OGH 2Ob18/95(2Ob1045/95)

OGH2Ob18/95(2Ob1045/95)23.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Gemeinde Z*****, 2.) Ökonomierat Albert P*****, 3.) Josef R*****, alle vertreten durch Dr.Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Österreichische Bundesbahnen, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Feststellung (Streitwert S 80.000,--) und Leistung (hinsichtlich Zweit- und Drittkläger je S 4.227,--), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 30.Dezember 1994, GZ 2 R 285/84-25, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 16.Juni 1994, GZ 18 Cg 20/93b-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, den Bewertungsausspruch insoweit zu berichtigen, als von einer einheitlichen Bewertung des Feststellungsbegehrens ausgegangen wird.

Text

Begründung

Der Zweit- und der Drittkläger begehren von der Beklagten Zahlung von je S 4.227,-- sA (Schätzwert von bei einem Bahnunfall überfahrenen Zuchtschafen). Ferner begehren alle Kläger die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, den Bahnkörper der *****bahn von den Weideflächen der *****alpe abzuzäunen bzw die bestehenden Zäune in einem solchen Zustand zu erhalten, daß auch das Eindringen von Kleinvieh auf den Bahnkörper verhindert werde, und im Falle, daß Weidetiere durch den Bahnbetrieb verletzt oder getötet werden sollten, dem Tierhalter Schadenersatz zu leisten. Schließlich stellten sie das Eventual-Feststellungsbegehren, daß die Beklagte verpflichtet sei, im Falle, daß Weidetiere aus der *****alpe durch den Betrieb der *****bahn im Gebiet der KG ***** verletzt oder getötet würden, den Tierhaltern Schadenersatz zu leisten, ausgenommen die Beklagte beweise, daß der geschädigte Tierhalter das verletzte bzw getötete Tier nicht ortsüblich beaufsichtigt habe.

Das Feststellungsbegehren wurde in der Klage hinsichtlich der Erstklägerin mit S 80.000,--, hinsichtlich des Zweitklägers und des Drittklägers mit je S 16.000,-- bewertet. Der Gesamtstreitwert betrage somit (zuzüglich des Leistungsbegehrens) S 120.454,--. Es sei zusammenzurechnen, da die drei Kläger in Ansehung des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stünden bzw aus demselben tatsächlichen Grund solidarisch berechtigt seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes hinsichtlich der Erstklägerin S 50.000,-- übersteige, hinsichtlich des Zweitklägers und des Drittklägers nicht übersteige. Hinsichtlich der Erstklägerin sei die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig; hinsichtlich des Zweitklägers und des Drittklägers sei die Revision jedenfalls unzulässig. Zu den Bewertungsaussprüchen wurde ausgeführt, daß sie sich an der in der Klage vorgenommenen Bewertung orientierten.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Kläger, deren Zulässigkeit noch nicht abschließend beurteilt werden kann.

Bei seinem Ausspruch über den Wert eines nicht ausschließlich in Geld bestehenden Entscheidungsgegenstandes ist das Berufungsgericht an die Bewertung des Klägers nicht gebunden; dieser Ausspruch ist grundsätzlich unanfechtbar und bindend. Wenn das Berufungsgericht die im Gesetz angeführten zwingenden Bewertungsvorschriften (§ 500 Abs 3 ZPO) verletzt, besteht aber keine Bindung des Obersten Gerichtshofes (Kodek in Rechberger § 500 ZPO Rz 3 mwN). Zu diesen Bewertungsvorschriften zählt auch § 55 Abs 1 bis 3 JN.

Die Kläger leiten ihr Feststellungsbegehren insbesondere aus derselben privatrechtlichen Vereinbarung ab; sie sind insoweit materielle Streitgenossen. Gemäß § 55 Abs 2 JN richtet sich der Wert aber nach der Höhe des einfachen Anspruches, wenn der gleiche Anspruch durch mehrere Personen geltend gemacht wird, denen der Anspruch solidarisch zusteht, wie dies die Kläger behaupten. Es war daher unrichtig, wenn sie eine mehrfache Bewertung ihres Feststellungsbegehrens vorgenommen haben; das Berufungsgericht hätte sich hieran nicht orientieren dürfen. Vielmehr war eine Differenzierung zwischen den Klägern bei der Bewertung des Feststellungsbegehrens nicht vorzunehmen, weshalb eine Vereinheitlichung erforderlich ist.

Sollte das Berufungsgericht hiebei zum Ergebnis gelangen, daß das Feststellungsbegehren mit mehr als S 50.000,-- zu bewerten ist, so wäre für alle Kläger auszusprechen, ob die ordentliche Revision zulässig ist. Sollte es das Berufungsgericht hingegen bei der bisher nur für Zweit- und Drittkläger vorgenommenen Bewertung belassen wollen, wäre die Revision auch hinsichtlich der Erstklägerin jedenfalls unzulässig. Schließlich wäre es wegen des zusätzlichen Leistungsbegehrens des Zweit- und des Drittklägers noch denkmöglich, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes hinsichtlich dieser Kläger S 50.000,-- übersteigt, hinsichtlich der Erstklägerin aber nicht.

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