Normen
ABGB §216
ABGB §233
AußStrG §9
Entmündigungsordnung §8
ABGB §216
ABGB §233
AußStrG §9
Entmündigungsordnung §8
Spruch:
Dem Pflegebefohlenen, für den im Entmündigungsverfahren ein vorläufiger Beistand bestellt wurde, steht das Rekursrecht gegen einen Beschluß des Gerichtes zu, mit dem eine Prozeßführung durch den vorläufigen Beistand genehmigt wurde.
Entscheidung vom 12. September 1968, 2 Ob 258/68.
I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Gegen den ehemaligen Rechtsanwalt Dr. N. ist ein Entmündigungsverfahren anhängig. Mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 18. März 1966, 2 Ob 76/66, ist der Wirkungskreis des für Dr. N. bestellten vorläufigen Beistandes, des Rechtsanwaltes Dr. M., auf die Führung von Zivilrechtsstreitigkeiten beschränkt worden. In der Folge hat Rechtsanwalt Dr. M. einen Prozeß gegen Dipl.-Ing. K. zu 29 C .../67 beim Bezirksgericht Innere Stadt - Wien mit dem Urteilsbegehren geführt, diesen zu verurteilen, in den von Dr. N. benützten Fernsehapparat eine Spezialbefestigungsschraube und ein Aluminiumplättchen bis zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Apparates einzusetzen.
Der vorläufige Beistand hat am 5. Jänner 1968 einen Bericht über die Prozeßführung an das Erstgericht erstattet und darin bekanntgegeben, daß er bei der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13. Dezember 1967 einen bedingten Vergleich abgeschlossen habe, wonach sich Dipl.-Ing. K. verpflichtet habe, den Fernsehapparat in Gegenwart des vorläufigen Beistandes soweit als möglich in Ordnung zu bringen. Daraufhin sei Ruhen des Verfahrens vereinbart worden. In der Folge habe Dipl.-Ing. K. den Apparat in seine Werkstätte gebracht und nach der Reparatur wieder zurückgestellt. Die Überprüfung habe ergeben, daß der Apparat wieder ordnungsgemäß funktionierte. Dipl.-Ing. K. habe über seine Vergleichsverpflichtung hinaus noch Leistungen im Werte von 700 S erbracht, die er mit Rücksicht auf den Vergleich nicht in Rechnung gestellt habe. Nachträglich habe Dr. N. wieder Mängel an den Batterien und Akkumulatoren festgestellt und verlangt, daß der Prozeß fortgesetzt werde.
Der vorläufige Beistand hat seiner Meinung Ausdruck gegeben, daß die Fortsetzung des Prozesses nicht der Rechtslage entspreche. Die Klage habe ein besonderes Begehren beinhaltet, es sei nicht auf Funktionieren des Apparates im allgemeinen und hinsichtlich der Batterien und Akkumulatoren gerichtet gewesen. Die in der Klage geltend gemachten Mängel seien von Dipl.-Ing. K. behoben worden.
Der vorläufige Beistand hat beantragt, eine Fortsetzung des Rechtsstreites oder die Einbringung einer neuen Klage gegen Dipl.- Ing. K. nicht mehr zu genehmigen.
Das Erstgericht hat daraufhin mit Beschluß vom 5. Februar 1968 ausgesprochen, daß 1. der Bericht des vorläufigen Beistandes genehmigend zur Kenntnis genommen werde und 2. das im Prozeß vereinbarte Ruhen pflegschaftsbehördlich genehmigt werde. Der Rekurs des Dr. N. gegen diesen Beschluß ist vom Rekursgericht als unzulässig zurückgewiesen worden. Das Rekursgericht war der Meinung, daß der vorläufige Beistand zur Prozeßführung befugt sei und Dr. N. kein Postulationsrecht im Hinblick auf einzelne solcher Streitigkeiten oder auf einzelne Prozeßhandlungen, und zwar auch im Verhältnis zwischen ihm, dem vorläufigen Beistand, und dem Gericht habe. Wenn sich der vorläufige Beistand zu einem bestimmten Verhalten im Prozeß entschieden habe, so bleibe es dabei auch gegen den Willen des Kuranden. Aufrecht bleibe die Befugnis des Gerichtes, dem Beistand Vorschriften im Sinne des § 216 zweiter Halbsatz ABGB. zu machen, und die Möglichkeit, einen Antrag auf Enthebung des vorläufigen Beistandes zu stellen. Dr. N. sei nicht befugt, den erstgerichtlichen Beschluß zu bekämpfen.
Gegen den Zurückweisungsbeschluß richtet sich der Rekurs des Dr. N. mit dem Antrag, diesen anzuändern oder aufzuheben.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Rekurs ist zulässig, aber nicht gerechtfertigt. Dr. N. macht geltend, daß der vom vorläufigen Beistand überreichte Bericht nicht den Tatsachen entsprochen habe und das Erstgericht dadurch irregeführt worden sei. Er sei daher, trotzdem er einen Beistand zur Durchführung seiner Rechte erhalten habe, rechtlos gemacht und könne seine Forderungen nicht wie ein anderer Staatsbürger geltend machen. Die Entscheidung der zweiten Instanz wolle er "im einzelnen nicht ausführend" bekämpfen. Er könne nur sagen, daß er mit der Argumentation des angefochtenen Beschlusses nicht einverstanden sei. Es sei auch nicht verständlich, wie das Erstgericht eine Vorschrift im Sinne des § 216 ABGB. erlassen sollte, wenn es sich vom vorläufigen Beistand Berichte geben läßt, die es "als seinerseits praecepta" wertet. Der vorläufige Beistand sei für ihn bei der Geltendmachung seiner Rechte ein Hemmschuh. Im Prozeß gegen Dipl.- Ing. K. müsse ein Sachverständiger über die Klagsbehauptungen beigezogen werden.
Diese Ausführungen sind nicht stichhältig. Allerdings kann dem Rekursgericht nicht darin beigepflichtet werden, daß Dr. N. nicht berechtigt sei, gegen den Beschluß des Erstgerichtes über die Genehmigung der Prozeßführung durch den vorläufigen Beistand ein Rechtsmittel einzubringen. Wenn auch Dr. N. nicht berechtigt ist, dem vorläufigen Beistand für die Prozeßführung Vorschriften zu machen und auf diese Einfluß zu nehmen, so betrifft ihn doch die Genehmigung der Prozeßführung durch das Pflegschaftsgericht, weshalb er im Sinne des § 9 AußStrG. zum Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß legitimiert ist. Wenn sich Dr. N. durch den Beschluß des Erstgerichtes beschwert erachtet, kann ihm das Recht, dagegen ein Rechtsmittel zu ergreifen, nicht abgesprochen werden.
Diese Auffassung führt aber nicht dazu, dem Rekurs Folge zu geben. Vielmehr kann der Oberste Gerichtshof in der Sache selbst entscheiden. Nach dem ausführlichen Bericht des vorläufigen Beistandes über seine Prozeßführung bestehen keine Zweifel, daß durch den abgeschlossenen Vergleich und die nachfolgende Einhaltung des Vergleiches durch Dipl.-Ing. K. die Weiterführung des Prozesses aussichtslos geworden ist. Die Ausführungen im Rekurs sind nicht geeignet, die Prozeßführung durch den vorläufigen Beistand als verfehlt anzusehen.
Dem Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß kommt daher auch sachlich keine Berechtigung zu, weshalb diesem bereits vom Rekursgericht keine Folge gegeben hätte werden müssen.
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