OGH 2Ob421/54

OGH2Ob421/5416.6.1954

SZ 27/174

Normen

Dentistengesetz §33 Abs2
JN §1
Dentistengesetz §33 Abs2
JN §1

 

Spruch:

Kein Ausschluß des Rechtsweges wegen Unterlassung der vorherigen Anrufung der Dentistenkammer bei einem Streit zwischen zwei Dentisten.

Entscheidung vom 16. Juni 1954, 2 Ob 421/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Ried i. I.; II. Instanz: Kreisgericht Ried i. I.

Text

Der Kläger begrundet den Klagsanspruch auf Bezahlung von 2427.33 S samt Anhang damit, daß der Beklagte bestimmte, ihm als Pächter auf Grund des Pachtvertrages vom 11. Juni 1952 über die dem Kläger gehörige Dentistenpraxis in St. Martin i. I. obliegende Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt habe.

Das Erstgericht hat gemäß § 42 Abs. 1 JN. seine Unzuständigkeit und die Nichtigkeit des vorangegangenen Verfahrens ausgesprochen und die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen, da der Kläger seiner in § 33 Abs. 1 des Dentistengesetzes vom 23. Feber 1949, BGBl. Nr. 90, gegrundeten Verpflichtung, den Streitfall mit dem Beklagten, welcher Streitfall sich bei Ausübung des Dentistenberufes ergeben habe, vor Einbringung der gegenständlichen Klage der Dentistenkammer vorzulegen, nicht nachgekommen sei.

Über Rekurs des Beklagten hat das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß aufgehoben und dem Erstgerichte die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen, da nach Ansicht des Rekursgerichtes keine Streitigkeit vorliegt, die sich im Sinne des § 33 Abs. 1 l. c. zwischen den Streitteilen bei Ausübung des Dentistenberufes ergeben habe.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wenn § 33 Abs. 1 des Dentistengesetzes die selbständigen Dentisten verpflichtet, alle sich zwischen ihnen bei Ausübung des Dentistenberufes ergebenden Streitigkeiten vor Einbringung einer gerichtlichen Klage der Dentistenkammer vorzulegen, wird damit vom Gesetze nicht gesagt, daß, wenn ein Dentist in Mißachtung dieses Gebotes Klage bei Gericht überreicht, ohne vorher die Streitigkeit der Dentistenkammer vorzulegen, ein Verfahren über diese Klage unzulässig sei. Vielmehr knüpft § 35 des Dentistengesetzes an die Übertretung der Vorschriften dieses Gesetzes, und damit auch an die Übertretung des an die selbständigen Dentisten in § 33 Abs. 1 l. c. gerichteten Gesetzesbefehles, eine andere Sanktion, nämlich die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens. Es kann also nicht gesagt werden, daß bei Zulassung des Rechtsweges eine Übertretung dieses Gesetzesbefehles ohne Sanktion bliebe, dieser Gesetzesbefehl, was nicht Absicht des Gesetzes sein könne, eine sogenannte lex imperfecta wäre. Gegen die Annahme der Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges spricht ferner auch, daß der Gesetzgeber eine so einschneidende Maßnahme in klarer, unmißverständlicher Weise ausdrücklich anordnet, so daß eine solche Maßnahme im Zweifel nicht angenommen werden kann, sei es, daß eine Sache überhaupt den ordentlichen Gerichten entzogen werden soll (wie z. B. durch § 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes oder durch § 15 Abs. 1 des Dritten Rückstellungsgesetzes), sei es, daß eine Sache in das Außerstreitverfahren verwiesen wird (vgl. Hellwich - Preissecker. Das Verfahren außer Streitsachen, 1952, Anmerkung 2 zu § 1 AußstrG.), sei es, daß dem Zivilprozeß ein Güteverfahren vorausgeht (wie im Falle des § 132 Abs. 4 des Landarbeitsgesetzes vom 2. Juni 1948, BGBl. Nr. 140, vgl. auch § 27 Abs. 1 und 6 des Mietengesetzes). Wenn das Gesetz den Rechtsweg nicht ausschließt, kann er auch nicht durch eine gemäß § 33 Abs. 2 des Dentistengesetzes von der Dentistenkammer erlassene Schlichtungsordnung ausgeschlossen werden.

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