OGH 2Ob541/90

OGH2Ob541/9011.7.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred W*** Gesellschaft m. b.H. & Co KG, Auerspergstraße 1, 1081 Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) A***-W*** Gesellschaft m.b.H. und 2) C*** Beratungsgesellschaft m.b.H., beide Lerchenfelderstraße 2, 1080 Wien, beide vertreten durch Dr. Paul Weiss und Dr. Renate Steiner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 9. Jänner 1990, GZ 41 R 913/89-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9. Oktober 1989, GZ 41 C 315/89k-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Ein Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens findet nicht statt.

Text

Begründung

Mit Mietvertrag vom 4. 6. 1980 vermietete die Klägerin den Beklagten in einem angeschlossenen Plan näher definierte Räumlichkeiten im Palais Auersperg in Wien ab 1. 5. 1980 auf unbestimmte Zeit. In diesem Mietvertrag wurde schriftlich vereinbart, daß die Vermieterin zur vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses ohne Einhaltung einer Frist unter anderem dann berechtigt sei, wenn sie das Palais Auersperg verkaufe und den Mietern für die von ihnen aus Anlaß des Abschlusses des Mietvertrages vereinbarten Investitionen eine Ablöse, die unter Annahme einer Amortisation in zehn Jahren der noch nicht abgelaufenen Amortisationszeit entspricht, zuzüglich eines Betrages von S 500.000,- zur Abgeltung der Übersiedlungs- und weiterer Kosten zusage. Dieser Auflösungsgrund wurde auch als wichtiger Kündigungsgrund vereinbart.

Die Klägerin kündigte den Beklagten das Mietverhältnis zum 31. 12. 1989 aus den Gründen des § 30 Abs 2 Z 8 und Z 13 MRG gerichtlich auf. Sie werde die Liegenschaft an die R*** R*** AG verkaufen und den Beklagten die vereinbarte Ablöse bezahlen. Die Käuferin werde wesentliche Teile des Palais Auersperg für eigene Zwecke benötigen und würde bei Aufrechterhaltung des Mietvertrages einen größeren Nachteil erleiden, als er den Mietern aus der Kündigung erwüchse.

Die Aufkündigung wurde den Beklagten am 30. 5. 1989 zugestellt. Die Beklagten erhoben Einwendungen und bestritten darin das Vorliegen der behaupteten Kündigungsgründe.

Mit Vertrag vom 21. 6. 1989 verkaufte die Klägerin die Liegenschaft an die R*** R*** AG; das Eigentum der Käuferin ist inzwischen bücherlich einverleibt worden. Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Die Klägerin sei nicht mehr Eigentümerin der Liegenschaft. Überdies rechtfertige die Vereinbarung, daß deren Verkauf ganz allgemein als Kündigungsgrund gelte, nicht die Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG, weil gemäß § 30 Abs 3 MRG eine Vereinbarung, nach der dem Vermieter das Kündigungsrecht in einem weiteren Ausmaß als nach § 30 Abs 1 und Abs 2 MRG zustehen soll, rechtsunwirksam sei und das Bestehen von Mietverhältnissen die schon erfolgte Veräußerung nicht gehindert habe.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,- übersteigt und daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die Klägerin sei als Vermieterin zur Aufkündigung legitimiert. Daß die Klägerin ihre Rechtsstellung als Vermieterin durch den Eintritt der Erwerberin in den Vertrag verloren habe, hätten die Beklagten nicht behauptet. Außerdem sei die Liegenschaft erst verkauft worden, nachdem das Verfahren bereits anhängig gemacht worden sei. Die Klägerin habe sich in der Aufkündigung auf den vereinbarten Kündigungsgrund gestützt (§ 30 Abs 2 Z 13 MRG) und dort vorgebracht, sie werde das Palais Auersperg verkaufen. Sie habe den Kaufvertrag auch tatsächlich erst nach Zustellung der Aufkündigung abgeschlossen und sich selbst im Verfahren darauf berufen, daß der vereinbarte Kündigungsgrund nach Einbringung der Aufkündigung eingetreten sei. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung sei der Kündigungsgrund noch nicht vorgelegen, weil erst der Verkauf Palais als wichtiger Kündigungsgrund gelten sollte. Wollte man aber die Vereinbarung so verstehen, daß schon die bloße Verkaufsabsicht als Kündigungsgrund gelte, sei die Vereinbarung nach § 30 Abs 3 MRG unwirksam, weil das Berufungsgericht den Verkauf des Hauses entgegen der Ansicht des Obersten Gerichtshofes nicht als Kündigungsgrund, der im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG wirksam vereinbart werden könne, anerkenne. Die in den Entscheidungen MietSlg 35.382/36 und ImmZ 1989, 153 f vertretene Rechtsauffassung führe zur Beseitigung eines der fundamentalen Grundsätze des Kündigungsschutzes zugunsten des Gedankens "Kauf bricht Miete". Es bestehe kein gerechtfertigtes Anliegen des Vermieters, bei Veräußerung der Liegenschaft einen höheren Preis zu erzielen, indem er sich die Beendigung unter Kündigungsschutz stehender Mietverhältnisse für den Fall der Liegenschaftsveräußerung durch schriftliche Vereinbarung eines Kündigungsgrundes im Mietvertrag sichere. Wegen dieser abweichenden rechtlichen Beurteilung seien die Voraussetzungen für die ordentliche Revision (§ 502 Abs 1 ZPO) gegeben.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin. Sie bekämpft sie aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, "daß die Aufkündigung nicht aufgehoben werde"; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Die Beklagten haben eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision der Klägerin keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht zulässig.

Gegen ein Urteil des Berufungsgerichtes ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung über die Kündigung in dem unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Rechtsstreit hängt von der vom Berufungsgericht zum Anlaß seines Ausspruches, mit dem es die ordentliche Revision für zulässig erklärte, genommenen Rechtsfrage, ob der Verkauf des Palais Auersperg rechtswirksam im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG als wichtiger und bedeutsamer Kündigungsgrund im Mietvertrag vereinbart werden konnte, nicht ab.

Nach dem insoweit klaren Wortsinn der Vereinbarung sollte der Verkauf des Palais den Kündigungsgrund abgeben. Die Klägerin hat sich, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, im Verfahren erster Instanz selbst darauf berufen (siehe insbesondere ON 7), der vereinbarte Kündigungsgrund sei eingetreten, als das Palais verkauft wurde. Der Kaufvertrag wurde aber erst nach der Zustellung der Aufkündigung an die Beklagten abgeschlossen. Es stellt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, daß für das Vorliegen des behaupteten Kündigungsgrundes der Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung an den Gegner maßgeblich ist; insoweit sind Lehre und Rechtsprechung einheitlich (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, § 33 MRG Rz 26; Würth in Rummel, ABGB, § 33 MRG Rz 5; MietSlg 35.388; EvBl 1965/89 ua). Auch im Fall der Entscheidung MietSlg 35.282/36 erfolgte die Aufkündigung erst am Tag nach Abschluß des Kaufvertrages über das Wohnhaus; im Fall der Entscheidung ImmZ 1989, 154 hat sogar erst überhaupt der Erwerber gekündigt. Daß dort die Veräußerung der Liegenschaft in Betracht gezogen worden war, bezog sich auf die Zeit der Vereinbarung und nicht auf jene der Kündigung. Da es im maßgebenden Zeitpunkt am Vorliegen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG fehlte, könnte selbst eine nach Zustellung der Aufkündigung erfolgte Verwirklichung des Kündigungsgrundes, die jedenfalls nicht vor dem Abschluß des Kaufvertrages am 21. 6. 1989 eingetreten sein konnte, nicht zur Wirksamerklärung der Aufkündigung aus diesem Grund führen. Auf den Kündigungsgrund des Eigenbedarfes nach § 30 Abs 2 Z 8 MRG, der schon daran scheitert, daß das Bestandobjekt für Bürozwecke vermietet wurde und nur ein Eigenbedarf der künftigen Käuferin geltend gemacht wurde, bei der jedenfalls

§ 30 Abs 3 zweiter Satz MRG zum Tragen käme, ist die Klägerin schon im Berufungsverfahren nicht mehr zurückgekommen.

Die Aufkündigung war somit schon deshalb aufzuheben, weil der Verkauf der Liegenschaft im Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung noch nicht wirksam zustandegekommen war. Daß die bloße Verkaufsabsicht selbst dann, wenn sie bis zum Stadium vor Vertragsabschluß gediehen sein sollte, nicht einmal nach der Vereinbarung den Kündigungsgrund darstellte, folgt schon daraus, daß es die Vermieterin - unterstellt man die Zulässigkeit der Vereinbarung dieses Kündigungsgrundes - in der Hand hätte, die Kündigungsschutzbestimmungen jederzeit dadurch zu umgehen, daß sie ihre Verkaufsabsicht nach erfolgreicher Kündigung aufgibt. Überdies mangelte es an der nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG erforderlichen Schriftform, weil die Verkaufsabsicht im Mietvertrag eben nicht als Kündigungsgrund vereinbart wurde (so auch 3 Ob 548/90 und 1 Ob 576/90).

Die Revision der Klägerin ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Die Klägerin hat die Kosten ihres unzulässigen Rechtsmittels selbst zu tragen. Die Beklagten haben keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung, weil sie den vorliegenden Zurückweisungsgrund nicht geltend gemacht haben (§§ 41, 50 ZPO).

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