Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.364,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.060,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile bezogen Anfang September 1983 ein vom Beklagten am 2. September 1983 gekauftes Haus in Gnadenwald. Sie hatten die Absicht, eine dauernde Lebensgemeinschaft einzugehen. Die Klägerin trug zum Kaufpreis mit 1 Mio S bei, diesen Betrag finanzierte sie mit einem Bankkredit, zu dessen Besicherung sie eine ihr gehörige Liegenschaft verpfändete. Im Zusammenhang mit dem Umbau des vom Beklagten erworbenen Hauses erbrachte die Klägerin in der Erwartung des andauernden Fortbestandes der Lebensgemeinschaft aus ihrem Vermögen Leistungen von insgesamt S 327.899,49. Die Lebensgemeinschaft der Streitteile ging etwa im November 1984 "in Brüche". Zur vollständigen Bereinigung aller mit der Beendigung der Lebensgemeinschaft zusammenhängenden Belange schlossen die Streitteile am 29. November 1984 eine Vereinbarung. In dieser verpflichtete sich der Beklagte, der Klägerin die Zahlungen, die sie auf den von ihr aufgenommenen Kredit bereits geleistet hatte, zu bezahlen und den offenen Kreditbetrag an die Bank zurückzuzahlen. Die Klägerin verpflichtete sich, das Haus längstens am 2. November 1985 zu räumen. Der Beklagte räumte der Klägerin, sowie bisher, am Haus samt Garten ein unentgeltliches Wohnrecht ein. Die Klägerin übernahm es, dem Beklagten, sowie bisher, den Haushalt zu führen (Verpflegung und Wäsche). Die Kosten hiefür hatte die Klägerin, der Beklagte hingegen die Betriebskosten zu tragen. Zur alleinigen Benützung standen dem Beklagten das Studio im ersten Stock und das Gästezimmer im Parterre zur Verfügung, der Klägerin das Schlafzimmer im ersten Stock. Die übrigen Räume im ersten Stock konnten gemeinsam benützt werden. In Anerkennung der von der Klägerin für den Umbau geleisteten Arbeiten (Beaufsichtigung, Verköstigung von Arbeitern, Organisation etc.) verpflichtete sich der Beklagte, der Klägerin S 50.000 zu bezahlen. Punkt 7. der Vereinbarung hat folgenden Wortlaut:
"Die Parteien halten einverständlich fest, daß nach endgültiger Abwicklung der obgenannten Vertragspunkte gegenseitig keine wie immer gearteten Forderungen bestehen."
Die Klägerin hat nicht bewiesen, daß zwischen den Streitteilen in Ergänzung oder Abänderung dieser Vereinbarung jemals vereinbart wurde, daß das von ihr aus ihrem Vermögen für die Baumaßnahmen des Beklagten beigetragene Geld von dieser Vereinbarung nicht umfaßt sein sollte. Bei Abschluß der Vereinbarung war es erklärter Wille des Beklagten gegenüber dem mit der Errichtung der Urkunde bestellten Rechtsanwalt, daß mit dieser Vereinbarung, abgesehen von anderen Belangen, alle mit der Beendigung der Lebensgemeinschaft zusammenhängenden finanziellen Belange zur Gänze geregelt sein sollten.
Die Klägerin begehrt für die Leistungen, die sie im Zusammenhang mit dem Umbau des Hauses aus ihrem Vermögen erbrachte, einen Betrag von S 330.099,49 samt Zinsen. Diese Forderung sei in der Vereinbarung vom 29. November 1984 nicht geregelt worden. Der Beklagte wendete unter anderem ein, die behauptete Forderung sei von der Vereinbarung umfaßt gewesen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den von ihm festgestellten Sachverhalt, dessen wesentlicher Inhalt zu Beginn dieser Entscheidung wiedergegeben ist, rechtlich dahin, der Beklagte sei durch den von der Klägerin geleisteten Betrag von S 327.899,49 bereichert, so daß ihr ein Anspruch gemäß § 1435 ABGB zugestanden sei. Durch Punkt 7. der Vereinbarung sei jedoch auch dieser Bereicherungsanspruch erledigt worden.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es übernahm den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt und führte zur Rechtsfrage aus, die Klägerin hätte die für den Umbau des Hauses erbrachten Geldleistungen erst nach Auflösung der Lebensgemeinschaft gemäß § 1435 ABGB zurückverlangen können. Die Lebensgemeinschaft der Streitteile sei nach der unbekämpften Feststellung des Erstgerichtes bereits im November 1984 in Brüche gegangen, also aufgelöst worden. Es sei schließlich Zweck der Vereinbarung vom 29. November 1984 gewesen, eine Bereinigung der im Zusammenhang mit der Auflösung der Lebensgemeinschaft entstandenen gegenseitigen Ansprüche zu erreichen. Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihrer Investitionen habe also bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 29. November 1984 bestanden und nicht erst zum Zeitpunkt ihres Auszuges aus dem Haus des Beklagten. Daraus folge aber zwingend, daß auch die mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Ansprüche von der Vereinbarung vom 29. November 1984 mitumfaßt gewesen seien und den Beklagten daher außer den in dieser Vereinbarung festgelegten Verpflichtungen, welche nicht klagsgegenständlich seien, keine weiteren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin mehr träfen. Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision, macht die Anfechtungsgründe nach § 503 Z 2, 3 und 4 ZPO geltend und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde. Hilfsweise stellt die Klägerin einen Aufhebungsantrag.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt ebensowenig vor wie der geltend gemachte Verfahrensmangel. Dies bedarf gemäß § 510 Abs. 3 ZPO keiner weiteren Begründung.
Die Rechtsrüge führt die Klägerin zusammengefaßt dahin aus, die Lebensgemeinschaft sei nicht bereits im November 1984, sondern erst am 2. November 1985 beendet worden. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft weiter bestanden. Mit der Vereinbarung vom 29. November 1984 sei die Lebensgemeinschaft nicht gelöst worden, es seien lediglich die wechselseitigen Rechte fixiert worden. Die Klägerin habe damals den nunmehr geltend gemachten Anspruch gegen den Beklagten noch nicht gehabt, Punkt 7. der Vereinbarung beziehe sich somit nicht auf diese Forderung. Ein Verzicht auf künftige Rechte sei zwar zulässig, doch sei in EvBl. 1973/278 ausgesprochen worden, daß der Verzicht auf einen künftigen Rückforderungsanspruch eine Vertragsstrafe sei, die zur Voraussetzung habe, daß ein Schaden eingetreten sei. Überdies sei ein unentgeltlicher Verzicht einschränkend auszulegen. Diesen Ausführungen ist folgendes zu erwidern:
Eine Lebensgemeinschaft beschränkt sich auf die rein materielle Seite; es handelt sich um eine aus einer seelischen Gemeinschaft und dem Gefühl der Zusammengehörigkeit heraus entstandene Bindung (EFSlg. 38.825, 51.555, 57.268 ua.). Die Lebensgemeinschaft setzt daher auch eine innere Einstellung der Partner voraus (EFSlg. 51.555). Zum Begriff der Lebensgemeinschaft gehört es, daß die beiden Partner Freud und Leid miteinander teilen, einander Beistand und Dienste leisten (EFSlg. 57.267). Im vorliegenden Fall ging die Lebensgemeinschaft im November 1984 "in Brüche", die Streitteile schlossen am 29. November 1984 zur vollständigen Bereinigung aller mit der Beendigung der Lebensgemeinschaft zusammenhängenden Belange eine Vereinbarung. Durch diese Vereinbarung kam klar zum Ausdruck, daß eine innere Bindung oder eine Bereitschaft, Freud und Leid miteinander zu teilen, nicht mehr besteht. Ab Ende November 1984 bestand daher zwischen den Streitteilen keine Lebensgemeinschaft in dem oben aufgezeigten Sinne mehr. Der Umstand, daß bis zu einem bereits fixierten Endzeitpunkt die beiden Partner weiterhin im selben Haus wohnten und die Klägerin dem Beklagten noch den Haushalt führte, vermag daran nichts zu ändern. Grund dafür, daß nicht sofort alle Beziehungen abgebrochen wurden, war offensichtlich, beiden Partnern durch Einräumung einer Übergangsfrist die Vorbereitung auf eine völlig getrennte Lebensführung zu ermöglichen (vgl. EFSlg. 51.557, wo das Wohnen "unter einem Dach" nach erfolgter Ehescheidung nicht als Lebensgemeinschaft gewertet wurde). Die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Lebensgemeinschaft sei bereits im November 1984 beendet worden, ist daher zu billigen. Schon aus diesem Grund kann es nicht zweifelhaft sein, daß Punkt 7. der Vereinbarung vom 29. November 1984 auch auf § 1435 ABGB gestützte Bereicherungsansprüche umfaßt, weshalb zu den Revisionsausführungen über den Verzicht auf erst künftig entstehende Ansprüche nicht mehr eingegangen werden muß.
Aufgrund des Punktes 7. der Vereinbarung steht der Klägerin die geltend gemachte Forderung somit nicht zu, weshalb ihrer Revision ein Erfolg versagt bleiben mußte.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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