Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 11.842,87 S (darin keine Barauslagen und 1.076,62 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 18. Februar 1950 geborene Klägerin fuhr am 7. Februar 1978 im Stadtgebiet Salzburg mit ihrem PKW geradeaus. Aus der Gegenrichtung kam der Erstbeklagte mit einem PKW heran, hinsichtlich dessen Haftpflichtversicherung die Zweitbeklagte eintritt, und bog auf einer Kreuzung mit dem Wagen vor dem Fahrzeug der Klägerin nach links ein. Dadurch kam es zum vom Erstbeklagten allein verschuldeten Zusammenstoß der PKWs und zu Verletzungen der Klägerin. Die Klägerin nahm die Beklagten zur ungeteilten Hand zu 2 Cg 305/78 (später 2 Cg 469/79, zuletzt 2 Cg 100/83) des Erstgerichtes auf Leistung von Schadenersatz nach Zahlung von 60.000 S im Lauf des Verfahrens schließlich hinsichtlich weiterer 179.822,29 S sA, einer monatlichen Rente von 3.500 S für die Zeit ab 8. Februar 1978 (davon für die Zeit bis 31. August 1979 kapitalisiert mit 66.500 S) sowie bezüglich Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden der Klägerin aus dem Unfall in Anspruch.
Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren ab (2 Cg 469/79). Mit den bezahlten 60.000 S sei der auf den Unfall zurückzuführende Schade der Klägerin getilgt. Weitergehende, von der Klägerin geltend gemachte Beschwerden und Zustände seien nicht auf das Schadensereignis vom 7. Februar 1978 zurückzuführen. Da auch künftige Ansprüche aus dem Unfall nicht anzunehmen seien, sei neben dem Leistungsbegehren auch das Feststellungsbegehren abzuweisen gewesen.
Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos; die Revision der Klägerin hatte bezüglich des Leistungsbegehrens keinen Erfolg; hinsichtlich des Feststellungsbegehrens wurden die Urteile der Vorinstanzen vom Revisionsgericht aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das Feststellungsbegehren neuerlich ab; dieses Urteil erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Am 17. September 1984 brachte die Klägerin eine auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO gestützte Wiederaufnahmsklage ein und brachte vor, sie habe am 23. August 1984 ein Gutachten von Univ.Prof.Dr. Friedrich S*** erhalten, durch welches das gesamte bei ihr nach dem Unfall aufgetretene Krankheitsbild als durch das Schadensereignis vom 7. Februar 1978 verursacht nachgewiesen werde. Der nunmehrige Gutachter habe sich neuer Untersuchungsarten bedient, welche dem Fachkundigen im Hauptverfahren offenbar nicht geläufig gewesen seien. Sie sei namentlich von dem im Vorprozeß als Sachverständigen beigezogenen Universitätsprofessor Dr. Erich S*** nicht ausreichend bzw. unvollständig untersucht worden. Es wolle unter Beseitigung der Urteile aller drei Instanzen die Wiederaufnahme des Hauptverfahrens bewilligt und im wiederaufgenommenen Verfahren ihrem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werden.
Die Beklagten beantragten, die Wiederaufnahmsklage zurückzuweisen, zumal ein neues Privatgutachten lediglich zum Beweis einer angeblichen Unrichtigkeit der im Hauptverfahren erfolgten Begutachtung kein tauglicher Wiederaufnahmsgrund sei. Hilfsweise strebten sie an, das Wiederaufnahmebegehren abzuweisen. Die vom Privatgutachter angewandten Untersuchungsarten seien schon im Hauptverfahren bekannt gewesen. Der Sachverständige Univ.Prof.Dr. S*** habe ohnehin die modernsten Methoden angewandt.
Das Erstgericht wies das Wiederaufnahmebegehren ab. Es zog nunmehr als Sachverständigen Univ.Prof.Dr.Erwin OTT bei und vernahm Univ.Prof.Dr. Friedrich S*** als Zeugen. Auf der Grundlage dieser Beweisaufnahme traf es nachstehende Feststellungen:
Die vom Privatgutachter Univ.Prof.Dr. S*** bei der Untersuchung der Klägerin angewandten Methoden sind nicht neu. Alle von ihm durchgeführten Tests waren bereits vor dem Schluß der Verhandlung erster Instanz im Vorprozeß bekannt. Die Tests sind in ihrer Aussagekraft jenen Untersuchungen ebenbürtig, welche im Vorprozeß vorgenommen wurden.
Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht sinngemäß aus, auf der Grundlage des Privatgutachtens sei die Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 7, § 530 Abs 2 Z 4 ZPO auch rechtzeitig erhoben. Nach § 541 Abs 1 ZPO sei im Wiederaufnahmeverfahren zu prüfen gewesen, ob der geltendgemachte Wiederaufnahmsgrund vorliege. Ein von der Begutachtung im Hauptverfahren abweichendes neues Gutachten sei noch kein tauglicher Wiederaufnahmsgrund. Anders wäre es, wenn das für die Klägerin in der Sache selbst günstigere neue Gutachten auf Untersuchungsarten beruhen würde, welche im Hauptverfahren noch nicht bekannt gewesen seien. Da sich der Privatgutachter jedoch keiner neuen wissenschaftlichen Methode bedient habe, sei das Wiederaufnahmebegehren abzuweisen gewesen.
Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Gericht zweiter Instanz erachtete das erstgerichtliche Verfahren als mängelfrei, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Klägerin aus den Anfechtungsgründen nach § 503 Abs 1 Z 3 und 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Stattgebung des Wiederaufnahmebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Anfechtungsgrund nach § 503 Abs 1 Z 3 ZPO liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
In der Rechtsrüge bekämpft die Klägerin zunächst die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß eine neue wissenschaftliche Methode keinen Wiederaufnahmsgrund gemäß § 530 Abs 1 Z 7 ZPO darstelle. Nicht nur für die Tatsachenfeststellung, auch für die rechtliche Beurteilung scheine eine Klärung der Frage relevant, was unter neuen wissenschaftlichen Methoden zu verstehen sei. Für die Frage, ob eine Methode neu sei, könne es nicht allein auf den Entstehungszeitpunkt der wissenschaftlichen Methode ankommen. Dr. S*** habe in seiner gerichtlichen Einvernahme dargelegt, daß das Neue seiner Methode darin liege, daß er von einer Globalbeurteilung zur Beurteilung einzelner Faktoren übergegangen sei und diese Methode mehr oder weniger ausschließlich von ihm selbst durchgeführt werde und dies im Vergleich zu anderen Gutachtern das Neue sei. Daß Dr. S*** diese Methode selber bereits seit längerem verwende, sage nichts darüber aus, inwieweit es sich um eine allgemein anerkannte wissenschaftliche Methode handelt. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung müsse davon ausgegangen werden, daß die von Universitätsprofessor Dr. S*** in seinem Gutachten angewendete Methode im Vergleich zu anderen Gutachtern als neu zu werten sei. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Die in Lehre und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortete Frage, ob einer neuen wissenschaftlichen Erkenntnismethode, die zum Zeitpunkt der Erstattung des Sachverständigengutachtens im Vorprozeß noch nicht bekannt war, die Eignung als Wiederaufnahmegrund zukommt oder nicht (vgl. hiezu Fasching Komm. IV, 511 ff, 515, 516 f, Lehrbuch Rz 2065, SZ 20/143, EvBl 1964/70, EvBl 1959/224 ua), kann im vorliegenden Fall auf sich beruhen, weil nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes die vom Privatgutachter Universitätsprofessor Dr. S*** bei der Untersuchung der Klägerin angewendeten Methoden nicht neu sind. Alle von ihm durchgeführten Tests waren bereits vor dem Schluß der Verhandlung erster Instanz im Vorprozeß bekannt und in ihrer Aussagekraft jenen Untersuchungen gleichwertig, die im Vorprozeß vorgenommen wurden. Entgegen der Auffassung der Revision handelte es sich daher bei den vom Privatgutachter Univ.Prof.Dr. S*** bei der Untersuchung der Klägerin nach dem rechtskräftigen Abschluß des Vorverfahrens angewendeten Methoden nicht um neu entdeckte wissenschaftliche Erkenntnismethoden (vgl. Fasching, Lehrbuch, Rz 2065), die zum Zeitpunkt der Erstattung des Gutachtens im Vorprozeß noch nicht bekannt waren. Soweit die Klägerin daher darzutun versucht, daß die von Univ.Prof.Dr. S*** in seinem Gutachten angewendete Untersuchungsmethode im Vergleich zu anderen Gutachtern als neu zu werten sei, geht sie nicht von den Feststellungen der Vorinstanzen aus und bringt in diesem Umfang die Rechtsrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.
Zutreffend hat das Berufungsgericht hervorgehoben, daß selbst eine aus späteren Tatumständen sich ergebende Unrichtigkeit eines im Vorprozeß erstatteten Gutachtens oder die mangelnde fachliche Eignung des im Vorprozeß vernommenen Sachverständigen nicht die Voraussetzungen des Wiederaufnahmsgrundes nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO erfüllen (vgl. JBl 1976, 599 ua). Ebenso ist es unzulässig, eine Wiederaufnahmsklage darauf zu stützen, daß ein anderer Sachverständiger später ein abweichendes Gutachten erstattet habe (vgl. Fasching IV, 515, EvBl 1958/203 u.a.).
In der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß es der Klägerin nicht gelungen ist, das Vorliegen der Voraussetzungen des Wiederaufnahmegrundes nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO, der allein geltend gemacht wurde, darzutun, und daher das Klagebegehren abzuweisen war, kann somit keine Fehlbeurteilung erblickt werden.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)