Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat den beklagten Parteien die mit 2.507,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 167,97 S USt und 240 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt den Ersatz von Reparaturkosten in der Höhe von 27.772,48 S sA (AS 39) mit der Behauptung, die Erstbeklagte sei mit ihrem bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW Kennzeichen ***** am 18. 12. 1980 in Traun von der Weinbergerstraße kommend unter Missachtung seines Vorrangs auf die Bundesstraße Nr 1 eingefahren und habe solcherart schuldhaft einen Zusammenstoß und die Beschädigung seines Fahrzeugs bewirkt.
Die beklagten Parteien beantragten Klagsabweisung. Sie brachten vor, der Unfall sei einzig und allein darauf zurückzuführen, dass der Kläger trotz einer bestehenden Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h eine Fahrgeschwindigkeit von mehr als 100 km/h eingehalten und das von der Erstbeklagten gelenkte, ihrem Ehemann gehörende Fahrzeug offenbar übersehen habe. Es treffe ihn daher das Alleinverschulden am Unfall. Der zweitbeklagten Partei sei der Anspruch des Ehemannes der Erstbeklagten auf Ersatz seiner Fahrzeugschäden in der Höhe von 22.959 S abgetreten worden und werde dieser Betrag aufrechnungsweise der Klagsforderung gegenübergestellt.
Das Erstgericht stellte die Klagsforderung als mit 15.146,25 S und die Gegenforderung als mit 8.383,60 S zu Recht bestehend fest, sprach dem Kläger demgemäß einen Betrag von 6.762,65 S sA zu und wies ein Mehrbegehren von 12.626,23 S sA (statt richtig 21.009,83 S sA) ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht, dagegen jener der beklagten Parteien dahin teilweise Folge, dass es die Klagsforderung als mit 12.621,87 S und die Gegenforderung als mit 10.479,50 S zu recht bestehend feststellte, der Klage mit 2.142,37 S sA stattgab und das Mehrbegehren von 25.630,19 S sA (statt richtig 25.630,11 S sA) abwies.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts erhebt der Kläger eine auf § 503 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung dahin, dass ihm ein Betrag von 13.693,05 S sA zuerkannt werde, hilfsweise auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils.
Die beklagte Parteien beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht gerechtfertigt.
Das Erstgericht fällte seinen Urteilsspruch auf der Grundlage der auf den Seiten 3 bis 5 (AS 47 ff) der Urteilsausfertigung angeführten Sachverhaltsfeststellungen. In seiner rechtlichen Beurteilung lastete es der Erstbeklagten einen Vorrangverstoß an, weil sie wegen des bei der Einmündung der Weinbergerstraße aufgestellten Verkehrszeichens „Vorrang geben“ wartepflichtig gewesen sei und bei einer Sicht „über mehr als 200 m“ erkennen habe können, dass der sich auf der Bundesstraße nähernde Kläger mit hoher Geschwindigkeit fahre. Diesem falle im Hinblick auf die von ihm eingehaltene Fahrgeschwindigkeit von 125 km/h und die im Unfallsbereich geltende Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h eine grobe Verkehrswidrigkeit zur Last. Wenngleich einer Vorrangverletzung allgemein ein größeres Gewicht zuzumessen sei als einer Geschwindigkeitsüberschreitung erscheine diese vorliegendenfalls - der Kläger sei noch mit einer Geschwindigkeit von 55 bis 60 km/h aufgefahren - so eklatant, dass sie eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 2 : 3 zum Nachteil der Erstbeklagten rechtfertige.
Das Berufungsgericht hielt die erstgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen für unbedenklich, vertrat jedoch die Rechtsansicht, dass das jeweilige Fehlverhalten der beiden Fahrzeuglenker im konkreten Fall den Ausspruch eines gleichteiligen Verschuldens rechtfertige.
Die Revision bringt vor, die Erstbeklagte habe die Gefährlichkeit ihres Einbiegemanövers erkennen können, sodass sich ihre Mitverschuldenquote erheblich erhöhe und im Sinne der diesbezüglichen Rechtsprechung mit drei Vierteln zu bemessen sei.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
Der Grundsatz, dass ein Verstoß gegen die Vorrangregelung als einer der Grundlagen des Verkehrsrechts schwerer wiegt als eine Geschwindigkeitsüberschreitung gilt nur so lange, als diese Geschwindigkeitsüberschreitung nicht als besonders schwerwiegend zu qualifizieren ist. Eine solche erhebliche Verletzung einer bestehenden Geschwindigkeitsbeschränkung, welche zum Ausspruch eines gleichteiligen Verschuldens führt, wurde in zahlreichen Entscheidungen bei Überschreitungen um 50 bis 100 % angenommen (ZVR 1976/364; 1980/337; 1982/51; 2 Ob 264/77; 8 Ob 256/80; 8 Ob 171/81 ua).
Vorliegendenfalls hielt der Kläger bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h eine Fahrgeschwindigkeit von 125 km/h ein, überschritt das zulässige Fahrtempo somit um mehr als 100 %. Wenngleich die Erstbeklagte, welcher die Kenntnisse und Erfahrungen eines durchschnittlichen Kraftfahrers zu unterstellen sind, bei gehöriger Aufmerksamkeit diese überhöhte Annäherungsgeschwindigkeit des Klägers erkennen hätte müssen und trotz der für den Kläger noch gegebenen Möglichkeit einer Geschwindigkeitsherabsetzung nicht mehr auf die Einhaltung der Geschwindigkeitsbeschränkung vertrauen durfte, kann ausgehend von der vorgenannten Rechtsprechung auch vorliegendenfalls nicht gesagt werden, dass ihr Fehlverhalten im Verhältnis zu diesem außergewöhnlich krassen Verstoß gegen die der Gefahrenabwehr im Unfallsbereich dienende Geschwindigkeitsbeschränkung erheblich schwerer wiege. Der berufungsgerichtlichen Verschuldensaufteilung ist daher zuzustimmen.
Somit war der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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