Spruch:
1. Der Revision der Klägerin wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen - jenes des Erstgerichts in dem durch das Teilurteil des Berufungsgerichts bestätigten Umfang - werden aufgehoben, und die Rechtssache wird auch insofern zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
2. Den Rekursen beider Parteien wird nicht Folge gegeben. Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin ist die Tochter von Dr. Heinrich (Prinz zu) S*****, der Beklagte ist dessen Adoptivsohn. Die Parteien streiten über erbrechtliche Ansprüche auf das Vermögen des 1950 verstorbenen Dr. Adolph (Fürsten zu) S*****.
Dr. Adolph S***** besaß als Oberhaupt der F***** - Linie (Primogenitur) des Hauses S***** umfangreiche Ländereien auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik. Dieses Vermögen wurde im Jahr 1940 von der Gestapo konfisziert und unter eine „Treuhandverwaltung" gestellt.
Mit Vertrag vom 29. März 1940 nahm Dr. Adolph S***** seinen Cousin Dr. Heinrich S***** an Kindes statt an. Diese Adoption ist aus Sicht des heutigen tschechischen Rechts nur wirksam, wenn der Adoptionsvertrag von einem damals zuständigen Gericht bestätigt und die Bestätigung rechtskräftig wurde. Ob das geschah, ist zwischen den Parteien strittig. Strittig ist auch, ob eine deutsche Entscheidung aus dem Jahr 2003, mit der die Existenz einer solchen Bestätigung festgestellt wurde, rechtskräftig ist.
Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden in der Tschechoslowakischen Republik aufgrund der „Benes-Dekrete" umfangreiche Enteignungen durchgeführt. Ob diese Maßnahmen auch das Vermögen von Dr. Adolph S***** erfassten, ist zwischen den Parteien strittig. Unmittelbar auf dieses Vermögen bezog sich jedenfalls das tschechoslowakische Gesetz Nr. 143/1947 vom 10. Juli 1947 (die „lex S*****"). Darin wurde angeordnet, dass „das Eigentum an dem Vermögen des Geschlechts der S***** in der Linie der so genannten Primogenitur in F***** auf das Land Böhmen übergeht." Besondere Verwaltungsakte waren dafür nicht vorgesehen.
Dr. Adolph S***** starb im Februar 1950. Zu seinem Erben hatte er Dr. Heinrich S***** berufen.
Dr. Heinrich S***** nahm den Beklagten, der aus der seit 1771 bestehenden Sekundogenitur des Hauses stammt, im Jahr 1960 an Kindes statt an. Über seinen Nachlass verfügte er (zuletzt) mit Testament vom November 1960 samt einem Nachtrag vom Juni 1965. Das Testament lautet auszugsweise wie folgt:
„A. Berufung des Universalerben:
1) Zu meinem Universalerben bestelle ich gemäss den Bestimmungen der Fideikommiss-Errichtungsurkunde vom 22. Oktober 1703 meinen ältesten leiblichen ehelichen Sohn, und wenn dieser vor mir versterben sollte, dessen jeweils ältesten leiblichen ehelichen Sohn.
2) Falls ich ohne Hinterlassung der gemäß Ziffer 1) zunächst zur Universalerbfolge berufenen männlichen leiblichen Nachkommenschaft versterben sollte, berufe ich meinen Adoptivsohn Karl Johannes Nepomuk von S*****, geb. am 10. Dezember 1937 [= Beklagter] bzw im Falle seines Vorversterbens seinen ältesten ehelichen leiblichen Nachkommen im Mannesstamm als Universalerben [...]
[...] Insbesondere vermache ich hiemit meinem Universalerben meine Ansprüche gegen den tschechoslovakischen Staat auf Rückgabe oder volle Entschädigung des meinem Rechts- und Besitzvorgänger Dr. Adolph Fürsten zu S***** durch das tschechoslovakische Gesetz vom 10. Juli 1947 widerrechtlich confiscierten Vermögens und verhalte ihn dazu, diese Ansprüche - sobald dies möglich sein wird - im eigenen, wie auch insbesondere im Namen und im Interesse unserer Familie geltend zu machen und wenn irgend möglich, die Naturalrestitution dieses jahrhundertealten Familienbesitzes anzustreben.
Ausdrücklich vermache ich fernerhin meinem Universalerben alle Ansprüche, welche mir bzw meinem Rechts- und Besitzvorgänger Dr. Adolph Fürst zu S***** aus dem Titel der heutigen oder erst zu erlassenden Wiedergutmachungs-, Entschädigungs-, Lastenausgleichs-, Rückstellungs- und wie immer Namen habenden Gesetzgebung betreffend die Entschädigung der in den Jahren 1940 bis 1945 durch die Beschlagnahme und Kriegsereignisse und späterhin durch die Expropriation und Handlungen der Besatzungsmächte verursachten Schäden und Vermögensnachteile zustehen, insoweit ich nicht hierüber im Abschnitt C, Artikel I, dieses Testaments anderweitig verfüge. Für den Fall, als die Geltendmachung dieser oder einzelner dieser Ansprüche durch gesetzliche Bestimmungen auf einen bestimmten Erbenkreis eingeschränkt sein und mein Universalerbe diesem nicht angehören sollte, soll hinsichtlich jener Ansprüche, von deren Geltendmachung mein Universalerbe ausgeschlossen ist, die gesetzliche Erbfolge platzgreifen. [...]
D. Letztwillige Anordnungen an Erben und Legatare:
Es ist mein Wunsch, dass mein Universalerbe, aber auch der etwa gemäss Abschnitt C, Ziffer 1) dieses Testamentes in den Besitz der „Standesherrschaft S*****" gelangende Vermächtnisnehmer, die ihnen hinterlassene Vermögensmasse als Einheit und möglichst ungeschmälert für die Familie erhalten. Wenn ich auch von der Einsetzung fideikommissarischer Erben und Nacherben Abstand nehme, bitte ich sie dennoch, in ihren letztwilligen Verfügungen eine Zersplitterung des jahrhundertealten Besitzes zu vermeiden, die Bestimmungen der Fideikommisserrichtungsurkunde vom 22. Oktober 1703 sinngemäss und auch auf das Allodgut anzuwenden und ihren Erben in ihren Testamenten die analoge Beachtung dieser Erbfolgeordnung nahezulegen, soferne dem nicht gesetzliche Bestimmungen zwingend entgegenstehen. [...] E. Auslegung des Testamentes:
Sollte es zwischen den Angehörigen meiner Familie beziehungsweise zwischen meinem Erben und Vermächtnisnehmern zu Unstimmigkeiten über die richtige Auslegung meines letzten Willens kommen, ist es mein Wunsch und Auftrag, dass diese Unstimmigkeiten [...] derart bereinigt werden, wie es dem wohlverstandenen Interesse der Familie an der Erhaltung des Besitzes am besten entspricht. [...]"
Im Nachtrag vom Juni 1965 heißt es unter anderem:
„5.) Im Abschnitt A (Berufung des Universalerben) dritter und vierter Absatz (Seiten 4 und 5) meines Testamentes vom 24. November 1960 habe ich meinem Universalerben auch meine Ansprüche auf Rückgabe oder Entschädigung des meinem Rechts- und Besitzvorgänger konfiszierten, in der Tschechoslowakei gelegenen Vermögens bzw die aus diesem Titel abzuleitenden Ansprüche nach Maßgabe der heutigen oder erst zu erlassenden Wiedergutmachungs-, Entschädigungs-, Lastenausgleichs-, Rückstellungsgesetze hinterlassen.
Von der allenfalls wie immer Namen habenden, aus dem Titel der Entschädigung für die in der Tschechoslowakei erlittenen Vermögensverluste zuerkannten Abgeltung bzw Naturalrestitution gebührt meiner leiblichen Tochter Elisabeth [= Klägerin] beziehungsweise ihren Rechtsnachfolgern ein ihrem Vermächtnis zum Nachlass entsprechender Anteil (das sind 25 %), der jedoch nur nach Maßgabe der tatsächlichen empfangenen Entschädigung auszubezahlen, oder im Falle der Naturalrestitution ins Eigentum meiner Tochter zu übertragen oder aber in Geld abzulösen ist."
Dr. Heinrich S***** starb im Juli 1965. Der Nachlass wurde im Juni 1967 aufgrund des Testaments dem Beklagten eingeantwortet. Die damals noch minderjährige Klägerin behielt sich, vertreten durch einen Vormund, ihren Anteil an „allfälligen, aus dem Titel der Konfiskation [...] zuerkannten Abgeltung[en] oder Ersatzleistungen" vor. In den Jahren 1991 und 1992 traten in Tschechien mehrere Restitutionsgesetze in Kraft. Sie erfassen unter gewissen Voraussetzungen auch Enteignungen aufgrund der Benes-Dekrete; eine Rückgabe des mit der lex S***** entzogenen Vermögens ist darin aber nicht vorgesehen. Beide Parteien könnten danach jedenfalls nur dann Ansprüche geltend machen, wenn die Adoption von Dr. Heinrich S***** durch Dr. Adolph S***** aus Sicht des tschechischen Rechts wirksam ist.
Der Beklagte war bei Inkrafttreten der Restitutionsgesetze tschechischer Staatskanzler. Bei einem Gespräch im März 1992 vertrat er gegenüber der Klägerin und deren Ehemann den Standpunkt, dass eine Antragstellung nach den Restitutionsgesetzen aussichtslos sei, weil diese die strittigen Liegenschaften gar nicht erfassten. Solange er Staatskanzler sei, wolle er keine Schritte zur Restitution setzen. Im Dezember 1992 erklärte er nochmals, dass er auf Grundlage der Restitutionsgesetze keine Anträge einbringen werde. Die Klägerin stellte seit 1993 mehrere Restitutionsanträge, die alle erfolglos blieben. Der Beklagte behinderte sie dabei nicht. Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin (zuletzt) folgendes Urteil:
„1. Die Klägerin ist Alleinerbin der Ansprüche auf das Dr. Adolph S***** in der Tschechoslowakischen Republik entzogene Vermögen laut letztwilliger Verfügung vom 24. 11. 1960 ihres am 18. 6. 1965 verstorbenen Vaters, Dr. Heinrich S*****.
In eventu:
Es wird festgestellt, dass die Klägerin, Elisabeth von P*****, geboren am 1. 10. 1947, als Erbin nach dem am 18. 6. 1965 verstorbenen Dr. Heinrich S***** und aufgrund dessen Testaments vom 24. 11. 1960 samt Nachtrag vom 4. 6. 1965 allein berechtigt war und ist, die Ansprüche gemäß Pkt A, Seiten 4 und 5, Testament 24. 11. 1960 auf Rückgabe oder Entschädigung im Gebiet der Tschechischen Republik entzogenen Vermögens geltend zu machen und Entschädigungen in Empfang zu nehmen, sowie Sachen, Liegenschaften und andere Vermögenswerte in ihr Eigentum zu übernehmen.
2. Der Beklagte ist schuldig, alle zur Verfolgung und Durchsetzung von Rückgabe-, Restitutions- und Entschädigungsansprüchen gegenüber der Tschechischen Republik und zur Erlangung des Eigentums am Nachlassvermögen auf dem Gebiet der Tschechischen Republik aus den Verlassenschaften nach Dr. Heinrich S***** und Dr. Adolph S***** von der Klägerin und ihren Rechtsnachfolgern gerichtlich und außergerichtlich gesetzten Handlungen und Erklärungen ebenso wie deren Verfügungen über solche Ansprüche und erlangtes Vermögen zu dulden und jegliche entgegenstehende Handlungen und Erklärungen zu unterlassen.
In eventu:
Der Beklagte ist schuldig, die in Zif. 1 dieses Urteilsbegehrens umschriebenen Forderungen und Ansprüche an die Klägerin auch mit Rückwirkung für gestellte Anträge der Klägerin gegenüber der Tschechischen Republik abzutreten.
3. Der Beklagte ist schuldig einzuwilligen, dass ob der ihm als Eigentümer zugeschriebenen Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** mit den Grundstücken 301/2 Baufläche, .100 Baufläche, LN, Grundstücksadresse *****, im Bezirk des Bezirksgerichtes J*****, das Eigentumsrecht für die Klägerin, geboren *****, als Erbin nach Dr. Heinrich S***** einverleibt wird".
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass das Eigentum am Vermögen von Dr. Adolph S***** schon durch die Benes-Dekrete auf den Staat übergegangen sei, sodass die lex S***** keine (neuerliche) Enteignung bewirkt habe. Aus diesem Grund falle das Vermögen unter die Restitutionsgesetze und könne daher zurückgefordert werden. Der Beklagte habe den Nachlass nach § 709 ABGB verwirkt, weil er entgegen dem Auftrag des Erblassers weder selbst Restitutionsansprüche geltend gemacht noch die Beklagte dabei unterstützt habe. Vielmehr habe er sie absichtlich behindert und so treuwidrig um ihren Anteil an den tschechischen Gütern gebracht. Die Verwirkung betreffe nicht nur die tschechischen Güter, sondern den Nachlass als Ganzes. Daher habe ihr der Beklagte auch eine zum Nachlass gehörende österreichische Liegenschaft zu übertragen. Zudem gehöre der Beklagte wegen der - von ihm angeblich eingestandenen - Unwirksamkeit seiner Adoption durch den Erblasser auch persönlich nicht zum Kreis der restitutionsberechtigten Personen. Schon deswegen sei der Anspruch nach den entsprechenden Bestimmungen des Testaments auf sie als (weitere) gesetzliche Erbin übergegangen
Der Beklagte bestreitet, dass das Testament eine ihn bindende Auflage enthalten habe. Vor allem seien aber die Restitutionsgesetze auf die strittigen Güter nicht anwendbar. Denn diese Güter seien mit der lex S***** enteignet worden, die von den Restitutionsgesetzen nicht erfasst werde. Schon aus diesem Grund habe er bisher keine Ansprüche geltend machen können. Selbst wenn das anders wäre, scheiterten Restitutionsansprüche an der Unwirksamkeit der Adoption von Dr. Heinrich S***** durch Dr. Adolph S*****. Sollten sich die Gesetze ändern, werde er Restitutionsanträge einbringen. Er habe die Klägerin nie bei der Verfolgung von Restitutionsansprüchen behindert oder sie auch nur falsch belehrt. Die Ansprüche der Klägerin seien verjährt, und die Klägerin habe auf das Verfolgen solcher Ansprüche verzichtet. Das Erstgericht wies die Klage ab. Neben dem eingangs dargestellten Sachverhalt nahm es als erwiesen an, dass der Adoptionsvertrag zwischen Dr. Adolph S***** und Dr. Heinrich S***** niemals von einem zuständigen Gericht bestätigt worden sei. Daraus leitete es ab, dass auch die Klägerin keine Restitutionsansprüche geltend machen könne. Zudem verhindere nur die derzeitige Rechtslage die Anspruchsverfolgung durch den Beklagten. Eine veränderte Gesetzeslage könne auch für ihn Restitutionsansprüche begründen. Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Begehrens auf Herausgabe der österreichischen Liegenschaft. Im Übrigen hob es das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es bewertete seinen Entscheidungsgegenstand mit über 20.000 EUR und ließ sowohl die ordentliche Revision als auch den Rekurs zu.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts mit Ausnahme jener zum Unterbleiben der gerichtlichen Bestätigung der Adoption von Dr. Heinrich S***** durch Dr. Adolph S*****. Rechtlich führte es aus, dass der Beklagte sein Erbecht jedenfalls nicht verwirkt habe. Zwar habe das Testament die Auflage enthalten, die Restitution des Familienbesitzes anzustreben. Ein schuldhaftes Nichtbefolgen dieser Auflage könne zur Verwirkung des Nachlasses führen. Die Klägerin habe aber selbst behauptet, dass der Beklagte nicht zum Kreis der restitutionsberechtigten Personen gehöre. Daher könne ihm das Nichtverfolgen von Ansprüchen nicht vorgeworfen werden. Das Testament begründe keine Pflicht des Beklagten, die Klägerin bei der Durchsetzung eigener Ansprüche zu unterstützen. Das Erstgericht habe daher das nur mit einer Verwirkung begründete Begehren auf Herausgabe der österreichischen Liegenschaft zurecht abgewiesen. Im Übrigen sei die Sache aber noch nicht entscheidungsreif. Nach dem Testament greife die gesetzliche Erbfolge Platz, wenn die Geltendmachung von Ansprüchen auf das tschechische Vermögen auf einen bestimmten Erbenkreis eingeschränkt sei, dem der Universalerbe nicht angehöre. Damit habe der Erblasser für das tschechische Vermögen eine Nacherbschaft angeordnet. Es sei zu klären, ob der Beklagte aus persönlichen Gründen von der Anspruchsdurchsetzung ausgeschlossen sei, während die Klägerin „wenigstens eine berechtigte Chance auf eine Anspruchsverfolgung vor den tschechischen Gerichten (allenfalls auch inter- oder supranationalen Spruchkörpern)" habe. Dazu verträten die Parteien unterschiedliche Standpunkte, ohne dass dazu Feststellungen getroffen worden seien. Die das tschechische Vermögen betreffenden Teile des Urteils seien daher aufzuheben. Das Erstgericht werde festzustellen haben, ob gesetzliche Regelungen bestünden, die sich auf das „durch das tschechoslowakische Gesetz vom 10. Juli 1947 widerrechtlich confiscierte Vermögen" bezögen und ob der Beklagte nach diesen Bestimmungen - „nicht nach irgendwelchen anderen, auf die Enteignung unanwendbare(n) Normen" - zum Kreis der Anspruchsberechtigten zähle.
In Bezug auf die Wirksamkeit der Adoption von Dr. Heinrich S***** durch Dr. Adolph S***** sei das Gericht grundsätzlich an die in Österreich anzuerkennende deutsche Entscheidung gebunden, mit der festgestellt worden sei, dass die Adoption seinerzeit rechtskräftig bestätigt worden sei. Wenn diese Entscheidung rechtskräftig sei, hindere sie die eigenständige Prüfung der (Tat-)Frage, ob die Bestätigung tatsächlich erfolgt sei. Daher sei es auch nicht erforderlich, die Beweisrüge zur diesbezüglichen Feststellung des Erstgerichts zu erledigen. Allerdings fehlten Feststellungen zur Frage, ob die deutsche Entscheidung rechtskräftig sei. Das Verfahren sei auch insofern ergänzungsbedürftig. Die übrigen Fragen seien abschließend erledigt.
Die Revision und der Rekurs seien zuzulassen, da höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Fall fehle und auch die Frage der Bindung an die deutsche Entscheidung erheblich iSv § 502 Abs 1 ZPO sei.
Gegen diese Entscheidung richten sich Rechtsmittel beider Parteien. Die Klägerin strebt mit ordentlicher Revision und Rekurs die Stattgebung des gesamten Klagebegehrens an, der Beklagte mit Rekurs die Wiederherstellung des Ersturteils.
Da die Rechtsmittel im Wesentlichen dieselben Rechtsfragen aufwerfen, sind sie gemeinsam zu behandeln. Sie sind allesamt zulässig. Die Rekurse bleiben erfolglos, während die Revision der Klägerin im Rahmen des Aufhebungsantrags berechtigt ist.
Rechtliche Beurteilung
A. Zur Zulässigkeit des Verfahrens
1. Der Beklagte wurde während des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof zum Außenminister der Tschechischen Republik bestellt. Daher war von Amts wegen zu prüfen, ob er dadurch auch völkerrechtliche Immunität für zivilgerichtliche Verfahren genießt. In diesem Fall unterläge er nicht der inländischen Gerichtsbarkeit (Matscher in Fasching2 I Art IX EGJN Rz 122, 131; zuletzt 7 Ob 316/00x = SZ 74/20 mwN).
2. Zur Erörterung dieser Frage holte der Senat schriftliche Äußerungen der Parteien und eine Erklärung des Bundesministeriums für Justiz nach Art IX Abs 3 EGJN ein und führte sodann eine mündliche Revisions- und Rekursverhandlung durch. § 526 Abs 1 ZPO stand der Anberaumung (auch) einer Rekursverhandlung anders als nach der Rechtslage vor der ZVN 1983 (vgl dazu 6 Ob 580/83 = SZ 58/164) nicht entgegen, weil der Oberste Gerichtshof seither auf Grund von Rekursen nach § 519 Abs 2 ZPO auch durch Urteil in der Sache selbst erkennen kann, wenn die Streitsache zur Entscheidung reif ist. Bedarf es insofern einer Erörterung bestimmter Grundlagen für die Beurteilung einer durch den Eintritt einer gerichtsbekannten Tatsache erst nach Einbringung der Rekurse aufgeworfenen Frage nach dem Vorliegen eines Prozesshindernisses, auf das noch in dritter Instanz von Amts wegen Bedacht zu nehmen wäre, so kann es dem Obersten Gerichtshof nicht verwehrt sein, analog § 509 Abs 2 ZPO und in insofern teleologischer Reduktion des § 526 Abs 1 ZPO eine mündliche Rekursverhandlung durchzuführen, um den Parteien vollständiges rechtliches Gehör zu gewähren und ferner zu klären, ob eine Sacherledigung der erhobenen Rekurse - allenfalls auch durch Erlassung eines Urteils in der Sache selbst wie sonst im Revisionsverfahren - überhaupt in Betracht kommt. Eine Entscheidung - gestützt auf ins Einzelne gehende Erwägungen in diesem Punkt - ist allerdings nicht mehr erforderlich, da der Beklagte in der Revisions- und Rekursverhandlung die Fernkopie einer Erklärung des Vorsitzenden des Ministerrats der Tschechischen Republik vorlegte, wonach diese auf die Immunität ihres Außenministers für dieses Verfahren verzichte. Inzwischen sind auch das Original und eine beglaubigte Übersetzung dieser Erklärung vorhanden. Da der Regierungschef nach Völkerrecht zur Vertretung des Staates befugt ist (Heintschel von Heinegg in Ipsen, Völkerrecht5 [2004] 125 f; Köck in Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts4 I [2004] Rz 1676; vgl Art 7 Abs 2 lit a WVK), hat die Tschechische Republik damit wirksam auf eine allenfalls bestehende zivilrechtliche Immunität des Beklagten verzichtet.
B. Zur Sache
1. Dr. Heinrich S***** trug dem Beklagten in seinem Testament auf, Ansprüche auf Rückgabe der hier strittigen Güter „ - sobald dies möglich sein wird - im eigenen, wie auch insbesondere im Namen und im Interesse unserer Familie geltend zu machen und wenn irgend möglich, die Naturalrestitution dieses jahrhundertealten Familienbesitzes anzustreben."
1.1. Das Berufungsgericht hat diese Formulierung zutreffend als Auflage gedeutet. Denn es ist offenkundig, dass der Erblasser damit eine Verpflichtung des Erben begründen und nicht bloß eine unverbindliche Bitte äußern wollte (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 II 500 f; Apathy in KBB, § 709 Rz 1; vgl RIS-Justiz RS0012650).
1.2. Nach § 709 ABGB wird der Nachlass durch Nichterfüllung der Auflage „verwirkt". Diese Bestimmung ist allerdings nur als Zweifelsregel zu verstehen (so ausdrücklich 3 Ob 961/30 = NZ 1930, 135); ein anderer, allenfalls auch durch Auslegung ermittelter Wille des Erblassers geht vor (Koziol/Welser aaO 501; Apathy aaO Rz 4; Eccher in Schwimann3 § 709 ABGB Rz 8; Welser in Rummel3 § 709 Rz 10, alle mwN). Die Verwirkung tritt zudem nur ein, wenn der Belastete die Auflage vorwerfbar (schuldhaft) nicht erfüllt (Rabl, Die Nichterfüllung letztwilliger Auflagen, NZ 1998, 97; Eccher aaO Rz 8; vgl auch 6 Ob 244/99x = SZ 72/197).
1.3. Im konkreten Fall verpflichtet die Auflage den Beklagten zur Verfolgung von Rückforderungsansprüchen, „sobald dies möglich sein wird". Er hat dabei „wenn irgend möglich" die Naturalrestitution anzustreben. Daraus ergibt sich, dass die Verpflichtung des Beklagten nur im Fall der Möglichkeit von Rückforderungsansprüchen bestehen soll. Weiters ging der Erblasser selbst davon aus, dass die Enteignung nicht - wie nun von der Klägerin vertreten - durch die Benes-Dekrete, sondern durch die lex S***** erfolgte. Denn seine Anordnung bezieht sich ausdrücklich auf die Rückgabe des „durch das tschechoslovakische Gesetz vom 10. Juli 1947 widerrechtlich confiscierten Vermögens".
Aus der Bezugnahme auf die „Möglichkeit" von Rückforderungsansprüchen ist nach Auffassung des Senats abzuleiten, dass der Erblasser den Erben nicht dazu verhalten wollte, allfällige „Ansprüche" auch dann im Rechtsweg geltend zu machen, wenn damit keine realistische Aussicht auf Erfolg verbunden ist. Denn eine solche Vorgangsweise könnte dem Ziel einer Restitution, die möglicherweise auch oder nur auf politischem Weg zu erreichen ist, gerade zuwiderlaufen. Diese Auslegung wird auch durch Punkt E des Testaments gestützt, wonach für den Fall von Streitigkeiten über die Auslegung des Testaments das „wohlverstandene" Interesse der Familie an der Erhaltung des Besitzes maßgebend sein soll. Der Erbe hat daher nicht alle nur erdenklichen, sondern lediglich die nach der rechtlichen und politischen Lage sinnvollen Schritte zu setzen.
Bei der Beurteilung, welche Maßnahmen sinnvoll sind, ist ein gewisser Ermessensspielraum des Beklagten anzunehmen. Das folgt insbesondere daraus, dass dem Testament durch die Bezugnahme auf die Fideikommiss-Errichtungsurkunde aus dem Jahr 1703 zu entnehmen ist, dass sich der Erblasser an die Tradition der Familie S***** gebunden sah. Zu dieser Familientradition gehört auch die durch die „Primogenitur" begründete besondere Stellung des „Universalerben" (des „Familienoberhaupts"), die zwar selbstverständlich in Verantwortung vor der Familie auszuüben ist, aber nicht bis in die letzten Details einer rechtlichen Kontrolle unterworfen sein kann. In diesem Zusammenhang mag zwar zutreffen, dass Dr. Heinrich S***** Beistandspflichten des Beklagten gegenüber der Klägerin angeordnet hat. Dem steht aber die ausdrücklichen Regelung gegenüber, dass Ansprüche der Klägerin nur „nach Maßgabe der tatsächlich empfangenen Entschädigung" bestehen sollten. Auch hier muss im Sinn des Erblassers das „wohlverstandene" Interesse der Klägerin entscheiden, nicht ihre subjektive Einschätzung über die Erfolgsaussichten bestimmter rechtlicher Schritte.
1.4. Zusammengefasst gilt daher, dass ein vorwerfbarer Verstoß gegen die Auflage nur dann vorläge, wenn der Beklagte beim Unterlassen der Anspruchsverfolgung seinen Ermessensspielraum überschritten hätte. Das wäre nur dann der Fall, wenn das Erheben solcher Ansprüche eine realistische Erfolgsaussicht (gehabt) hätte. Nur in diesem Fall wäre er auch verpflichtet gewesen, die Klägerin aktiv zu unterstützen, wenn er selbst aus objektiven Gründen (etwa wegen der Unwirksamkeit seiner Adoption) an der Anspruchsdurchsetzung gehindert oder subjektiv nicht dazu bereit gewesen wäre. Der Beklagte führt dazu im Ergebnis zutreffend aus, dass ein vernünftiger, offenkundig in historischen Dimensionen denkender Erblasser von ihm nicht verlangt hätte, „gegen Windmühlen zu kämpfen".
2. Bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten sind sich die Parteien nicht einig.
2.1. Nach Auffassung des Senats spricht zwar sowohl der bisherige Misserfolg der Klägerin als auch die tschechische Rechtslage, soweit sie den von den Parteien vorgelegten Urkunden entnommen werden kann, gegen die Annahme von realistischen Erfolgsaussichten. Denn das Bestehen eines Sondergesetzes (der lex S*****) legt nahe, dass der historische Gesetzgeber dessen Notwendigkeit annahm. Nach Auffassung der Klägerin war dieses Gesetz demgegenüber völlig wirkungs- und damit sinnlos, weil die Enteignung der hier strittigen Güter ohnehin bereits durch die Benes-Dekrete vorgenommen worden sei. Hätte der Gesetzgeber aber angenommen, dass das Vermögen bereits der Konfiskation nach den Benes-Dekreten unterlegen wäre, so hätte er keinen Grund gehabt, ein Sondergesetz zu erlassen (Tschechisches Oberstes Gericht 28. 4. 2004, GZ 22 Cdo 2254/2003).
2.2. Letztlich können die Erfolgsaussichten einer Anspruchsverfolgung in Tschechien aber nur durch ein Gutachten zum tschechischen Recht geklärt werden. Wie das Berufungsgericht im Rahmen seines Aufhebungsbeschlusses zutreffend ausgeführt hat, wurde ein solches Gutachten bisher nicht eingeholt (obwohl es zunächst in Auftrag gegeben war, ON 33). Das wird im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein.
Das Erstgericht wird zu ermitteln haben, ob die derzeitige tschechische Rechtslage bei realistischer Betrachtung - das heißt insbesondere unter Bedachtnahme auf höchstgerichtliche Judikatur - eine rechtlich durchsetzbare Restitution der tschechischen Güter der Familie S***** ermöglicht.
2.3. In diesem Zusammenhang wird - worauf der Beklagte zutreffend hinweist - zunächst zu prüfen sein, ob die tschechischen Restitutionsgesetze überhaupt auf die von der lex S***** (zumindest formal) betroffenen Güter anzuwenden sind oder ob nicht vielmehr allein das Bestehen dieses Gesetzes derzeit jeglichen Restitutionsanspruch ausschließt. Solange der zweitgenannte Standpunkt vertretbar ist, kommt es auf die von den Vorinstanzen und im Rechtsmittel der Klägerin ausführlich erörterte Rechtswirksamkeit der Adoption des Erblassers durch Dr. Adolph S***** ebenso wenig an wie auf jene des Beklagten durch den Erblasser.
Die insofern möglicherweise entscheidende Frage, durch welche gesetzlichen oder sonstigen Maßnahmen Dr. Adolph S***** sein Eigentum an den strittigen Gütern verlor, gehört selbstverständlich zur rechtlichen Beurteilung. Nur das konkrete Bestehen von Verwaltungsakten oder gerichtlichen Entscheidungen ist in diesem Zusammenhang dem Tatsachenbereich zuzuordnen; die Rechtsfolgen von Gesetzen oder anderen Rechtsakten sind nicht „festzustellen", sondern durch Subsumtion zu ermitteln. Aus diesem Grund ist auch die Verfahrensrüge der Klägerin unberechtigt, soweit sie die Nichterledigung der diesbezüglichen „Feststellungsrügen" in der Berufung geltend macht.
2.4. Auf die Verfolgung von Ansprüchen vor „inter- oder supranationalen Spruchkörpern" kommt die Klägerin in ihrem Rechtsmittel nicht zurück. Daher ist insofern nur zur Klarstellung festzuhalten, dass der EGMR eine Rückwirkung von Art 1 des Protokolls Nr 1 zur EMRK auf vor dessen Inkrafttreten erfolgte Enteignungen ablehnt (vgl ua die Entscheidungen zu den Beschwerden Nr. 42527/98 - Hans Adam von Liechtenstein v. Germany = ÖJZ 2002, 347; Nr. 40057/98 - Des Fours Walderode v. Czech Republic; Nr. 77532/01 - Ernst Leonhard Harrach v. Czech Republic). Rückforderungsansprüche sind nur dann geschützte Rechte iSd Protokolls, wenn sie eine „legitimate expectation of obtaining effective enjoyment of a property right" begründen. Die bloße Hoffnung „of recognition of the survival of an old property right which it has long been impossible to exercise effectively" kann nicht als legitime Erwartung im Sinn dieser Rsp angesehen werden (EGMR Rs Hans Adam von Liechtenstein v. Germany Rz 83 mwN). Eine Beschwerde der Klägerin gegen die Ablehnung von Restitutionsanträgen war auch aus diesen Gründen bereits im Jahr 1996 von der (damaligen) Europäischen Kommission für Menschenrechte als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen worden (Beschwerde Nr. 28390/95).
Auch der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen nahm in der von der Klägerin zitierten Mitteilung (no. 757/1997) keine Rückwirkung des Internationalen Pakts über politische und bürgerliche Rechte (BGBl 1987/333) auf die nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgten Enteignungen an. Die Rechte der Klägerin wurden nur im verfahrensrechtlichen Bereich als verletzt angesehen.
2.5. Sollte es für die Beurteilung der Erfolgsaussichten wegen einer grundsätzlichen Bejahung von Ansprüchen nur auf die beiden Adoptionen ankommen, wäre jedenfalls deren Wirksamkeit für den tschechischen Rechtsbereich maßgebend. Dabei ist zu unterscheiden:
(a) Wenn nur der Mangel einer wirksamen Adoption des Beklagten einem sonst bei realistischer Betrachtung durchsetzbaren Restitutionsanspruch entgegenstünde, wäre ohnehin die ausdrückliche Regelung des Testaments anzuwenden, wonach für die betroffenen Ansprüche die „gesetzliche Erbfolge" Platz greife.
Diese Regelung ist zwar, wie der Rekurs der Klägerin zutreffend ausführt, eher als Ersatz- denn als Nacherbschaft zu begreifen. Denn gehört der Beklagte nicht zum Kreis der restitutionsberechtigten Personen, können ihm von vornherein keine Ansprüche anfallen. Für die Beurteilung des konkreten Falls macht das aber keinen Unterschied. Eine vorwerfbare Auflagenverletzung mit Rechtsfolgen für den gesamten Nachlass (unten 3.) läge in diesem Fall nur dann vor, wenn der Beklagte der Klägerin eine notwendige Unterstützung bei der Anspruchsdurchsetzung verweigert hätte. Dazu wäre ein konkretes Vorbringen erforderlich.
Wäre die Adoption demgegenüber wirksam, so läge bei realistischerweise bestehenden Ansprüchen schon wegen der Untätigkeit des Beklagten eine vorwerfbare Verletzung der Auflage vor. Das hätte - auch für die streitverfangene österreichische Liegenschaft - die unten (3.) bezeichneten Folgen.
(b) Die Wirksamkeit der Adoption von Dr. Heinrich S***** durch Dr. Adolph S***** hängt unstrittig davon ab, ob der Annahmevertrag von einem damals zuständigen Gericht rechtskräftig bestätigt wurde. Die Existenz einer solchen Entscheidung wurde vom Erstgericht mit einer Positivfeststellung verneint. Das Berufungsgericht erledigte die dagegen erhobene Beweisrüge nicht, weil es sich durch eine deutsche Entscheidung, die das Vorliegen einer rechtskräftigen Bestätigung festgestellt hatte, für den Fall von deren Rechtskraft gebunden erachtete (in diesem Sinn nun auch VwGH GZ 2003/04/0189). Diese Auffassung greift allerdings, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, für die hier zu beurteilende Problematik zu kurz. Denn die Wirksamkeit der Adoption wäre gegebenenfalls als Vorfrage für das Bestehen von Ansprüchen nach tschechischem Recht (nach den Restitutionsgesetzen) zu prüfen. Daher könnte eine deutsche Entscheidung über das Vorliegen von tatsächlichen Voraussetzungen nur dann maßgebend sein, wenn sie auch in Tschechien anerkannt würde. Sonst käme es - für die Beurteilung der realistischen Erfolgsaussichten einer Anspruchsdurchsetzung - unmittelbar auf die tatsächliche Frage an, ob seinerzeit eine Bestätigung erfolgt war oder nicht.
Da die Wirksamkeit dieser Adoption - soweit sie überhaupt erheblich ist - beide Parteien in gleicher Weise trifft, handelt es sich hier um keinen Fall der Beschränkung von Ansprüchen „auf einen bestimmten Erbenkreis". Vielmehr wäre die Nachweisbarkeit der Bestätigung gegebenenfalls Teil der Frage, ob Restitutionsansprüche mit realistischen Erfolgsaussichten geltend gemacht werden könnten. Erheblich ist das aber, wie bereits ausgeführt, nur dann, wenn eine Anspruchsdurchsetzung abgesehen von der Adoptionsproblematik bei realistischer Betrachtung überhaupt möglich wäre.
2.6. Der Haupteinwand der Klägerin gegen diese im Kern schon vom Berufungsgericht vertretene Auffassung liegt darin, dass ihr wegen der Untätigkeit des Beklagten (und seiner behaupteten persönlichen Unfähigkeit) die Möglichkeit jeder nur denkbaren Anspruchsverfolgung eröffnet werden müsste. Unter dieser Voraussetzung wäre ihr Rechtsmittel in weiten Bereichen schlüssig. Allerdings lässt sich diese Prämisse nach Auffassung des Senats nicht aus dem richtig verstandenen Testament ableiten. Vielmehr ist, wie oben ausgeführt, anzunehmen, dass der von der Klägerin angestrebte - endgültige - Rechtsverlust des Beklagten nach dem Willen des Erblassers nur dann eintreten sollte,
(a) wenn der Beklagte bei der Beurteilung der Frage, ob realistische Erfolgsaussichten für die Anspruchsdurchsetzung bestehen, seinen Ermessensspielraum überschritten hätte, oder
(b) wenn Ansprüche, die bei realistischer Betrachtungsweise bestünden, nur daran scheiterten, dass der Beklagte persönlich nicht zum restitutionsberechtigten Personenkreis zählt.
Diese Fragen werden im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein.
3. Läge ein vorwerfbarer Auflagenverstoß vor, so erfasste die Verwirkung nicht nur das von den Rekursen betroffene tschechische Vermögen, sondern auch die revisionsverfangene österreichische Liegenschaft.
3.1. Der Erblasser hat zwar für einen speziellen Fall der Auflagennichterfüllung eine ausdrückliche Anordnung getroffen. Gehört der Erbe nicht zum Kreis der restitutionsberechtigten Personen, so soll danach „hinsichtlich jener Ansprüche, von deren Geltendmachung mein Universalerbe ausgeschlossen ist, die gesetzliche Erbfolge platzgreifen."
Nach einem von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten (Beilage ./I) soll es sachlich richtiger sein und auch dem Willen des Erblassers mehr gerecht werden, diese für einen besonderen Fall getroffene Regelung auch für andere Fälle der Nichterfüllung von Auflagen heranzuziehen. Habe der Erblasser für einen bestimmten Fall vorgesorgt, an einen anderen aber offenkundig nicht gedacht, so sei anzunehmen, dass er die von ihm getroffene Regelung auch auf diesen Fall angewendet wissen wolle.
Aufgrund dieser - in der Revisionsbeantwortung auch vom Beklagten vertretenen - Auffassung müsste die eine österreichische Liegenschaft betreffende Revision der Klägerin jedenfalls erfolglos bleiben. Denn das Testament sieht Rechtsfolgen nur für die Ansprüche auf die tschechischen Güter vor.
3.2. Der Senat teilt diese Auffassung allerdings nicht. Eine vorwerfbare Auflagenverletzung kann bei einer Testamentsauslegung nach dem vermuteten Willen des Erblassers nicht der von ihm ausdrücklich geregelten rechtlichen Unmöglichkeit der Auflagenerfüllung gleichgehalten werden.
Aus dem Testament ergibt sich, dass der Erblasser besonderen Wert auf den ungeteilten Erhalt des Familienvermögens legte. Dafür spricht schon die Bezugnahme auf die Fideikommiss-Errichtungsurkunde aus dem Jahr 1703. Fideikommisse sollten, wie sich auch aus ihrer bis 1938 geltenden Regelung im ABGB ergab (§§ 618 ff ABGB idF JGS 946), die Zersplitterung von - idR adeligem - Vermögen verhindern (vgl dazu Zeiller, Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch II/2 [1812] 520; zur Entwicklung nach dem Ende der Monarchie Weiß in Klang2 III 467). Folgerichtig äußerte der Erblasser in Punkt D.1. seines Testaments den „Wunsch", das Vermögen solle auch beim nächsten Erbfall ungeteilt weitergeben werden. Das kann nur dahin gedeutet werden, dass eine Teilung des Vermögens nach dem Willen des Erblassers auch sonst nur in Ausnahmefällen eintreten sollte. Die im Testament enthaltene Anordnung einer partiellen „gesetzlichen Erbfolge" für den Fall der rechtlichen Unmöglichkeit der Auflagenerfüllung läuft diesem offenkundigen Interesse des Erblassers zuwider. Sie kann aber aus Sicht des Testaments dadurch gerechtfertigt werden, dass den Erben in diesem Fall kein Vorwurf an der Nichtdurchsetzung der Ansprüche trifft.
Die von der Klägerin behauptete vorwerfbare Auflagenverletzung müsste anders beurteilt werden. Denn die besondere Stellung des „Universalerben", die sich aus den Wertungen des Testaments ergibt und zu einem Ermessensspielraum bei der Geltendmachung von Restitutionsansprüchen führt, begründet gleichzeitig eine besondere, im Testament ebenfalls betonte Verantwortung gegenüber den - auch zukünftigen - Familienmitgliedern. Dass der Erbe dieser Verantwortung vorwerfbar nicht gerecht werden wolle, lag offenkundig außerhalb des Vorstellungsvermögens des Erblassers. Hätte er daran gedacht, so hätte er zweifellos eine dem dispositiven Recht entsprechende Regelung getroffen. Eine vorwerfbare Auflagenverletzung müsste daher zur Verwirkung des gesamten - also auch des österreichischen - Nachlasses führen.
3.3. Scheiterten Restitutionsansprüche demgegenüber nur an der Unwirksamkeit der Adoption des Beklagten, ohne dass er der Klägerin eine konkret erforderliche Unterstützung verweigert hätte, so hätte es mit der testamentarischen Anordnung sein Bewenden. In diesem Fall fielen daher nur die Ansprüche auf das tschechische Vermögen an die Klägerin.
4. Aus all dem ergibt sich, dass derzeit noch kein Teil des Klagebegehrens spruchreif ist. Den Rekursen ist daher nicht Folge zu geben, während sich die Revision im Sinn des Aufhebungsantrags als berechtigt erweist. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren vorerst das oben erwähnte Gutachten zum tschechischen Recht einzuholen haben. Erst auf dieser Grundlage wird eine endgültige Entscheidung möglich sein.
Zur Klarstellung ist dabei festzuhalten, dass fremdes Recht selbstverständlich nicht im eigentlichen Sinn „festzustellen" ist, sondern dass es nach der Konzeption des österreichischen Kollisionsrechts Recht bleibt (4 Ob 122/06d mwN). Die unterbliebene Ermittlung fremden Rechts ist ein Verfahrensmangel eigener Art (RIS-Justiz RS0040159, RS0043648), der vom Berufungsgericht in Bezug auf die tschechischen Güter ohnehin wahrgenommen wurde.
5. Auf die in der Revision der Klägerin behaupteten Begründungsmängel und Aktenwidrigkeiten der Berufungsentscheidung kommt es wegen der Aufhebung nicht an. Zur Klarstellung ist dazu aber Folgendes festzuhalten:
5.1. Die „Beweisrüge" zum Vorliegen eines älteren Testaments, deren angebliche Nichterledigung dem Berufungsgericht als Verfahrensmangel vorgeworfen wird, war auf die ergänzende Feststellung gerichtet, dass es vor dem letztlich maßgebenden ein weiteres Testament gegeben habe, in dem die Beklagte als Alleinerbin eingesetzt gewesen sei. Das mag zutreffen, ist aber für die Beurteilung des Streitfalls unerheblich. Denn dieses Testament wurde durch den letzten Willen des Erblasser überholt und sollte danach nur für den nicht eingetretenen Fall wirksam bleiben, dass die Adoption des Beklagten nicht bewilligt würde.
5.2. Das Berufungsgericht hat sich sehr wohl mit der Beweisrüge zur Feststellung des Erstgerichts auseinandergesetzt, wonach der Beklagte die Klägerin bei der Geltendmachung von Ansprüchen nicht behindert habe. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass damit eine aktive Behinderung gemeint war. Ob die (unstrittig) unterbliebene Unterstützung bei der Anspruchsdurchsetzung eine Verletzung der Auflage bildet, ist eine aus den oben angeführten Gründen (2.5.) nicht erhebliche Frage der rechtlichen Beurteilung.
5.3. Die gerügte Aktenwidrigkeit zur Auffassung des Beklagten, dass die Restitutionsgesetze auf die lex S***** nicht anwendbar seien, liegt nicht vor. Die vom Berufungsgericht zitierte Aussage findet sich zwar nicht auf AS 175/I, wohl aber auf AS 176/I.
5.4. Ob Dr. Heinrich S***** seinen Rechtsvorgänger Dr. Adolph S***** für seinen Adoptivvater hielt, ist rechtlich unerheblich. Wie bereits ausgeführt, träfe der Mangel einer gültigen Adoption - bei Anwendbarkeit der Restitutionsgesetze - beide Parteien in gleicher Weise. Auch hier lag im Übrigen - auch wenn das der insofern nicht differenzierenden Berufung nicht zu entnehmen war - keine Beweisrüge vor, sondern es wurde nur ein sekundärer Feststellungsmangel geltend gemacht.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO. Auch beide Rekurse haben zur Klärung der Rechtslage beigetragen, sodass ihre Kosten das Schicksal der Hauptsache teilen.
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