Philipp P***** seien allein aus dem Titel des Schadenersatzes gemäß § 114 ASVG zu 28 Cg 194/83 des LGZ Wien in Anspruch genommen worden, wobei ein rechtskräftiges Versäumungsurteil gegen beide erwirkt worden sei. Sämtliche Zahlungen aufgrund dieses Urteiles seien daher zu Recht geleistet worden, Judikatschulden seien kein Gegenstand der Kondiktion. Philipp und Helene P***** hätten keine Regreßansprüche gegen die Philipp P***** GmbH im Konkurs geltend gemacht und seien daher nicht Konkursgläubiger. Nur in diesem Fall wären die erfolgten Zahlungen an die Beklagte auch auf deren Konkursforderung anzurechnen gewesen. Zur Entscheidung darüber wäre ausschließlich das Konkursgericht berufen gewesen. Überdies würden bei der Philipp P***** GmbH laut Rückstandsausweis vom 9.12.1992 für die Abrechnungen 11/82-2/83, 1 N 1/83, 3 N 8/83 samt Verwaltungsauslagen und Verzugszinsen bis 9.12.1992 Beiträge in Höhe von S 706.748,22 unberichtigt aushaften. Soweit der Anspruch der Klägerin aus einem angeblich zedierten Rückforderungsanspruch gegen die GmbH abgeleitet werde, werde diesem der Zahlunganspruch der Beklagten aufgrund des Rückstandsausweises compensando entgegengehalten. Das Ehepaar P***** habe keine fremde Schuld im Sinne des § 1358 ABGB bezahlt, sondern eine eigene Schuld ex delicto. § 1422 ABGB komme nicht in Betracht, weil das Ehepaar P***** kein "Verlangen" gestellt habe, überdies hätten sie nicht die Schulden eines anderen, für die sie nicht hafteten, bezahlt, sondern eine eigene Schuld. § 17 KO komme nicht in Betracht, da diese Bestimmung lediglich Regreßansprüche des Bürgen gegen die Konkursmasse zum Gegenstand habe. Die Eheleute P***** hätten aber nicht als Bürgen gehaftet. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen der eigenen Verpflichtung der Eheleute P***** mit der Schuld einer anderen Person, nämlich der gemeinschuldnerischen GmbH. Nach rechtskräftigem Judikat sei für eine Rückforderung kein Raum mehr.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging hiebei von den Außerstreitstellungen der Parteien aus. Ergänzend wurde festgestellt, daß Philipp und Helene P***** vom 2.5.1974 bis Konkurseröffnung Geschäftsführer der Philipp P***** GmbH waren. Mit Versäumungsurteil vom 27.12.1983 wurden sie zur Zahlung eines Betrages von S 270.915,87 an die nunmehrige Beklagte verurteilt, weil sie als Geschäftsführer der GmbH die Nettolöhne und -gehälter an die Dienstnehmer in der Zeit von 7/82 bis 1/83 effektiv zur Auszahlung brachten, die von ihnen einbehaltenen Beitragsanteile zur Sozialversicherung der nunmehrigen Beklagten jedoch nicht abführten und somit schadenersatzpflichtig wurden (§ 114 ASVG).

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß die seinerzeitigen Geschäftsführer der gemeinschuldnerischen GmbH, nämlich die Klägerin und ihr Gatte, für einen Teil der im Konkurs der GmbH von der Beklagten angemeldeten Forderung von S 733.555,50 aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes wegen § 114 ASVG solidarisch mit der GmbH gehaftet hätten. Gegenüber der GmbH hätten die beiden Geschäftsführer durch ihre Zahlung einen Regreßanspruch nach § 896

1. Satz ABGB erworben. Es wäre ihnen daher die Möglichkeit offengestanden, schon im Konkursverfahren der GmbH diese Forderung, wenn auch im dritten Rang, anzumelden, was auch noch nach Ablauf der Anmeldungsfrist gemäß § 107 KO in der damaligen Fassung möglich gewesen wäre, aber nicht erfolgt sei. Aus dem Umstand, daß von der Beklagten keine Einschränkung der Forderung in der ersten Klasse vorgenommen worden sei, könne daher ein Rückforderungsanspruch der Gläubiger gegenüber der Beklagten nicht abgeleitet werden. Das Anerkenntnis der unbestrittenen und eingetragenen Forderung der Beklagten in voller Höhe der Anmeldung ohne Rücksicht auf die von den Geschäftsführern darauf erbrachten Leistungen durch den Masseverwalter habe nicht der GmbH, sondern nur allfälligen sonstigen Gläubigern erster Klasse allenfalls zum Nachteil gereicht. Darüber hinaus sei das Anerkenntnis in seiner Wirkung einem rechtskräftigen Urteil gleichzuhalten. Eine Kondiktion von Judikatschulden sei nach herrschender Rechtsprechung ausgeschlossen. Da somit auch ein Rückforderungsrecht der GmbH gegenüber der Beklagten in bezug auf einen Teil der aus der Masse erbrachten Zahlung nicht bestehe, komme auch der behaupteten Zession an die Klägerin keine rechtliche Bedeutung zu.

Das Berufungsgericht hob aus Anlaß der Berufung das angefochtene Urteil wegen Nichtigkeit auf und wies die Klage zurück. Es führte folgendes aus:

Nach Fasching (LB2 Rz 1514) sei der "Anspruch" und damit Entscheidungsgegenstand und Gegenstand der materiellen Rechtskraft das vom Gericht rechtlich qualifizierte Sachbegehren, das durch den der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt individualisiert werde. Identität des Anspruches liege aber nicht nur dann vor, wenn das neu gestellte Begehren inhaltlich (tatsächlich und rechtlich) dieselbe Leistung, Feststellung oder Rechtsgestaltung fordere, wie die rechtskräftig zuerkannte und daher die Begehren deckungsgleich seien, sondern auch, wenn das begriffliche Gegenteil des rechtskräftig entschiedenen Anspruches in der zweiten Klage begehrt werde (Rz 1517). Das sei dann der Fall, wenn die (meist bei Parteirollenumkehr) begehrte neue Entscheidung die Wirkung der bereits ergangenen rechtskräftigen Entscheidung ganz oder teilweise aufheben müßte. Handle es sich beim zweiten Begehren um die reine Negation des ersten Begehrens, dann sei wegen voller Identität auch der streitigen Rechtsfolgen die zweite Klage mit Beschluß als unzulässig zurückzuweisen.

Im vorliegenden Fall sei am 27.12.1983 zu 28 Cg 194/83 des LGZ Wien ein Versäumungsurteil zugunsten der Beklagten gegen die Klägerin und Philipp P***** ergangen, wonach die Genannten schuldig erkannt worden seien, den Betrag von S 270.915,87 samt Anhang zu bezahlen. Die Beklagte habe sich in diesem Verfahren auf die persönliche und zivilrechtliche Haftung der nunmehrigen Klägerin und ihres Gatten ex delicto für die von der Philipp P***** GmbH geschuldeten Dienstnehmeranteile an Sozialversicherungsanteilen aufgrund des gegen die Bestimmungen des § 114 ASVG verstoßenden Verhaltens der dort beklagten Geschäftsführer gestützt. Es treffe also nicht zu, daß die Klägerin und ihr Gatte in diesem Verfahren "teilweise aus Geschäftsführerhaftung, teilweise aus übernommener persönlicher Haftung" in Anspruch genommen worden wären. Insofern daher mit der vorliegenden Klage behauptet werden solle, daß der von der Klägerin und ihrem Gatten als Geschäftsführer angerichtete Schaden im Sinne des § 114 ASVG in Wahrheit um den Klagsbetrag geringer sei als der mit Versäumungsurteil rechtskräftig zugesprochene, stehe dem die Rechtskraftwirkung der angeführten Entscheidung entgegen. Von der Rechtsprechung sei weder eine Klage auf Unwirksamkeit einer rechtskräftigen Entscheidung wegen sittenwidriger Ausbeutung der Rechtskraft noch auch wegen Schadenersatzes oder ungerechtfertigter Bereicherung zugelassen worden (EvBl 1971/332).

Aber auch soweit angeblich zedierte Ansprüche der Gemeinschuldnerin gegenüber der Beklagten geltend gemacht würden, stehe dem eine rechtskräftige Entscheidung entgegen. Durch das Anerkenntnis der von der Beklagten im Konkurs gegen die Philipp P***** GmbH in der ersten Klasse angemeldeten Forderung in Höhe von S 733.555,50 sei diese Forderung festgestellt worden. Das Anerkenntnis des Masseverwalters habe nicht nur privatrechtliche Bedeutung, sondern bewirke auch die Entstehung eines Exekutionstitels. Diese Wirkung der Anerkennung durch den Masseverwalter sei allseitig, also für den Anmeldenden und für (eventuell auch gegen) alle anderen Konkursgläubiger und gegen den Gemeinschuldner verbindlich. Auch bei Stillschweigen des Gemeinschuldners bilde die Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis einen Exekutionstitel, von dem sogleich gegen das konkursfreie Vermögen des Gemeinschuldners Gebrauch gemacht werden könnte (Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechts4 190). Damit sei aber zwischen dem Gemeinschuldner und dem Gläubiger rechtskräftig entschieden, in welcher Höhe dem Gläubiger gegen den Gemeinschuldner eine Forderung zustehe. Dem könne nun nicht mehr nachträglich entgegengehalten werden, daß in Wahrheit dem Gläubiger nur eine geringere Forderung zugestanden wäre. Es liege also auch bezüglich der angeblich im Abtretungswege von der Klägerin erworbenen Rückforderungsansprüche der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagte entschiedene Rechtssache vor.

Zusammenfassend seien daher sowohl durch das formell rechtskräftige Versäumungsurteil des LGZ Wien als auch durch den im Wege des Anerkenntnisses des Masseverwalters im Konkurs entstandenen Exekutionstitel durch Feststellung der Forderung der Beklagten in der ersten Klasse des Konkurses gegen die Philipp P***** GmbH hinsichtlich der damit entschiedenen Rechtsschutzansprüche unbestreitbar, dauernd bindend und daher unwiederholbar und unabänderbar die Rechtsbeziehungen zwischen den Streitparteien - einerseits die Klägerin und die Beklagte, anderseits die Gemeinschuldnerin und die Beklagte - festgestellt. Die Klägerin könne sich daher nicht mehr via Zession darauf berufen, daß der im Konkurs der Gemeinschuldnerin an die Beklagte im Verteilungsverfahren ausbezahlte Betrag um den Klagsbetrag zu hoch sei.

Es liege somit entschiedene Streitsache vor und daher ein vom Berufungsgericht amtswegig wahrzunehmender Nichtigkeitsgrund.

Gegen diesen Beschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den Untergerichten aufzutragen, unter Abstandnahme vom Zurückweisungsgrund in der Sache selbst zu entscheiden; hilfsweise wird beantragt, der Oberste Gerichtshof wolle in der Sache selbst im Sinne gänzlicher Klagsstattgebung erkennen.

Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist gemäß § 519 Abs.1 Z 1 ZPO zulässig, und im Sinne der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung auch berechtigt.

Die Klägerin bringt im wesentlichen vor, es handle sich um eine Regreßforderung. Der vorliegende Fall stelle, auf das wesentliche reduziert, nichts anderes dar, als das Verhältnis eines Gläubigers mit Haupt- und Nebenschuldner. Wenn der Gläubiger vom Hauptschuldner (ganz oder teilweise) Zahlung erlange, müsse er insoweit an den Nebenschuldner zurückzahlen, wenn der Nebenschuldner in Erfüllung seiner grundsätzlichen Zahlungsverpflichtung zunächst geleistet habe. Dabei komme es auf den Grund der Garantenstellung des Nebenschuldners (ex contractu oder ex delicto) nicht an. Es könne auch nicht darauf ankommen, ob die Zahlung nach Ergehen eines Exekutionstitels geleistet worden sei. § 1358 ABGB sehe eine Legalzession vor. Durch die Abtragung der persönlichen Schuld der Klägerin und ihres Ehegatten im Laufe der Jahre sei insoweit auch der Titel übergegangen, der für die Beklagte durch die Feststellung der Forderung im Konkurs entstanden sei. Wenn die Beklagte trotzdem die Ausschüttung aus dem Konkurs kassiert habe, habe sie dadurch etwas erhalten, was ihr gar nicht gebühre. Der daraus entstehende Regreß sei jedenfalls nicht von der Rechtskraft früher entstandener Titel umfaßt.

Hiezu wurde erwogen:

Gegen die Klägerin und ihren Ehegatten erging ein in Rechtskraft erwachsenes Versäumungsurteil über S 270.915,87 samt Anhang, weil sie in deliktischer Weise als Geschäftsführer einer GmbH Dienstnehmeranteile an Sozialversicherungsbeiträgen nicht abgeführt hatten. Unter anderem diese Beitragsteile waren Gegenstand der Forderungsanmeldung der Beklagten über S 733.555,50 im Konkurs der von der Klägerin geführten GmbH. Die Forderung blieb unbestritten und wurde vom Masseverwalter anerkannt. Da sich die deliktische Geschäftsführerhaftung auf einen Teil der im Konkurs angemeldeten Beitragsrückstände bezog, lag insoweit Solidarhaftung vor; hiefür genügte, daß es sich um dieselbe Leistung handelte, wenn auch der Rechtsgrund verschieden war (Gamerith in Rummel2 § 888 ABGB Rz 3 f, § 891 Rz 2).

Mit dem Klagsvorbringen wird in Wahrheit weder die Rechtskraft noch die Richtigkeit des gegen die Klägerin und ihren Ehegatten wegen ihrer deliktischen Haftung ergangenen Versäumungsurteils in Zweifel gezogen. Ein Unrecht wird aber darin erblickt, daß die Beklagte ihre Forderungsanmeldung im Konkurs der GmbH nicht eingeschränkt und die Quote auf Basis des vollen angemeldeten (und anerkannten) Betrages erhalten hat, obwohl die Klägerin und ihr Ehegatte ihre Judikatschuld aus dem Versäumungsurteil erfüllt haben.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes stellt die Feststellung der Konkursforderung der Beklagten für den Rückforderungsanspruch der Klägerin (als angebliche Zessionarin der Gemeinschuldnerin) nicht das Prozeßhindernis der entschiedenen Rechtssache dar:

Das gegenständliche Konkursverfahren wurde im Jahr 1983 eröffnet. Damals galt zwar noch nicht der "klassenlose Konkurs", weil die diesbezüglichen Bestimmungen des IRÄG 1982 erst bei Verfahrenseröffnung ab 1.1.1984 wirksam wurden, wohl aber unter anderem der durch das IRÄG mit 1.1.1983 neu eingeführte Abs 2 des § 60 KO (vgl Jelinek, MTA Insolvenzgesetze3, Anm zu Art XI § 2 IRÄG, sowie die erste Auflage dieser Gesetzesausgabe mit der "Fassung 1983" samt Vorwort). Diese Neuregelung brachte eine differenzierende Lösung: Die Eintragung einer auch vom Gemeinschuldner unbestrittenen Forderung ins Anmeldungsverzeichnis hat gegenüber späteren Leistungsklagen zwar die bindende Wirkung der materiellen Rechtskraft, nicht aber deren Einmaligkeitswirkung. Gegenüber späteren Feststellungsklagen hat sie auch die Einmaligkeitswirkung; solche Klagen sind zurückzuweisen (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1508). Die Feststellung einer Forderung im Konkurs zieht zwar keine volle Rechtskraftwirkung nach sich, kommt jedoch im Hinblick auf § 60 Abs 2 KO in ihrer Tragweite der Rechtskraftwirkung nahe (EvBl 1991/86; Jelinek in FS Fasching 250).

Nach den Erläuternden Bemerkungen (3 BlgNR 15.GP 41) hatte man bei der Neuregelung offensichtlich Leistungsklagen von Gläubigern im Auge. Nach Auffassung des erkennenden Senates ist aus der zitierten Bestimmung aber ganz allgemein abzuleiten, daß die Forderungsfeststellung ein Prozeßhindernis nur für spätere Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer angemeldeten und unbestritten gebliebenen Forderung bildet, für spätere Leistungsklagen auf Rückforderung einer überhöhten Ausschüttung aber wie für spätere Leistungsklagen von Gläubigern nur Bindungswirkung hat. Auch diese Wirkung der Rechtskraft kann freilich nur mit den Mitteln des Prozeßrechts (Wiederaufnahmsklage; vgl EvBl 1987/205; Jelinek aaO 252 ff) beseitigt werden; die Korrektur im Wege einer selbständigen Klage ist ausgeschlossen (vgl auch SZ 44/14 = EvBl 1971/332; SZ 49/81).

Da eine Einmaligkeitswirkung der Forderungsfeststellung im vorliegenden Fall - selbst wenn die Zahlung des Betrages von S 270.915,87 vor der Feststellung der Konkursforderung von S 733.555,50 geleistet wurde, wie dies das Erstgericht bei der Wiedergabe der Außerstreitstellungen unterstellt hat - aus dem genannten Grund nicht gegeben ist, muß nicht geprüft werden, ob die jüngst in 1 Ob 527/94 vertretene Ansicht richtig ist, derzufolge eine solche Wirkung (bei nachträglicher klageweiser Geltendmachung einer rechtsvernichtenden Tatsache) schon mangels Identität der Ansprüche nicht bestünde.

Das Berufungsgericht hat somit zu Unrecht die Nichtigkeit des Verfahrens ausgesprochen; der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben. Das Berufungsgericht wird im fortgesetzten Verfahren über die Berufung der Klägerin in der Sache selbst zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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