Spruch:
Anspruch auf Ersatz der Geld- und Arbeitsleistungen, die der Kläger für den Ausbau des Hauses seiner Schwiegereltern in der nicht erfüllten Erwartung erbracht hatte, daß dieses Haus später ihm und seiner Gattin werde übertragen werden.
Entscheidung vom 29. Mai 1964, 2 Ob 164/64. I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Der Kläger, der nunmehr wegen Geisteskrankheit voll entmundigt ist war in der Zeit vom 4. April 1959 bis 19. Februar 1962 mit der Tochter Mathilde der beiden Beklagten verheiratet. Im Sommer 1959 führten die Beklagten einen Aus- und Umbau ihres Wohnhauses durch, zu dem der Kläger Geldbeträge und Arbeitsleistungen beisteuerte.
Der Kläger behauptet nun in der Klage, daß er den Beklagten 52.700 S für den Bau zur Verfügung gestellt habe. Er habe diese Leistungen deshalb erbracht, weil die Beklagten die Absicht hatten, ihren Besitz auf ihn und seine Frau je zur Hälfte zu übertragen. Diese Erwartung sei nicht eingetreten, so daß er berechtigt sei, seine Leistungen zurückzufordern.
Die Beklagten bestritten die Klagsbehauptungen und beantragten Klagsabweisung. Sie wendeten ein, daß dem Kläger nie eine Zusage, die Liegenschaft auf ihn und seine Ehefrau zu übertragen, gemacht worden sei. Es seien ihnen ausreichende Mittel für den Bau zur Verfügung gestanden. Der Kläger habe lediglich acht Tage mitgearbeitet. Dafür sei er entschädigt worden. Daß seine Ehe aufgelöst worden sei, hätten sie nicht zu vertreten. Der Anspruch des Klägers entbehre jeder Rechtsgrundlage.
Das Erstgericht verurteilte die Beklagten zur ungeteilten Hand, dem Kläger 17.819.50 S zu bezahlen. Das Mehrbegehren von 34.880.50 S wurde abgewiesen. Es stellte fest, daß der Kläger den Beklagten für den Bau des Hauses Geldbeträge und Leistungen in der oben angeführten Höhe in der Erwartung zur Verfügung gestellt habe, daß ihm und seiner Gattin später der Besitz übertragen werde. Da diese Erwartung nicht erfüllt worden sei sei der Kläger berechtigt, diesen Betrag zurückzufordern.
Da der Kläger das erstgerichtliche Urteil unangefochten ließ, wurde es bezüglich der Abweisung des Mehrbegehrens rechtskräftig. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und hielt den Anspruch des Klägers auf Rückerstattung seiner Leistungen nach § 1435 ABGB. für gegeben. Durch die Scheidung der Ehe des Klägers mit der Tochter der Beklagten sei der Rechtsgrund für seine Leistungen weggefallen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beiden Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Mit der Rechtsrüge bekämpfen die Beklagten die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der Kläger berechtigt sei, die von ihm erbrachten Leistungen zurückzufordern. Sie sind der Meinung, daß die Feststellungen diese rechtliche Beurteilung nicht zulassen. Nach diesen sei lediglich zwischen der Zweitbeklagten und der Schwester des Klägers gesprächsweise geäußert worden, daß die Beklagten das Anwesen ihrer Tochter Mathilde zuzuwenden beabsichtigen. Davon, daß auch dem Kläger ein Anteil am Haus zukommen sollte, sei nicht gesprochen worden. Der Kläger habe daher seine Leistungen nicht in der Erwartung erbracht, daß ihm einmal das Haus übereignet werde.
Bei diesen Ausführungen übersehen die Beklagten die vom Berufungsgericht übernommene Feststellung des Erstgerichtes, daß die Zeugin Rosa S., die Schwester des Klägers, diesem über die Absicht der Beklagten bezüglich der Hausübertragung Mitteilung gemacht habe. Weiter steht fest, daß die Beklagten tatsächlich die Absicht hatten, das Haus einmal ihrer Tochter Mathilde zukommen zu lassen. Dies bestätigte auch der Erstbeklagte in seiner Parteienaussage. Dieser bekundete auch, daß seine Tochter Mathilde darauf bestanden habe, der Kläger müsse die Erklärung als Solidarschuldner für ein von den Beklagten aufzunehmendes Darlehen abgeben, weil sie das Haus haben wollten. Der Erstbeklagte bestätigte schließlich auch in diesem Zusammenhang, daß es auch ihr (der Beklagten) Plan gewesen sei, sie, also seine Tochter und den Kläger, das Haus übernehmen zu lassen.
Geht man von diesen Feststellungen aus, dann haben die Untergerichte mit Recht angenommen, daß der Kläger seine Leistungen an die Beklagten in der Erwartung erbrachte, daß das Haus ihm und seiner Gattin oder zumindest seiner Gattin übertragen werde.
Der Versuch der Beklagten, die Leistungen des Klägers mit seiner Verpflichtung, seiner Gattin Beistand zu leisten, zu begrunden, geht deshalb fehl, weil er diese Leistungen nicht seiner Gattin, sondern den Beklagten erbracht hat.
Der Rückforderungsanspruch des Klägers wird auch dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Beklagten an der Auflösung der Ehe des Klägers mit ihrer Tochter keine Schuld trifft. Wesentlich ist, daß der Grund, aus welchem der Kläger seine Leistungen erbracht hat, weggefallen ist, die Beklagten daher durch diese Zuwendungen grundlos bereichert und daher verpflichtet sind, die vom Kläger erbrachten Leistungen zurückzugeben. Daß der Kläger diese Leistungen in Schenkungsabsicht erbracht habe, vermochten die Beklagten selbst nicht zu behaupten.
Es liegen auch keine Feststellungsmängel vor, durch die die Bewertung der Leistungen und Gegenleistungen behindert würde. Das Erstgericht stellte fest, daß der Kläger und seine Gattin im Rahmen der Wirtschaft der Beklagten ganz oder teilweise verpflegt wurden und daß der Kläger als Gegenleistung einen Teil seines Verdienstes zur Tilgung der Bauschulden der Beklagten verwenden sollte. Wenn nun das Erstgericht bei der Auseinandersetzung der Parteien in diesem Streitpunkt die dem Kläger und seiner Gattin zugekommene Verpflegung nach den Verpflegungssätzen für Landarbeiter, wie sie in der Sozialversicherung angewendet werden, bestimmte, so war dies keineswegs verfehlt, da ja die Beklagten die Lebensmittel zum Großteil aus der eigenen Wirtschaft bezogen und der Kläger Deputatholz zur Verfügung stellte. Schließlich ist aber auch die Arbeitskraft des Klägers lediglich mit 10 S pro Stunde bewertet worden, was mit Rücksicht darauf, daß der Kläger auch an Samstagen und Sonntagen gearbeitet hat, als niedrig anzusehen ist. Die Beklagten sind daher durch die gegenseitige Verrechnung nicht benachteiligt. Jedenfalls ist darin keine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache gelegen.
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