OGH 2Ob520/94

OGH2Ob520/9424.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden (gefährdeten) Partei Ingrid W*****, vertreten durch Dr.Rudolf Pototschnig und Dr.Hans Winkler, Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagte Partei (Gegner der gefährdeten Partei) Helmut Karl W*****, vertreten durch Dr.Johann Quendler und Dr.Gerhard Kucher, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 14.Jänner 1994, GZ 1 R 601/93-28, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 30.November 1993, GZ 3 C 88/93x-15, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; die angefochtenen Entscheidungen werden dahin abgeändert, daß der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung des Inhalts, daß dem Gegner der gefährdeten Partei zur Sicherstellung des Aufteilungsanspruches aufgetragen werde, den aus dem zwischen ihm und Alfred J***** abgeschlossenen Kaufvertrag vom 15.7.1983 über die Liegenschaft EZ ***** GB ***** E***** erhaltenen Kaufpreis von S 1,5 Mill. gerichtlich bzw. bei einer Verwahrungsstelle im Sinne des § 259 Abs.3 EO zu hinterlegen und sich darüber hinaus sämtlicher Verfügungen über den Kaufpreis von S 1,5 Mill. zu enthalten, abgewiesen wird.

Die gefährdete Partei ist schuldig, dem Gegner der gefährdeten Partei die mit S 39.915,-- bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten Umsatzsteuer von S 6.652,50, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagte war Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** E***** mit dem Haus T*****straße 78, welches den Streitteilen als Ehewohnung diente. Mit Kaufvertrag vom 15.7.1993 hat er diese Liegenschaft samt Inventar um 1,5 Mill.S an Alfred J***** verkauft und den Kaufpreis noch am selben Tag ausbezahlt erhalten. Der Zeitwert des Hauses betrug 3,080.000,-- S, der Wert des Inventars S 486.000,--. Ein von der Klägerin im Zusammenhang mit einem von ihr eingeleiteten Scheidungsverfahren - diese Scheidungsklage wurde damals abgewiesen - am 2.9.1992 im Rahmen einer einstweiligen Verfügung erwirktes Belastungs- und Veräußerungsverbot stand dieser Veräußerung zufolge einer im Range vorangehenden und vom Beklagten ausgenützten Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung nicht entgegen.

Mit der am 6.8.1993 erhobenen Klage begehrte die Klägerin neuerlich die Scheidung ihrer Ehe aus dem Verschulden des Beklagten. Dieses Verfahren endete am 13.12.1993 durch Urteil, wobei beide Parteien einen Rechtsmittelverzicht erklärten.

In diesem Verfahren beantragte die Klägerin am 3.11.1993, dem Beklagten mittels einstweiliger Verfügung aufzutragen, den Erlös aus dem Liegenschaftsverkauf in der Höhe von 1,5 Mill.S gerichtlich oder bei einer Verwahrungsstelle zu hinterlegen und sich sämtlicher Verfügungen über die Kaufsumme zu enthalten. Sie brachte dazu vor, daß der Beklagte entweder vom Aufteilungsanspruch umfaßtes Vermögen verschleudert habe oder aber der im schriftlichen Kaufvertrag aufscheinende Kaufpreis nicht dem tatsächlich Vereinbarten entspreche. Beim Verhalten des Antragsgegners müsse davon ausgegangen werden, "daß dieser sogar den aus der Vertragsurkunde sich ergebenden Kaufpreis von S 1,5 Mill. verbraucht, verwirtschaftet oder verbringt bzw. Verfügungen trifft, die die Realisierung der Aufteilungsansprüche der Antragstellerin unmöglich machen würden".

Der Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung aus und wendete ein, den Kaufpreis unter anderem dazu verwendet zu haben, für sein Antiquitätengeschäft Waren eingekauft zu haben. Die Klägerin habe nämlich das Warenlager seines Geschäftes geplündert. Einen weiteren Teil habe er dazu verwendet, Verbindlichkeiten bei Bankinstituten zu tilgen. Schließlich sei er genötigt gewesen, sich anderweitig Wohnraum zu verschaffen und habe er S 200.000,-- aufgewendet, um ein anderes im Miteigentum der Streitteile stehendes Haus bewohnbar zu machen. Die Klägerin habe lediglich den Verdacht ausgesprochen, ihr Aufteilungsanspruch könnte beeinträchtigt werden, eine konkrete Gefährdung habe sie aber weder behauptet noch bescheinigt.

Ausgehend von dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt erließ das Erstgericht die beantragte einstweilige Verfügung, wobei es nicht als bescheinigt annahm, inwieweit der Beklagte bereits Verfügungen über den Kaufpreis getroffen habe.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, es seien sowohl der Anspruch der Klägerin als auch dessen konkrete Gefährdung hinreichend bescheinigt worden. Aus dem Umstand, daß der Beklagte trotz eines verbücherten Belastungs- und Veräußerungsverbotes unter Ausnützung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung die fragliche Liegenschaft verkauft habe, und zwar zu einem wesentlich niedrigeren Preis als dem Verkehrswert, sei eindeutig abzuleiten, daß er konkrete Handlungen setze, aus denen mit hoher Wahrscheinlichkeit Vereitelungshandlungen abgeleitet werden könnten. Als Sicherungsmittel komme auch die gerichtliche Hinterlegung oder die Anordnung einer Verwahrung im Sinne des § 259 EO in Frage.

Das vom Beklagten angerufene Rekursgericht bestätigte die Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht führte zur Rechtsfrage aus, § 382 Abs.1 Z 8 lit.c EO gebe keine konkreten Sicherungsmittel an, vielmehr seien entsprechend den Besonderheiten des Einzelfalles die geeigneten Sicherungsmaßnahmen zu treffen; ein an den Antragsgegner gerichtetes Verfügungsverbot und ein Auftrag zur Hinterlegung des Kaufpreises kämen in Betracht.

Auch ein Anspruch auf Leistung einer Ausgleichszahlung nach § 94 EheG könne Gegenstand einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Abs.1 Z 8 lit.c EO sein. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin sowohl das Bestehen eines Aufteilungsanspruches als auch dessen Gefährdung durch das Verhalten des Beklagten, nämlich den Verkauf der Liegenschaft, auf der sich die Ehewohnung befand, bescheinigt. Damit sei sie ihrer Behauptungs- und Bescheinigungspflicht in ausreichender Weise nachgekommen. Aufgabe des Beklagten wäre es gewesen, zu bescheinigen, daß der Erlös aus dem Liegenschaftsverkauf bereits verbraucht wurde. Da der Beklagte der Ladung des Erstgerichtes nicht gefolgt sei, sei es ihm nicht gelungen, die zur Widerlegung der behaupteten Ansprüche dienenden Tatsachen glaubhaft zu machen.

Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt, weil zur Frage der Sicherung eines Aufteilungsanspruches durch gerichtliche Verwahrung des Erlöses aus dem Verkauf einer in die Aufteilungsmasse fallenden Liegenschaft keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bestehe.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß der Sicherungsantrag abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin hat Revisionsrekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel des Beklagten keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig und auch berechtigt.

Der Beklagte macht in seinem Rechtsmittel unter anderem geltend, die Klägerin habe die erforderliche Bescheinigung der Gefährdung nicht erbracht, weil nicht feststehe, daß er, vom erzielten Verkaufserlös abgesehen, sonst über keinerlei Mittel verfüge, um eine Ausgleichszahlung leisten zu können.

Diese Ausführungen sind grundsätzlich zutreffend:

Ist die Liegenschaft mit der seinerzeitigen Ehewohnung nicht mehr vorhanden, so kann sie selbst nicht mehr aufgeteilt werden; in einem solchen Fall kommen daher gemäß § 94 Abs.1 EheG im wesentlichen nur noch Ausgleichszahlungen in Frage (EFSlg. 43.805, 4 Ob 596/88 ua). Auch der Anspruch auf Ausgleichszahlung kann nach § 382 Abs.1 Z 8 lit.c EO gesichert werden (MietSlg. 31.855 = EFSlg. 34.718; EFSlg. 58.036; 7 Ob 509/92 uva). Dieser Anspruch ist als solcher keine bloße Geldforderung im Sinne des § 379 EO, sondern ein anderer Anspruch im Sinne des § 381 EO (6 Ob 605/93). Eine einstweilige Verfügung nach § 382 Abs.1 Z 8 lit.c EO kann aber nur dann erlassen werden, wenn konkrete Gefährdung behauptet und bescheinigt wird (EFSlg. 58.039). Es genügt also nicht schon die abstrakte oder theoretische Möglichkeit einer Erschwerung, Vereitelung, Gewaltanwendung oder eines unwiederbringlichen Schadens im Sinne des § 381 EO; maßgebend ist vielmehr, ob die Wahrscheinlichkeit besteht, daß ohne einstweilige Verfügung die Befriedigung des Anspruches erheblich erschwert würde, die gefährdete Partei also bestimmte Eigenschaften oder ein bestimmtes Verhalten ihres Gegners glaubhaft machen kann, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Vereitelungshandlungen in bezug auf die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse befürchten lassen (EFSlg. 42.001). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin insoferne lediglich vorgebracht, aufgrund des Verhaltens des Beklagten (Verkauf der Liegenschaft um 1,5 Mill.S) müsse davon ausgegangen werden, daß dieser den Kaufpreis verbrauche, verwirtschaftliche oder verbringe bzw. Verfügungen treffe, die die Realisierung der Aufteilungsansprüche unmöglich machen. Diese allgemeinen hypothetischen Behauptungen reichen zur Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung, eine konkrete Gefährdung zu behaupten und zu bescheinigen, nicht aus. Auch der Beklagte hat nicht zugestanden, ein Verhalten gesetzt zu haben, das einen allfälligen Ausgleichsanspruch der Klägerin gefährden könnte.

Der Sicherungsantrag der Klägerin ist sohin nicht berechtigt, weshalb dem Revisionsrekurs des Beklagten Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden war.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 78, 402 EO, 41, 50 ZPO.

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