European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0020OB00171.24X.1119.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien haben die Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittel selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Die Streitteile sind die Kinder der 2022 verstorbenen Erblasserin, deren Nachlass den Beklagten je zur Hälfte aufgrund eines Testaments aus 2021 eingeantwortet wurde.
[2] Die Klägerin begehrt mit ihrer Erbschaftsklage im Hauptbegehren die Herausgabe („Abtretung“) insgesamt eines Drittels des Nachlasses mit dem wesentlichen Vorbringen, dass die Erblasserin bei Errichtung des Testaments 2021 testierunfähig gewesen sei und in einem früheren Testament sämtliche Streitteile zu gleichen Teilen zu Erben eingesetzt worden seien.
[3] Die Klägerin stellt den Antrag auf Anmerkung der Erbschaftsklage ob den in die Verlassenschaft fallenden Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteilen, wobei im Grundbuch nach wie vor die Erblasserin als Eigentümerin einverleibt ist.
[4] Das Erstgericht bewilligte die Anmerkung der Klage.
[5] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Beklagten begehrten zu Unrecht die Anordnung eines Hinweises im Rahmen der Streitanmerkung, wonach die Klägerin nur ein Drittel des Erbrechts beanspruche. Die Streitanmerkung weise nur generell auf ein anhängiges Verfahren hin und diene der Erstreckung der Wirkung des Urteils auch gegen Personen, die nach der Streitanmerkung bücherliche Rechte erlangen.
[6] Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof die Frage bisher nicht beantwortet habe, ob eine Einschränkung der Streitanmerkung auch hinsichtlich von Anteilen an Liegenschaften, die im Buchstand keine Grundlage haben, vorzunehmen sei.
[7] Dagegen richten sich die Revisionsrekurse der Beklagten mit dem Antrag, die Anmerkung der Erbschaftsklage jeweils nur zu einem Drittel der verlassenschaftszugehörigen Liegenschaftsanteile anzuordnen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
[8] Die Revisionsrekurse sind aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
[9] 1. Mit der Erbschaftsklage als Universalklage begehrt der wahre Erbe unter Behauptung eines besseren Rechts vom Scheinerben entweder die gänzliche Abtretung der Erbschaft oder eines seiner Berechtigung entsprechenden Teils (RS0041422; vgl aber § 823 ABGB idF ErbRÄG 2015: „Herausgabe“). Unstrittig ist im Revisionsrekursverfahren, dass die Streitanmerkung einer Erbschaftsklage gemäß § 61 Abs 2 GBG zulässig ist (RS0013135), was auch im Fall von auf nur teilweise Herausgabe der Erbschaft gerichteten Erbschaftsklagen gilt (8 Ob 1561/90).
[10] 2. Einziger Streitpunkt im Revisionsrekursverfahren ist die Frage, ob bei Anmerkung einer nur auf teilweise Herausgabe der Erbschaft gerichteten Erbschaftsklage dieser Umstand kenntlich zu machen ist.
[11] 3. Die rechtskräftige Streitanmerkung nach § 61 GBG hat die Wirkung, dass das über die Klage ergehende Urteil nicht bloß gegen denjenigen, für den die angefochtene Einverleibung eingetragen ist, und dessen Singularsukzessor, sondern auch gegen diejenigen Personen, die erst nach dem Zeitpunkt, in welchem das Gesuch um Streitanmerkung an das Grundbuchsgericht gelangt ist, bücherliche Rechte erlangt haben, seine volle Wirksamkeit äußert (RS0060674). Die durch die Anmerkung bewirkte rechtlich geschützte Stellung geht nicht über diese in § 61 Abs 2 GBG geregelte Wirkung der Anmerkung hinaus (5 Ob 74/09g [zur Anmerkung der Teilungsklage]). Die Streitanmerkung nach § 61 GBG leitet damit nicht den angemerkten Prozess ein, sondern begründet (nur) die Rechtsfolgen des § 61 Abs 2 GBG. Die angemerkte Tatsache selbst wird nur deklarativ zum Ausdruck gebracht (Eccher, Anmerkungen und Ersichtlichmachungen im Grundbuch. In: Kralik/Rechberger, Aktuelle Probleme des Grundbuchsrechts I/2 [1984] 65 [77]). Die Anmerkung der Erbschaftsklage dient damit letztlich der Vermeidung gutgläubigen Rechtserwerbs vom Scheinerben (Schweda in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ §§ 823, 824 ABGB Rz 23).
[12] 4. Hält man sich diesen (eingeschränkten) Zweck der Streitanmerkung vor Augen und berücksichtigt, dass die Anmerkung der Erbschaftsklage die Beklagten als (außerbücherliche) Eigentümer der Liegenschaftsanteile als solche nicht an der rechtsgeschäftlichen Verfügung über diese hindert, so zeigt sich, dass die Anmerkung der als Universalklage konzipierten Erbschaftsklage ob sämtlichen verlasszugehörigen Liegenschaftsanteilen dem Telos des § 61 (Abs 2) GBG am besten entspricht. Ein grundrechtlich relevanter Eingriff in die Eigentumsfreiheit der Beklagten ist vor dem Hintergrund der dargestellten eingeschränkten Rechtswirkungen der Streitanmerkung nicht zu erkennen. Wenn der Erstbeklagte argumentiert, dass der typische Erwerber nicht das Risiko des Erwerbs einer streitverfangenen Sache auf sich nehmen werde und daraus das Erfordernis der Einschränkung der Anmerkung der Erbschaftsklage ableitet, ist ihm zu erwidern, dass ein potentieller, sorgfältig vorgehender Erwerber im Fall einer Streitanmerkung jedenfalls eine nähere Informationsbeschaffung über den konkreten Inhalt der angemerkten Klage für erforderlich erachten würde (vgl RS0060205). Dass die Vorinstanzen die Anmerkung der Erbschaftsklage an den gesamten in die Verlassenschaft fallenden Miteigentumsanteilen (im B‑Blatt: vgl Rassi, Grundbuchsrecht³ Rz 1.35) angeordnet haben, erweist sich damit insgesamt als zutreffend.
[13] 5. Aus der vom Erstbeklagten ins Treffen geführten Entscheidung 5 Ob 2088/96m lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten:
[14] Diese Entscheidung betraf den Vollzug einer vom Prozessgericht bewilligten Streitanmerkung durch das Grundbuchsgericht. Der Oberste Gerichtshof bewilligte den Vollzug der auf BLNR 10 bezogenen Anmerkung der Klage, obwohl dieser Anteil bereits mit einem weiteren Anteil als BLNR 30 zusammengezogen worden war. Die Zusammenziehung der Anteile stehe der Eintragung nicht entgegen, weil aufgrund des dem Hauptbuch gleichstehenden Verzeichnisses der gelöschten Eintragungen nach dem Buchstand keine Unklarheit darüber bestehe, welche Miteigentumsanteile von der Streitanmerkung betroffen seien. Für das Vorliegen einer solchen Zuordenbarkeit auf Grundlage des Verzeichnisses der gelöschten Eintragungen bestehen im vorliegenden Fall – anders als im vom Erstbeklagten im Revisionsrekurs genannten Beispiel – allerdings keine Anhaltspunkte.
[15] Aus der in der Entscheidung enthaltenen allgemeinen Aussage, wonach im B-Blatt Eintragungen zulässig seien, die sich nicht auf den ganzen Anteil beziehen, allerdings die Größe des Anteils, auf den sie sich beziehen, jedenfalls angegeben werden müsse, lässt sich für die Beklagten unter Bedachtnahme auf die in Punkt 4. angestellten Erwägungen ebenfalls nichts gewinnen.
[16] 6. Insgesamt war den Revisionsrekursen damit nicht Folge zu geben.
[17] 7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 75 Abs 2 GBG iVm § 78 AußStrG.
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