OGH 2Ob258/61

OGH2Ob258/6131.8.1961

SZ 34/115

Normen

ABGB §1325
AngG §8
ABGB §1325
AngG §8

 

Spruch:

Die Abfertigung nach § 23 AngG. ist nicht Gegenstand der Vorteilsausgleichung.

Entscheidung vom 31. August 1961, 2 Ob 258/61.

I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Die Klägerin hat am 25. September 1957 durch Verschulden des Johann A. auf der W.-Bundesstraße in H. einen Verkehrsunfall erlitten, für dessen Folgen als Kraftfahrzeughalter gemäß Art. IV EVzKraftfVerkG. der Beklagte unbestrittenermaßen haftet. Mit Urteil vom 29. Februar 1960 hat das Erstgericht den Beklagten - zur ungeteilten Hand mit dem zu 1 Cg 1909/58 des Erstgerichtes verurteilten Johann A. - schuldig erkannt, der Klägerin den Betrag von 12.250 S (darunter an Schmerzengeld 12.000 S) s. A. und eine Monatsrente von 179 S 80 g für die Zeit vom 1. Februar 1958 bis 17. August 1959 zu zahlen. Dieser Zuspruch ist unangefochten geblieben. Gegen die Abweisung des Mehrbegehrens hinsichtlich einer monatlichen Rente von 660 S ab 18. August 1959 bis auf weiteres durch das Erstgericht hat die Klägerin Berufung erhoben. Mit Beschluß vom 11. Mai 1960 hat das Berufungsgericht dieser Berufung der Klägerin Folge gegeben, das bezeichnete Ersturteil im abweisenden Teil sowie im Kostenpunkt aufgehoben und die Rechtssache im Umfang der Aufhebung zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. In der Folge wurde das Rentenbegehren von der Klägerin erweitert.

Mit Urteil vom 16. Jänner 1961 hat das Erstgericht den Beklagten - zur ungeteilten Hand mit dem bereits verurteilten Johann A. - schuldig erkannt, der Klägerin eine Monatsrente von 193 S für die Zeit vom 18. August 1959 bis 30. November 1959, von 353 S für die Zeit vom 1. Dezember 1959 bis 31. März 1960 und von 742 S ab 1. April 1960 bis auf weiteres zu zahlen, und das Rentenmehrbegehren abgewiesen (diese Abweisung blieb unangefochten).

Der Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht teilweise Folge gegeben und das Ersturteil dahin abgeändert, daß die für die Zeit vom 18. August 1959 bis 30. November 1959 zu zahlende Monatsrente mit 93 S anstatt 193 S (diesbezüglich war dem Erstgerichte ein Rechenfehler unterlaufen) festgesetzt wurde; im übrigen wurde das Ersturteil - unter Übernahme der erstgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen - bestätigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei dicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Revisionswerber bekämpft in der Rechtsrüge zunächst die Zuerkennung einer Rente an die Klägerin überhaupt mit dem Vorbringen, daß "die Klägerin in allem übertreibe", daß "die altersbedingte Leistungsminderung auch ohne Unfall eingetreten wäre", daß "die Alterserscheinungen primär maßgebend dafür seien, daß es zur Beendigung des Dienstverhältnisses der Klägerin gekommen sei"; die Klägerin "habe sich die Erwerbsminderung unabhängig vom Unfall altersbedingt zugezogen". Dieses Vorbringen des Revisionswerbers geht an den maßgeblichen vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen vorbei und bedeutet demnach nicht die gesetzmäßige Ausführung der allein erhobenen Rechtsrüge. Es ist doch festgestellt, daß es sich bei der Klägerin um eine gut eingearbeitete Buchhaltungskraft gehandelt hat, die nach den absichten ihres Dienstgebers eben mit Rücksicht auf ihre gute Verwendbarkeit über das 60. Lebensjahr hinaus verwendet werden sollte. Nun erlitt die Klägerin durch den Unfall vom 25. September 1957 eine Schädelnahtsprengung, eine Gehirnerschütterung, einen Brustbeinbruch mit Prellung des Brustkorbs und der Brustwirbelsäule. Als eindeutige Unfallsfolge ergab sich eine verminderte Leistungsfähigkeit, die die Klägerin letztlich in ihrer bisherigen Beschäftigung, aber auch in verwandten leichteren Beschäftigungen, unverwendbar machte. Zwar hätte bei der Klägerin auch ohne Unfall im Lauf der Jahre im Hinblick auf arteriosklerotische Erscheinungen die Leistungsfähigkeit abgenommen und wäre auch ohne Unfall zu einem späteren Zeitpunkt ihre Unverwendbarkeit als Buchhalterin eingetreten, diese Erscheinungen wurden aber durch den Unfall vom 25. September 1957 früher ausgelöst, so daß die Vorinstanzen mit Recht die Kausalität zwischen Unfall und Folgen bejaht haben. Anders wäre die Sache nur dann zu beurteilen, wenn die Unverwendbarkeit der Klägerin ohne den Unfall und dessen Folgen ungefähr zur gleichen Zeit und im gleichen Umfang eingetreten wäre (vgl. z. B. 2 Ob 347/59; Wolff in Klang 2. Aufl. VI 10).

Die Rechtsrüge ist aber auch im übrigen nicht begrundet. Das Vorbringen des Revisionswerbers, daß sich die Klägerin die ihr gebührenden Bezüge für die Kündigungszeit und die Abfertigung anrechnen lassen müsse, läßt zunächst den Umstand außer Betracht, daß der Dienstgeber der Klägerin gemäß § 27 Z. 2 AngG. zu ihrer vorzeitigen Entlassung berechtigt war, weil die Klägerin durch den Unfall unfähig geworden war, die vereinbarten Dienste zu leisten. Ein Entgelt während einer Kündigungsfrist hat also der Klägerin nicht gebührt. Daß die Entlassung der Klägerin von ihrem Dienstgeber nicht förmlich ausgesprochen, vielmehr zwischen den Genannten unter Bedachtnahme auf den erwähnten Entlassungsgrund das Dienstverhältnis einvernehmlich mit 17. August 1959 aufgelöst wurde, ändert daran nichts. Was aber die Abfertigung betrifft, so ist der Ansicht des Berufungsgerichtes beizupflichten, daß der Abfertigungsanspruch von vornherein nicht Gegenstand einer Vorteilsausgleichung sein kann. Gegen diese Beurteilung des Berufungsgerichtes hat der Revisionswerber nichts vorgebracht, so daß die Bemerkung genügt, daß nicht ersichtlich ist, daß die Klägerin dann, wenn sie ihre Dienste - ohne Unfall - weiter verrichtet hätte, seinerzeit bei Auflösung des Dienstverhältnisses keinen Anspruch auf Abfertigung gehabt hätte. Zutreffend hat das Berufungsgericht dargelegt, daß der Klägerin keinesfalls ausschließlich wegen der durch den Unfall bewirkten Auflösung des Dienstverhältnisses die Abfertigung zugekommen wäre; höchstens zeitlich früher hätte die Klägerin die Abfertigung dadurch erlangt, dabei unter Umständen in geringerer Höhe als bei Fortbestehen des Dienstverhältnisses bis zu einem späteren Zeitpunkt (§ 23 AngG.).

Ein Rechtsirrtum des Berufungsgerichtes (§ 503 Z. 4 ZPO.) ist also nicht zu erkennen, so daß der Revision der Erfolg versagt bleiben muß.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte