OGH 2Ob54/66

OGH2Ob54/6618.3.1966

SZ 39/51

Normen

ABGB §830
ABGB §830

 

Spruch:

Ein Teilungsbegehren ist zur Unzeit erhoben, wenn Teile des gemeinsamen Grundstückes für den Bau einer Straße beansprucht werden und die Entschädigungssumme sowie der Verkauf eines infolge des Straßenbaues erforderlichen, die Gestaltung des Grundstückes beeinflussenden Aufschließungsweges noch nicht feststeht

Entscheidung vom 18. März 1966, 2 Ob 54/66

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz

Text

Der Kläger ist zu einem Drittel, der Beklagte zu zwei Dritteln bücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ. 136 KG. Dr. mit den Grundstücken 552/2 Acker und 553 Wiese im Ausmaß von 5417 m2. Die an der westlichen Ausfahrt des Ortes Kr. gelegene Grundstücksfläche verläuft mit ihrer etwa 50 m langen südlichen Grenze entlang der Bundesstraße 17 und erstreckt sich von dort etwa 105 m nordwärts.

Mit der am 5. Oktober 1960 erhobenen Klage begehrte der Kläger die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an dieser Liegenschaft, deren Teilung in der Natur durch eine parallel zur Bundesstraße 17 gezogene Linie in der Weise, daß ihm das südliche Teilstück in der Größe eines Drittels, dem Beklagten das nördliche in der Größe von zwei Dritteln zufalle, und die Einwilligung des Beklagten zur Einverleibung des alleinigen Eigentumsrechtes des Klägers an dem südlichen Teilstück. Er behauptete ursprünglich auch, mit dem Beklagten eine Vereinbarung in diesem Sinn getroffen zu haben (insoweit die Klage auf diesen Rechtsgrund gestützt war, ist darüber bereits abweislich entschieden), Der Beklagte wendete ein, daß der Aufhebungsanspruch zur Unzeit geltend gemacht werde, weil die Absicht bestehe, über das Grundstück eine Zubringerstraße zur geplanten Autobahn Kl.-V. zu errichten.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es stellte fest, daß das südliche, an der Bundesstraße gelegene Grundstück Nr. 552/2 in seinem südlichen Teil von der Trasse des Autobahnzubringers Kr.-West angeschnitten werde und daß etwa 650 m2 für die Trasse in Anspruch genommen und abgetrennt werden. Der Kläger habe erklärt, daß bei einer Teilung gemäß seinem Begehren eine allfällige Abtrennung von dem von ihm begehrten südlichen Teil ausschließlich zu seinen Lasten gehe. Dadurch sei der Einwand des Beklagten, die Teilung werde zur Unzeit begehrt, hinfällig. Der nördliche und südliche Liegenschaftsteil seien gleichwertig.

Das Berufungsgericht wiederholte und ergänzte die Beweise und wies die Klage ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen: Die Lage des Autobahnzubringers steht nunmehr (Schluß der Verhandlung) endgültig genehmigt fest. Hienach werden für ihn am Ostrand der Liegenschaft vom Grundstück Nr. 552/2 13.5 m Tiefe, die sich auf 16 m erweitern, beansprucht werden. An der Westgrenze des Grundstückes läßt sich die Tiefe erst nach Erstellung des Teilungsplanes der Bundesstraßenverwaltung ermitteln. Vom Autobahnzubringer aus, also von Südwesten her, ist eine Zufahrt auf die verbleibende Liegenschaft nicht mehr möglich. Die Erreichbarkeit wird im Zusammenhang mit den Grundablösungsverhandlungen durch einen erst auszuhandelnden Aufschließungsweg geklärt werden, zumal außer den Streitteilen noch drei bis vier andere Gründeigentümer ihre bisherige Zufahrt von der Bundesstraße 17 her verlieren. Erst nach Verhandlungen mit diesen Gründeigentümern wird sich die Lage des Aufschließungsweges ergeben, ebenso, in welcher Weise die einzelnen Grundstücke, darunter auch das gegenständliche, durch den Aufschließungsweg betroffen werden. Die Grundablöseverhandlungen werden noch im Jahre 1966 durchgeführt werden. An dem Verschnitt des Baukörpers des Autobahnzubringers mit der Natur wird sich ein 6 m breiter miteinzulösender Grundstreifen befinden, der nicht verbaut werden darf und nach dem die neue Grundgrenze verlaufen wird. Daran wird sich eine 40 m tiefe Schutzzone schließen, in der Bauvorhaben einer nur selten erteilten Ausnahmegenehmigung bedürfen. An die engere Schutzzone schließt sich eine 60 m breite weitere Schutzzone an, in der zwar kein Bauverbot besteht, aber die Bundesstraßenverwaltung auf Bauvorhaben Einfluß nehmen kann. Die Verbauung der Liegenschaft beeinflußt die Bewertung sowohl des südlichen wie des nördlichen Grundstücksteiles. Welcher Teil höherwertig sein wird, kann erst gesagt werden, wenn die Lage der Aufschließungsstraße feststeht. Ohne deren Kenntnis ist eine wertmäßige Aufteilung des Grundstückes im Verhältnis 1 : 2 nicht möglich. Bei einer quadratmetermäßigen Aufteilung der Liegenschaft im Sinn des Klagebegehrens entfielen auf den Kläger 1806 m[2] bei einer Grundstückstiefe von etwa 37 m. Abzüglich eines schon jetzt als Parkstreifen in Anspruch genommenen 6 m breiten und des 16 m breiten Teiles für den Autobahnzubringer verbliebe eine Grundstückstiefe von durchschnittlich etwa 15 m. Dieser Grundstreifen fiele zur Gänze in die engere Bauzone. Er wäre auch unter Berücksichtigung der noch nicht geklärten Lage der Aufschließungsstraße relativ weniger wert als der nördliche, außerhalb der engeren Schutzzone gelegene Teil.

Rechtlich folgerte das Berufungsgericht aus diesen Feststellungen, daß die Teilungsklage zur Unzeit erhoben worden sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Ausgehend von der von Klang (bei Klang-Komm.[2] III 1098) dargestellten Entstehungsgeschichte der Bestimmung des § 830 ABGB., versucht sie zunächst darzutun, daß die Teilung der gemeinsamen Liegenschaft in der vom Kläger angestrebten Weise ausschließlich ihm, nicht aber dem Beklagten zum Nachteil gereichen könnte. Auf diese Ausführungen braucht jedoch im einzelnen nicht eingegangen zu werden. Denn nach einhelliger Lehre (vgl. Klang a. a. O. und insbesondere die in Fußnote 18 zitierten Schriftsteller) ist das Wort "oder" zwischen "zur Unzeit" und "zum Nachteil der übrigen" in § 830 ABGB. in disjunktivem Sinn zu verstehen. Die Einwendung des Beklagten ging auch lediglich in der Richtung, der Kläger begehre die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft zur Unzeit im Hinblick auf die infolge des Straßenbauprojektes nicht geklärten Verhältnisse. Auch wenn angenommen werden müßte, daß die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft gemäß dem Klagebegehren dem Beklagten nicht zum Nachteil gereichen würde, blieb die Frage weiterhin zu prüfen, ob die Unzeit im Sinn des Gesetzes vorliegt. Nun hat der Oberste Gerichtshof erst in jüngster Zeit den Standpunkt vertreten, daß ein anhängiges Enteignungsverfahren den Einwand der Unzeit rechtfertige. Der Entscheidung vom 25. Mai 1965, 8 Ob 161/65, lag allerdings ein Begehren auf Aufhebung der Gemeinschaft durch gerichtliche Feilbietung zugrunde. Dabei wurde gesagt, daß ein nichtabgeschlossenes Enteignungsverfahren geeignet sei, Interessenten vom Bieten überhaupt oder von besseren Anboten abzuhalten. Der Fall liegt hier trotzdem nicht wesentlich anders.

Zwar steht fest, welche Grundflächen von der südlichen Teilfläche, die der Kläger zugesprochen haben will, für den Autobahnzubringer beansprucht werden. Die Höhe der in diesem Zusammenhang zu zahlenden Entschädigung ist aber vollkommen unbekannt. Völlig ungewiß ist aber auch, wie sich die Schaffung des Aufschließungsweges auf die Liegenschaft der Streitteile auswirken wird. Die dargelegten Ungewißheiten in bezug auf die Größe und die Gestaltung der Liegenschaft stellen dem Teilungsanspruch entgegenstehende Hindernisse dar, die sich aus der gegenwärtigen Beschaffenheit der Sache ergeben. Die Grundablöseverhandlungen, soweit sie den Autobahnzubringer betreffen, werden noch im Jahre 1966 stattfinden. Da feststeht, daß hiebei insgesamt etwa 5-6 Gründeigentümer ihre bisherige Zufahrt von der Bundesstraße 17 verlieren, ergibt sich zwangsläufig, daß im Zug dieser Ablöseverhandlungen auch die Verhandlungen hinsichtlich des Aufschließungsweges geführt werden müssen. Bei diesen Umständen hat das Berufungsgericht mit Recht den Standpunkt vertreten, daß sich der Kläger einen angemessenen Aufschub gefallen lassen muß, dies umso mehr, als die Zeit dieses Aufschubes nach den vorliegenden Feststellungen durchaus absehbar ist. Dies hat aber jedenfalls die Abweisung der Klage zur Folge und nicht einen Ausspruch, daß und auf welche Zeit die Entscheidung über das Klagebegehren aufgeschoben wird. Denn bei Vorliegen eines Teilungshindernisses ist das Teilungsbegehren abzuweisen, und es bleibt dem Kläger überlassen, in einem ihm geeignet erscheinenden Zeitpunkt neuerlich sein Begehren anzubringen (Klang a. a. O. S. 1099).

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