OGH 2Ob16/02w

OGH2Ob16/02w28.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadtgemeinde G*****, vertreten durch Dr. Gerald Wildfellner ua Rechtsanwälte in Grieskirchen, wider die beklagte Partei Carina F*****, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in Peuerbach, wegen Räumung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 3. September 2001, GZ 21 R 203/01d-32, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Grieskirchen vom 23. April 2001, GZ 2 C 548/00y-20, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit Euro 399,74 (darin enthalten Umsatzsteuer von Euro 66,62) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Die klagende Partei begehrt die Beklagte für schuldig zu erkennen, die von ihr benützten Grundstücke der klagenden Partei, welche an die "Badstraße" in G***** angrenzen, insbesondere das Grundstück 129/2 Grundbuch ***** G*****, von ihren sämtlichen Fahrnissen zu räumen, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen und der klagenden Partei geräumt zu übergeben. Sie brachte dazu vor, die Beklagte benütze das Grundstück titellos.

Die Beklagte wendete ein, mit der klagenden Partei einen wirksamen Bestandvertrag abgeschlossen zu haben.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige S 52.000, nicht aber S 260.000, die ordentliche Revision sei zulässig.

Das Berufungsgericht begründete die Bestätigung der klagsstattgebenden Entscheidung des Erstgerichtes damit, dass der Abschluss eines Mietvertrages nach der OÖ Gemeindeordnung der Zustimmung des Gemeinderates bedurft hätte, der Bürgermeister allein hätte einen solchen nicht abschließen können. Es verneinte eine Rechtsscheinhaftung mangels eines durch die Mitglieder des Gemeinderates geschaffenen Vertrauenstatbestandes und vertrat die Ansicht, die klagende Partei habe sich auch nicht den Vorteil im Sinne des § 1016 ABGB zugewendet oder den Vertrag genehmigt.

Selbst wenn aber der Abschluss eines Mietvertrages in die Verwaltervollmacht des Bürgermeisters fiele, wäre für die Beklagte nichts gewonnen, weil es an einer Erklärung des Abschlusswillens gefehlt habe. Der Bürgermeister der klagenden Partei habe ausdrücklich erklärt, der Vertrag mit der Beklagten bedürfe der Beschlussfassung im Gemeinderat. Dies sei von der Beklagten zur Kenntnis genommen worden, diese habe nicht darauf vertrauen können, dass bereits ein Vertrag zustande gekommen sei.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil zur Rechtsfrage, ob unter die in mehreren Gemeindeordnungen vorgesehene Regelung, dass dem Bürgermeister die (laufende) Verwaltung des Gemeindeeigentums bzw des Gemeindevermögens obliege, auch der Abschluss von Mietverträgen im Allgemeinen und im Besonderen dann, wenn damit eine wesentliche Änderung der Benützungsart des betreffenden Objektes verbunden sei, zu subsumieren sei bzw inwieweit die von der Judikatur betreffend den Abschluss von Bestandverträgen entwickelten Grundsätze zur Hausverwaltervollmacht auch auf die Verwaltungsvollmacht des Bürgermeisters übertragen werden könnten, keine höchstgerichtliche Judikatur vorgefunden worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die von der beklagten Partei erhobene Revision ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.

Auf die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage ist nicht einzugehen, wenn man - so wie auch das Berufungsgericht - der Ansicht ist, es fehle an dem erforderlichen Abschlusswillen, weshalb kein Vertrag mit der Beklagten zustande gekommen sei und diese titellos benütze. Ist das Klagebegehren wegen einer bestimmten Rechtslage abzuweisen, so führt das Vorliegen einer anderen erheblichen Rechtsfrage derentwegen das Klagebegehren ebenfalls abzuweisen wäre, nicht zur Zulässigkeit der Revision, weil es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofes ist, nur theoretische Rechtsfragen zu lösen.

Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage führt daher nicht zur Zulässigkeit der Revision. Auch in der Revision der Beklagten werden keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dargetan. Neben den Fragen der Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters, des Vorliegens eines Vertrauenstatbestandes und der Vorteilszuwendung und Genehmigung, auf die aber bei Fehlen eines Abschlusswillens nicht einzugehen ist, werden keine Rechtsfragen releviert, die die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO erfüllen.

Die Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, kann mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger², ZPO, § 503 Rz 2 mwN).

Was die Frage der Bestimmtheit des Klagebegehrens betrifft, so ist dieses Erfordernis erfüllt, wenn aus dem Begehren unter Berücksichtigung des Sprach- und Ortsgebrauches und nach den Regeln des Verkehrs zu entnehmen ist, was begehrt ist (Rechberger/Frauenberger in Rechberger, aaO, § 226 Rz 4 mwN). Das Klagebegehren ist so zu verstehen, wie es im Zusammenhang mit der Klagserzählung vom Kläger gemeint ist (RIS-Justiz RS0037440). Es kann also nur aufgrund der Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, ob es ausreichend bestimmt ist, weshalb auch insoweit keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt.

Die Revision der Beklagten war sohin wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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