Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat der zweitbeklagten Partei die mit S 4.243,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 385,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei machte Schadenersatzansprüche im Betrag von S 97.390 geltend. Sie brachte vor, der Zweitbeklagte habe im Auftrag der erstbeklagten Partei mit einem Bagger Grabungsarbeiten durchgeführt und hiebei ein Kabel der klagenden Partei beschädigt. Das Erstgericht erkannte beide beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei einen Betrag von S 72.277,77 samt 4 % Zinsen zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 25.112,23 samt Zinsen sowie ein Zinsenmehrbegehren wurden abgewiesen. Aus den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ist folgendes hervorzuheben:
Das N*** F***, Gemeinnützige Siedlungs
GmbH (im folgenden: F***), ist Eigentümerin einer im Stadtgebiet von Wr. Neustadt gelegenen Liegenschaft. Sie erteilte der erstbeklagten Partei den Auftrag, auf dieser Liegenschaft Reihenhäuser zu errichten. Der Geschäftsführer der erstbeklagten Partei kümmerte sich nicht um die Bauführung und Bauleitung, hiefür war der Angestellte Emmerich M*** zuständig. Das F*** beauftragte ein Architektenbüro mit der Planung des Bauvorhabens. Im September 1983 besprachen Angestellte des Architektenbüros mit der klagenden Partei und der Post die Trassenführungen der Kabel für das Bauvorhaben. Im Oktober 1983 zeichnete das Architektenbüro die beabsichtigte Trasse der Kabel, darunter auch das später beschädigte Kabel der klagenden Partei, in die Lagepläne ein. Dieses Kabel wurde dann auch so, wie in den Lageplänen eingezeichnet, verlegt. Der Bauplan, der Gegenstand des Vertrages zwischen dem F*** und der erstbeklagten Partei war, wies die Trassenführung des Kabels bereits auf. Am 13.August 1984 fand vor dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung in Wr. Neustadt eine Verhandlung wegen der geplanten Kabel statt, bei welcher u.a. Emmerich M*** anwesend war. Der beigezogene Sachverständige führte beim Ortsaugenschein aus, die Errichtung einer Trafostation samt einem Kabel sei für die Versorgung der Reihenhausanlage sowie zur Stützung des Ortsnetzes beabsichtigt. In der Verhandlungsniederschrift ist festgehalten, daß die beschriebenen Anlagen voraussichtlich Ende Oktober 1984 fertiggestellt würden. Unmittelbar vor Verlegung des Kabels durch die klagende Partei, die spätestens im Juni 1985 erfolgt war, verständigte die klagende Partei einen Angestellten des Architektenbüros, daß das Kabel wie im Plan vorgesehen verlegt werde. Dieser Angestellte teilte unmittelbar nach dieser Verständigung Emmerich M*** mit, daß nunmehr das Kabel verlegt werde. Die erstbeklagte Partei hatte im Zuge des Bauvorhabens den Zweitbeklagten bereits im Februar 1984 mit der Durchführung von Erdarbeiten beauftragt. Im November 1985 bestand die Notwendigkeit zur Durchführung von Grabarbeiten für einen Kanal, die ebenfalls der Zweitbeklagte für die erstbeklagte Partei durchführen sollte. Der Zweitbeklagte betreibt ein Transportunternehmen und läßt Grabarbeiten durch bei ihm angestellte Fahrer mit ihm gehörigen Baggern durchführen. Er erkundigt sich nicht, ob im Bereich der durchzuführenden Arbeiten Erdeinbauten vorhanden sind. Seine Baggerführer haben generell die Anweisung, sich an Ort und Stelle zu erkundigen, ob Kabeleinbauten vorhanden sind. Weder Emmerich M*** noch der bei der erstbeklagten Partei beschäftigte Baupolier Thomas S*** sahen eine Veranlassung, sich vor Beginn der Arbeiten zu erkundigen, ob das geplante Kabel bereits verlegt sei. Emmerich M*** hatte die beim Gemeindeamt aufliegenden Projektunterlagen mit dem eingezeichneten Kabel nicht eingesehen. Daß bei der Bauverhandlung davon die Rede war, das Kabel würde voraussichtlich Ende Oktober 1984 verlegt, hatte er ebenso vergessen wie den Hinweis des Angestellten des Architektenbüros auf die unmittelbar bevorstehende Kabelverlegung. Emmerich M*** verständigte den Baupolier Thomas S*** nicht davon, daß ein N***-Kabel verlegt werden sollte oder bereits verlegt worden sei. Am 17.November 1985 markierte Thomas S*** in der Natur jene Linien, in deren Bereich der Baggerfahrer des Zweitbeklagten, Wilhelm H***, Aushubarbeiten mit dem Bagger für den Kanal zu verrichten hatte. Er verwendete hiefür einen ihm von Emmerich M*** übergebenen Bauplan. Ob in diesem das N***-Kabel eingezeichnet war, konnte nicht festgestellt werden. Am 18.November 1985 kam Wilhelm H*** mit einem Bagger zur Baustelle. Er fragte Thomas S***, ob er beim Baggern auf Erdeinbauten achten müsse. S*** verneinte dies und sagte, es sei nichts da. Wilhelm H*** nahm an, Thomas S*** habe die Markierung der Kanaltrasse auf Grund eines Planes durchgeführt, fragte aber nicht, welche Planunterlagen für die Trassierung zur Verfügung gestanden seien. Bei den Baggerarbeiten beschädigte H*** mit der Baggerschaufel das Kabel der klagenden Partei.
Auf Grund dieses Sachverhaltes bejahte das Erstgericht die Haftung beider beklagten Parteien. Hinsichtlich des Zweitbeklagten vertrat es die Ansicht, dieser hätte es nicht seinen Baggerfahrern überlassen dürfen, auf welche Weise sie sich über vorhandene Erdeinbauten erkundigen. Angesichts der Gefährlichkeit seiner Maschinen für im Erdreich verlegte Kabel hätte er sich bei seinem Auftraggeber und bei den zuständigen Stellen erkundigen müssen. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Zweitbeklagten Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß das gegen den Zweitbeklagten gerichtete Klagebegehren abgewiesen wird. Auf Grund der Berufung der klagenden Partei erhöhte das Berufungsgericht den von der erstbeklagten Partei zu ersetzenden Betrag auf S 87.898,80. Die Revision wurde für zulässig erklärt.
Das Berufungsgericht führte hinsichtlich der Haftung des Zweitbeklagten aus, gemäß § 104 Abs 2 der Bauordnung für Niederösterreich habe sich der Bauherr zur Übereinstimmung und Beaufsichtigung der Arbeiten einer Person als Bauleiter zu bedienen, die hiezu nach anderen gesetzlichen Vorschriften ausdrücklich befugt sei. Dieser habe gemäß § 105 Abs 2 der Bauordnung für Niederösterreich für die Verhinderung von Gefahren für die Sicherheit von Sachen zu sorgen. Der Bauführer habe insbesondere mit dem Vorhandensein von Kabeln zu rechnen, er sei daher entsprechend den üblichen Regeln im Baugewerbe verpflichtet, vor Durchführung der Erdarbeiten Auskunft über die allfällige Lage von Kabeln einzuholen, insbesondere über Trassenführung und Tiefe. Für eine Verletzung dieser Verpflichtung habe er gemäß § 1299 ABGB einzustehen. Die dem Bauführer oder einem von ihm beauftragten Bauleiter übertragene Verpflichtung zur Einholung von Auskünften habe aber auch zur Folge, daß sich die Untergebenen und Bediensteten der anderen Unternehmen, die beim Bau eingesetzt werden, auf Auskünfte des Bauführers verlassen können. Diese seien daher grundsätzlich nicht verpflichtet, selbständig Erhebungen anzustellen. Der Baggerfahrer habe sich daher auf die Auskunft des Poliers verlassen dürfen, weshalb auch keine Haftung des Zweitbeklagten bestehe. Die klagende Partei bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes, soweit das gegen den Zweitbeklagten gerichtete Klagebegehren abgewiesen wurde, mit Revision, macht den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß auch der Zweitbeklagte schuldig gesprochen werde, zur ungeteilten Hand mit der erstbeklagten Partei den Betrag von S 87.898,80 samt Zinsen zu bezahlen.
Der Zweitbeklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die klagende Partei führt im wesentlichen aus, im verbauten Gebiet sei mit Kabeln zu rechnen. Der Baggerfahrer könne seine Verpflichtung, sich über Einbauten zu erkundigen, nicht auf andere abwälzen, weil die Kabel bei seiner Arbeit gefährdet würden. Er hätte sich nicht auf die Auskunft des Poliers verlassen dürfen, zumal er nicht einmal fragte, auf Grund welcher Unterlagen der Polier die Trasse abgesteckt habe. Er hätte sich die Pläne vom Polier zeigen lassen müssen.
Diesen Ausführungen ist folgendes zu erwidern: Wohl ist der ausführende Unternehmer im Rahmen seiner Diligenzpflicht gemäß § 1299 ABGB verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung der Beschädigung von Kabeleinbauten zu treffen und seinem Baggerführer die entsprechenden Anweisungen zu erteilen (3 Ob 227/75 ua). Wie der Oberste Gerichtshof indes bereits in der Entscheidung 1 Ob 628/77 (vom Berufungsgericht unrichtig als 1 Ob 628/87 zitiert) ausführte, können sich die Untergebenen und Bediensteten anderer Unternehmen, die beim Bau eingesetzt werden, diesbezüglich auf Auskünfte des Bauführers verlassen. Die Frage, ob deshalb, weil im verbauten Gebiet mit Kabeln gerechnet werden muß, der Zweitbeklagte oder sein Bauführer verpflichtet gewesen wären, trotz der Auskunft des Baupoliers noch weitere Erkundigungen einzuholen, um die Beschädigung von Kabeln, deren Vorhandensein allenfalls auch dem Bauführer unbekannt sein könnte, zu vermeiden, muß nicht geprüft werden. Zu berücksichtigen ist nämlich, daß es sich nicht um ein im verbauten Gebiet vorhandenes Kabel handelte, von dessen Existenz der Bauführer nur bei eingehenden Nachforschungen hätte Kenntnis erlangen können. Vielmehr handelte es sich um ein Kabel, das erst wegen des vom Bauführer zu errichtenden Baues verlegt wurde, von welchem der Bauführer tatsächlich Kenntnis hatte und dessen Lage in den dem Bauführer zur Verfügung stehenden Plänen eingezeichnet war. Um die Beschädigung eines solchen Kabels zu vermeiden, reichte die Anfrage beim zuständigen Baupolier jedenfalls aus. Ob mit Rücksicht auf die Möglichkeit des Vorhandenseins anderer schon früher verlegter Kabel eingehendere Erkundigungen erforderlich gewesen wären, ist ohne Bedeutung, weil derartige Kabel nicht beschädigt wurden. Wenn der Polier die unrichtige Auskunft erteilte, es seien keine Kabel vorhanden, kann dies nicht dem Zweitbeklagten zum Nachteil gereichen, gleichgültig, ob der Polier das im Plan eingezeichnete Kabel übersehen hatte oder ob er von der erstbeklagten Partei einen Plan erhalten hatte, in welchem das Kabel nicht eingezeichnet war.
Zutreffend wies daher das Berufungsgericht das gegen den Zweitbeklagten gerichtete Klagebegehren ab, weshalb der Revision ein Erfolg zu versagen war.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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