Spruch:
Die Ehefrau ist selbst legitimiert zur Geltendmachung der Aufwendungen für eine Hilfskraft im Gastwirtsgewerbe, die deshalb aufgenommen wurde, weil erstere als Ehefrau des Gastwirtes und gleichzeitige Miteigentümerin des Unternehmens infolge der erlittenen Verletzung nicht mehr so wie früher im Wirtsgeschäfte mitarbeiten kann
Entscheidung vom 8. September 1966, 2 Ob 227/66
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien
Text
Am 30. Oktober 1960 wurde die Klägerin bei einem Verkehrsunfall verletzt. Über den Grund des Anspruches liegt bereits ein Feststellungsurteil vor. Nunmehr macht die Klägerin u. a. die Auslagen für eine Hilfskraft für den gleichen Zeitraum geltend. Der Erstrichter sprach der Klägerin die Auslagen für eine Hilfskraft zu. Er stellte fest: Die Klägerin erlitt als Folge eines Sprungbeinbruches eine Versteifung des rechten Sprunggelenkes. Bei Belastung des Fußes treten Schmerzen und Beschwerden auf. Sie arbeitet in einer von ihr und ihrem Ehegatten geführten Gastwirtschaft mit. Die Liegenschaft, auf der die Gastwirtschaft betrieben wird, sowie das Gastwirtschaftszubehör wurden im Jahre 1937 von beiden Eheleuten gemeinsam erworben. Die Klägerin hat während der Militärdienstzeit ihres Mannes die Gastwirtschaft allein geführt. In der übrigen Zeit verrichtete sie die Arbeiten in der Gasthausküche, während ihr Mann, der Konzessionsinhaber ist, den Ausschank besorgte. Infolge der erlittenen Verletzung muß nunmehr die Klägerin für einige Stunden im Tage eine Hilfskraft zuziehen, die die Einkäufe besorgt, sowie in der Küche und beim Servieren mithilft. Hinsichtlich der der Höhe nach nicht mehr bestrittenen Auslagen für die Hilfskraft war der Erstrichter der Ansicht, es handle sich hiebei um einen Schaden der Klägerin, die die Gastwirtschaft zusammen mit ihrem Ehegatten in Form einer Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes führe.
Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Der Oberste Gerichtshof hielt den Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Auslagen für eine Hilfskraft für gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Revision der Beklagten ist nicht gerechtfertigt.
Sie wenden sich gegen die Ansicht der Vorinstanzen, die Klägerin sei zur Geltendmachung der Aufwendungen für die Hilfskraft legitimiert. Sie versuchen darzutun, daß es sich hiebei um einen nicht verfolgbaren indirekten Schaden des Gatten der Klägerin handle. Sie gehen aber dabei insoweit, als sie unterstellen, die Klägerin leiste keine über den Rahmen ihrer Beistandspflicht nach § 92 ABGB. hinausgehenden Arbeiten, das Gastwirtsgeschäft werde vom Gatten der Klägerin allein auf seine eigene Rechnung geführt, nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Bei Zugrundelegung der Feststellungen der Vorinstanzen ist die Annahme, das Gastwirtsgeschäft werde von beiden Eheleuten als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes geführt, unbedenklich. Daran vermag auch nichts zu ändern, daß der Gatte der Klägerin allein Inhaber der Konzession ist. Denn dies betrifft nur das Verhältnis der Gewerbebehörde gegenüber, nicht aber die privatrechtlichen Verhältnisse der beiden Ehegatten untereinander. Die Meinung der Beklagten, der Abschluß einer solchen Erwerbsgesellschaft hätte, um über das interne Verhältnis zwischen den Ehegatten hinaus Wirkungen erzeugen zu können, der Form eines Notariatsaktes bedurft, ist unzutreffend. Die Unterscheidung zwischen dem Innen- und Außenverhältnis, wie sie die Beklagten vornehmen wollen, entbehrt, soweit es sich um das rechtswirksame Zustandekommen der Erwerbsgesellschaft handelt, jeder Begründung.
Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, daß es sich bei den Aufwendungen für die Hilfskraft, die deshalb herangezogen werden muß, weil die Klägerin infolge der beim Unfall erlittenen Verletzungen nicht mehr so wie früher im Gastwirtsgeschäft mitarbeiten kann, um einen Schaden handelt, den die Klägerin selber geltend machen kann. Zu einer Heranziehung der Bestimmung des § 839 ABGB. fehlt es an den entsprechenden Voraussetzungen. Es handelt sich nicht, wie die Beklagten meinen, um eine die Gesellschaft treffende Last im Sinne dieser Gesetzesstelle. Es muß der Klägerin zugebilligt werden, daß sie das Erforderliche veranlaßt, damit die von ihr vor dem Unfall für den Gastwirtsbetrieb geleisteten Arbeiten auch weiterhin im gleichen Umfang verrichtet werden (vgl. hinsichtlich des ähnlich gelagerten Falles der Geltendmachung der Aufwendungen für eine durch die Verletzung der Ehefrau notwendig gewordene Haushaltshilfe die Entscheidungen JBl. 1961 S, 419, ZVR. 1966 Nr. 61).
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