Spruch:
Der Revision der erstbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger wurde am 8.6.1989 durch einen Unfall auf der Baustelle K***** im M*****tal schwer verletzt. Er war dort als Bauleiter der Firma A***** Gesellschaft mbH & Co KG (in der Folge Firma A***** genannt) tätig. Das Seil eines Kranes, Baujahr 1970, wurde abgezwickt bzw. abgeschert, wodurch eine am Seil hängende Eisentraverse auf den Kläger stürzte und ihn schwer verletzte. Die Firma A***** hatte den Kran im August 1987 in der Bundesrepublik Deutschland gekauft und im Februar 1988 nach Österreich importiert. In ihrem Auftrag führte die zweitbeklagte Partei am 18. und 19.4.1989 Arbeiten an dem Kran durch; am 19.4.1989 wurde diese Maschine im Auftrag der Firma A***** gemäß § 93 der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung (ADNSchV) abgenommen. Hierauf wurde der Kran von der Firma A***** abgebaut und auf der Baustelle K***** wieder aufgestellt.
Der Kläger begehrt von den beklagten Parteien aus dem Titel des Schadenersatzes die Zahlung von S 1,200.243,90 sowie die Feststellung der Haftung für alle künftigen Schäden, wobei er hinsichtlich der erstbeklagten Partei vorbrachte, sie hätte kein Abnahmegutachten ausstellen dürfen. Der Kran habe nämlich einen erheblichen Konstruktionsfehler bzw. technischen Mangel gehabt, weil beim Windwerk keine Einrichtung vorhanden gewesen sei, um zu verhindern, daß das Seil während des Betriebes auf der Trommel lose werde und abfalle bzw. ablaufe bzw. weil keine Vorrichtung vorhanden gewesen sei, die eine einwandfreie Aufwicklung sichergestellt habe. Auch die Zahnräder des Getriebes seien entgegen den bestehenden Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht verkleidet gewesen. Aus diesem Grunde habe das sich von der Trommel lösende Seil ungehindert in den Bereich des Getriebes gleiten können.
Die Beklagten bestritten, die erstbeklagte Partei wendete ein, der Kran habe bei der Abnahme den einschlägigen Ö-Normen und Rechtsvorschriften entsprochen. Der Unfall sei vielmehr auf einen Bedienungsfehler des Kranführers zurückzuführen, der trotz mehrlagig gekreuzter Wicklung des Seiles bis zur Höhe der Bordscheibe weitergefahren sei. Außerdem sei die nach § 70 Abs.3 der Bauarbeiterschutzverordnung vorgeschriebene Prüfung des Kranes unterlassen worden. Überdies dürften Lasten nicht über Personen geschwenkt werden.
Das Erstgericht wies mit "Teilzwischenurteil" das Klagebegehren gegenüber der zweitbeklagten Partei zur Gänze ab, es bejahte aber die Haftung der erstbeklagten Partei hinsichtlich der geltend gemachten Schadenersatzansprüche (Leistungsbegehren) dem Grunde nach zur Gänze und sprach deren Haftung dem Grunde nach für alle künftigen Schäden aus diesem Unfall (Feststellungsbegehren) aus.
Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehend traf es im wesentlichen folgende Feststellungen:
Der Kran, mit dem sich der gegenständliche Unfall ereignete, wurde im Frühjahr 1988 durch die Firma A***** nach Österreich importiert; hier wurde er zerlegt, die Stahlteile wurden entrostet und neu lackiert. Mit Hilfe der Zweitbeklagten wurde er im April 1989 zusammengebaut und aufgestellt. Am 19.4.1989 wurde der Kran von dem bei der erstbeklagten Partei beschäftigten Zeugen Dipl.Ing.Berthold M***** einer Abnahmeprüfung gemäß § 93 der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung unterzogen. Dabei wurde lediglich beanstandet, daß die Betongegengewichte demnächst zu erneuern und die statische Berechnung der Tragkonstruktion nachzureichen sei. Es wurde im Prüfbefund festgehalten, daß der Inbetriebnahme, vorbehaltlich etwaiger sich aus der statischen Berechnung ergebender Mängel, keine Bedenken entgegenstünden. Der Kran wurde sodann von Dienstnehmern der Firma A***** abgebaut, in unzerlegtem Zustand zur Baustelle K***** gebracht und dort wiederum aufgestellt. Sodann wurden sämtliche Endausschalter und Bremsen auf Funktion, die Schienen auf Lage und Befestigung und die Seile auf Beschädigung überprüft.
Ab 1.5.1989 war der Kran auf der Baustelle K***** im Einsatz. Es konnte nicht festgestellt werden, daß sich das Hubseil vor dem 8.6.1989 auf der Hubtrommel jemals mehr als zwei-lagig aufwickelte und ein mehr als zwei-lagiger Seilwickel auf der Hubtrommel von einem der beiden Kranfahrer oder vom Kläger festgestellt werden konnte.
Der Kran wurde dazu verwendet, am Boden gelagerte Eisentraversen aufzunehmen und zum vorgesehenen Befestigungsort zu hieven. Die aufzunehmenden Traversen waren zum Teil mit dem Standort des Kranes niveaugleich, zum Teil bis 1,5 m tiefer gelagert. Am 8.6.1989 bediente der Zeuge Josef L***** den Kran vom Führerstand aus. Der Zeuge Christian T***** befestigte eine Eisentraverse mit einer Seilschlinge an der Hakenflasche des Hubseiles. Auf ein Zeichen des Zeugen T***** fuhr der Zeuge L***** mit der Last hoch. Zur gleichen Zeit stand der Kläger auf der 5.Etage der Siebanlage. Als die Eisentraverse auf ein Niveau mehrere Meter über dem Kläger angehoben war, gab der Kläger dem Zeugen L***** ein Zeichen, mit der Last zu schwenken und sie abzusenken. Der Zeuge T***** (richtig wohl: L*****) schwenkte dabei mit der Last über den Kläger hinweg. Als die Eisentraverse mehrere Meter über dem Kläger war und der Kranführer sie abzusenken begann, riß das Hubseil, worauf die Eisentraverse auf den Kläger stürzte und ihn schwer verletzte.
Zum Seilriß kam es, weil das Hubseil von den Zahnrädern des Hubtrommelantriebsgetriebes erfaßt und abgequetscht bzw. abgeschert wurde. Das Hubseil konnte nur deshalb zwischen die seitlich nicht verkleideten Getriebezahnräder gelangen, weil es zufolge eines Bedienungsfehlers oder eines unrichtig eingestellten Endschalters zu einem nicht exakt feststellbaren Zeitpunkt vor dem Unglücksfall zu einer Schlaffseilbildung gekommen war, die zu einer mehr als zweilagigen Aufwicklung des Hubseiles auf der Hubtrommel führte. Dadurch überstieg das Hubseil das Trommelbord und fiel zwischen die nicht voll verkleideten Zahnräder des Hubtrommelantriebs. Die Zahnräder quetschten bzw. scherten das Hubseil in der Folge ab, sodaß es riß.
Die mit Seilrillen versehene Hubtrommel des Kranes wird über ein Zahnradgetriebe von einem Elektromotor angetrieben. Dieser Antriebsmotor treibt alternativ auch die Montagetrommel an, deren Seil dem Aufstellen des Kranes dient. Hub- und Montagetrommel sind nebeneinander angeordnet. An der dem Antriebsmotor zugewandten Seite der Seiltrommeln schließen an die Außenseite der Trommelborde unmittelbar die Zahnräder des Getriebes an. Diese Zahnräder waren bereits vom Hersteller des Kranes nach oben hin mit einem Blechstreifen abgedeckt, seitlich jedoch nicht verkleidet worden. Derart offene Getriebe wurden früher häufig ausgeführt, neuerdings werden von den Kranherstellern gekapselte Getriebe bevorzugt. Bei ordnungsgemäßer Aufwicklung des Hubseiles auf der Hubtrommel kommt es nur zu einer zweilagigen Seilwicklung.
Zum Zeitpunkte der Abnahme durch die erstbeklagte Partei am 19.4.1989 entsprach der Kran den einschlägigen Ö-Normen.
In der Regel kommt eine Schlaffseilbildung bei einem Kran dieser Bautype nicht zustande, da aufgrund des Seilgewichtes und der Hakenflasche genug Zugspannung herrscht, um die Seile ordnungsgemäß auf der Hubtrommel aufzuwickeln. Bei ordnungsgemäßer Bedienung des Kranes kann es zu keiner Schlaffseilbildung kommen. Durch eine Kapselung des Getriebes oder eine seitliche Verkleidung der Zahnräder zumindest an den Eingriffstellen wäre das Gefahrenpotential bei Störungen durch Schlaffseilbildung bedeutend gemindert worden.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, der gegenständliche Kran habe zwar der Ö-Norm M 9600 entsprochen, nicht aber der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung idF BGBl. 1951/265.
§ 61 Abs.2 dieser Verordnung sehe vor, daß Zahnräder, die nicht im Arbeits- und Verkehrsbereich laufen, an den Angriffsstellen vorne und seitlich zu verkleiden seien. Da eine solche Verkleidung beim gegenständlichen Kran gefehlt habe, habe er nicht den zum Zeitpunkt seiner Errichtung geltenden Vorschriften entsprochen. Dies hätte die erstbeklagte Partei bei der Abnahme beanstanden müssen. Aufgrund dieser rechtswidrigen Unterlassung hafte sie für den dem Kläger entstandenen Schaden. Da die Schadenshöhe strittig sei, sei hinsichtlich der erstbeklagten Partei mit Zwischenurteil vorzugehen. Eine Verletzung einer Haupt- oder Nebenpflicht durch die zweitbeklagte Partei sei nicht erwiesen, sodaß das Klagebegehren insoweit abzuweisen sei.
Während der klagsabweisende Teil dieser Entscheidung in Rechtskraft erwuchs, erhob die erstbeklagte Partei Berufung.
Das Berufungsgericht hob mit Beschluß den Teil der Entscheidung auf, mit dem die Feststellung der Haftung der erstbeklagten Partei dem Grunde nach für alle künftigen Schäden aus dem Unfall vom 8.6.1989 ausgesprochen wurde, auf, und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt. Im übrigen wurde die angefochtene Entscheidung mit Urteil als Teilzwischenurteil bestätigt und ausgesprochen, daß das Klagebegehren, die erstbeklagte Partei sei schuldig, binnen 14 Tagen S 1,200.243,99 samt Anhang zu bezahlen, dem Grunde nach zu Recht bestehe. Insoweit wurde die ordentliche Revision nach § 502 Abs.1 ZPO für zulässig erklärt.
Das Berufungsgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, die erstbeklagte Partei sei dem Personenkreis des § 1299 ABGB zuzurechnen, sodaß der objektive Sorgfaltsmaßstab gegenüber § 1297 ABGB auf den Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe angehoben sei. Bezüglich der Sorgfaltseinhaltung bzw. -verletzung sei zu prüfen, wie sich der maßgerechte Fachmann in der Situation des Täters verhalten hätte. § 1299 ABGB gelte primär für vertragliche Beziehungen, inwieweit er auch für deliktische Beziehungen gelte, sei aus dem Sinn des Qualifikationserfordernisses zu ermitteln. Angehörige der Baugewerbe hafteten daher, soweit es um bauliche Sicherheiten ginge, der Allgemeinheit in diesem Sinne. Da sich der Kläger gerade auf das sorgfaltswidrige Nichterkennen einer möglichen bauartbedingten Gefährlichkeit des von der erstbeklagten Partei über Auftrag der Firma A***** gemäß § 93 Abs.1 ADNSchV zu überprüfenden Kranes stütze, schade das Fehlen einer direkten Vertragsbeziehung nicht. Im übrigen erstrecke sich die Schutzwirkung des Vertrages zwischen der Firma A***** und der erstbeklagten Partei auch auf den Kläger.
Die Prüfpflicht der erstbeklagten Partei habe sich nicht auf die Übereinstimmung mit den Ö-Normen beschränkt, vielmehr ergebe sich aus § 93 Abs.3 ADNSchV, daß Krane vor ihrer Inbetriebnahme sowie nach größeren Instandsetzungen oder wesentlichen Änderungen einer Abnahmeprüfung und mindestens einmal jährlich einer Prüfung hinsichtlich ihrer Betriebssicherheit zu unterziehen seien. Die Betriebssicherheit müsse daher auch bei der Abnahme geprüft werden.
Im vorliegenden Fall ergebe sich das Gefahrenpotential der seitlich und auch an den Eingrifsstellen nicht verkleideten Zahnräder erst aus einer Fehlbedienung des Kranes, die zu einer mehr als zweilagigen Aufwicklung des Seiles auf die Hubtrommel führte. Die Möglichkeit einer derartigen Fehlbedienung sei nicht so gering einzuschätzen, daß eine Schädigung nur durch eine ungewöhnliche Verkettung mehrerer Ursachen denkbar wäre.
Davon ausgehend hätte die erstbeklagte Partei das Fehlen der für die Betriebssicherheit erforderlichen seitlichen Verkleidung der Zahnräder an den Eingriffsstellen anzeigen müssen, und zwar sowohl nach der Bestimmung des § 61 Abs.2 ADNSchV als auch nach § 33 Abs.2 AAV. Es sei zwar im § 33 Abs.2 AAV nicht unmittelbar geregelt, wie die "Verkleidung" oder "Verdeckung" beschaffen sein müsse, während § 61 Abs.2 ADNSchV ausdrücklich verlange, daß Zahn- und Kettenräder, die nicht im Arbeits- und Verkehrsbereich laufen, an den Eingriffsstellen vorne und seitlich zu verkleiden seien. § 33 Abs.3 AAV regle aber ganz allgemein, daß die Verkleidung ein Erreichen der Gefahrenstelle von allen Seiten, die Verdeckung ein unbeabsichtigtes Berühren der Gefahrenstelle von den zugänglichen Seiten (und die Umwehrung ein unbeabsichtigtes Annähern an die Gefahrenstelle) verhindern müsse. Eine besondere Bedachtnahme auf die Eingriffstellen von Zahnrädern ergebe sich aus § 33 Abs.1 Satz 2 (richtig: Satz 3) AAV, wonach Zahn- und Kettenräder sogar außerhalb der im § 32 Abs.2, 5 und 6 angeführten Sicherheitsabstände zumindestens an den Eingriffstellen verdeckt oder verkleidet sein müßten. Unter den Eingriffstellen seien die Stellen des Zahneingriffes zu verstehen, die daher auch dann, wenn primär nicht damit zu rechnen sei, daß eine Person unmittelbar dadurch verletzt werden könnte, daß sie zu nahe komme, zu sichern seien. Daß durch diese Bestimmung nicht nur der Schutz vor der unmittelbaren Beschädigung eines Arbeitnehmers durch Hineingreifen oder Hineingeraten gewährleistet werden solle, zeige sich im Zusammenhang mit § 33 Abs.5 AAV. Diese Bestimmung betreffe zwar Schutzvorrichtungen mit Öffnungen; es werde aber nicht nur auf die Sicherheitsabstände nach § 32 AAV abgestellt, sondern auch eine solche Beschaffenheit der Schutzvorrichtung gefordert, daß ein Durchfallen von Gegenständen und Material, wodurch Gefahren verursacht werden könnten, verhindert sei. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der Schutzzweck der Regelungen bei Schutzvorrichtungen ohne Öffnungen nicht ebenfalls dahin gehen sollte, die Verursachung von Gefahren zu vermeiden, die dadurch entstehen, daß andere Gegenstände in die zu verkleidenden oder zu verdeckenden Gefahrenstellen gelangen. Entsprechende, auf mögliche Gefahren durch das Durchfallen von Gegenständen abstellende Bestimmungen würden sich auch im § 60 Abs.3 ADNSchV und § 6 Abs.5 AMGSV finden. Der Schutzzweck all dieser Normen verlange die ausreichende Absicherung der Eingriffstellen der Zahnräder des Hubtrommelgetriebes gegen das Hineingeraten des Hubseiles, dessen Herabfallen von der Hubtrommel im Falle einer Fehlbedienung ja nicht auszuschließen sei. Eine derartige Schädigungsmöglichkeit sei nicht bloß als Folge einer ganz außergewöhnlichen, völlig unwahrscheinlichen Verkettung von Umständen zu erwarten. Die der erstbeklagten Partei zuzurechnende Unterlassung bedeute daher die adäquate Schadensverursachung.
Der Mitverschuldenseinwand sei nicht berechtigt; daß der Kläger den Zeugen L***** als "Einweiser" angewiesen hätte, die Last über ihm abzusenken oder so zu schwenken, daß sich diese zwangsläufig über ihm befinden mußte, könne den getroffenen Feststellungen nicht entnommen werden. Überdies sei das Hubseil am Beginn des Absenkens gerissen, sodaß es auch fraglich sei, ob der Kläger seine Position überhaupt noch rechtzeitig verändern hätte können.
Dem Grunde nach sei daher die Haftung der erstbeklagten Partei zu bejahen. Für die Feststellung der Haftung für alle künftigen Schäden fehle es allerdings an Sachverhaltsfeststellungen, aus denen ein entsprechendes Feststellungsinteresse entnommen werden könnte. Dies sei aufgrund der gesetzmäßig erhobenen Rechtsrüge wahrzunehmen gewesen, ebenso wie der Umstand, daß ein Zwischenurteil nach § 393 Abs.1 ZPO nur dann möglich sei, wenn der Anspruch dem Grund und Betrag nach streitig sei, also nicht bei einem Feststellungsbegehren. Der Berufung sei daher insoweit im Sinne des Aufhebungsantrages Folge zu geben gewesen. Die ordentliche Revison wurde mit der Begründung für zulässig erklärt, daß zur Rechtsfrage des Schutzzweckes der Bestimmungen der §§ 61 ADNSchV und § 33 AAV eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.
Die erstbeklagte Partei bekämpft den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, daß der Berufung im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung Folge gegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der erstbeklagten Partei nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die erstbeklagte Partei macht in ihrem Rechtsmittel geltend, das Berufungsgericht habe sich zu Unrecht auf die Bestimmung des § 61 Abs.2 ADNSchV gestützt, weil diese Bestimmung zum Zeitpunkte der Abnahmeprüfung bereits durch das Inkrafttreten der AAV nicht mehr dem Rechtsbestand angehört habe. Die weiters herangezogene Bestimmung des § 33 Abs.2 AAV betreffe nur Schutzmaßnahmen für Gurttriebwerke und sei ebenfalls auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden.
Aus § 33 Abs.1 AAV ergebe sich bloß, daß die dort angeführten Kraftübertragungseinrichtungen verkleidet oder verdeckt sein müßten, wie diese "Verkleidung" oder "Verdeckung" beschaffen sein müsse, sei aber nicht geregelt. Da § 61 Abs.2 ADNSchV noch ausdrücklich eine seitliche Verkleidung verlangt hätte, diese Bestimmung aber aufgehoben worden sei, sei eine seitliche Verkleidung eben nicht mehr geboten gewesen. Daraus folge, daß der Kran zum Prüfungszeitpunkt sowohl den Ö-Normen, als auch - da die Zahnräder entsprechend der AAV abgedeckt waren - dieser Vorschrift entsprach.
Selbst wenn man aber der Erstbeklagten ein rechtswidriges Verhalten zur Last legte, sei ein Rechswidrigkeitszusammenhang nicht gegeben. Auch das Gebot einer seitlichen Verkleidung eines Zahnrades umfasse als Schutzzweck nur die Vermeidung direkter und unmittelbarer Verletzungen eines Arbeitnehmers, solle aber nicht das Eindringen eines Seiles verhindern. § 33 Abs.1 AAV spreche zunächst davon, daß Kraftübertragungseinrichtungen verkleidet oder verdeckt sein müßten, sofern das Verkleiden oder Verdecken aber schwer durchführbar sei, genüge eine Sicherung durch Umwehren. Das Umwehren einer Kraftübertragungseinrichtung könne aber nur als Hindernis für einen Menschen, nicht aber für einen Gegenstand gelten, woraus klargestellt sei, daß es sich bei der Einrichtung einer Verkleidung oder Verdeckung nur um eine Schutzvorrichtung gegen die unmittelbare Beschädigung eines Menschen handle. § 32 Abs.2, 5 und 6 AAV normiere Sicherheitsabstände, die sich aus der in Richtung Gefahrenstelle gemessenen Reichweite einer Person ergeben. Es handle sich dabei um jene Schutzzone, innerhalb derer Arbeitstätigkeiten keinesfalls vorgenommen werden dürften. Über diesen Arbeitsbereich hinaus werde nun durch § 33 Abs.1 letzter Satz AAV auch dem Umstand Rechnung getragen, daß sich Arbeitnehmer allenfalls auch derartigen Gefahrenstellen nähern könnten, die eigentlich nicht in ihrem Arbeitsbereich liegen; an diesen Stellen solle eben eine "Verdeckung" oder "Verkleidung" erforderlich sein. Die ursprüngliche Forderung des § 61 Abs.2 ADNSchV nach einer Verkleidung vorne und seitlich habe, da eine Differenzierung solcher Sicherheitszonen dort nicht vorgenommen war, entfallen können.
Nach § 33 Abs.3 AAV müsse die Verkleidung ein Erreichen der Gefahrenstelle, die Verdeckung ein unbeabsichtigtes Berühren und die Umwehrung letztlich ein unbeabsichtigtes Annähern an die Gefahrenstelle verhindern, woraus sich ergebe, daß der Schutzzweck stets auf das unmittelbare Hineingreifen oder Hineingeraten eines Menschen gerichtet sei.
Auch aus § 33 Abs.5 AAV ergebe sich nichts anderes: Sollte nämlich die Verkleidung oder Verdeckung auch gegen das Hineingeraten von Gegenständen dienen, hätte der Gesetzgeber für die Beschaffenheit derartiger Schutzvorrichtungen durch besondere Materialien Sorge tragen müssen.
Schließlich ergebe sich auch aus § 33 Abs.7 AAV, daß der Schutzzweck der Schutzvorrichtungen lediglich im direkten Schutz von Menschen gelegen sei.
Unrichtig sei auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, es liege eine adäquate Schadensverursachung vor; der Unfall sei vielmehr auf eine außergewöhnliche Verkettung von Umständen zurückzuführen. Daß das Fehlen einer seitlichen Abdeckung des Zahnradgetriebes ein derartiges Ereignis nach sich ziehen könnte, hätte vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden können. Letztlich sei auch der Mitverschuldenseinwand berechtigt, weil der Kläger das Zeichen zum Absenken nur zu jenem Zeitpunkt gegeben haben könne, als er sich unmittelbar unter der Last befand.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:
Richtig ist zwar, daß § 61 ADNSchV zum Zeitpunkte der Prüfung durch die erstbeklagte Partei gemäß § 101 Z 9 AAV nicht mehr in Kraft war. Daraus können aber für die erstbeklagte Partei günstige Rechtsfolgen nicht abgeleitet werden, weil sich die Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht tragend auf diese Bestimmung stützt.
Daß sich die Prüfpflicht der erstbeklagten Partei nicht auf die Einhaltung der Ö-Normen beschränkte, sondern daß auch die Einhaltung der AAV zu überwachen war, wird von der erstbeklagten Partei nicht bestritten.
Gemäß § 33 Abs.1 AAV müssen Zahnräder oder andere Kraftübertragungseinrichtungen verkleidet oder verdeckt sein, soferne das Verkleiden oder Verdecken von Kraftübertragungseinrichtungen nur schwer durchführbar ist, können solche Einrichtungen auch durch Umwehren gesichert sein. Zahn- und Kettenräder müssen aber auch außerhalb der im § 32 Abs.2, 5 und 6 angeführten Sicherheitsabstände zumindest an den Eingriffstellen verdeckt oder verkleidet sein. Das bedeutet also, daß Zahn- und Kettenräder jedenfalls an den Eingriffstellen verdeckt oder verkleidet sein müssen. Unter den Eingriffstellen sind die Zahneingriffstellen zu verstehen. Dieser Vorschrift hat der zum Unfall führende Kran nicht entsprochen, was sich allein daraus ergibt, daß das Seil in die Eingriffstelle der Zahnräder fallen konnte. Daraus folgt, daß die erstbeklagte Partei ihrer Prüfungspflicht nicht ausreichend entsprochen hat. Diese Unterlassung war auch kausal für den eingetretenen Schaden. Hätte die erstbeklagte Partei bei der Abnahmeprüfung auf den Mangel hingewiesen, so wäre dieser behoben worden und wäre es nicht zur Verletzung des Klägers gekommen.
Zutreffend hat das Berufungsgericht auch den Rechtswidrigkeitszusammenhang bejaht. Es trifft zwar zu, daß aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens nur für jene verursachten Schäden zu haften ist, die vom Schutzzweck der Verbotsnorm erfaßt werden, da sie gerade diese Schäden verhindern wollte (Koziol, Haftpflichtrecht I2, 151), doch sollen nach Ansicht des erkennenden Senates durch die Bestimmung des § 33 Abs.1 AAV Arbeitnehmer nicht nur gegen eine unmittelbare Beschädigung durch Zahnräder geschützt werden. Dies ergibt sich schon, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, aus der Bestimmung des § 33 Abs.5 AAV, wonach Schutzvorrichtungen (d.s. Verkleidungen, Verdeckungen und Umwehrungen) mit Öffnungen so angeordnet und beschaffen sein müssen, daß ein Durchfallen von Gegenständen und Material, wodurch Gefahren verursacht werden können, verhindert ist. Wenn die Erstbeklagte in ihrem Rechtsmittel die Ansicht vertritt, daß der Gesetzgeber, hätte er durch § 33 Abs.5 AAV anordnen wollen, daß die Verkleidung oder Verdeckung auch gegen das Hineingeraten von Gegenständen schlechthin dienen sollte, für derartige Schutzvorrichtungen besondere Materialien vorschreiben hätte müssen, so entgeht ihr die Bestimmung des § 33 Abs.4 1.Satz AAV, wonach Verkleidungen, Verdeckungen und Umwehrungen aus genügend widerstandsfähigem Material gefertigt und sicher befestigt sein müssen.
Schließlich ist auch die für die Begründung eines Schadenersatzanspruches erforderliche Adäquanz gegeben. Als inadäquat ist nach ständiger Rsp nur eine Ursache anzusehen, die zur Herbeiführung des späteren Erfolges als völlig ungeeignet erscheinen mußte und nur infolge einer ganz außergewöhnlichen Verkettung von Umständen zu einer Bedingung des Schadens wurde (siehe Reischauer in Rummel2, Rz 14 zu § 1295). Eine derartige ganz außergewöhnliche Verkettung von Umständen liegt aber im vorliegenden Fall nicht vor, weil zu dem Fehlen der Verkleidung lediglich noch ein Bedienungsfehler hinzutrat, bei dem es sich aber nicht um eine ganz außergewöhnlichen Unglücksfall handelt. Letztlich ist auch der Mitverschuldenseinwand der erstbeklagten Partei unberechtigt, weil die Annahme, daß der Kläger das Zeichen zum Absenken nur zu jenem Zeitpunkt gegeben haben könne, als er sich unmittelbar unter der Last befand, in den Feststellungen der Vorinstanzen keine Deckung findet.
Im übrigen kann gemäß § 510 Abs.3 ZPO auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf § 52 Abs.1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)