Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden mit der Maßgabe bestätigt, dass der Antrag auf Ausfolgung persönlicher Gegenstände zurückgewiesen wird.
Der Antragsgegner hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Erstantragstellerin und der Antragsgegner sind Ehegatten, ein Scheidungsverfahren ist anhängig. Die Zweitantragstellerin und der Drittantragsteller sind die minderjährigen ehelichen Kinder der Erstantragstellerin und des Antragsgegners. Der Antragsgegner wurde bei einer polizeilichen Intervention am 29. 4. 2002 aus der gemeinsamen Wohnung weggewiesen und gegen ihn ein vorläufiges Betretungsverbot gemäß § 38a SPG erlassen. Anlässlich der sicherheitsbehördlichen Wegweisung erklärte der Antragsgegner, keine Gegenstände seines persönlichen Bedarfes mitnehmen zu wollen, sein Sohn werde ihm schon Sachen aus der Wohnung bringen. Die Antragsteller beantragten die Erlassung einstweiliger Verfügungen gemäß § 382b Abs 1 und 2 EO.
Der Antragsgegner trat den Sicherungsanträgen entgegen und stellte den Antrag auf Ausfolgung persönlicher Gegenstände gemäß § 382d Abs 2 und 3 EO; er brachte dazu vor, er sei nur mit den notwendigen Gegenständen, die er am Leib getragen habe, weggewiesen worden. In der Wohnung befänden sich von ihm dringend benötigte Medikamente, sowie Kleidung, Urkunden und persönliche Wertsachen. Das Erstgericht verbot dem Antragsgegner mit Beschluss vom 16. 5. 2002 die gemeinsame Wohnung und deren unmittelbare Umgebung zu betreten (Punkt 1). Weiters wurde ihm der Aufenthalt an bestimmt bezeichneten Orten verboten (Punkt 2) und aufgetragen, das Zusammentreffen sowie die Kontaktaufnahme mit den Antragstellern zu vermeiden (Punkt 3). Weiters sprach das Erstgericht aus, dass diese einstweilige Verfügung bis zur rechtskräftigen Erledigung des anhängigen Scheidungsverfahrens bzw eines innerhalb eines Monats ab rechtskräftiger Beendigung des Scheidungsverfahrens einzuleitenden Aufteilungsverfahrens gelte (Punkt 4). Mit dem Vollzug wurden die Sicherheitsbehörden beauftragt (Punkt 5). Schließlich wurde den Antragstellern die Verfahrenshilfe bewilligt (Punkt 6) und der Antragsgegner verpflichtet, die Pauschalgebühren zu bezahlen (Punkt 7). Mit dem letzten Punkt des angefochtenen Beschlusses (richtig:
Punkt 8, aufgrund eines Schreibfehlers nochmals als Punkt 7 bezeichnet) wies das Erstgericht den Antrag auf Ausfolgung von persönlichen Gegenständen des Antragsgegners ab. Den letzten Punkt dieser Entscheidung begründete es damit, dass der Antragsgegner bei der Polizei selbst angegeben habe, dass er nichts mitnehmen wolle, sein Sohn werde ihm Sachen bringen. Überdies habe er bei seiner Einvernahme vor Gericht angegeben, dass er die von ihm benötigten persönlichen Gegenstände in der Zwischenzeit bekommen habe. Das nur hinsichtlich des letzten Punktes des Beschlusses des Erstgerichtes vom Antragsgegner angerufene Rekursgericht bestätigte in diesem Umfang die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes nicht 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht führte aus, es sei zwar richtig, dass die Bestimmungen der EO dem Antragsgegner in größerem Umfang ein Recht zur Mitnahme bzw Abholung persönlicher Gegenstände einräumten, als § 38a SPG. Während § 38a Abs 2 SPG nur von dringend benötigten Gegenständen des persönlichen Bedarfes spreche, seien in § 382d Abs 2 und 3 EO darüberhinaus persönliche Wertsachen und Dokumente und jene Sachen erwähnt, die dem alleinigen persönlichem Gebrauch des Antragsgegners und der Ausübung seines Berufes dienten. Ein Antrag gemäß § 382d Abs 3 EO auf Einräumung der Gelegenheit zur Abholung persönlicher Sachen stehe dem Antragsgegner aber nur dann zu, wenn er beim Vollzug nicht anwesend gewesen sei. Sei hingegen der Antragsgegner von Sicherheitsorganen weggewiesen und eine gerichtliche einstweilige Verfügung innerhalb der Frist gemäß § 38a Abs 7 SPG erlassen worden, so sei bereits die Wegweisung durch Sicherheitsorgane als Vollzug anzusehen. In diesem Fall sei eine Vollziehung der Wegweisung aus der Wohnung durch das Vollstreckungsorgan oder die gemäß § 382d Abs 4 EO zu beauftragenden Sicherheitsbehörden nicht mehr notwendig, sondern werde lediglich der bestehende Zustand nach der vorläufigen Wegweisung durch Sicherheitsorgane weiterhin aufrecht erhalten. In einem solchen Fall, wenn der Antragsgegner persönlich von Sicherheitsorganen weggewiesen worden sei und dabei die Möglichkeit der Mitnahme von Gegenständen gehabt habe, sei eine Antragstellung auf Einräumung einer neuerlichen Gelegenheit zur Abholung persönlicher Gegenstände im Gesetz nicht vorgesehen.
§ 382d Abs 3 EO setze ausdrücklich voraus, dass der Antragsgegner beim Vollzug nicht anwesend gewesen sei, was aber nicht zutreffe, wenn er von Sicherheitsorganen persönlich weggewiesen worden sei. Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil noch keine veröffentlichte höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage vorliege, ob dem Antragsgegner eine Antragstellung gemäß § 382d Abs 3 EO auf Einräumung der Gelegenheit zur Abholung persönlicher Sachen offen stehe, wenn er von Sicherheitsorganen persönlich weggewiesen und eine gerichtliche einstweilige Verfügung innerhalb der Frist gemäß § 38a Abs 7 SPG erlassen worden sei.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen werde. Die Antragsteller beteiligten sich am Revisionsrekursverfahren nicht.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt. Der Antragsgegner macht in seinem Rechtsmittel geltend, die Unrichtigkeit der vom Rekursgericht vertretenen Ansicht ergebe sich zwingend daraus, dass im Falle einer Wegweisung gemäß § 38a Abs 2 SPG der Antragsgegner überhaupt keine Möglichkeit habe, jene Gegenstände, die seinem alleinigen persönlichen Gebrauch oder der Ausübung seines Berufes dienten sowie seine persönlichen Wertsachen und Dokumente mitzunehmen, die nicht auch gleichzeitig dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfes seien. Das Rekursgericht verkenne auch die Wirkungsdauer einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382b EO. Es handle sich dabei um eine Entscheidung, die faktische Verhältnisse auf sehr lange Zeit schaffe. Die Entscheidung des Rekursgerichtes führe zu einer teilweisen Enteignung im Sinne einer temporären Gebrauchsuntersagung des Antragsgegners an seine persönlichen, seinem alleinigen Gebrauch dienenden Gegenständen, seinen persönlichen Wertsachen und Dokumenten oder jenen Gegenständen, die der Ausübung seines Berufes dienten.
Hiezu wurde erwogen:
Gemäß § 382d Abs 2 EO hat das Vollstreckungsorgan im Falle einer einstweiligen Verfügung nach § 382b Abs 1 EO (eine solche wurde vom Erstgericht mit den Punkten 1 bis 5 seiner Entscheidung erlassen) dem Antragsgegner Gelegenheit zur Mitnahme seiner persönlichen Wertsachen und Dokumente sowie jener Sachen zu gewähren, die seinem alleinigen persönlichen Gebrauch oder der Ausübung seines Berufes dienen. Ist der Antragsgegner beim Vollzug nicht anwesend, so hat ihm das Vollstreckungsorgan auf seinen Antrag binnen zweier Tage Gelegenheit zu geben, seine Sachen im Sinne des Abs 2 aus der Wohnung abzuholen (§ 382d Abs 3 EO). Es fällt daher in den Pflichtenkreis des Vollstreckungsorganes, dem Gegner die Gelegenheit zur Mitnahme dieser Sachen (iSd Abs 2 leg cit) "zu gewähren" bzw Gelegenheit zur Mitnahme bzw Abholung seiner persönlichen Wertsachen und Dokumente sowie jener Sachen "zu gewähren", die seinem alleinigen persönlichen Gebrauch oder der Ausübung seines Berufes dienen. Dazu ist - auch wenn insoweit die Sicherheitsbehörden als Vollstreckungsorgan tätig werden - keine weitere Beschlussfassung des Gerichts erforderlich, weil sich die diesbezügliche Verpflichtung schon aus dem Gesetz ergibt (EvBl 2002/54). Der nötige Rechtsschutz wird dem Gegner der gefährdeten Partei durch die Möglichkeit einer Vollzugsbeschwerde im Sinne des § 68 EO gewährt.
Es war daher dem Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei nicht Folge zu geben, jedoch der Beschluss des Erstgerichtes dahin zu berichtigen, dass der Antrag des Gegners der gefährdeten Partei zurückgewiesen wird.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf § 393 Abs 2 EO, §§ 40, 50 ZPO.
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