OGH 2Ob46/99z

OGH2Ob46/99z25.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Werner G*****, vertreten durch Dr. Erwin Fidler, Rechtsanwalt in Pöllau, wider die beklagte Partei A***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Erwin Kafka und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen S 67.964 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 13. Oktober 1998, GZ 1 R 431/98y-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 10. April 1998, GZ 13 C 271/97b-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt die Zahlung von S 67.964 samt 16,5 % Zinsen mit der Begründung, von der beklagten Partei mit der Erstellung eines Vorentwurfes und Entwicklungsplanes für ein bestimmtes Objekt beauftragt worden zu sein. Die beklagte Partei schulde den Klagsbetrag an restlichem Honorar. Zum Zinsenbegehren wurde vorgebracht, es seien Zinsen in der Höhe des im Klagebegehren angegebenen Zinssatzes vereinbart worden.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren "dem Grunde und der Höhe nach" und brachte vor, die in den Bebauungsbestimmungen für die gegenständliche Liegenschaft, deren Eigentümerin sie sei, angemerkte Widmung für öffentliche Zwecke bedeute, daß auf der Liegenschaft keine Neu-, Zu- oder Aufbauten errichtet werden dürften, weil allenfalls eine Nutzung für öffentliche Zwecke erforderlich sei. Diese Widmung sei dem Kläger bekanntgegeben worden, er habe aber trotzdem zugesichert, es werde infolge einer Änderung der Bauordnung ohne weiteres möglich sein, die geplanten Arbeiten wegen der Aufhebung der Widmung "Öffentlicher Zweck" durchzuführen. Diese Zusicherung sei Voraussetzung für die Zusammenarbeit mit dem Kläger gewesen. Die Änderung der Bauordnung sei jedoch nicht in dem vom Kläger erhofften Umfang erfolgt, weshalb dessen Leistungen für die beklagte Partei vollkommen nutzlos gewesen seien. Der Kläger habe seine Warnpflicht verletzt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren vollinhaltlich statt, wobei im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen wurden:

Der Kläger wurde am 19. 7. 1996 als Architekt von der beklagten Partei beauftragt, für ein in deren Eigentum stehendes Objekt einen Vorentwurf und einen Entwicklungsplan zu einem Dachgeschoßausbau und einer Abänderung des Altbestandes zu erstellen. Das Grundstück weist eine sogenannte "ÖZ-Anmerkung", eine Auszeichnung für öffentliche Zwecke auf. Der Kläger machte den Geschäftsführer der beklagten Partei auf diese Problematik aufmerksam und erörterte mit ihm die bestehenden Risiken. Der beklagten Partei waren aber die Schwierigkeiten der Durchführbarkeit ihres Vorhabens von Anfang an bewußt, sie schätzte diese sogar größer ein, als der Kläger. Dennoch ließ sie sich von der optimistischen Haltung des Klägers, der auf die Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen und eine unmittelbar bevorstehende Änderung der Wiener Bauordnung, die Erleichterung bringen sollte, hinwies, überzeugen. Sie nahm auch das Risiko eines mehrinstanzlichen Verwaltungsverfahrens in Kauf und erteilte dem Kläger den Auftrag, Pläne und Vorschläge zu zeichnen.

Der Kläger informierte den Geschäftsführer der beklagten Partei über den ihm bekannten Inhalt des Vorentwurfes einer Gesetzesnovelle. Er machte aber keinerlei Zusagen eines bestimmten Inhaltes der Wiener Bauordnung, vertrat jedoch den Standpunkt, daß man für das Bauvorhaben eine Bewilligung erlangen werde. Als Honorar für Vorentwurf und Entwicklungsplanung wurde ein Betrag von S 129.970 exklusive Umsatzsteuer vereinbart, zahlbar nach Leistungsfortschritt und Legung einer Honorarnote. Zusätzlich sollte für Maßaufnahmen und Behördenverhandlungen nach Zeitaufwand ein Stundensatz von S 718 ohne Umsatzsteuer verrechnet werden. Der Kläger erstattete einen Vorentwurf mit vier Varianten. Der Geschäftsführer der beklagten Partei entschied sich schließlich für eine Lösung mit Dachgeschoßausbau, Zubau und den gesetzlich vorgeschriebenen Garagenstellplätzen, wobei er sich auf die zuversichtliche Meinung des Klägers verließ. Im September 1996 trat die Novelle der Wiener Bauordnung in Kraft.

Der Kläger reichte zunächst eine Skizze in Form eines Polierplanes bei der Baubehörde ein und nahm auch einen Termin bei dieser wahr, der jedoch zu keinem Ergebnis führte. Am 16. 10. 1996 legte er für den erstatteten Vorentwurf und Entwicklungsplanung eine Honorarnote von S 167.964. Darauf bezahlte die beklagte Partei S 100.000, die restlichen S 67.964 wurden bis Einreichung der Pläne zugesagt.

Mit Schreiben vom 27. 11. 1996 wandte sich der Kläger an die MA 37 und ersuchte um rechtliche Überprüfung des Projektes, insbesondere im Hinblick auf die "ÖZ-Anmerkung". Anfang Dezember 1996 sah der Geschäftsführer der beklagten Partei, der etwa zweimal pro Woche die Baubehörde aufsuchte, zufällig die dort befindlichen Pläne seines Projektes. Es wurde ihm mitgeteilt, daß dieses nicht durchsetzbar sei. Kurz darauf kam es zu einem Telefonat zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der beklagten Partei, dessen Inhalt aber nicht festgestellt werden konnte. Am 12. 12. 1996 informierte der Kläger den Geschäftsführer der beklagten Partei, daß die Einreichpläne fertig seien. Mit Schreiben von diesem Tag entzog die beklagte Partei dem Kläger die Vollmacht und stornierte den Auftrag. Am 19. 12. 1996 übermittelte der Kläger der beklagten Partei die fertigen Einreichpläne und urgierte den offenen Rest des Vorentwurfshonorares.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, der Kläger habe die vereinbarten Leistungen erbracht, die beklagte Partei habe daher das vereinbarte Honorar zu bezahlen. Zwar treffe den Kläger auch gegenüber dem sachkundigen Werkbesteller eine Warnpflicht, doch sei diese nicht verletzt worden. Die beklagte Partei sei in Kenntnis der Problematik der "ÖZ-Anmerkung" und des damit verbundenen Risikos gewesen und habe auch nicht annehmen können, daß der Kläger eine bestimmte Gesetzesänderung verbindlich zusichern habe wollen.

Das dagegen von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die Revision sei "jedenfalls" unzulässig.

In rechtlicher Hinsicht führte es aus, die Frage der Erteilung der Baubewilligung sei gerade jenes Risiko gewesen, welches die beklagte Partei bewußt auf sich genommen habe, nachdem der Kläger auf die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung (gemäß § 69 BO für Wien) und die unmittelbar bevorstehende Änderung dieser Bauordnung hingewiesen gehabt habe. Daß die Erreichung einer Baubewilligung nicht im Bereich des Denkmöglichen gewesen sei, sei im Verfahren erster Instanz nicht behauptet worden. Abgesehen davon, daß das Mißlingen des Werkes nicht erwiesen sei, sei dem Kläger auch der Nachweis gelungen, die ihn treffenden Warn- und Aufklärungspflichten erfüllt zu haben. Angesichts des Umstandes, daß der Geschäftsführer der beklagten Partei über die Auszeichnung des Grundstückes für öffentliche Zwecke und die damit verbundene Problematik bei der Erlangung einer Baubewilligung im Bilde gewesen sei, sei die Aufgabe des Klägers gerade darin gelegen, dennoch einen Weg zu finden um die "Maximalvariante" der Nutzungsvorstellungen der beklagten Partei im Behördenwege durchzusetzen. Wenn der Kläger dabei auf die Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen und (naturgemäß nicht sicher vorhersagbare) bevorstehende Erleichterungen durch eine Änderung der Wiener Bauordnung verwiesen habe, habe er damit gegenüber dem sachkundigen Geschäftsführer der beklagten Partei zu erkennen gegeben, daß die Baubewilligung keineswegs "sicher" sei, weshalb der beklagten Partei die nötige Dispositionsfreiheit geblieben sei, sich für oder gegen den Versuch zu entscheiden, den Kläger mit der Ausführung des Projektes zu befassen.

Allein, daß der Kläger die Chancen, eine Baubewilligung für das Projekt zu erhalten, positiv eingeschätzt habe, habe die beklagte Partei nicht verkennen lassen, daß es möglicherweise eines mehrinstanzlichen Verwaltungsverfahrens bzw der Befassung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes bedurft hätte. Die Aufklärungs- und Warnpflicht des Unternehmers habe den Zweck, ihn in die Lage zu versetzen, über die in der Herstellung des Werks gelegene Gefahr zu disponieren, nicht aber, ihn von jeglichem unternehmerischen Risiko zu entlasten. Die Erwirkung der für ein Bauvorhaben erforderlichen Bewilligungen falle grundsätzlich in die Sphäre des Bestellers.

Das Erstgericht habe auch zu Recht höhere als die gesetzlichen Zinsen zugesprochen, weil die beklagte Partei das Vorbringen des Klägers, einen höheren Zinssatz vereinbart zu haben, nicht substantiiert bestritten habe.

Über Antrag der beklagten Partei änderte das Berufungsgericht den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision dahin, daß die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei. Dieser Beschluß wurde damit begründet, daß grobe Auslegungsfehler oder krasse Denkfehler, die in der Regel unbewußt unterliefen, auch bei größter Sorgfalt nicht immer vermieden werden könnten, sei doch jede berufliche Tätigkeit - und damit auch die Rechtsfindung - potentiell fehler- und damit auch schadensgeneigt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revision die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde.

Die klagende Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der beklagten Partei nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.

Das Berufungsgericht hat in dem über den Abänderungsantrag ergangenen Beschluß keine Rechtsfrage dargelegt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt (§ 502 Abs 1 ZPO). Der Hinweis darauf, daß auch die Rechtsfindung potentiell fehler- und damit auch schadensgeneigt sei, enthält keine solche Begründung, wenn nicht auch aufgezeigt wird, daß die im Urteil vertretene Rechtsauffassung unvertretbar ist. Aber auch in der Revision der beklagten Partei werden derartige Rechtsfragen nicht aufgezeigt.

Die beklagte Partei vertritt hinsichtlich des Zinsenzuspruches die Ansicht, das diesbezügliche Vorbringen des Klägers sei nicht zugestanden worden. Auch Tatsachen, die nicht zugestanden, aber auch nicht ausdrücklich bestritten wurden, seien grundsätzlich des Beweises bedürftig. Sie habe nicht nur nicht ausdrücklich zugestanden, daß 16,5 % Verzugszinsen vereinbart worden seien, vielmehr sei das gesamte Tatsachenvorbringen bestritten worden, soferne es nicht ausdrücklich außer Streit gestellt wurde. Die klagende Partei habe vielmehr in erster Instanz keinerlei Beweise für eine derartige Vereinbarung erbracht.

Weiters habe der Kläger seine Warnpflicht verletzt. Es sei nämlich keine Warnung vorgelegen, die erkennen lasse, daß die Befolgung der Anweisung der beklagten Partei zur Planerstellung bezüglich eines Grundstückes mit ÖZ-Widmung zur Folge hätte haben können, daß das Werk nicht vollendet werden könne. Der Kläger habe stets nur davon gesprochen, daß eine Gesetzesänderung bevorstünde, die Um-, Auf- und Zubauten ohne die Beschränkungen durch die ÖZ-Widmung zulasse. Es sei bei bestem Willen nicht ersichtlich, wie derartige Äußerungen rechtlich dahingehend interpretiert werden könnten, daß sie inhaltliche eine Warnung darstellen sollten.

Hiezu wurde erwogen:

Ob unsubstantiiert gebliebenes Bestreiten ausnahmsweise als schlüssiges Geständnis anzusehen ist (SZ 55/116; SZ 63/201 ua) ist vom Einzelfall abhängig (9 Ob 306/97h = ecolex 1998, 681). Es liegt keine krasse Verkennung der Rechtslage vor, wenn das Berufungsgericht aus dem bloß unsubstantiierten Bestreiten des Zinsenbegehrens ein schlüssiges Geständnis ableitete. Insoweit ist daher keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO gegeben.

Aber auch zur Frage der Warnpflicht nach § 1168a ABGB liegt eine solche nicht vor. Es besteht nämlich dann keine Warnpflicht des Unternehmers, wenn der Werkbesteller die erforderlichen Kenntnisse ohnehin bereits hat (vgl 7 Ob 140/98h). Gerade dies war aber hier der Fall, weshalb auch insoweit keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt.

Die Revision der beklagten Partei war deshalb zurückzuweisen.

Die klagende Partei, die auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

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