Spruch:
Der Ausfall an Gebühren, den die Post- und Telegraphenverwaltung durch die infolge Beschädigung eines Fernmeldekabels eingetretene Unbenützbarkeit desselben erleidet, ist wirklicher Schaden, nicht entgangener Gewinn.
Entscheidung vom 12. Jänner 1967, 2 Ob 355/66.
I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.
Text
Wie unbestritten feststeht, wurde am 27. November 1964 im Zuge von Bauarbeiten, die von Arbeitern der erstbeklagten Partei unter der Aufsicht des Zweitbeklagten auf einer Bezirksstraße durchgeführt wurden, ein im Bereich der Baustelle verlaufendes Fernmeldekabel der klagenden Partei beschädigt. Der Schaden wurde weder aus böser Absicht noch aus einer auffallenden Sorglosigkeit verursacht. Die beklagten Parteien haben die Kosten der Wiederherstellung des Kabels ersetzt, verweigern jedoch den mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Ersatz des infolge Ausfalles des Kabels eingetretenen Gebührenentgangs in der Höhe der Klagssumme mit der Begründung, daß es sich diesfalls nicht um positiven Schaden, sondern um entgangenen Gewinn handle.
Das Erstgericht wies, der Rechtsauffassung der Beklagten folgend, die Klage ab.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne des Klagebegehrens ab.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Revision ist nicht begrundet.
Nach ihren Rechtsausführungen müsse zwischen Verdienstentgang einerseits und Gewinnentgang andererseits unterschieden werden; einen typischen Fall entgangenen Gewinnes stelle der Gebührenausfall der klagenden Partei dar, zumal diese die Einkünfte auch ohne "Verdienst", also ohne Arbeit und ohne Tätigkeit, erzielt haben würde.
Dieses Vorbringen ist nicht stichhältig.
Zunächst ist festzuhalten, daß im Sinne ständiger Rechtsprechung entgangener Verdienst grundsätzlich positiver Schaden ist (ZVR. 1960 Nr. 234, ZVR. 1966 Nr. 122 u. a.). Der Entgang einer bestimmten Gewinnmöglichkeit gilt dann nicht als Entgang von Gewinn im Sinne des § 1323 ABGB., wenn das Bestehen der Gewinnmöglichkeit im Verkehr als selbständiger Vermögenswert angesehen wird; in einem solchen Fall liegt positiver Schaden vor (ZVR. 1964 Nr. 133, SZ. XXIX 43 u. a.). Auch der Entgang eines Nutzens, den ein Geschäftsmann aus seinem Geschäftsbetrieb zieht, ist wirklicher Schaden (ZBl. 1926 Nr. 65). Die Post- und Telegraphenverwaltung ist in dieser Hinsicht nicht anders zu beurteilen als ein beliebiger Unternehmer. Die Unmöglichkeit der Verwertung des Kabels stellt für die klagende Partei einen Schaden dar, den ihr die beklagten Parteien zu ersetzen haben.
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