Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Aufgrund einer Klage des Josef G***** (Vater des Beklagten) wurde der Wiederaufnahmskläger mit dem rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichtes Lienz vom 15.5.1990 2 C 296/89a-31, (insoweit bestätigt durch das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 24.10.1990, 2 a R 395/90-37), schuldig erkannt, "in die bücherliche Einverleibung der Dienstbarkeit des Geh- und Fahrweges über das Grundstück 127 der Liegenschaft EZ ***** GB ***** einzuwilligen, eingeschränkt auf den für die Bringung der aus den berechtigten Grundstücken 470 und 471 der Liegenschaft EZ ***** des GB ***** gewonnenen Forstprodukte mit Pferde- oder Traktorfuhrwerk notwendigen Umfang auf dem in der Natur vorhandenen Weg und dessen Fortsetzung innerhalb der asphaltierten platzartigen Erweiterung im Verlauf der Trasse, wie sie im Lageplan GZ 4538/1990 des Ingenieurkonsulenten Dipl.Ing.Rudolf N***** (die dem Urteil als integrierender Bestandteil in Kopie beigeschlossen war) rot umrandet veranschaulicht ist".
Mit seiner dagegen am 16.11.1995 beim Bezirksgericht Lienz eingebrachten und gegen Robert G***** gerichteten Wiederaufnahmsklage strebt der Kläger die Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens 2 C 296/89a des Bezirksgerichtes Lienz, die Aufhebung der Urteile des Bezirksgerichtes Lienz vom 15.5.1990, 2 C 296/89a, und des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 24.10.1990, 2 a R 395/90, und die Abweisung des dortigen Klagebegehrens an. Die Sachlegitimation des Robert G***** begründet er damit, dessen Vater Josef G***** (Kläger im Verfahren 2 C 296/89a des Bezirksgerichtes Lienz) habe ihm "mit Übergabsvertrag vom 29.5.1991, GZl 2982/92" den geschlossenen Hof EZ ***** des GB ***** übereignet. Als Wiederaufnahmegrund nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO macht der Kläger geltend, er habe, veranlaßt durch ein zufälliges Gespräch, "vor kurzem" in den Akt II b 1259/2-62 des Amtes der Tiroler Landesregierung (Baubewilligungsakt Ausbau T*****-Straße) Einsicht genommen und darin einen Übersichtsplan im Maßstab 1 : 2880 vom 10.7.1962 vorgefunden, aus dem zu entnehmen sei, daß die T*****-Straße Gp 586 im Jahre 1962 nicht - wie heute - an der Grenze zu Gst.127 nördlich seiner Hotelanlage, sondern südlich des damaligen Hotels im Bereiche der damaligen Bp 51 geendet habe. Aufgrund diverser Grundbuchsbeschlüsse des Bezirksgerichtes Lienz habe er daraufhin dem Zivilingenieur Dipl.Ing.Harald A***** den Auftrag erteilt, die Entwicklung des südlichen Teils der Gp 586 planlich darzustellen. Diesen Lageplan habe er am 14.11.1995 erhalten. Daraus ergebe sich folgender (gegenüber dem Sachverhalt im Verfahren 2 C 296/89a geänderte) Sachverhalt: Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Lienz vom 8.11.1966, GZ 2362/66, sei aus der Wegeparzelle 586 (T*****-Straße) eine Teilfläche von 81 m2 der Bp 51 in EZ ***** KG ***** lastenfrei zugeschrieben worden. Zufolge der lastenfreien Ab- und Zuschreibung sei aber erwiesen, daß der Wiederaufnahmebeklagte als Eigentümer der jeweils berechtigten Waldparzelle eine zur Zeit des Eintrittes der Rechtskraft des Beschlusses allenfalls bereits ersessene Wegeservitut wieder verloren habe.
Der Wiederaufnahmsbeklagte Robert G***** hat unter anderem geltend gemacht, er sei passiv nicht legitimiert, weil er nicht Partei des Verfahrens 2 C 296/89a des Bezirksgerichtes Lienz gewesen sei, sondern sein Vater Josef G*****, gegen den allein sich eine Wiederaufnahmsklage richten könne.
Das Erstgericht hat die Wiederaufnahmsklage nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der wesentlichen Erwägung abgewiesen, der Wiederaufnahmskläger bzw dessen Rechtsvorgänger habe sich angesichts einer ins Auge fallenden Dienstbarkeit nicht mit der Begründung auf ihren Nichtbestand verlassen oder sich darauf berufen können, es sei im Jahre 1966 eine lastenfreie Zu- und Abschreibung von Grundflächen erfolgt. Die neuen vom Kläger vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel seien daher nicht dazu angetan, eine andere Entscheidung im Verfahren 2 C 296/89a des Bezirksgerichtes Lienz herbeizuführen.
Das Berufungsgericht hob aus Anlaß der Berufung des Klägers das angefochtene Urteil auf und wies die Wiederaufnahmsklage als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet zurück. Es führte folgendes aus:
Entgegen einzelnen Stimmen der Lehre (vgl Fasching, Lehrbuch2 Rz 2035) seien nach herrschender Judikatur nur die Parteien des Hauptprozesses bzw deren Gesamtrechtsnachfolger für die Wiederaufnahmsklage sachlich legitimiert (vgl GlUNF 3300, 7030; JBl 1953, 602; RZ 1992/1), weil der Bestimmung des § 234 ZPO, wonach die Veräußerung der streitverfangenen Sache keinen Einfluß auf das Verfahren habe, eine über die Beendigung des Hauptprozesses hinausreichende Bedeutung zukomme, und daher den Einzelrechtsnachfolgern der Hauptprozeßparteien die aktive oder passive Rechtsmittelklagslegitimation abzusprechen sei. Schon aufgrund der Behauptungen des Klägers hätte also das Erstgericht im Sinne der §§ 538 Abs 1, 543 ZPO, welch letzterer auch auf den Fall der mangelnden Sachlegitimation zur Wiederaufnahmklage analog anzuwenden sei (vgl JBl 1953, 602; RZ 1992/1 ua), die Klage ungeachtet der Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Beschluß zurückweisen sollen. Aus Anlaß der Berufung habe daher nun die Rechtsmittelinstanz, weil es an der Sachlegitimation des Beklagten fehle, in analoger Anwendung des nicht ausdrücklich auf das Verfahren erster Instanz beschränkten § 543 ZPO das angefochtene Urteil aufzuheben und die Wiederaufnahmsklage als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet zurückzuweisen gehabt (vgl JBl 1954, 98; JBl 1957, 270; SZ 20/19; RZ 1992/1).
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage aufgehoben, allenfalls in der Sache selbst im Sinne der Stattgebung des Wiederaufnahmsklagebegehrens entschieden oder dem Berufungsgericht aufgetragen werde, über die Berufung des Klägers meritorisch zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt in seiner Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig, aber nicht berechtigt.
Der Rechtsmittelwerber macht unter Berufung auf Fasching, LB2 Rz 2035 geltend, daß bei der Wiederaufnahmsklage aktiv und passiv klagslegitimiert auch die von der Rechtskraft der Vorentscheidung erfaßten Einzelrechtsnachfolger seien.
Die in konsequenter Beachtung der in der Judikatur anerkannten Irrelevanztheorie geäußerte gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichtes steht aber mit der von ihm zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Einklang. Die Legitimation für die Rechtsmittelklage deckt sich mit der Rechtsmittellegitimation. Aktiv und passiv klagslegitimiert sind demnach die Parteien des Vorprozesses und ihre Gesamtrechtsnachfolger, nicht aber Einzelrechtsnachfolger. Die Klagslegitimation stellt auf die formelle Parteistellung im Vorprozeß ab (Kodek in Rechberger vor § 529 ZPO Rz 3). Auch der Wortlaut des § 530 Abs 1 ZPO nennt nur den "Antrag einer Partei".
Fasching, (LB2 Rz 2035, Komm IV 474 f; 497 f; vgl auch Rechberger/Simotta4 Rz 886), der nicht von der Irrelevanztheorie ausgeht (vgl LB2 Rz 1199 ff), will zwar auch von der Rechtskraft der Vorentscheidung erfaßten Einzelrechtsnachfolgern die Klagslegitimation zubilligen, vertritt aber selbst noch im Komm III 101 eine andere Ansicht. Auch er lehrt freilich, daß die Rechtsmittelklagen trotz ihrer selbständigen Gestaltung in unlösbarem Konnex mit dem Vorprozeß stehen (insofern ist das Wiederaufnahmeverfahren entgegen dem Verständnis des Rechtsmittelwerbers kein "neues" Verfahren), weshalb die Klagslegitimation für die Rechtsmittelklagen vollständig der Rechtsmittellegitimation entspreche (LB2 Rz 2035). Als legitimiert zur Erhebung von Rechtsmitteln gegen die Entscheidung in der Hauptsache führt er allerdings nur die Parteien und die Nebenintervenienten (sowie ausnahmsweise den Staatsanwalt) an (Rz 1690). Daß sich die Rechtskraftwirkung auf den Einzelrechtsnachfolger erstreckt (Jud 63 neu ua; Fasching, LB2 Rz 1526), verhilft diesem ebensowenig (ohne Prozeßeintritt als Hauptpartei oder Nebenintervenient) zur Rechtsmittellegitimation im Vorprozeß wie zur Klagslegitimation für Rechtsmittelklagen, dies auch nicht bei Einzelrechtsnachfolge nach Beendigung des Vorprozesses. Nach Meinung des erkennenden Senates ist die Veräußerung der streitverfangenen Sache (hier der herrschenden Grundstücke; vgl Fasching, LB2 1196) nicht nur - wie der Kläger meint - für den "laufenden" Rechtsstreit (Vorprozeß) irrelevant, sondern auch für das nur im Zusammenhang mit dem Vorprozeß zu sehende Wiederaufnahmsverfahren.
Der Kläger hätte seine Wiederaufnahmsklage daher gegen seinen Prozeßgegner im Vorprozeß, im von ihm hypothetisch erwähnten Todesfall gegen dessen Gesamtrechtsnachfolger richten müssen. Seinem Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)