Normen
Familienlastenausgleichgesetz §2
Familienlastenausgleichgesetz §7
Familienlastenausgleichgesetz §11
Familienlastenausgleichgesetz §12
Kinderbeihilfengesetz §1
Familienlastenausgleichgesetz §2
Familienlastenausgleichgesetz §7
Familienlastenausgleichgesetz §11
Familienlastenausgleichgesetz §12
Kinderbeihilfengesetz §1
Spruch:
Die Familien(Kinder)beihilfe ist bei der Berechnung des Entganges für das Kind gemäß § 1327 ABGB. außer Betracht zu lassen, wenn sie vor dem Unfall und nach dem Unfall "für das Kind" bezogen wird.
Spitalskosten für die zweite Verpflegsklasse sind dem Verletzten auch dann zu ersetzen, wenn er nicht über seine Veranlassung, sondern über Veranlassung der Krankenhausleitung (bei Einlieferung in bewußtlosem Zustand) in diese Verpflegsklasse gelegt wurde und dies nach der Art und dem Grad der Verletzung begrundet war.
Zinsen, die das gesetzliche Ausmaß übersteigen, sind für ein Darlehen, das zur Deckung des Lebensunterhaltes der Witwe und des Kindes bis zur Befriedigung der Schadenersatzansprüche aufgenommen wurde, zu ersetzen.
Entscheidung vom 4. Juli 1969, 2 Ob 158/69.
I. Instanz: Kreisgericht Leoben; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.
Text
Am 7. Dezember 1965 gegen 0.30 Uhr fuhr der Zweitbeklagte mit einem LKW, dessen Halterin die Erstbeklagte war, auf der Bundesstraße 17 von Leoben Richtung Bruck a. d. Mur. Zur selben Zeit fuhr Franz R., der damalige Ehemann der Erstklägerin und ehelicher Vater des Zweitklägers, mit seinen PKW in der Gegenrichtung auf dieser Straße. Kurz vor der Begegnung der beiden Fahrzeuge fuhr der Zweitbeklagte mit seinem Fahrzeug über die Straßenmitte; die beiden Fahrzeuge stießen zusammen, wobei Franz R. tödlich und die Erstklägerin schwer verletzt wurden. Der Zweitbeklagte wurde wegen dieses Unfalles strafgerichtlich des Vergehens nach § 335 StG. schuldig erkannt, weil er ihn durch Überfahren der Fahrbahnmitte verschuldet habe.
Die Kläger machen unter Berufung auf §§ 1325 und 1327 ABGB. Ersatzansprüche geltend und begehren die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige Schäden. Die Kläger haben zunächst ein 20%iges Mitverschulden des getöteten Franz R. zugestanden, dieses Zugeständnis aber dann zurückgezogen. Die Erstklägerin hat am 24. Feber 1967 wieder geheiratet.
Das Erstgericht hat auf der Grundlage eines Alleinverschuldens des Zweitbeklagten am Unfall dem Feststellungsbegehren und, soweit es die Leistungsansprüche der Höhe nach für berechtigt erkannte, auch dem Leistungsbegehren stattgegeben.
Auf Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die dem Zweitkläger zu zahlende Rente herabgesetzt, weil es bei der vom Zweitkläger bezogenen und auf seinen Anspruch anzurechnenden Waisenrente auch die Sonderzahlungen anteilsmäßig berücksichtigte; im übrigen blieb die Berufung erfolglos.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision hinsichtlich der Erstklägerin in der Hauptsache nicht Folge; dagegen gab er ihr hinsichtlich der Erstklägerin im Kostenpunkt und hinsichtlich des Zweitklägers teilweise Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß die Punkte 2 und 5 des Urteiles des Erstgerichtes zu lauten haben:
"2. Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Zweitkläger einen Betrag von 2838.72 S samt 4% Zinsen seit 31. Dezember 1966 sowie eine Rente von 261.15 S für Jänner 1967 monatlich, von 229.64 S für die Zeit vom 1. Feber bis 31. Dezember 1967 und 206.94 S ab 1. Jänner 1968 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Zweitklägers zu bezahlen; die bereits fälligen Beträge sind binnen 14 Tagen, die künftig fällig werdenden Beträge jeweils monatlich im vorhinein bei Exekution zu bezahlen.
5. Das Rentenmehrbegehren auf Zahlung von 327.25 S für Jänner 1967, von monatlich 358.76 S für die Zeit vom 1. Feber bis 31. Dezember 1967 und 381.46 S ab 1. Jänner 1968 wird abgewiesen."
Im übrigen bleiben die Urteile der Vorinstanzen in der Hauptsache unverändert.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Eine Schadensteilung wegen des Verhaltens des Getöteten ist weder nach bürgerlichem Recht noch nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz begrundet.
Die Erstklägerin erlitt durch den Unfall eine Gehirnerschütterung, vielfache Rißquetschwunden an der Stirn, am Nasenrücken und an der Augenbraue sowie eine Quetschung der rechten Niere; dabei handelte es sich um eine schwere Verletzung, die lange Zeit Blutausscheidung im Harn zur Folge hatte. Im Bereich der linken Augenbraue wurden Hautnerven durchtrennt, sodaß die linke Stirnseite gefühllos und schmerzhaft war. Als die Erstklägerin ins Krankenhaus eingeliefert wurde, war sie ohnmächtig. Die dritte Verpflegsklasse dieses Krankenhauses war so überfüllt, daß die Kranken zum Teil auf den Gängen liegen mußten. Die Erstklägerin wurde daher ohne ihre Veranlassung in die zweite Verpflegsklasse verlegt. Sie war 16 Tage im Krankenhaus, litt unter Kopfschmerzen, Schwindelgefühlen, Benommenheit und vorübergehenden Sehstörungen. Im Gesicht verblieben Narben. Sie hatte 10 Tage starke, 20 Tage mittelstarke und 70 Tage leichte Schmerzen.
Daß der Zustand der Erstklägerin ihre Unterbringung in der zweiten Verpflegsklasse des Krankenhauses verlangte, wird auch in der Revision zugegeben. Der dadurch entstandene Aufwand war sachlich gerechtfertigt. Er ist demnach vom Schädiger zu ersetzen (SZ. XXXV 318; 2 Ob 220/66 u. a.). Da dieser Aufwand sachlich bedingt war, konnte der Erstklägerin auch nicht zugemutet werden, ihn dadurch zu vermeiden, daß sie ein Verbleiben in der zweiten Verpflegsklasse ablehnte. Sie hat durch dieses Verbleiben die ursprünglich ohne ihr Befragen angeordnete Unterbringung genehmigt und war verpflichtet, die aufgelaufenen Kosten zu bezahlen, auch wenn sie diese Unterbringung nicht ausdrücklich begehrt hatte. Die Revision hält daher dem Ersatzanspruch zu Unrecht entgegen, daß die Erstklägerin Spitalskosten bezahlt habe, wozu sie in der geltend gemachten Höhe nicht verpflichtet gewesen wäre.
Das Schmerzengeld von 30.000 S ist bei den oben bezeichneten Verletzungen und ihren Folgen nicht überhöht. Mit Recht wurde darauf hingewiesen, daß die zur Unfallszeit etwa 25 Jahre alte Erstklägerin wegen der verbliebenen Narben unabhängig von der Frage einer Wiederverehelichung eine seelische Beeinträchtigung erfuhr, die bei der Ausmessung des Schmerzengeldes zu berücksichtigen war.
Zur Frage der Anrechnung der Familienbeihilfe (Kinderbeihilfe) ist vorauszuschicken, daß nur die Nichtberücksichtigung der vom Stiefvater des Zweitklägers bezogenen Familien(Kinder-)beihilfe gerügt wird. Da die Erstklägerin am 24. Feber 1967 wieder heiratete, folgt daraus, daß die Zeit bis einschließlich Jänner 1967 von der Anfechtung nicht berührt wird; mangels anderer Behauptungen ist ja davon auszugehen, daß der Stiefvater des Zweitklägers die Kinderbeihilfe gemäß § 10 (1) KBG. 1955 ab Feber 1967 für ein Kind, nämlich den Zweitkläger, bezogen hat. Daß er die Familienbeihilfe für den Zweitkläger tatsächlich bezieht, wurde zwar nicht ausdrücklich festgestellt, wird aber vom Zweitkläger in der Revisionsbeantwortung zugestanden, sodaß diese, Tatsache der Entscheidung zugrunde gelegt werden kann.
Die Frage, wie die Kinderbeihilfe bei der Berechnung des Entganges nach § 1327 ABGB. zu behandeln sei, wurde von der bisherigen Rechtsprechung regelmäßig dahin entschieden, daß sie als Bestandteil des Einkommens des Anspruchsberechtigten beim Entgang des Kindes, nicht aber bei einem Einkommen des Kindes nach dem Tod des bisher Anspruchsberechtigten zu berücksichtigen ist, wenn nun ein anderer Anspruchsberechtigter die Kinderbeihilfe bezieht. Demgegenüber hat Welser (JBl. 1968, S. 355 ff.) eingewendet, daß bei dieser Ansicht der Gesichtspunkt, die Kinderbeihilfe sei ein Teil des Einkommens des Anspruchsberechtigten, überbetont und die Zweckbestimmung der Beihilfe vernachlässigt werde. Richtigerweise müsse die Beihilfe als zweckgebundener staatlicher Zuschuß von jedem Anspruchsberechtigten ganz dem Kind zugewendet werden. Maßgeblich sei daher nur, ob das Kind nach dem Tod des bisher Anspruchsberechtigten die Kinderbeihilfe über eine andere Person wieder beziehen könne oder nicht.
Bei einer neuerlichen Prüfung dieser Frage ist von dem Grundsatz auszugehen, daß der Geschädigte nach dem Schadensereignis nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden soll, als er es vorher war (vgl. z. B. 2 Ob 211/66, ZVR. 1960 Nr. 411, u. a.). Maßgeblich muß sein, ob das Kind nach dem Tod seines Vaters, der die Kinderbeihilfe für dieses bezog, weniger Anteil daran hat als bis dahin. Die bloße Änderung der formellen Anspruchsberechtigung bei gleichbleibendem Zweck und gleicher Verwendung der Beihilfe ist für das Kind kein Schade, wenn ihm die Beihilfe tatsächlich zukommen muß.
Die Ansicht, daß die Kinderbeihilfe "in erster Linie" der Erleichterung der Wirtschaftsführung des Anspruchsberechtigten und nicht dem Unterhalt des Kindes diene, sodaß sie als - "regulärer" (2 Ob 334/66, JBl. 1968 S. 367) - Einkommensbestandteil des Anspruchsberechtigten zu behandeln sei (so ZVR. 1956 Nr. 49 und ihr folgend zahlreiche andere Entscheidungen), legt dem ersten Satz des § 1 (1) KinderbeihilfenGes. (BGBl. Nr. 31/1950), wonach die Kinderbeihilfe zur Erleichterung der Beschaffung von Bedarfsartikeln durch die in nicht selbständiger Arbeit stehenden Bevölkerungskreise dient, zu große Bedeutung bei. Piegler hat in ÖJZ. 1960 S. 287, dargestellt, daß die Kinderbeihilfe als "Anhängsel" zum Lohn nach dem Gesetz wohl als Bestandteil des Lohnes des Anspruchsberechtigten anzusehen ist, diese Lösung aber schon bei Erlassung des Gesetzes nicht ohne Widerspruch blieb; sie sei nur aus der geschichtlichen Entwicklung entstanden und nicht durch die Sache bedingt. Der Verwaltungsgerichtshof führte in Slg. NF. 788 (F) zu dem erwähnten Satz des § 1 (1) KinderbeihilfenGes. aus, daß dieser nur nach Art einer Präambel den Beweggrund angeben soll, der den Gesetzgeber zur Erlassung des Gesetzes veranlaßte, aber keinen normativen Inhalt habe. Dasselbe muß für den ersten Satz des § 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1955 (BGBl. Nr. 18) und den § 1 des ab 1. Jänner 1968 geltenden Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (BGBl. Nr. 376) gelten. In einer weiteren Entscheidung - Slg. NF. 3829 (A) - vertrat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis darauf, daß die Kinderbeihilfe nicht der Einkommensteuer unterliege, nicht als Entgelt im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften gelte und nicht pfändbar sei, die Auffassung, daß sich der Gesetzgeber der "besonderen Art" dieses Einkommens bewußt gewesen sei. Diese Ansicht wird auch vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 499/59 (EvBl. 1960 Nr. 63) vertreten, wenn er betont, daß der Ehemann die Kinderbeihilfe, die er für die vorehelichen Kinder seiner Frau beziehe, ihrem Zweck entsprechend diesen auch dann zukommen lassen müsse, wenn er ihnen gegenüber sonst nicht unterhaltspflichtig sei; diese Vorteile würden nicht gewährt, um den Stiefvater zu bereichern. In der Entscheidung 2 Ob 140/65 (ZVR. 1966 Nr. 63) wird hervorgehoben, daß der Unterhaltspflichtige, der das Kind nicht in seinem Haushalt versorge, jedenfalls den der Kinderbeihilfe entsprechenden Betrag an den Erziehungsberechtigten abzuführen habe, dies jedoch an der Zweckbestimmung der Kinderbeihilfe, dem Unterhaltspflichtigen die Wirtschaftsführung zu erleichtern, nichts ändere. Der in dieser Entscheidung des weiteren enthaltene Hinweis, daß auch bei der Unterhaltsbemessung der Grundsatz eingehalten werde, die Kinderbeihilfe als Bestandteil des Einkommens des Anspruchsberechtigten zu behandeln, ist zu allgemein. Es wird nämlich in zahlreichen Entscheidungen die Auffassung vertreten, daß die Kinderbeihilfe nicht in die für die Berechnung des Unterhaltes maßgebliche Grundlage einzubeziehen sei, sondern dem Kind zur Gänze zukommen müsse (EF. 9179, 6169, 4020, 4014, 310 u. a. gegenüber 9177, 6172, 4021, 993 u. a.). Diese Ansicht scheint gerade in jüngeren Entscheidungen immer wieder vertreten zu werden (vgl. EF. 7843). Die Kinderbeihilfe wird in den Entscheidungen über die Unterhaltsansprüche vielfach als ein Betrag bezeichnet, der den Eltern zukommt, aber zur Gänze für das Kind bestimmt ist (EF. 7843, 4358), wobei allerdings die weitere Unterhaltsverpflichtung auch durch den Bedarf des Kindes begrenzt ist (EF. 6171).
Die Auffassung, daß die Kinderbeihilfe ein zweckbestimmtes Einkommen des Anspruchsberechtigten ist, über das er nicht - so wie über sein sonstiges Einkommen - nach Ermessen verfügen kann, das er vielmehr zur Gänze dem Kinde zuwenden muß, wird durch die Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 bestätigt. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (549 der Beilage zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XI. GP., S. 11 f.) wird hervorgehoben, daß die früheren Grundsätze weiter voll gelten und das neue Gesetz eine Fortsetzung und Vereinfachung der bisherigen Rechtslage bedeutet. Die Erwägungen zu diesem Gesetz können daher für die Beurteilung der bis dahin bestandenen Rechtslage und zur Erforschung des Zweckes der bis dahin geltenden Gesetze herangezogen werden. Es ist daher bedeutungslos, daß ein Teil der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Ansprüche in die Zeit vor Wirksamkeitsbeginn dieses Gesetzes fällt.
Die für die zu lösende Frage wesentlichen Bestimmungen dieses Gesetzes besagen, daß die Familienbeihilfe "für das Kind" (§ 2) und nur einer Person gewährt wird (§§ 7 und 11). Der Anspruch entfällt, wenn der Anspruchsberechtigte eine gleichartige ausländische Beihilfe bezieht (§ 4). Die Anspruchsberechtigung ist durch eine gerichtliche Entscheidung auf eine andere Person zu übertragen, wenn keine Gewähr gegeben ist, daß die Beihilfe für das Kind tatsächlich verwendet wird (§ 12). Diese Bestimmung wird als Möglichkeit zur Verhinderung einer "mißbräuchlichen Verwendung" der Familienbeihilfe bezeichnet. Durch die Beihilfe soll zu einem Mindestunterhalt für alle Kinder, die innerhalb der Familie aufwachsen, beigetragen werden, und dieser Mindestunterhalt soll geschützt sein. Diese Bestimmung mache es auch entbehrlich, die Beihilfe, die einkommensteuer- und pfändungsfrei ist (§§ 27), zugunsten des Kindes pfändbar zu gestalten. Es sei sichergestellt, daß die Familienbeihilfe für den Unterhalt "des anspruchsvermittelnden Kindes" verwendet wird (Erläuternde Bemerkungen S. 13, 16 und 18).
Diese Bestimmungen und Erläuterungen lassen eindeutig die Absicht des Gesetzgebers erkennen, daß derjenige, der die Beihilfe bezieht, auch wenn sie formell ein Teil seines Einkommens ist, sie dem Kind tatsächlich zuwenden muß. Diese Verpflichtung ist unabhängig von der Person und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Anspruchsberechtigten. In dem vom Gesetzgeber offenbar vorausgesetzten Regelfall, daß der für das Kind unterhaltspflichtige Familienerhalter die ihm vom Staat - wenn auch vielfach über den Umweg er Auszahlung durch den Dienstgeber - gewährte Beihilfe tatsächlich zum Unterhalt des Kindes verwendet, bedeutet die Beihilfengewährung auch eine Erleichterung der Wirtschaftsführung des Anspruchsberechtigten. Er braucht für das Kind nicht mehr den vollen, sondern nur den - wohl stets - über die Höhe der Beihilfe hinausgehenden restlichen Unterhaltsbedarf zu befriedigen. Wenn nach dem Tod des anspruchsberechtigten Familienerhalters jemand anderer die Beihilfe bezieht, so muß sie dieser ebenfalls dem Kind zukommen lassen. Die den ehelichen Vater als Familienerhalter treffende Verpflichtung, die Beihilfe tatsächlich für das Kind zu verwenden, muß für einen anderen Anspruchsberechtigten umso mehr gelten. Insoweit hat das Kind durch den Tod des bisher Anspruchsberechtigten keinen Schaden (so schon 2 Ob 212/55, VersR. 1955, S. 377). Dem Kind entgeht nämlich nur die Leistung, die der Getötete über die Zuwendung der Beihilfe hinaus erbracht hatte. Diese Leistung muß dem Kind nun der Schädiger, der für den Tod des Unterhaltspflichtigen verantwortlich ist, gemäß § 1327 ABGB. ersetzen. Das Kind muß als "Entgang" im Sinne dieser Gesetzesstelle so viel bekommen, daß die Leistung des Schädigers und die dem Kind zukommende Beihilfe ohne Rücksicht darauf, ob es diese selbst bezieht oder ob sie ein anderer für das Kind bezieht, die Höhe des vorher vom Getöteten gewährten Unterhaltes zuzüglich der Beihilfe erreicht, nicht aber diese übersteigt. Bezieht also nach dem Tod des Anspruchsberechtigten eine andere Person "für das Kind" die Beihilfe, dann ist diese weder beim Einkommen des Getöteten noch bei dem des Kindes zu berücksichtigen. Bei anderer Ansicht käme man zum Ergebnis, daß die Kinderbeihilfe demjenigen bleibt, der sie nun anstatt des getöteten Vaters bezieht, oder daß das Kind die Beihilfe wenigstens teilweise nun doppelt bekommt, nämlich durch eigenen Bezug oder durch Zuwendung vom nun Anspruchsberechtigten und durch die Berücksichtigung bei der Berechnung des vom Schädiger zu ersetzenden "Entganges".
Die Kinderbeihilfe betrug bis Ende 1967 unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen 210 S monatlich, die Familienbeihilfe beträgt ab 1. Jänner 1968 - ebenfalls unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen - 233.33 S monatlich. Das Durchschnittseinkommen des Getöteten hätte für das Jahr 1967 5410.10 S betragen, wovon 634.25 S als fixe Haushaltskosten abzuziehen sind, sodaß 4775.85 S verbleiben. Davon ist die Kinderbeihilfe in der Höhe von 210 S abzuziehen, wonach sich ein Betrag von 4565.85 S ergibt. Die vom ehelichen Vater erbrachte restliche (über die Kinderbeihilfe hinausgehende) Unterhaltsleistung für den 1963 geborenen Zweitkläger ist mit 15% dieses restlichen Einkommens anzunehmen, weil der Prozentsatz des Anteiles des Zweitklägers am Familieneinkommen bei Bekämpfung der Nichtberücksichtigung der Kinderbeihilfe nicht angefochten wurde. Danach ergibt sich ein Betrag von 684.87 S als "Entgang" im Sinne des § 1327 ABGB., der von den Beklagten zu ersetzen ist. Der Bezug der Kinderbeihilfe ist hiebei außer Betracht zu lassen, weil sie nach dem Tod des bezugsberechtigten Vaters des Zweitklägers nun von seinem Stiefvater für ihn bezogen wird. Von diesem Entgang ist die vom Zweitkläger bezogene Waisenrente von 455.23 S abzuziehen, sodaß sich für die Zeit vom 1. Feber bis 31. Dezember 1967 eine monatliche Rente von 229.64 S für den Zweitkläger ergibt. Im Jahre 1968 hätte das monatliche Durchschnittseinkommen des Getöteten 5480.40 S betragen, wovon wieder die fixen Kosten in der Höhe von 634.25 S abzuziehen sind. Danach ergibt sich ein Betrag von 4846.15 S, der um die Familienbeihilfe in der Höhe von 233.33 S zu vermindern ist. 15% von dem sich daraus ergebenden Betrag von 4612.82 S sind 691.92 S. Auf diesen Entgang muß sich der Zweitkläger die Waisenrente in der nunmehrigen Höhe von 484.98 S anrechnen lassen, sodaß ihm ab 1. Jänner 1968 eine monatliche Rente von 206.94 S zuzusprechen ist. In diesem Umfang war seinem Klagebegehren daher stattzugeben und das Mehrbegehren abzuweisen.
Ob durch die Änderung bei Berechnung des Entganges des Zweitklägers auch eine Änderung in der Höhe des Entganges der Erstklägerin eingetreten wäre, ist nicht weiter zu behandeln, weil die Erstklägerin das Urteil unangefochten ließ und daher eine Erhöhung des ihr zukommenden Anteiles am Familieneinkommen nicht berücksichtigt werden könnte.
Es ist festgestellt, daß die Erstklägerin am 23. Juni 1966 zur Deckung ihres Lebensunterhaltes ein mit 10% jährlich zu verzinsendes Darlehen aufgenommen hat. Entgegen der Ansicht der Revision ist damit die Notwendigkeit der Kreditaufnahme erwiesen. Ein sonstiger Einwand gegen die Verpflichtung, die Kreditzinsen zu ersetzen, wird nicht mehr erhoben. Bei diesen Zinsen handelt es sich um Kosten, die zur Behebung der Schadensfolgen aufgewendet werden mußten. Sie sind daher von den Beklagten zu ersetzen.
Das Feststellungsinteresse hinsichtlich künftiger Ersatzansprüche ist bereits durch die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintrittes begrundet; auch ein Rentenanspruch nach § 1327 ABGB. rechtfertigt ein Feststellungsbegehren (SZ. XL 158; ZVR. 1969 Nr. 269 u. a.). Die Revision gibt selbst zu, daß sich die künftige Entwicklung der Ansprüche des Zweitklägers schwer abschätzen läßt und die Möglichkeit weiterer Ersatzansprüche besteht. Bei der Erstklägerin sind weitere Ansprüche schon deswegen möglich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß ihre Nierenverletzung noch weitere, derzeit nicht absehbare gesundheitliche Schäden bedingt. Es wurde daher für beide Kläger das Feststellungsinteresse richtig bejaht.
Die Revision mußte daher in der Hauptsache im Verhältnis zur Erstklägerin erfolglos bleiben, im Verhältnis zum Zweitkläger hatte sie nur hinsichtlich der Rentenansprüche ab 1. Feber 1967 teilweise Erfolg.
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