Normen
ABGB §163c Abs1
ABGB §244 Abs1
ABGB §863 Abs1
ABGB §865 Abs1
ZPO §395
ABGB §163c Abs1
ABGB §244 Abs1
ABGB §863 Abs1
ABGB §865 Abs1
ZPO §395
Spruch:
Ein von einem Minderjährigen abgegebenes Vaterschaftsanerkenntnis kann von diesem nach erreichter Volljährigkeit (hier: konkludent) genehmigt und daher rechtswirksam gemacht werden
OGH 16. März 1978, 2 Ob 508/78 (KG Wels R 486/77; BG Mondsee C 40/77 )
Text
Der Kläger begehrt in seinem modifizierten Klagebegehren die Feststellung, daß das von ihn gegenüber der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan abgegebene Vaterschaftsanerkenntnis rechtsunwirksam sei. Er sei im Zeitpunkt der Abgabe des Anerkenntnisses noch minderjährig gewesen und das Anerkenntnis sei ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters erfolgt.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es von folgenden Feststellungen anging:
Der Kläger Hans-Georg S ist am 7. August 1946 in St. Veit an der Glan von Hedwig S außer der Ehe geboren worden. Das Jugendamt der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan, Außenstelle 9372 Eberstein, war in der Folge Amtsvormund des Klägers. Die ursprünglich zu P 34/46 beim Bezirksgericht St. Veit an der Glan anhängig gewesene Vormundschaftssache wurde am 8. Feber 1952 zu P 27/52 vom Bezirksgericht Ebenstein übernommen.
Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Eberstein wurde das Bezirksjugendamt Außenstelle Eberstein zum Vormund für den Kläger bestellt. Am 9. November 1966 ist die Beklagte Carmen-Mariette L von Margarethe L außer der Ehe geboren worden. Am 2. Feber 1967 hat der Kläger zu Zl. 10 V l/67 der Außenstelle Eberstein bei der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan vor dieser Behörde die Erklärung abgegeben, daß er der Mutter der Beklagten in der kritischen Zeit nach dem § 163 ABGB beigewohnt und die Beklagte gezeugt habe. Die Urkunde über dieses Vaterschaftsanerkenntnis wurde von der Leiterin der Amtshandlung der Dipl. Fürsorgerin Johanna H einerseits und dem Kläger andererseits unterfertigt.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, daß nach Art. X, §§ 1 und 2 des Bundesgesetzes über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes vom 3. Dezember 1970, BGBl. 342/1970, im vorliegenden Fall das alte Recht anzuwenden sei, weil der Kläger vor dem Inkrafttreten des angeführten Gesetzes die Vaterschaft zum beklagten Kind anerkannt habe. Der Kläger sei nach dem damals geltenden Recht zur Zeit des Vaterschaftsanerkenntnisses noch minderjährig gewesen. Zur Rechtswirksamkeit dieses Vaterschaftsanerkenntnisses wären die Mitwirkung seines Vormundes und die Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich gewesen. Das Vaterschaftsanerkenntnis sei daher nicht rechtswirksam.
Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß die Entscheidung zu lauten hat:
"Das Klagebegehren, das vom Kläger zur Zl. 10 V 1/67 vor der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan, Außenstelle Eberstein, am 2. Feber 1967 abgegebene Vaterschaftsanerkenntnis zur beklagten Partei sei rechtsunwirksam; die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen die Prozeßkosten zu bezahlen, wird abgewiesen."
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Beklagte führt aus, der Kläger habe seine Klage erstmals mehr als 9 Jahre nach Erreichen der Volljährigkeit erhoben. Während dieser Zeit habe der Kläger stets im Sinne seines Vaterschaftsanerkenntnisses gehandelt. Auch die im Vormundschaftsverfahren der Beklagten ergangenen gerichtlichen Beschlüsse hätten den Kläger nicht veranlaßt, die Rechtswirksamkeit seines Vaterschaftsanerkenntnisses anzuzweifeln. Er habe daher sein Anerkenntnis nach Erreichen der Eigenberechtigung im Sinne der §§ 865, 244 ABGB stillschweigend genehmigt.
Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß im vorliegenden Fall gemäß Art. X § 2 Abs. 2 BGBl. 342/1970 mit Rücksicht auf die Abgabe des Vaterschaftsanerkenntnisses durch den Kläger am 1. Feber 1967 noch das vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes, BGBl. 342/1970, geltende Recht anzuwenden ist.
Vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes war die Anfechtung des Anerkenntnisses der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch nicht geregelt. Eine Klage auf Feststellung der Ungültigkeit des Anerkenntnisses war nach altem Recht zwar zulässig, aber zur Beseitigung der Wirkungen des Anerkenntnisses nicht erforderlich (vgl. 3 Ob 537/76 u. a.). Das vor Gericht oder vor einer Bezirksverwaltungsbehörde - Jugendamt (vgl. § 18 Z. 3 JWG) - abgegebene Vaterschaftsanerkenntnis hatte nämlich nicht die Wirkung eines gerichtlichen Anerkenntnisses, sondern vielmehr nur die eines Geständnisses der Beiwohnung in der kritischen Zeit und damit eines Beweismittels im Vaterschaftsprozeß, das widerlegbar war (vgl. SZ 24/277, Fasching, Kommentar III, 611 Anm. 7 zu § 395 ZPO) und einer Klage auf Nichtbestehen der Vaterschaft nicht entgegenstand (vgl. Fasching, Kommentar IV, 946). Das Berufungsgericht hat aber zutreffend begrundet, daß wegen der Interessenkollision zwischen dem Kläger und der Beklagten deren beider Vertretung durch denselben Amtsvormund unzulässig war, eine Kuratorbestellung im Sinne der §§ 271, 272 ABGB geboten gewesen wäre, in deren Ermangelung das vom damals noch mj. Kläger abgegebene Vaterschaftsanerkenntnis rechtsunwirksam war.
Dem Berufungsgericht kann aber nicht darin gefolgt werden, daß ein von einem Minderjährigen abgegebenes Vaterschaftsanerkenntnis von diesem nach erreichter Volljährigkeit nicht genehmigt und daher rechtswirksam gemacht werden kann (vgl. hiezu Wentzl - Piegler in Klang[2] I/2, 446 vor Anm. 25 und Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 90 Punkt 3 vor Anm. 16 und 17). Der Kläger, der am 2. Feber 1967 vor dem Jugendamt die Vaterschaft zur Beklagten anerkannt und einen Unterhaltsvergleich abgeschlossen hatte, war am 7. August 1967 volljährig geworden. Nach erreichter Volljährigkeit hatte er, wie sich aus dem Vormundschaftsakt P 38/71 des Bezirksgerichtes Mondsee ergibt, ohne auf die Unwirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses hinzuweisen, weiterhin der Beklagten Unterhalt geleistet und lediglich gegen die Höhe der ihm auferlegten Unterhaltsbeträge Einwendungen erhoben. Selbst in der gegenständlichen, am 15. November 1976 eingebrachten Klage, in der er die Feststellung des Nichtbestehens seiner Vaterschaft zur Beklagten und der Rechtsunwirksamkeit seines Vaterschaftsanerkenntnisses begehrte, hat er auf seine beschränkte Geschäftsfähigkeit bei Abgabe des Vaterschaftsanerkenntnisses nicht hingewiesen. Dies tat er vielmehr erstmalig in der Streitverhandlung vom 20. April 1977. Aus diesem Verhalten des Klägers muß aber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles der Schluß gezogen werden, daß er nach erreichter Volljährigkeit das Anerkenntnis seiner Vaterschaft zur Beklagten genehmigt und damit dessen Wirksamkeit herbeigeführt hat. Um die Unwirksamkeit des Anerkenntnisses darzutun, kann sich der Kläger daher nunmehr nicht mit Erfolg auf seine beschränkte Geschäftsfähigkeit im Zeitpunkt der Abgabe seiner Anerkennungserklärung berufen.
Der Revision war daher Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichtes im Sinne der Klagsabweisung abzuändern.
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