Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte hat dem Kläger die mit S 11.726,25 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 978,75 Umsatzsteuer und S 960,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist grundbücherlicher Eigentümer des Grundstückes 134/2 = Seehof-Allee der EZ 152 KG Seeboden. Der Beklagte ist seit 1952 grundbücherlicher Eigentümer der Grundstücke 164/10 (eingeschlossen die Baufläche 268 mit dem Haus Kochstraße 11) und 164/11 sowie seit 1979 auch des Grundstückes 164/7, je EZ 314 KG Seeboden. Diese Grundstücke des Beklagten sind vom öffentlichen Straßennetz von Norden her über die Seehof-Allee zu erreichen und grenzen ostseitig an diese. Der Beklagte, seine Hausgäste und sein Hauspersonal sowie Zubringer befahren, um zur Parzelle 164/10 bzw. zum Haus Kochstraße 11 zu gelangen, den nördlichen Teil der Seehof-Allee mit Kraftfahrzeugen. Im Herbst 1980 transportierte der Beklagte eine bewegliche Bauhütte sowie eine Fuhre Mist über den nördlichen Teil der Seehof-Allee zum Grundstück 164/10 und sodann über das Grundstück 164/11 auf das Grundstück 164/7. Mit der am 7.4.1981 eingebrachten Eigentumsfreiheitsklage begehrte der Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, das Befahren des Grundstückes 134/2, also der Seehof-Allee, mit Kraftfahrzeugen zu unterlassen, sowie festzustellen, daß zugunsten des Grundstückes 164/10 keine Dienstbarkeit, über das Grundstück 134/2 mit Kraftfahrzeugen zu fahren, und weiters zugunsten des Grundstückes 164/7 keine Dienstbarkeit des Geh- und Fahrweges bestehe. Hiezu führte er aus: Im Jahre 1938 sei dem Vater des Beklagten als damaligem Eigentümer der Grundstücke 164/10 und 164/11 lediglich das Recht eingeräumt worden, vom Ortsnetz Seeboden, in Richtung von Norden nach Süden betrachtet über die Seehof-Allee zu gehen und zu fahren. Ausdrücklich sei jedoch vereinbart worden, daß sich dieses Recht keinesfalls auf die Verwendung irgendwelcher Kraftfahrzeuge erstrecke und sich nur für den Haus- und Wirtschaftsbedarf, keineswegs für irgendwelche gewerbliche Betriebe, verstehe. Das Befahren der Seehof-Allee durch den Beklagten, seine Gäste und Hausleute stelle somit eine Rechtsanmaßung dar. Desgleichen maße sich der Beklagte das Recht an, über den nördlichen Teil der Seehof-Allee zu gehen und zu fahren, um zum Grundstück 164/7 zu gelangen, obwohl zugunsten dieses Grundstückes nicht einmal ein Gehrecht bestehe.
Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Entgegen dem Standpunkt des Klägers stehe dem Beklagten das Recht, über den nördlichen Teil der Seehof-Allee bis zu dem vom Kläger errichteten Gittertor zu seinem Grundstück 164/10 und zum Haus Kochstraße 11 mit Kraftfahrzeugen zu fahpen bzw. Lieferanten, Gäste und Personal zufahren zu lassen, schon deshalb zu, weil dieser Teil der Seehof-Allee ungeachtet des Umstandes, daß er im bücherlichen Eigentum des Klägers stehe, eine öffentliche Straße sei und als solche auch die einzig mögliche Verbindung zwischen dem öffentlichen Wegenetz und dem Grundstück 164/10 bzw. dem Haus Kochstraße 11 darstelle. Demgemäß sei dem Vater des Beklagten beim Erwerb der Parzelle 164/10 von einem Vorgänger des Klägers im Eigentum der Parzelle 134/2 ausdrücklich das Recht des Zuweges über die Seehof-Allee auch im Sinne des Zufahrens eingräumt, von der Begründung einer Dienstbarkeit aber "als überflüssig" Abstand genommen worden. Tatsächlich sei das gesamte Grundstück 134/2 unter der Bezeichnung "Seehof-Allee" zumindest seit Ende des Ersten Weltkrieges bis zum Jahre 1953 allgemein ohne Einschränkung auf einen bestimmten Kreis von Benützungsberechtigten und unabhängig von einer ausdrücklichen Bewilligung des über die Straßengrundfläche Verfügungsberechtigten zum Verkehr benützt worden und habe einem allgemeinen dringenden Verkehrsbedürfnis (als Wegverbindung zwischen dem Ortskern von Seeboden und dem Seeufer) gedient. Durch die Ersteigerung unter anderem des Grundstückes 134/2 durch den Kläger und seinen Vater im Verfahren E 66/37 des Bezirksgerichtes Millstatt sei dieses Recht als offenkundig nicht erloschen. Die vom Kläger erwähnte Vereinbarung aus dem Jahre 1938 sei mangels Unterfertigung durch den Vater des Beklagten nicht rechtswirksam zustandegekommen. Aber selbst wenn durch den Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren oder den allenfalls rechtsgültigen Abschluß einer Vereinbarung im Jahre 1938 die bestehenden Rechte zur Benützung des Grundstückes 134/2 als Zufahrt zum Grundstück 164/10 erloschen sein sollten, hätten der Kläger und sein Rechtsvorgänger das unbeschränkte Recht der Zufahrt mit Kraftfahrzeugen aller Art dadurch ersessen, daß das Grundstück 134/2 zumindest in seinem nördlichen Bereich jedenfalls auch zu diesem Zwecke seit 1938 benützt worden sei. Im übrigen erscheine das Begehren des Klägers schikanös und widerspreche den guten Sitten, weil ohne Möglichkeit der Zufahrt mit Kraftfahrzeugen das Bewohnen und Bewirtschaften der Liegenschaft des Beklagten nicht möglich sei, zumal die Existenz seines Fremdenpensionsbetriebes bedroht wäre und dem kein Vorteil des Klägers gegenüberstehe. Zugunsten des Grundstückes 164/7 habe sich der Beklagte ein Geh- oder Fahrrecht über das Grundstück 134/2 weder faktisch noch rechtlich angemaßt, weshalb das diesbezügliche Feststellungsbegehren jedenfalls abzuweisen sei.
Das Erstgericht gab der Klage statt. Es stellte folgenden Sachverhalt fest: Die Liegenschaft EZ 152 KG Seeboden wurde vom Kläger und dessen Vater Alois S*** im Exekutionsverfahren E 66/37 des Bezirksgerichtes Millstatt mit Zuschlag vom 25.8.1937 je zur Hälfte erworben. Nach diesem Erwerb boten die beiden den Nachbarn ein beschränktes Geh- und Fahrrecht über die "Seehof-Allee", das ist die Parzelle Nr.134/2, an. Hierauf unterzeichnete der Vater des Beklagten im Jänner 1938 ein Übereinkommen, in welchem ihm und seinen Rechtsnachfolgern gestattet wurde, "in der Richtung von Norden nach Süden über die Seehof-Allee zu gehen und mit Wirtschaftsfuhren zu fahren", jedoch mit folgender Einschränkung:
"Diese Rechte erstrecken sich keinesfalls auf die Verwendung irgendwelcher Kraftfahrzeuge und verstehen sich nur für den Haus- und Wirtschaftsbedarf, keinesfalls für irgendwelche gewerbliche Betriebe". Tatsächlich war die Seehof-Allee aber schon vor dem Erwerb durch den Kläger und seinen Vater als Zugang zum Bad (Millstättersee) benützt worden, allerdings zur damaligen Zeit nur von Fußgängern und Radfahrern. Bereits in den Jahren 1929 und 1930 hatte der Vater des Beklagten auf seinem Grundstück 164/10 ein Einfamilienhaus errichtet, in welchem sodann Zimmer vermietet wurden. Ein Stammgast des Vaters des Beklagten fuhr schon damals mit seinem PKW auf der Seehof-Allee zum Grundstück 164/10 zu. Dies tat er ungefähr vom Jahre 1930 bis zum Jahre 1946. Vom Jahre 1940 bis zum Jahre 1950 wurde die Seehof-Allee auch zum Her- und Wegbringen der Gäste der Frühstückspension "Rosenheim" (d.i. das Haus Kochstraße 15) benützt. Vom Jahre 1942 bis zum Jahre 1970 fuhren die Bewohner des Hauses Kochstraße 15 regelmäßig mit dem Auto zu ihrer Liegenschaft zu. Während dieser gesamten Zeit befanden sich im Norden der Seehof-Allee an der Stelle, wo sie in die Kochstraße einmündet, zwei Pfeiler. Am rechten Pfeiler war eine Tafel mit der Aufschrift "Bis auf Widerruf freiwillig gestatteter Durchgang" angebracht. Vom Jahre 1945 bis zum Jahre 1948 wurde das Hotel des Klägers als Ausweichkrankenhaus verwendet. Die Zufahrt dorthin erfolgte jedoch nicht über die Seehof-Allee, da sich im Norden eine Absperrung befand. Dies war allerdings nicht die erste Absperrung im Norden der Seehof-Allee. Schon im Jahre 1939 war nämlich erstmals eine hölzerne Absperrung (Holztor) errichtet worden. Die Absperrung und die zwei Pfeiler wurden im Februar 1978 entfernt, als beim Bau einer Tennishalle LKW zufahren mußten und die Öffnung zwischen den Pfeilern zu schmal war. Das derzeit vorhandene Gittertor (siehe Einzeichnung mit Rotstift im Lageplan Beilage./2) wurde etwa im Jahre 1954, spätestens jedoch im Jahre 1955 errichtet und versperrt den dahinterliegenden, weiter südlich gelegenen Teil der Seehof-Allee, so daß man über diese nicht mehr zum Millstättersee gelangen kann. Nach Errichtung dieses Gittertores konnte also nur mehr der nördlich davon gelegene Teil der Seehof-Allee benützt werden. Dies geschah auch durch Autos. Am 30.3.1954 wurde zwischen dem Kläger und der Gemeinde Seeboden ein Vertrag geschlossen, demzufolge die Seehof-Allee zur Benützung durch Fußgänger freigegeben, jedoch eine Fahrverbotstafel angebracht wurde. Am 18.4.1959 wurde dieser Vertrag wieder aufgelöst. Deshalb wurde die Fahrverbotstafel im Jahre 1959 wieder entfernt. Der Beklagte fährt seit dem Jahre 1960 mit einem PKW über die Seehof-Allee zu seiner Liegenschaft zu.
In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, aus dem zwischen dem Vater des Beklagten und dem Kläger und dessen Vater im Jahre 1938 geschlossenen Vertrag gehe eindeutig hervor, daß die Seehof-Allee mit Kraftfahrzeugen nicht befahren werden dürfe. Hinsichtlich der vom Beklagten behaupteten Öffentlichkeit zumindest des nördlichen Teiles der Seehof-Allee hätte er nach § 2 Abs.1 Kärntner Straßengesetz LGBl.1978/33, nachweisen müssen, daß die Straße eine dem Verkehr von Menschen und Fahrzeugen gewidmete Grundfläche sei, die in langjähriger Übung seit mindestens 30 Jahren allgemein ohne Einschränkung auf einen bestimmten Kreis von Benützungsberechtigten und unabhängig von einer ausdrücklichen Bewilligung des über die Straßengrundfläche Verfügungsberechtigten zum Verkehr benützt werde und einem allgemeinen dringenden Verkehrsbedürfnis diene. Ein solcher Nachweis sei dem Beklagten nicht gelungen. Die Seehof-Allee habe seinerzeit vor allem dem Zugang zum Seeufer gedient und seit der Absperrung auch zu diesem Zwecke nicht mehr allgemein, vor allem nicht von Kraftfahrzeugen, benützt werden können. Durch dieses Verbot und die heute noch vorhandene Absperrung habe die Seehof-Allee für den Großteil der früheren Benützer ihren Sinn verloren. Von der Erfüllung eines "dringenden Verkehrsbedürfnisses" könne also nicht die Rede sein, woran auch die in den Jahren 1954 bis 1959 mit der Gemeinde vereinbarte Benützung durch Fußgänger nichts ändere. Daß zur Liegenschaft des Beklagten durch eine ununterbrochene dreißigjährige Ersitzungszeit (§ 1479 ABGB) mit Kraftfahrzeugen zugefahren worden sei, habe er auch nicht zu beweisen vermocht. Bezüglich des Grundstückes 164/7 habe sich der Beklagte, der selbst einräume, daß zugunsten dieses Grundstückes ein Geh- und Fahrrecht nicht bestehe, eine Servitut dadurch angemaßt, daß er zumindest zweimal zu diesem Grundstück zugefahren sei.
Das Berufungsgericht hielt die Verfahrensrüge sowie die Rüge der unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtigen Beweiswürdigung nicht, dagegen die Rechtsrüge des Beklagten teilweise für gerechtfertigt. Richtig sei, daß durch Ersitzung infolge Gemeingebrauches ein im Privateigentum stehendes Grundstück nach Art einer stillschweigenden Widmung zu einer öffentlichen Straße werden könne. Unter Gemeingebrauch verstehe man die Benützung der Straße für jedermann unter gleichen Bedingungen. Hiebei sei zur Ersitzung eines Wegerechtes zugunsten der Allgemeinheit der Gemeingebrauch während der Ersitzungszeit sowie die Notwendigkeit des Weges erforderlich. Es genüge für die Ersitzung, daß jedermann den Weg als öffentlichen Weg ansehe und behandle und daß der Weg notwendig sei, d. h. eine Verbindung darstelle, für die die Gemeinde hätte sorgen müssen. Vorliegendenfalls seien die in § 2 des Kärntner Landesstraßengesetzes 1978 normierten Voraussetzungen für die Annahme einer stillschweigenden Widmung des nördlichen Teiles des Grundstückes 134/2 als öffentlicher Weg nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes aber nicht erfüllt. Davon, daß jedermann durch mindestens 30 Jahre die Seehof-Allee als öffentlichen Fahrweg angesehen und benützt habe, könne in Anbetracht der die ganze Zeit über bis zu ihrer Entfernung im Jahre 1978 am rechten Torpfeiler am nördlichen Beginn der Seehof-Allee angebrachten Tafel mit der Aufschrift "Bis auf Widerruf freiwillig gestatteter Durchgang", weiters im Hinblick auf die im Jahre 1939 am nördlichen Beginn der Seehof-Allee errichtete, wenngleich die Durchfahrt von PKW nicht ausschließende Absperrung (Holztor) und die Anbringung einer Fahrverbotstafel auf Grund des Vertrages vom 30.3.1954 bis zum Jahre 1959, keine Rede sein. Auf Grund dieser vom Kläger als Eigentümer der Parzelle 134/2 getroffenen Vorkehrungen habe nämlich zumindest in den oben genannten Zeiträumen, also jedenfalls bis zum Jahre 1978, jedermann klar sein müssen, daß die Seehof-Allee nur mit Willen des über sie Verfügungsberechtigten benützt werden könne und damit keine dem allgemeinen Fahrzeugverkehr gewidmete öffentliche Straße darstelle. Ob sie im Wege stillschweigender Widmung zu einem öffentlichen Gehweg geworden sei, könne dahingestellt bleiben und ebenso die Frage der weiteren Voraussetzung, daß sie einem allgemeinen dringenden Verkehrsbedürfnis (§ 2 Abs.1 lit.b Kärntner Straßengesetz 1978) gedient habe, also ohne ihre Benützung wichtige Verkehrsinteressen der Allgemeinheit (einer Gemeinde, einer Ortschaft oder auch nur eines Teiles einer Ortschaft, nicht aber der Bewohner einzelner Gebäude) nicht befriedigt oder wesentlich beeinträchtigt würden (SZ 41/48). Aber auch auf individuellen Erwerb des Rechtes des Fahrweges berufe sich der Beklagte zu Unrecht. Im Sinne seiner vom Erstgericht nicht berücksichtigten Behauptung werde auf Grund des in der Berufungsverhandlung verlesenen Kaufvertrages vom 2.6.1927 ergänzend festgestellt, daß der Vater des Beklagten, Mathias P*** sen., von Pietro D***, einem Rechtsvorgänger des Klägers im Eigentum der Parzelle 134/2, die Parzelle 164/10, Wiese "mit dem Recht des Zuweges auf der Parzelle 134/2" zum Zweck der Errichtung eines Wohnhauses käuflich erwarb. Dieses Wegerecht wurde nach den eigenen Behauptungen des Beklagten nicht verbüchert. Ob dem Vater des Beklagten damit - mangels Verbücherung obligatorisch - auch das Recht des Fahrweges eingeräumt worden sei, brauche nicht untersucht zu werden, denn selbst wenn ein solches Recht etwa infolge Kenntnis des Klägers und seines Vaters von der Bestellung einer Dienstbarkeit - was der Beklagte gar nicht behaupte - oder infolge Offenkundigkeit der Dienstbarkeit, wie dies der Beklagte geltend gemacht habe (AS 12, 199), durch den Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren E 66/37 des Bezirksgerichtes Millstatt nicht erloschen wäre, so stünde ihm die im Übereinkommen vom Jänner 1938 mit dem Kläger und dessen Vater getroffene Vereinbarung entgegen, wonach sich das gewährte Wegerecht keinesfalls auf die Verwendung von Kraftfahrzeugen erstrecke. Damit aber habe der Vater des Beklagten, selbst wenn er schon vor dieser Vereinbarung durch Übernahme der nicht verbücherten Dienstbarkeit des Fahrweges durch den Kläger und dessen Vater als Ersteher das Recht über die Seehof-Allee mit Kraftfahrzeugen zu seinem Grundstück 164/10 zuzufahren, besessen haben sollte, darauf für sich und seine Rechtsnachfolger im Eigentum der letztgenannten Parzelle jedenfalls rechtsgültig mit der Wirkung verzichtet, daß es fortan nicht mehr bestanden habe. Auch eine Anpassung des Rechtes des Beklagten auf Durchführung von Wirtschaftsfuhren an die technische Entwicklung komme hier nicht in Betracht, weil die Verwendung von Kraftfahrzeugen im Bestellungstitel ausdrücklich ausgeschlossen worden sei. Die vom Beklagten behauptete Ersitzung eines Fahrtrechtes mit Kraftfahrzeugen scheitere schon daran, daß sein Vater auf Grund des von ihm im Jahre 1938 geschlossenen Übereinkommens die Ersitzungsvoraussetzung der Redlichkeit, also des guten Glaubens an die Rechtmäßigkeit der Besitzausübung (§ 1463 ABGB), nicht erfüllt habe. Der Beklagte selbst sei sodann erst ab dem Jahre 1960 mit Kraftfahrzeugen auf dem nördlichen Teil der Seehof-Allee gefahren, wobei bis zum Jahre 1978 am Beginn dieser Allee eine Tafel mit der Aufschrift "Bis auf Widerruf freiwillig gestatteter Durchgang" vorhanden gewesen sei und der Beklagte im übrigen seit dem Jahre 1971 ebenfalls vom Übereinkommen des Jahres 1938 gewußt habe und somit schlechtgläubig gewesen sei. Schließlich müsse der vom Beklagten erhobene Schikaneeinwand erfolglos bleiben, weil Schikane nach ständiger Rechtsprechung bei Wahrung des Eigentumsrechtes schon wegen der Gefahr einer Servitutsersitzung grundsätzlich zu verneinen sei. Gerechtfertigt erscheine die Berufung des Beklagten dagegen aus den im einzelnen angeführten Gründen hinsichtlich der erstgerichtlichen Stattgebung auch des Feststellungsbegehrens betreffend das Grundstück 164/7, zumal zu diesem, welches gar nicht an den nördlichen Teil der Seehof-Allee angrenze, nur über die Grundstücke 164/10 und 164/11 zugefahren worden sei.
Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt der Beklagte eine auf § 503 Abs.1 Z 4 ZPO gestüzte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der vollen Klagsabweisung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht gerechtfertigt.
Der Revisionswerber bringt zunächst vor, die Unterinstanzen hätten auf den Flächenwidmungsplan der Gemeinde Seeboden, aus welchem die Widmung der Seehof-Allee als öffentliche Verkehrsfläche hervorgehe, von amtswegen Bedacht nehmen müssen. Zufolge dieser ausdrücklichen Widmung durch Verordnung könne dem Beklagten das Befahren des nördlichen Teiles der Seehof-Allee von den Gerichten nicht untersagt werden. Aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ZfV 1986/3/1355 gehe hervor, daß selbst bei wesentlich kürzeren Zeiten einer allgemeinen Benützung die Qualifikation als öffentlicher Weg erfolgt sei, ähnlich in den Fällen der Entscheidung 1668/75 = ZfV 1977/1/107 (unrichtig: 1976/1/100) und ZfV 1978/3/1093. Somit handle es sich auch beim nördlichen Teil der Seehof-Allee, auf dem auch eine öffentliche Straßenbeleuchtung vorhanden sei, um eine öffentliche Straße. Im übrigen sei der Vater des Beklagten bei Unterzeichnung der Vereinbarung des Jahres 1938 im Irrtum gewesen, weshalb die nunmehrige Berufung des Klägers auf diese Vereinbarung sittenwidrig erscheine und wider Treu und Glauben erfolge. Hätten die Parteien dieses damaligen Übereinkommens die Entwicklung des Verkehrs vorhergesehen, so wäre überdies ein Verkehr mit Kraftfahrzeugen auf der Seehof-Allee nicht ausgeschlossen worden. Eine Anpassung des Vertrages an die heutigen Verhältnisse im Sinne der zu § 484 ABGB ergangenen Rechtsprechung sei daher zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Beklagten jedenfalls zulässig. Der Kläger habe überdies durch sein Verhalten auf seine Rechte aus dem Übereinkommen konkludent verzichtet. Weder gegen das jahrzehntelange Befahren der Seehof-Allee mit Kraftfahrzeugen noch gegen die Erteilung der Baubewilligung für den Gewerbebetrieb des Beklagten habe er nämlich (sehe man von der zeitweilig aufgestellten Fahrverbotstafel ab) einen Einwand erhoben, vielmehr den Transport von Baumaterialien sogar ausdrücklich gestattet. Das nunmehrige Verhalten des Klägers verstoße daher auch gegen Treu und Glauben. Mangelnde Redlichkeit als Erfordernis der Ersitzung könne dem Beklagten nicht vorgeworfen werden, weil er unter den gegebenen Umständen darauf vertrauen habe dürfen, daß die Seehof-Allee trotz der Fahrverbotstafel ein öffentlicher Weg sei. Die Klagsführung erscheine entgegen der berufungsgerichtlichen Ansicht auch schikanös, weil der Beklagte aus dem Verhalten des Klägers habe annehmen dürfen, daß dieser auf die Ausübung seiner Rechte aus dem Übereinkommen des Jahres 1938 verzichten würde und weil der Kläger kein anderes Ziel verfolge als den Beklagten zu schädigen. Diesen Ausführungen kann insgesamt nicht gefolgt werden. Der Umstand, daß eine Grundfläche im Flächenwidmungsplan allenfalls als Verkehrsfläche vorgesehen ist, erscheint für die Beurteilung der Frage, ob diese Fläche eine dem Verkehr von Menschen und Fahrzeugen dienende öffentliche Straße im Sinne des Kärntner Straßengesetzes LGBl.1978/33 idF 1984/26 darstellt, unerheblich. Für eine solche Qualifikation nach diesem Gesetz bedarf es nämlich entweder gemäß seinem § 2 Abs1 lit.a einer ausdrücklichen Widmungserklärung im Sinne seines § 3 oder einer stillschweigenden Widmung im Sinne seines § 2 Abs.1 lit.b, welche in einem Feststellungsverfahren gemäß seinem § 58 bescheidmäßig festgestellt werden kann. Daß eine ausdrückliche Widmung des nördlichen Teiles der Seehof-Allee als Verbindungsweg im Sinne des § 3 Z 6 dieses Kärntner Landesstraßengesetzes 1978 nicht vorliegt, ist unbestritten. Vorausetzung für eine hier als Vorfrage zu prüfende (SZ 41/48) stillschweigende Widmung wäre gemäß § 2 Abs.1 lit.b lec.cit., daß dieser Teil der Seehof-Allee "seit mindestens 30 Jahren allgemein ohne Einschränkung auf einen bestimmten Kreis von Benutzungsberechtigten und unabhängig von einer ausdrücklichen Bewilligung des über die Straßengrundfläche Verfügungsberechtigten zum Verkehr benützt" worden wäre "und einem allgemeinem dringenden Verkehrsbedürfnis diente". Allein schon dem Erfordernis eines in den letzten 30 Jahren gegebenen uneingeschränkten allgemeinen Benützerkreises ist hier aber im Hinblick auf die festgestellten Verkehrsbeschränkungen nicht entsprochen. Eine Prüfung hinsichtlich des Vorliegens oder des Mangels der sonstigen Voraussetzungen für die Annahme einer stillschweigenden Widmung erübrigt sich somit ebenso wie ein Eingehen auf die vom Revisionswerber zitierten, jeweils (steiermärkische) landesgesetzliche Bestimmungen völlig anderen Inhaltes betreffenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes. Mangels Benützung der Seehof-Allee durch jedermann für den Kraftfahrzeugverkehr - ein Gemeingebrauch zum Gehen und Radfahren wäre unerheblich - kommt auch die Ersitzung einer diesbezüglichen Dienstbarkeit zu Gunsten des allgemeinen Verkehrs bzw. der Gemeinde von vornherein nicht in Betracht (7 Ob 593/56; JBl.1986,644; vgl.Spielbüchler in Rummel ABGB Rz 4 zu § 287). Daß die Rechtsvorgänger des Beklagten im Eigentum der Seehof-Allee bis zum Jahre 1938 bereits durch eine 30-jährige Ersitzungszeit, also seit dem Jahre 1908, zwecks Erreichung ihres Grundstückes den nördlichen Teil dieser Allee mit Kraftfahrzeugen befahren und solcherart für ihr Grundstück - zunächst - eine diesbezügliche Dienstbarkeit ersessen hätten, behauptet der Revisionswerber selbst nicht und wurde auch nicht festgestellt. Was das Übereinkommen des Jahres 1938 anlangt, so kann der in § 1487 ABGB normierte Ausschluß einer Irrtumsanfechtung wegen Ablaufes von drei Jahren seit Vertragsabschluß nicht durch den Einwand des Revisionswerbers, die Berufung auf den solcherart unanfechtbar gewordenen Vertrag sei sittenwidrig, umgangen werden. Da der Ersteher einer Liegenschaft im Zwangsversteigerungsverfahren nach einem Teil der Lehre und Rechtsprechung (Heller-Berger-Stix 1306; SZ 50/120 ua) überhaupt nur die ihm in den Versteigerungsbedingungen auferlegten Lasten, nach einem anderen Teil (Ehrenzweig2 I/2; Klang in Klang2 VI 588; SZ 56/105 ua) offenkundige, nicht verbücherte Dienstbarkeiten zwar auch ohne Aufnahme in die Versteigerungsbedingungen aber nur dann übernehmen muß, wenn sie bereits ersessen waren, wäre hier selbst ein irrtümlicher Verzicht auf das nach dem Kaufvertrag aus dem Jahre 1927 bestehende Zufahrtsrecht von vornherein rechtlich unerheblich, weil dieses keine ersessene, sondern eine vertragliche Dienstbarkeit darstellte, sodaß sie vom Kläger und dessen Vater als Ersteher ohnehin nicht zu übernehmen war. (2 Ob 527/86, § 1500 ABGB). Im Hinblick auf den ausdrücklichen Inhalt des zwischen dem Rechtsvorgänger des Beklagten und den Eigentümern der Seehof-Allee im Jahre 1938 geschlossenen Vertrages - an die von den Vorinstanzen auch auf die Parteienaussage des Klägers gegründete Feststellung seines Zustandekommens ist der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, gebunden -, nach welchem sich die Benützungsrechte hinsichtlich der Seehof-Allee "keinesfalls auf die Verwendung irgendwelcher Kraftfahrzeuge und nur für den Haus- und Wirtschaftsbedarf, keinesfalls für irgendwelche Gewerbebetriebe erstrecken", verbietet sich auch die vom Revisionswerber im Sinne des § 484 ABGB begehrte "Anpassung". Bei einer "bestellten" Servitut, hinsichtlich welcher im Vertrag eine bestimmte Ausübungsart der Servitut ausdrücklich ausgeschlossen wurde, ist nämlich eine Ausdehnung auf diese ausgeschlossene Ausübungsart unter Berufung auf § 484 ABGB jedenfalls unzulässig (vgl. Klang in Klang2 II 564). Für eine seit dem Jahre 1938 eingetretene Ersitzung mangelt es im Sinne der ebenfalls zutreffenden berufungsgerichtlichen Ausführungen wegen des Inhaltes des vorgenannten Übereinkommens am Ersitzungserfordernis der Redlichkeit (vgl. auch SZ 56/46), sodaß auf die Frage des Vorliegens der übrigen Ersitzungsvoraussetzungen gar nicht eingegangen werden muß. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers reicht die Annahme des Grundeigentümers, es handle sich bei dem für die Zufahrt zu seinem Grundstück benutzten Weg um einen öffentlichen Weg für die Ersitzung einer Grunddienstbarkeit des Fahrweges schon deswegen nicht hin, weil Voraussetzung für die Ersitzung eines Rechts ein redlicher und echter, grundsätzlich auch ein rechtmäßiger (Rechts-)Besitz (§§ 1460 ff; 7 Ob 126/75) an der dienenden Sache ist. Die Ausübung der Befugnis, welche auf diese Art erworben werden soll, muß demnach als auf diesen Besitz gegründetes Recht in Anspruch genommen werden (Klang in Klang2 VI 577; Schubert in Rummel ABGB Rz 3 zu § 1460). Die Berufung des Beklagten darauf, daß er einen öffentlichen Weg zu benützen vermeinte, ist mit einer derartigen Inanspruchnahme eines auf eigenen Rechtsbesitz gegründeten Rechtes zur Benützung aber nicht vereinbar. Den Ausführungen des Revisionswerbers schließlich, der Kläger habe durch sein jahrelanges Verhalten, die ausdrückliche Gestattung des Transportes von Baumaterialien auf der Seehof-Allee, die Unterlassung eines Einwandes gegen die Baubewilligung für den Gewerbebetrieb usw., auf seine Rechte aus dem Übereinkommen konkludent verzichtet und die Klagsführung verstoße daher gegen Treu und Glauben und sei schikanös, ist folgendes zu erwidern:
Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Verzicht nach § 1444 ABGB nicht nur ausdrücklich, sondern im Sinne des § 863 ABGB auch stillschweigend erfolgen. Der Nichtgebrauch eines Rechtes ist also als ein solcher Verzicht anzusehen, wenn nach Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund, am Verzicht zu zweifeln, besteht. Die Unterlassung der Geltendmachung eines Rechtes durch längere Zeit macht für sich allein die Rechtsausübung aber noch nicht unzulässig, eine solche Unzulässigkeit tritt vielmehr erst dann ein, wenn im Hinblick auf besondere Umstände die verspätete Geltendmachung als ein Verstoß gegen Treu und Glauben erscheint.
Vorliegendenfalls ist davon auszugehen, daß der Kläger zunächst durch den Inhalt des Übereinkommens des Jahres 1938, die Errichtung tatsächlicher Absperrungen der Seehof-Allee sowie die mit der Gemeinde Seeboden getroffene, vom Jahre 1954 bis zum Jahre 1959 wirksame Vereinbarung einer Benützungsbeschränkung auf Fußgänger sein mangelndes Einverständnis mit der Benützung der Seehof-Allee durch Kraftfahrzeuge hinreichend und dauerhaft zum Ausdruck gebracht hatte. Wie die Revision selbst einräumt, gestattete der Kläger in der Folge etwa um das Jahr 1968 (siehe dessen Parteienvernehmung ON 54, AS 202) über Ersuchen dem Beklagten den Transport von Baumaterialien auf der Seehof-Allee und der Beklagte (siehe dessen Parteienvernehmung AS 206) errichtete in den Jahren 1968/1969 einen Zubau zu seinem Einfamilienhaus. Nach den übereinstimmenden Angaben der Streitteile in ihren Parteienvernehmungen (AS 203 f, 205) kam es sodann alsbald zu Auseinandersetzungen wegen des Wegerechtes - der Kläger gab in seiner Parteienvernehmung an, daß er damals "vom Zufahren durch Kraftfahrzeuge gehört und den Beklagten schiftlich aufgefordert habe, dies zu unterlassen" (AS 203) - und der Beklagte bewirkte schließlich eine gerichtliche Vorladung des Klägers zur vergleichsweisen Bereinigung der Angelegenheit. Im Zuge einer hierauf am 18.6.1971 vor Gericht erfolgten Aussprache berief sich der Kläger auf das von ihm vorgelegte Übereinkommen des Jahres 1938. Der Beklagte hatte Zweifel an der Richtigkeit dieses Übereinkommens, unternahm dagegen aber nichts. In den Jahren 1972/73 errichtete er über dem Zubau ein Stockwerk. Schließlich ersetzte er in den Jahren 1980/81 die Mansardenräumlichkeiten durch einen "regelrechten Stock" (Parteienvernehmung des Beklagten AS 206). Am 7.4.1981 erhob der Kläger die vorliegende Eigentumfreiheitsklage.
Bei diesem Sachverhalt ist im Sinne der obenstehenden Grundsätze aber ein konkludenter Verzicht des Klägers auf seine Rechte aus dem Übereinkommen des Jahres 1938 und ein Verstoß seinerseits gegen den Grundsatz von Treu und Glauben zu verneinen. Die über Ersuchen erteilte Erlaubnis zum Transport von Baumaterialien weist gerade im Gegenteil auf das anerkannte Bestehen eines Untersagungsrechtes hin. Nach der anschließenden Bauführung kam es sodann zu ersten Streitigkeiten und zur Klarstellung des Standpunktes des Klägers durch Vorlage des Übereinkommens des Jahres 1938 vor Gericht. Wenn der Beklagte in der Folge dennoch einen weiteren Ausbau seines Fremdenpensionsbetriebes vornahm, so geschah dies somit aber in voller Kenntnis des klar zum Ausdruck gebrachten Standpunktes des Klägers. Daß diesem im übrigen eine Benützung der Seehof-Allee durch zum Grundstück des Beklagten zufahrende Kraftfahrzeuge jeweils bekannt geworden und von ihm in den Jahren 1971-1981 geduldet worden sei, wurde nicht festgestellt.
Die Abwehr einer sonst zur Ersitzung führenden Rechtsanmaßung stellt grundsätzlich keine mißbräuchliche Rechtsanrufung dar. Die gegenständliche Klagsführung erscheint somit weder schikanös noch verstößt sie hier durch eine verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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