Normen
ABGB §364c
ABGB §830
ABGB §831
ABGB §863
ABGB §1068
ABGB §1070
EO §352
ZPO §14
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ABGB §831
ABGB §863
ABGB §1068
ABGB §1070
EO §352
ZPO §14
Spruch:
Das einverleibte Wiederkaufsrecht wird durch das Teilungsverfahren nicht berührt
Das von einem Miteigentümer zugunsten eines anderen Miteigentümers eingeräumte Veräußerungsverbot stellt (nach den Umständen des Falles) einen Verzicht auf den "unbedingten" Teilungsanspruch dar. In einem solchen Fall kann Teilung nur aus wichtigen Gründen bei Interessenabwägung verlangt werden
OGH 29. April 1977, 2 Ob 510/77 (OLG Linz 4 R 159/76; LG Linz 1 Cg 196/75)
Text
Die Streitteile sind Miteigentümer der Liegenschaft EZ 2139 KG Haus Nr. 2392, W Nr. 54. Die Anteile des Erstklägers und der Beklagten betragen je ein Viertel, der Anteil des Zweitklägers die Hälfte. Die Beklagte war die Ehefrau des Erstklägers; ihre Ehe wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19. April 1973 aus dem überwiegenden Verschulden des Erstklägers geschieden. Die Beklagte erhält derzeit vom Erstkläger keinen Unterhalt und hat auch keinen Exekutionstitel gegen ihn, sie hat ihn jedoch beim Bezirksgericht Linz auf Unterhalt geklagt. Ferner behängt beim Bezirksgericht Linz ein Antrag des Erstklägers auf Benützungsregelung, da von den Streitteilen derzeit Beklagte im Hause wohnt. Zu ihren Gunsten ist auf dem Hälfteanteil des Zweitklägers, nicht aber auf dem Viertelanteil des Erstklägers, ein Veräußserungs- und Belastungsverbot einverleibt. Ferner ist auf der ganzen Liegenschaft ein Veräußerungsverbot zugunsten des Landes Oberösterreich nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1954, und ein Wiederkaufsrecht zugunsten der Wohnungsaktionsgesellschaft Linz einverleibt. Der Erstkläger ist im Juli 1912, der Zweitkläger am 24. Jänner 1939 und die Beklagte im Jahre 1917 geboren. Dieser Sachverhalt ist unbestritten.
Die Kläger stellen das Begehren auf Zivilteilung der genannten Liegenschaft und zwar im wesentlichen mit der Begründung, daß die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft in ihrem wirtschaftlichen Interesse liege und der Beklagten nicht zum Nachteil gereiche. Bei dem angeblichen Leiden der Beklagten handle es sich in Wahrheit um Drogensucht. Mit der Zustimmung der Oberösterreichischen Landesregierung sowie der Wohnungsaktiengesellschaft zur Zivilteilung sei zu rechnen. Eine Realteilung sei nicht möglich.
Der Beklagte wendete ein, daß die begehrte Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft wegen der Veräußerungsverbote sowie des zugunsten der Wohnungsaktiengesellschaft einverleibten Wiederkaufsrechtes unzulässig sei und überdies zur Unzeit begehrt werde. Die Teilung gereiche außerdem der Beklagten zum Nachteil, weil sie an einer schweren unheilbaren Krankheit mit häufig auftretenden Lähmungserscheinungen, vermutlich multipler Sklerose, leide, stark gehbehindert und fallweise pflegebedürftig sei. Ihr Wohnungsbedürfnis falle in den Unterhaltsanspruch, welchen sie primär gegen den Erstkläger und hilfsweise auch gegen den Zweitkläger habe. Letzterer habe überdies mit ihr vereinbart, daß ihr die lebenslängliche Benutzung der Wohnung im streitgegenständlichen Hauseverbleiben solle.
Das Erstgericht hielt schon auf Grund des Parteivorbringens die Sache aus rechtlichen Gründen für spruchreif und gab dem Klagebegehren ohne Beweisaufnahme statt.
Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 50 000 S übersteige; es erachtete das erstgerichtliche Verfahren als mängelfrei und billigte auch die rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten Folge und hob das angefochtene Urteil auf. Zugleich wurde auch das Urteil des Gerichtes erster Instanz aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Auf der gegenständlichen Liegenschaft ist ein Veräußerungsverbot gemäß § 26 Wohnbauförderungsgesetz 1954 zugunsten des Landes Oberösterreich einverleibt. Der Umfang eines gesetzlichen Veräußerungsverbotes ist dem entsprechenden Gesetz zu entnehmen. § 26 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a, b und d des Wohnbauförderungsgesetzes 1954 wurden durch § 36 Abs. 1 lit. c des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 aufrecht erhalten. Gemäß § 26 Abs. 1 haben die Liegenschaftsmiteigentümer, wenn die Errichtung einer Baulichkeit durch Gewährung eines Darlehens, durch Übernahme einer Bürgschaft für Hypothekardarlehen oder durch Gewährung eines Baukostenzuschusses gefördert wurde, ein Veräußerungsverbot zugunsten des Landes im Grundbuch einverleiben zu lassen; dieses Veräußerungsverbot wirkt gegen Dritte. Ist das Veräußerungsverbot einverleibt, so kann gemäß § 26 Abs. 2 das Eigentum bzw. Miteigentum an der Liegenschaft durch Rechtsgeschäft unter Lebenden nur mit schriftlicher Zustimmung des Landes übertragen werden. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, läßt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck dieser Bestimmung ableiten, daß damit die Aufhebung einer Eigentumsgemeinschaft ausgeschlossen werden sollte. Der OGH hat darüber hinaus in seiner Entscheidung SZ 36/123 ausgesprochen, daß das Veräußerungsverbot nach § 26 Wohnbauförderungsgesetz 1954 nur Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die ohne schriftliche Zustimmung des Landes abgeschlossen werden, verhindern soll, nicht aber Exekutionsmaßnahmen. Damit weicht dieses Veräußerungsverbot von jenem ab, die im § 4 Abs. 3 lit. b und Abs. 5 BGBl. 200/1929 bzw. im § 4 Abs. 5 BGBl. 192/1933 festgelegt wurden und ausdrücklich Verfügungen unter Lebenden und Exekutionen verboten haben. Da auch das im § 352 EO geregelte Verfahren zur Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft ein Exekutionsverfahren ist und die Anführung der §§ 272 bis 280 AußStrG nur bedeutet, daß für die Durchführung der Versteigerung nur diese Bestimmungen und nicht etwa die der §§ 133 ff. EO gelten (vgl. Heller - Berger - Stix III, 2537), sprechen auch diese Argumente dafür, daß das Veräußerungsverbot gemäß § 26 Wohnbauförderungsgesetz 1954 einem Anspruch eines Miteigentümers, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, nicht entgegensteht.
Was das zugunsten der Wohnungsaktiengesellschaft einverleibte Wiederkaufsrecht anlangt, wird dieses durch das Teilungsverfahren nicht berührt. Der Wiederkaufsberechtigte braucht daher mangels Anwendbarkeit des § 133 EO (vgl. dazu auch Klang in Klang[2] III, 1133) vom Verfahren nicht verständigt zu werden. Übt er sein Recht aus und erlangt er dadurch das Eigentum an der zu teilenden Liegenschaft, wird das Teilungsverfahren ohnedies als gegenstandslos eingestellt (vgl. Heller - Berger - Stix III, 2542). Wenn die Beklagte nun geltend macht, während der Dauer des Aufrechtbestehens des Wiederkaufsrechtes könnte nur mit einem unter dem Verkehrswert der Liegenschaft gelegenen Veräußerungserlös gerechnet werden, es läge daher Unzeit vor, ist ihr entgegenzuhalten, daß jeder Teilhaber grundsätzlich den Anspruch auf Teilung hat. Er wird mit seinem Begehren nur dann nicht durchdringen, wenn die Teilung zu Unzeit oder zum Nachteil der übrigen begehrt wurde. Ein Aufschub kommt aber nach ständiger Rechtsprechung nur in Betracht, wenn es sich um vorübergehende Umstände handelt, die der Teilung entgegenstehen, nicht aber um solche, die in absehbarer Zeit nicht beseitigt werden können. Dies gilt sowohl für die Einwendung, daß die Teilung zu Unzeit, als auch, daß sie zum Nachteil der übrigen begehrt werde (vgl. EvBl. 1969/407 u. a.). Sonst wäre die Teilung nämlich nicht bloß aufgeschoben, sondern überhaupt ausgeschlossen (vgl. Klang in Klang[2] III, 1099 vor Anm. 21). Im vorliegenden Fall könnte aber das Wiederkaufsrecht noch durch zirka 8 Jahre ausgeübt werden. Ein solcher Zeitraum kann aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, nicht mehr als vorübergehender Ausnahmezustand angesehen werden, der einen Aufschub der Teilung rechtfertigen würde.
Bezüglich der Berücksichtigung des schlechten Gesundheitszustandes der Beklagten unter dem Gesichtspunkt eines ihr durch die Teilung entstehenden Nachteiles hat sie vorgebracht, sie leide an einer schweren, unheilbaren Krankheit (mutmaßlich multiple Sklerose) mit häufig auftretenden Lähmungserscheinungen, sie sei stark gehbehindert und fallweise pflegebedürftig. Schon aus diesem Vorbringen ist zu entnehmen, daß es sich nicht um vorübergehende Umstände, sondern vielmehr um einen Dauerzustand handelt, der einen Teilungsaufschub nicht zu rechtfertigen vermag. Dasselbe gilt auch bezüglich der mangelnden Sicherheit für die Befriedigung ihres Wohnungsbedürfnisses, wozu die Beklagte lediglich vorbrachte, es sei ihr wirtschaftlich unmöglich, sich eine andere gleichwertige Wohnung zu verschaffen,ohne auch nur zu behaupten, daß sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern würde. Abgesehen davon hat die Beklagte nicht einmal in der Revision behauptet, daß sie aus dem auf sie entfallenden Versteigerungserlös bzw. Wiederverkaufserlös nicht in der Lage wäre, sich eine ihrem Miteigentumsanteil entsprechende Ersatzwohnung anzuschaffen, zumal die Sicherung ihres Wohnungsbedarfes überdies in den Rahmen des ihr gegen den Erstkläger zustehenden Unterhaltsanspruches fällt. Es kann deshalb auch das anhängige Verfahren zur Benützungsregelung nicht zur Rechtfertigung eines Aufschubes der Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft herangezogen werden.
Da auf Grund der in der Revision formell einwandfrei erhobenen Rechtsrüge die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes nach jeder Richtung hin zu überprüfen ist (vgl. Fasching IV, 323 Anm. 26), ist aber auch noch zu untersuchen, welche Bedeutung dem auf der Liegenschaftshälfte des Zweitklägers zugunsten der Beklagten einverleibten vertraglichen Veräußerungs- und Belastungsverbot zukommt. Nach Ansicht des OGH ist dieses Veräußerungs- und Belastungsverbot unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles als vertragliche Verpflichtung des Zweitklägers gegenüber der Beklagten zur Fortsetzung der Gemeinschaft im Sinne des § 831 ABGB und damit als Verzicht auf sein Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft - es sei denn, es liege Unzeit oder Geltendmachung zum Nachteil der übrigen vor - ohne Angabe von Gründen zu verlangen, anzusehen (vgl. SZ 36/161; Klang in Klang[2] III, 1106). In einem solchen Fall kann die Aufhebung der Gemeinschaft wohl auch verlangt werden, aber nur, wenn hiefür wichtige Gründe vorliegen (vgl. SZ 36/161 u. a.). Diesbezüglich wurde von dem hiefür beweispflichtigen Zweitkläger im bisherigen Verfahren noch kein Vorbringen bzw. Beweisanbot erstattet, so daß die Rechtssache in diesem Belange noch nicht spruchreif ist. Der Zweitkläger kann nämlich mit seinem Teilungsbegehren nur Erfolg haben, wenn ihm der Beweis gelingt, daß - wie bei einem Dauerschuldverhältnis - wichtige Gründe vorliegen, die bei Abwägung seiner Interessen und der Interessen der Beklagten eine Teilung als notwendig erscheinen lassen (vgl. EvBl. 1965/301; 7 Ob 192/75 u. a.). Da die Kläger im vorliegenden Verfahren eine einheitliche Streitpartei im Sinne des § 14 ZPO bilden (vgl. JBl. 1961, 510 u. a.), kann auch der Erstkläger mit seinem Klagebegehren nur dann durchdringen, wenn hinsichtlich beider Kläger die Voraussetzungen für die Stattgebung des Klagebegehrens vorliegen.
Im fortgesetzten Verfahren wird daher den Parteien Gelegenheit zu geben sein, ihr Vorbringen in der aufgezeigten Richtung zu ergänzen; sodann werden die angebotenen Beweise aufzunehmen und die zur Beurteilung des Teilungsbegehrens unter den dargelegten Gesichtspunkten erforderlichen Feststellungen zu treffen sein.
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