OGH 2Ob153/02t

OGH2Ob153/02t27.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Peter A*****, und 2. Susanne A*****, vertreten durch Dr. Kasseroler & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei *****F*****-Vereine, ***** vertreten durch Rechtsanwälte Weissborn & Wojnar Kommandit-Partnerschaft in Wien, wegen Feststellung und Einwilligung in die Einverleibung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 25. Oktober 2001, GZ 1 R 325/01b-35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 19. April 2001, GZ 30 C 707/99g-30, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien haben die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei der Zurückweisung einer Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Die Kläger begehren die Feststellung ihres Rechtes zur Mitbenützung eines bestimmten Sees zum Baden sowie die Einwilligung in die Einverleibung des unentgeltlichen Dienstbarkeitsrechtes der Mitbenützung dieses Sees zum Baden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung es sprach aus, der Wert des Gegenstandes, über den es entschieden habe, übersteige S 52.000, nicht aber S 260.000, die ordentliche Revision sei nicht zulässig.

Über Antrag der beklagten Partei änderte das Berufungsgericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision dahin ab, dass diese doch für zulässig erklärt werde. Es begründete diesen Ausspruch damit, dass aus den von der Zulassungswerberin angeschnittenen, durch oberstgerichtliche Judikatur noch nicht geklärten Rechtsfragen unter Umständen eine andere rechtliche Betrachtungsweise folgen könnte, weshalb die Revision dennoch zulässig sei.

Durch diese Ausführungen wird aber eine erhebliche Rechtsfrage nicht dargetan, sie sind auch nicht zutreffend.

Die beklagte Partei macht in ihrem Rechtsmittel nämlich geltend, das Berufungsgericht habe den derzeitigen Stand der Rechtsprechung zur Frage der Durchbrechung des grundbücherlichen Eintragungsgrundsatzes bei offenkundigen Servituten im Zwangsversteigerungsverfahren unter Bezugnahme auf die Entscheidungen 6 Ob 79/98f und 8 Ob 16/00m richtig wiedergegeben. Diese Judikatur würde bei Anwendung auf einen sich heute ereignenden Sachverhalt zu der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes führen. Die Vorinstanzen hätten aber übersehen, dass der Eigentumserwerb des Vormannes der beklagten Partei durch Zuschlag im Jahre 1967 erfolgt sei. Nach der Rechtsprechung zu diesem Zeitpunkte habe aber der Ersteher nicht das belastete Eigentum des Verpflichteten, sondern nur die ihm in den Versteigerungsbedingungen auferlegten Lasten zu übernehmen gehabt. Nicht verbücherte Dienstbarkeiten seien gegenüber dem Ersteher wirkungslos geblieben, wenn sie nicht bis zur Versteigerung gegen den Verpflichteten mit Klage zur Geltendmachung der Dienstbarkeit durchgesetzt und exekutiv oder durch eine freiwillig ausgestellte Erklärung des Verpflichteten verbüchert worden seien. Daraus folge, dass der Voreigentümer unbelastetes Eigentum erworben habe. Eine spätere Änderung der Judikatur sei aber nicht geeignet, den Umfang des mit Zuschlagserteilung abgeschlossenen Erwerbes des Eigentumsrechtes nachträglich zu beschränken. Es fehle an einer Rechtsprechung zu dieser konkreten Rechtsfrage, ob die Beurteilung, ob im Zwangsversteigerungsverfahren durch Zuschlag lastenfrei erworben worden sei, auf die Interpretation der Rechtslage durch herrschende Judikatur im Zeitpunkt des Zuschlages oder die Interpretation der unveränderten Rechtslage im Zeitpunkt einer späteren, in einem Verfahren vorzunehmenden Beurteilung abzustellen sei, wobei dieser spätere Zeitpunkt lediglich davon abhänge, wann Klage geführt werde, sohin willkürlich sei. Es bestehe auch keine Judikatur zur Frage, ob der Umfang eines mit Zuschlag erworbenen Eigentumsrechtes infolge Änderung der Judikatur beschränkt werde. Schließlich fehle es an einer Rechtsprechung dazu, ob die Erwerberin einer im Zwangsversteigerungsverfahren nach Rechtslage und Judikatur im Zeitpunkt des Zuschlages von den behaupteten Rechten der Kläger lastenfrei erworbenen Liegenschaft trotz Indizien für das Bestehen von Servituten auf dieser Lastenfreiheit durch Zuschlag vertrauen dürfe oder ob dies fahrlässig sei und wie weit allfällige Nachforschungspflichten bestünden.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Die beklagte Partei gesteht in ihrem Rechtsmittel - wie schon oben ausgeführt - selbst zu, dass - unter Zugrundelegung der nunmehrigen Rechtsprechung - ihr Vormann nicht lastenfrei Eigentum erworben habe. Sie meint aber, dass dies nach der damals herrschenden Rechtsprechung so gewesen sei. Dabei entgeht der beklagten Partei aber, dass für zivilgerichtliche Erkenntnisse kein Rückwirkungsverbot besteht. Änderungen der Judikatur erfassen daher auch davor verwirklichte Sachverhalte (RIS-Justiz RS01098026 SZ 70/245). Es ist daher auch die Frage des Eigentumserwerbes des Vormannes der Klägerin unter Zugrundelegung der nunmehr herrschenden Rechtsprechung zu beurteilen, wobei die beklagte Partei insoweit selbst zugesteht, dass die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes - aufbauend auf dieser Rechtsprechung - insoweit zutreffend ist.

Es fehlt somit an einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, weshalb das Rechtsmittel der beklagten Partei zurückzuweisen ist.

Die klagenden Parteien haben die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen, weil sie nicht auf die Unzulässigkeit der Revision der beklagten Partei hingewiesen haben.

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