OGH 2Ob518/88

OGH2Ob518/8816.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Vormundschaftssache der mj. Claudia POK, geboren am 30. Juli 1981, infolge Revisionsrekurses des Vaters Günter H***, Gastwirt, Alszeile 105/10, 1170 Wien, vertreten durch Dr. Günter Vasicek, Rechtsanwalt in Langenlois, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien, als Rekursgerichtes vom 12. November 1987, GZ 47 R 917/87-101, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 20. Oktober 1987, GZ 2 P 257/86-97, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Zum Vormund der Claudia POK wurde deren ue. Mutter bestellt. Der Vater, bei dem sich das Kind derzeit gegen den Willen der Mutter befindet, beantragte, dieses in seine Pflege und Erziehung einzuweisen, weil die Mutter das Kind körperlich vernachlässige und durch ihre Erziehung auch die Psyche des Kindes beeinträchtige. In einer Stellungnahme des Bezirkjugendamtes für den 17. und 18. Bezirk und einem psychologischen Gutachten wurde vorgeschlagen, das Kind für ca. 6 Wochen in der kinder- und jugendpsychologischen Beobachtungsstation im Julius-Tandler-Zentrum aufzunehmen. Das Erstgericht trug dem Vater auf, die Minderjährige dem kinder- und jugendpsychologischen Beobachtungszetrum (Julius-Tandler-Zentrum) zu übergeben, widrigenfalls Zwangsmaßnahmen angeordnet würden. Zugleich wurde die Unterbringung der Minderjährigen in der genannten Beobachtungsstation für die Dauer von 6 Wochen angeordnet.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß gerichteten Rekurs des Vater nicht Folge. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, dem Vater eines unehelichen Kindes stehe gemäß § 178 Abs 1 ABGB das Recht zu, sich bezüglich wichtiger Maßnahmen der Pflege und Erziehung zu äußern. Diese Äußerung sei zu berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl des Kindes besser entspreche. Daraus ergebe sich, daß dem Vater im Rekursverfahren dann Beteiligtenstellung zukomme, wenn er bezüglich wichtiger Maßnahmen der Pflege und Erziehung des Kindes eine Äußerung erstattet habe, welche vom Erstgericht nicht berücksichtigt worden sei. Da es sich bei der Unterbringung des Kindes in der Beobachtungsstation um eine wichtige Maßnahme der Pflege und Erziehung handle, sei der Rekurs des Vaters zulässig, er sei jedoch nicht berechtigt. Die Bedenken des Vaters gegen die angeordnete Maßnahme seien auf Grund der Qualität der Beobachtungsstation und der fachlichen Qualifikation der dort beschäftigten Mitarbeiter nicht berechtigt. Für stationär aufgenommene Kinder werde dort eine Heimschule geführt.

Der Vater bekämpft diesen seinem Vertreter am 26. November 1987 zugestellten Beschluß des Rekursgerichtes mit einen an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien adressierten Revisionsrekurs, der am 10. Dezember 1987 zur Post gegeben wurde. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien leitete das Rechtsmittel an das Erstgericht weiter, bei welchem es am 14. Dezember 1987 einlangte.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurslegitimation des unehelichen Vaters ist schon deshalb gegeben, weil ihm das Erstgericht einen persönlichen Auftrag erteilte (vgl. EFSlg 39.607). Überdies steht den Verwandten zur Abwendung einer einem Pflegebefohlenen drohende Gefahr - der uneheliche Vater behauptet im vorliegenden Fall eine solche - nach ständiger Rechtsprechung ein Rekursrecht zu (EvBl 1960/131; EFSlg 37.187; 7 Ob 510/86 ua).

Der Revisionsrekurs wurde allerdings verspätet eingebracht. Da Rekurse auch im Verfahren in Außerstreitsachen beim Erstgericht einzubringen sind und gemäß § 11 Abs 1 AußStrG die Rekursfrist 14 Tage beträgt, langte der Revisionsrekurs erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist beim Erstgericht ein. Der Postaufgabe käme nur dann Bedeutung zu, wenn der Revisionsrekurs an das Gericht adressiert worden wäre, bei dem er einzubringen ist (EFSlg 49.823 uva).

Gemäß § 11 Abs 2 AußStrG kann unter Umständen zwar auch auf verspätete Rekurse Rücksicht genommen werden, doch hätte dies zur Voraussetzung, daß das verspätete Rechtsmittel sachlich berechtigt ist (EFSlg 37.270). Dies ist hier aber nicht der Fall. Da das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigte, wäre eine Anfechtung nämlich nur aus den im § 16 Abs 1 AußStrG angeführten Gründen zulässig. Derartige Gründe werden im Revisionsrekurs aber nicht geltend gemacht. Der Rechtsmittelwerber führt lediglich aus, es sei zwar richtig, daß das Kind in einer neutralen Umgebung beobachtet werden sollte, doch müßte eine Möglichkeit der Begutachtung ins Auge gefaßt werden, die eine für das Kind möglichst geringe Beeinflussung mit sich bringe, damit dieses nicht neuerlich irritiert und verängstigt werde. Bei einer Unterbringung in einem Heim würde das Kind psychisch irritiert werden. Entgegen dieser Behauptung besteht jedoch keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß das Kind durch die vom Jugendamt und vom psychologischen Gutachter vorgeschlagene Unterbringung in einem Heim für die Dauer von 6 Wochen gefährdet würde. Offenbare Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder eine Nullität im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG liegen daher nicht vor.

Aus diesem Grund ist der verspätete Revisionsrekurs sachlich nicht berechtigt, weshalb die Frage, ob der angefochtene Beschluß noch ohne Nachteil eines Dritten abgeändert werden könnte, nicht erörtert werden muß.

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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