OGH 2Ob51/91

OGH2Ob51/919.10.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Schinko als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch Dr. Walter Lenfeld, Rechtsanwalt in Landeck, wider die beklagten Parteien 1.) Johann Z*****, und 2.) ***** Versicherungs-AG, ***** beide vertreten durch Dr. Herbert Linser, Rechtsanwalt in Imst, wegen S 17.814 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 10. Mai 1991, GZ 2 a R 233/91-11, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Landeck vom 4. März 1991, GZ 2 C 90/91f-7, in der Hauptsache als nichtig aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Kläger machte im Verfahren 2 C 1103/90z des Erstgerichtes gegen die beklagten Parteien Ansprüche aus dem Verkehrsunfall geltend, der sich am 5. Juni 1990 auf der Gemeindestraße in See/Sesselebene ereignete. Er räumte dabei ausdrücklich eine Mithaftung von 50 % ein und machte lediglich 50 % des mit insgesamt S 35.628 (Reparaturkosten von S 35.128 zuzüglich S 500 an unfallskausalen Nebenspesen) bezifferten Gesamtschadens, somit S 17.814 sA geltend. An dem Unfall sei der Kläger als Lenker und Halter des PKWs mit dem amtlichen Kennzeichen T ***** sowie der Erstbeklagte als Lenker und Halter des bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKWs mit dem amtlichen Kennzeichen ***** beteiligt gewesen. Der Kläger sei mit geringer Geschwindigkeit gefahren, der Erstbeklagte sei ihm mit höherer Geschwindigkeit entgegengekommen, nicht mehr in der Lage gewesen, den PKW rechtzeitig abzubremsen und gegen das stehende Fahrzeug des Klägers gefahren. Der antragsgemäß auf dieser Sachverhaltsgrundlage erlassene Zahlungsbefehl des Erstgerichts vom 8. August 1990 erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

Mit der nunmehr zu 2 C 90/91f des Erstgerichts eingebrachten Klage begehrte der Kläger aus demselben Verkehrsunfall die weitere Hälfte des im Vorverfahren 2 C 1103/90z gegen die beklagten Parteien bereits anhängig gemachten Gesamtschadens mit der Begründung, daß den Erstbeklagten das Alleinverschulden am Zustandekommen des Unfalls treffe, weil er gegen das Gebot des Fahrens auf halbe Sicht verstoßen habe. Er verwies dabei auf die Ergebnisse eines weiteren Verfahrens 2 C 1170/90b des Erstgerichtes, in dem die aus diesem Verkehrsunfall abgeleiteten Ansprüche des Erstbeklagten als Kläger aus dem Alleinverschulden des Erstbeklagten abgewiesen wurden. Der Umstand, daß sich der Kläger im Verfahren 2 C 1103/90z eine Mithaftung von 50 % anrechnen habe lassen, hindere ihn nicht, nun seinen Restschaden geltend zu machen.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens, weil der Kläger mit der Einräumung seiner Mithaftung auf eine über seinen Hälfteanteil hinausgehende Forderung verzichtet habe.

Das Erstgericht verurteilte die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Bezahlung des restlichen Schadens des Klägers von S 17.814 zuzüglich der gesetzlichen Zinsen und wies ein Zinsenmehrbegehren ab. Den Erstbeklagten treffe - wie bereits im Verfahren 2 C 1170/90b erhoben - das Alleinverschulden am Unfall. Außerstreitstellungen und Prozeßerklärungen seien jederzeit widerrufbar, weshalb die Erklärung des Klägers im Verfahren 2 C 1103/90z, sich eine Mithaftung im Ausmaß von 50 % anrechnen zu lassen, keine Bindung bewirke. Zudem habe sich der Kläger im vorerwähnten Verfahren lediglich eine Mithaftung anrechnen lassen, nicht jedoch eine solche anerkannt.

Das Berufungsgericht hob aus Anlaß der Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Verfahren bis einschließlich der Klagezustellung als nichtig auf und wies die Klage zurück. Im vorliegenden Fall habe der Kläger von vornherein in der Klage unter ausdrücklicher Einräumung seiner Mithaftung am Zustandekommen des Unfalls im Ausmaß von 50 % lediglich die Hälfte seines Gesamtschadens geltend gemacht, womit er in diesem Umfang eine Bindung des Gerichtes bewirkte und damit den gesamten Schadensbetrag zum Streitgegenstand insoferne machte, als er klar zu erkennen gab, auf den Hälfte-(Mehr-)betrag jedenfalls zu verzichten. Der Einklagung lediglich der Hälfte des Gesamtschadens unter ausdrücklicher Einräumung einer Hälftemithaftung komme die Wirkung des § 237 ZPO wie in dem Fall zu, daß der Kläger im vorerwähnten Umfang die Klage unter Verzicht auf den Anspruch zurücknimmt. Auf Grund des Rechtsmittels der Beklagten sei daher die Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens entsprechend wahrzunehmen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der zulässige (§ 519 Abs 1 Z 1, § 502 Abs 1 ZPO; 2 Ob 508/91; 6 Ob 557/91) Rekurs des Klägers, der jedoch nicht berechtigt ist.

Der Kläger vertritt zu Unrecht den Standpunkt, daß er mit seiner prozessualen Erklärung, er lasse sich eine Mithaftung von 50 % anrechnen bzw. stelle eine Haftung von 50 % außer Streit (AS 2 der Klage in 2 C 1103/90z), nur über die eine Hälfte seines Schadenersatzanspruches ohne Bedachtnahme auf den ganzen Schaden entschieden haben wollte. Wäre dies so, hätte ihm - ohne Einbekennung einer Mithaftung - im Falle einer tatsächlichen Mitverursachung des Unfalles von 50 % nur die Hälfte des geltend gemachten Betrages, also ein Viertel vom Gesamtschaden zugesprochen werden dürfen (ZVR 1983/42; ZVR 1985/24 uza). Diesem Risiko ging der Kläger mit der von ihm abgegebenen Erklärung aus dem Weg. Er muß sich aber die Einschränkung des Klagebegehrens als Verzicht auf den restlichen Klageanspruch zurechnen lassen, weil er ausdrücklich seinen Gesamtschaden um die einbekannte Mithaftung auf den restlichen Teilbetrag kürzte und damit die behauptete Forderung schon in der Klage auf diesen geringeren Betrag einschränkte. Dies zeitigt aber die gleiche Wirkung wie der Verzicht auf den Anspruch und führte zufolge seiner materiellen Rechtskraft mit Recht zur oben dargestellten Erledigung des Berufungsgerichtes (vgl. RZ 1936, 68; 8 Ob 672/89).

Dem Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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