OGH 2Ob276/82

OGH2Ob276/8211.1.1983

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Scheiderbauer sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber und Dr. Huber als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Herbert R*****, vertreten durch Dr. Alfred Eichler, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1. Johann F*****, 2. D*****aktiengesellschaft, *****, beide vertreten durch DDr. Wolfgang Dartmann, Rechtsanwalt in Linz, wegen 13.144,50 S sA (Revisionsinteresse 11.086,93 S sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 12. November 1982, GZ 13 R 262/82‑11, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 8. März 1982, GZ 23 C 1015/81‑6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat den beklagten Parteien die mit 2.507,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 240 S Barauslagen und 167,97 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 25. 9. 1981 ereignete sich im Ortsgebiet von Linz auf der Kreuzung Franckstraße ‑ Wimholzlstraße ein Verkehrsunfall. Beteiligt waren der Kläger und der erstbeklagte jeweils als Lenker und Halter eines PKWs. Das Fahrzeug des Erstbeklagten war bei der Zweitbeklagten haftpflichtversichert. In der Franckstraße befinden sich, in Fahrtrichtung stadteinwärts gesehen, rechts von der Fahrbahn mehrere Alleebäume. Die zwischen den Bäumen befindliche Fläche dient zum Parken. Diese Allee endet 26 m vor dem, die Fahrbahn der Franckstraße im Bereich der Kreizung mit der Wimhölzlstraße querenden Schutzweg. Zum Zeitpunkt des Unfalls war unmittelbar nach dem letzten Alleebaum ein Container abgestellt. Vor und hinter diesem befand sich ein Vorschriftszeichen „Parken verboten“. Der Kläger fuhr hinter dem Erstbeklagten durch die Franckstraße Richtung stadteinwärts. Der Erstbeklagte verlangsamte die Fahrtgeschwindigkeit und lenkte unmittelbar nach dem hinter dem letzten Alleebaum befindlichen Container derart zum rechten Fahrbahnrand, dass er einen Seitenabstand von 0,3 ‑ 0,5 m zu diesem einhielt. Der Kläger fuhr auf dem Fahrstreifen, den zunächst auch der Erstbeklagte benützt hatte, weiter und wollte nach rechts in die Wimhölzlstraße einbiegen. Auf dem Schutzweg kam es zwischen dem einbiegenden PKW des Klägers und dem geradeaus fahrenden PKW des Erstbeklagten zur Kollision.

Der Kläger begehrte den Ersatz des an seinem PKW entstandenen Schadens und brachte vor, das Alleinverschulden treffen den Erstbeklagten, der ohne ein Zeichen zu geben vom Parkstreifen wieder in die Franckstraße eingefahren sei.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens mit der Begründung, der Kläger habe den am rechten Fahrstreifen fahrenden Erstbeklagten links überholt und dann dessen Fahrlinie geschnitten.

Das Erstgericht wies lediglich einen der Höhe nach nicht zu Recht bestehenden Teilbetrag ab, erkannte im Übrigen aber im Sinne des Klagebegehrens. Es führte zur Rechtsfrage aus, der Umstand, dass die zu Parkzwecken benützte Allee nur über eine Distanz von 26 m zuzüglich der Breite der Wimhölzlstraße unterbrochen werde, erlaube es, den der Allee folgenden 26 m langen Teil als untergeordnete Verkehrsfläche iSd § 19 Abs 6 StVO zu werten. Das Einfahren des Fahrzeugs des Erstbeklagten in die Fahrspur des Fahrzeugs des Klägers stelle daher eine Vorrangverletzung dar.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts dahin ab, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wurde. Es vertrat die Ansicht, § 19 Abs 6 StVO stelle eine Ausnahme von der Grundregel des Rechtsvorrangs dar. Der vom Erstbeklagten befahrene Teil der Franckstraße habe sich in seiner Ausgestaltung nicht von den umliegenden Teilen dieser für den Fahrzeugverkehr bestimmten Verkehrsfläche unterschieden, er sei nicht als Parkstreifen gekennzeichnet und baulich in keiner Weise anders ausgestaltet gewesen, als die übrige Verkehrsfläche der Franckstraße. Dem Erstbeklagten könne daher kein Verstoß gegen § 19 Abs 2 StVO zur Last gelegt werden. Der Erstbeklagte, der die Absicht gehabt habe, geradeaus zu fahren, habe gemäß § 12 Abs 3 StVO jeden Fahrstreifen benützen dürfen. Der Kläger hätte hingegen gemäß § 12 Abs 2 StVO seinen PKW auf den rechten Fahrstreifen lenken müssen und hätte gemäß § 11 Abs 1 StVO die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen nur wechseln dürfen, nachdem er sich überzeugt hatte, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich sei. Den Kläger treffe daher das Alleinverschulden am Unfall.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers. Er macht den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt die Wiederherstellung des Ersturteils.

Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionswerber vertritt die Ansicht, da die Straße zwischen den Alleebäumen naturgemäß nur zum Parken verwendet werden könne und sich nach dem letzten Alleebaum ein Container wegen dort durchzuführender Bauarbeiten sowie Parkverbotszeichen befunden hätten, sei es für jeden Straßenbenützer eindeutig erkennbar gewesen, dass die Fläche nicht zur Fahrbahn gerechnet werden könne, sondern nach § 19 Abs 6 StVO zu beurteilen sei.

Diese Ansicht kann nicht geteilt werden. Richtig ist, dass die Flächen zwischen den Alleebäumen nicht dem fließenden verkehr dienen konnten. Weshalb der an den letzten Baum anschließende 26 m lange Streifen nicht dem fließenden Verkehr dienen sollte, ist aber nicht einzusehen, da sich die Oberfläche nicht von der übrigen Fahrbahn unterscheidet und keine Abgrenzung dieses Streifens von den anderen Teilen der Fahrbahn durch eine Bodenmarkierung oder eine sonstige Anlage vorhanden war. Es handelte sich daher um eine 26 m vor dem Schutzweg beginnende Verbreiterung der Fahrbahn. Daran vermag der Umstand, dass sich nach der Kreuzung die Allee fortsetzte, nichts zu ändern; der Fahrstreifen reichte eben nur bis zur Kreuzung und setzte sich dann nicht fort. Dies nimmt ihm nicht den Charakter einer für den fließenden Verkehr bestimmten Fläche, zumal eine derartige Verbreiterung der Fahrbahn insbesondere wegen Fahrzeugen, die nach rechts einbiegen, zweckmäßig ist. Dem Container, der wegen Bauarbeiten am Beginn des 26 m langen Streifens abgestellt war und den Vorschriftszeichen „Parken verboten“ kommt für die Frage, ob eine Verkehrsfläche iSd § 19 Abs 6 StVO vorlag, keinerlei Bedeutung zu. Der Erstbeklagte benützte daher keine nach § 19 Abs 6 StVO zu qualifizierende Fläche, sondern den rechten Fahrstreifen der Franckstraße, von dem er gemäß § 12 Abs 3 StVO geradeaus weiter fahren durfte. Der Kläger, der nach rechts einbog, wäre verpflichtet gewesen, gemäß § 12 Abs 2 StVO den rechten Fahrstreifen zu benützen. Überdies hätte er gemäß § 11 Abs 1 StVO sein Fahrmanöver nicht ohne Rücksicht auf den Erstbeklagten durchführen dürfen. Es trifft ihn daher das Alleinverschulden am Unfall.

Aus diesen Gründen war der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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