OGH 2Ob559/94

OGH2Ob559/9425.8.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden (gefährdeten) Partei Dr.Roderich S*****, als gerichtlich bestellter Separationskurator der Verlassenschaft nach dem am 29.November 1990 verstorbenen Johann S*****, wider die beklagten Parteien (Gegner der gefährdeten Partei) 1. Monika J*****, 2. Johann G*****, und 3. Helmut G*****, beide *****, sämtliche vertreten durch Dr.Erwin Bajc und Dr.Peter Zach, Rechtsanwälte in Bruck/Mur, wegen Herausgabe eines Sparbuches, infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 1. Juni 1994, GZ 6 R 101/94-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 15.April 1994, GZ 15 Cg 70/94-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; die beklagten Parteien haben die Kosten des Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Beklagten sind Erben nach dem am 29.11.1990 verstorbenen Johann S*****. Zu ***** Cg ***** des Landesgerichtes S***** klagten drei Legatare die Verlassenschaft auf Herausgabe der "E*****hütte" mit der Begründung, sie sei ihnen letztwillig als Vermächtnis zugedacht worden. In diesem Rechtsstreit wurde die Verlassenschaft durch die erbserklärten Erben, die nunmehrigen Beklagten, vertreten. Im Zuge dieses Legatsprozesses haben die Kläger am 16.11.1992 der beklagten Verlassenschaft zu Handen ihres damaligen Vertreters Dr.A***** das nunmehr streitgegenständliche Sparkassenbuch zum Zwecke der Sicherstellung aus dem Titel der Legatsreduktion ausgefolgt.

Am 20.11.1992 bestellte das Verlassenschaftsgericht den nunmehrigen Kläger zum Separationskurator. Mit Einantwortungsurkunde vom 5.4.1993 wurde der Nachlaß den Erben zu je einem Drittel eingeantwortet.

Der Legatsprozeß endete mit einem Anerkenntnisurteil, doch ist eine Wiederaufnahmsklage anhängig.

Die Beklagten versuchten das Sparbuch zu realisieren und haben gegen die Sparkasse S***** eine Klage auf Zahlung von 1,5 Mio S samt Zinsen Zug um Zug gegen Benennung des Losungswortes und Übergabe des Sparbuches eingebracht.

Mit der vorliegenden Klage verlangt der Separationskurator die Herausgabe des Sparbuches und beantragt zur Sicherung dieses Anspruches eine einstweilige Verfügung, wonach das Sparbuch bis einen Monat nach rechtskräftiger Entscheidung über diesen Rechtsstreit gerichtlich zu hinterlegen sei; hilfsweise wird beantragt, den Beklagten und deren Vertretern bis zum genannten Zeitpunkt zu verbieten, das Sparbuch herauszugeben oder Abhebungen hievon zu tätigen.

Die Beklagten beantragten die Zurück- oder Abweisung des Sicherungsantrages und wendete ein, der Separationskurator habe kein Recht auf das Sparbuch; mangels Nachlaßzugehörigkeit des Sparbuches sei er nicht prozeßführungsbefugt; im übrigen wurde auch bestritten, daß von den Beklagten und deren Vertretern eine Gefahr drohe.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag mit der Begründung ab, daß der Separationskurator gemäß § 812 ABGB nur die Vermengung des Nachlasses mit dem Vermögen des Erben zu verhindern habe, nur in diesem Wirkungsbereich sei er prozeßführungsbefugt. Wohl sei der Separationskurator gesetzlicher Vertreter des Nachlasses, das gegenständliche Sparbuch sei jedoch nicht Teil desselben.

Das vom Kläger angerufene Rekursgericht änderte die Entscheidung dahingehend ab und erließ eine einstweilige Verfügung, mit der es den Gegnern der gefährdeten Partei sowie den Rechtsanwälten Dr.Peter Z***** und Dr.Erwin B***** bis einen Monat nach rechtskräftiger Entscheidung über diesen Rechtsstreit, längstens jedoch bis 31.12.1995 verbot, das Sparbuch Konto Nr.***** der Sparkasse S***** mit einem Einlagestand von 1,5 Mio S samt Zinsen seit 16.11.1992 herauszugeben oder Abhebungen von diesem Sparbuch zu tätigen.

Das darüber hinausgehende Begehren auf Anordnung, daß dieses Sparbuch bis zum genannten Zeitpunkt gerichtlich zu hinterlegen sei, wurde abgewiesen.

Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 50.000 S und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig.

In rechtlicher Hinsicht wies das Rekursgericht darauf hin, daß die Sicherheit (Sparbuch) an die Verlassenschaft und nicht an die Erben geleistet werden sollte. Es sei der Verlassenschaft als Pfand zur Sicherung eines noch ungewissen Anspruches aus dem Titel der Legatsreduktion übergeben worden. Gemäß § 447 ABGB sei das Pfandrecht ein dingliches Recht, welches der Verlassenschaft zustehe. Nach rechtmäßiger Begründung des Pfandrechtes könne der Pfandgläubiger aus seinem dinglichen Recht auf Herausgabe klagen (Petrasch in Rummel2, Rz 4 zu § 447). Unbestritten sei in Lehre und Rechtsprechung, daß die Nachlaßseparation auch nach der Einantwortung fortdauern könne (JBl 1994, 257); in diesem Fall bestehe der abgesonderte Nachlaß als Rechtssubjekt über die Einantwortung hinaus (RZ 1968, 157).

Die Frage, inwieweit der Separationskurator als gesetzlicher Vertreter des Nachlasses zur Vertretung und zur Prozeßführung legitimiert sei, hänge von den Umständen des Einzelfalles ab. Im Rahmen und gemäß dem Zweck seiner Bestellung sei er zur Vertretung und Prozeßführung legitimiert. Daraus folge, daß dem Separationskurator die Prozeßführung in bezug auf das nachlaßzugehörige Pfandrecht zustehe, weil gerade dadurch der Vermengungsgefahr entgegengewirkt werde. Der in SZ 19/222 veröffentlichte Rechtssatz, wonach die Bestellung eines Absonderungskurators nichts an der ausschließlichen Berechtigung des Erben zur gesetzlichen Vertretung der Verlassenschaft ändere, stehe dem nicht entgegen, weil in diesem Verfahren der Nachlaß beklagte Partei war und der Absonderungskurator die gegen den Nachlaß gerichtete Forderung anerkannt habe, womit er seinen Wirkungskreis zweifellos überschritten habe. Demgegenüber habe der OGH in RZ 1968,157 ausgesprochen, daß die Verwaltung des abgesonderten Nachlasses auschließlich Sache des Separationskurators sei. Da eine Vermögensverwaltung ohne Vertretungsmacht undenkbar wäre, sei der Separationskurator auch zur Vertretung und zur Prozeßführung legitimiert.

Das Vorliegen eines drohenden unwiederbringlichen Schadens im Sinne des § 381 Z 2 EO verneinte das Rekursgericht, es vertrat jedoch die Ansicht, es sei eine Gefährdung im Sinne des § 381 Z 1 EO gegeben. Nach dieser Gesetzesstelle könne eine einstweilige Verfügung erlassen werden, wenn zu besorgen sei, daß sonst die gerichtliche Verfolgung oder Verwirklichung des fraglichen Anspruches vereitelt oder erheblich erschwert werden würde. Dies treffe im vorliegenden Fall zu, weil die gegenständliche Pfandklage im Falle einer Behebung des Sparguthabens während des Prozesses zwecklos werden würde; dies käme einer Vereitelung des geltend gemachten Anspruches gleich. Daß die Beklagten zum Geldersatz in der Lage wären, sei unerheblich, weil dem Pfandgläubiger das Aufgeben einer dinglichen Sicherung selbst dann nicht aufgezwungen werden könne, wenn er dafür zahlungsfähige Schuldner erhalten sollte.

Die vom Kläger primär begehrte gerichtliche Hinterlegung des Sparbuches sei unzulässig, weil sich dieses nicht in der Gewahrsame des Gegners, sondern seines Rechtsanwalt befinde (MGA, EO12, E 5 zu § 382). Da sich das strittige Sparbuch in den Händen der Beklagtenvertreter befinde, von denen keine Gefahr drohe, reiche das in eventu beantragte Verfügungsverbot aus.

Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt, weil zur Frage der Vertretungsbefugnis des Separationskurators keine neuere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bekannt sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Parteien mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt werde.

Der Kläger hat Revisionsrekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der beklagten Parteien nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die beklagten Parteien machen in ihrem Rechtsmittel geltend, es obliege ihnen, die Pflichtteilsansprüche zu befriedigen, die Sicherheit müsse daher ihnen zur Verfügung stehen. Die Behebung des Sparbuches hätten sie nur deshalb versucht, weil die sparbuchausstellende Bank in einer rechtswidrigen Weise mit den Legataren kooperiere; anstelle des Sparbuches hätten sie eine andere Sicherheit erlegt. Es bestehe daher kein Anspruch des Antragstellers und auch keine Gefährdung. Schließlich sei noch festzuhalten, daß der Geldbetrag und nicht das konkrete Sparbuch als Sicherheit zu dienen habe.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Gemäß § 78 EO, §§ 528 a, 510 Abs 3 ZPO, kann auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes verwiesen werden. Die Ausführungen im Revisionsrekurs gehen insoferne ins Leere, weil nicht den Beklagten, sondern der Verlassenschaft das Sparbuch verpfändet wurde, sohin der Verlassenschaft das dingliche Pfandrecht am Sparbuch zusteht.

Wie die Vorinstanzen bereits zutreffend ausgeführt haben, hat der Absonderungskurator die Vermengung des Nachlasses mit dem Vermögen des Erben zu verhindern (SZ 61/74 mwN), seine Bestellung ändert auch grundsätzlich nichts an der ausschließlichen Berechtigung der erbserklärten Erben zur gesetzlichen Vertretung der Verlassenschaft (SZ 48/19; EFSlg 63.114). In Verfahren, die nur eine Vermehrung oder Verminderung des Nachlaßvermögens bewirken können, besteht sohin keine Vertretungsbefugnis des Separationskurators; in jenen Verfahren, die aber innerhalb des Bereiches jener Gefahr liegen, zu deren Abwehr er bestellt wurde, ist er auch prozeßführungsbefugt (EFSlg 63.114; Welser in Rummel2, Rz 21 zu § 812). Das bedeutet also, daß der Separationskurator insoweit prozeßführungsbefugt ist, als es darum geht, eine Vermengung des Nachlaßvermögens mit dem Vermögen der Erben zu verhindern. Da im vorliegenden Fall die Behebung des Guthabens auf dem Sparbuch zu einer Vermengung des Nachlaßvermögens mit jenem der Beklagten führen könnte, liegt die vom Separationskurator angestrebte einstweilige Verfügung genau im Bereich jener Gefahr, zu deren Abwehr er bestellt wurde, so daß seine Prozeßführungsbefugnis zu bejahen ist.

Dem Revisionsrekurs der beklagten Parteien war somit ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten der klagenden Partei gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten der beklagten Parteien auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO.

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