European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0020OB00149.75.0828.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagten haben zur ungeteilten Hand der Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens von 6.538,94 S (davon 342,14 S Umsatzsteuer und 1.920,— S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der vorliegende Rechtsstreit beschäftigt nun schon zum vierten Mal den Obersten Gerichtshof (siehe 2 Ob 288/70, 2 Ob 82,83/72, 2 Ob 176/74).
Am 7. 5. 1968 verschuldete der Erstbeklagte als Lenker eines vom Zweitbeklagten gehaltenen PKWs, auf der Kremstal‑Bundesstraße einen Verkehrsunfall, wobei der Gatte der Klägerin und deren Tochter R* getötet wurden. Die Witwe forderte von den Beklagten zur ungeteilten Hand den Ersatz des ihr seitens des Ehegatten entgangenen Unterhaltes.
Da zuletzt im dritten Rechtsgang der Oberste Gerichtshof die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen hatte (2 Ob 176/74), mußte dieses neuerlich über die Berufungen beider Streitteile gegen das Endurteil des Erstgerichtes vom 9. 11. 1973 entscheiden. Es gab beiden Berufungen teilweise Folge, jener der Klägerin insoferne, als ihre Ansprüche nicht teilweise verjährt seien, jener der Beklagten insoweit, als sie sich gegen eine „Valorisierung“ der zuzuerkennenden Rentenbeträge wandten.
Die Beklagten erheben Revision nach § 503 Z. 1, 2 und 4 ZPO.; sie beantragen, den Zuspruch von 79.902,06 S samt Anhang laut Punkt I) a) des Berufungsurteils und den Zuspruch von monatlichen Beträgen laut Punkt I) b) Z. 1‑13 des Berufungsurteiles in eine Klagsabweisung abzuändern; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht begründet.
Die Revisionswerber erblicken eine Nichtigkeit des Berufungsverfahrens darin, das Berufungsgericht habe nicht beachtet, daß aus dem zweiten Rechtsgang her für die Zeit vom September 1968 bis 1. 7. 1971 ein bereits rechtskräftig abgewiesener kapitalisierter Rentenbetrag von 49.974,84 S sowie die Abweisung eines Teilrentenbegehrens von 1.489,11 S monatlich für die Zeit vom 1. 7. 1971 bis 31. 3. 1994 vorliege. Da die Klägerin gegen diese Abweisungen seinerzeit nicht Revision erhoben habe, liege Rechtskraft nach § 411 ZPO. vor. Eine Änderung der Urteilsgrundlagen sei im dritten Rechtsgang nicht behauptet worden.
Das Berufungsgericht hat jedoch die Frage der Rechtskraft, die in der Berufung nicht angeschnitten worden war, von Amts wegen geprüft und verneint (S. 615). Diese Verneinung einer Nichtigkeit durch das Berufungsgericht ist unanfechtbar. Daran ändert auch nichts, daß dies nur in den Entscheidungsgründen ausgeführt wurde, zumal mangels Geltendmachung keine Möglichkeit einer spruchgemäßen Entscheidung bestand (vgl. Fasching IV 299 Anm. 4 lit. a).
Als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens werden „Art und Umfang der Anwendung des § 273 ZPO. durch das Berufungsgericht" geltend gemacht: Bei der Berechnung der Witwenrente ab 1973 werde ein Betrag von 1.600,— S für fixe Haushaltskosten ausgewiesen. Als Nachweis dafür seien nur Privaturkunden vorgelegen, deren Richtigkeit die Beklagten bestritten hätten. Für diesen Fall sehe das Gesetz vor, daß die beweisführende Partei die Richtigkeit der Privaturkunden zu beweisen habe. Die Klägerin habe diesen Beweis nicht angetreten und das Berufungsgericht habe diesen Beweismangel durch Anwendung des § 273 ZPO. selbst behoben, obwohl der Beweis keineswegs mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu erbringen gewesen wäre.
Das Berufungsgericht hat jedoch, wie aus S. 15 des Berufungsurteiles hervorgeht, in freier Beweiswürdigung den von der Klägerin vorgelegten Privaturkunden über ihre fixen Haushaltskosten Glauben geschenkt. Den strikten Nachweis, daß diese Ausgaben bis zum Jahre 2004 weiterlaufen werden, kann die Klägerin aber begreiflicherweise nicht erbringen, weshalb das Berufungsgericht § 273 Abs. 1 ZPO. angewendet hat.
Bemängelt wird ferner, daß durch prozentuelle Abzüge von den fiktiven Aktiv- und Pensionsbezügen des Verunglückten dessen fiktive Nettobezüge ermittelt wurden. In dieser Hinsicht hielt jedoch das Berufungsgericht eine sich auf eine Mitteilung des Zentralbesoldungsamtes (ONr. 65) stützende Vorgangsweise ein, die vom Obersten Gerichtshof schon im vorigen Rechtsgang für unbedenklich erachtet wurde, so daß diese Frage nicht nochmals aufgeworfen werden kann.
Gerügt wird schließlich, daß der Rente der Klägerin ein 10%iges Einkommens- bzw. Lohnsteuerpauschale zugeschlagen wurde, obwohl dieser Anspruch dem Grunde nach nicht feststehe. Hier hätte nur ein Steuersachverständiger Klarheit schaffen können.
Ein 10%iger Zuschlag zum Nettounterhaltsentgang der Klägerin wegen der für die Rente zu entrichtenden Einkommensteuer findet sich aber ebenfalls schon im vorigen Rechtsgang im Berufungsurteil (S. 523), ohne daß der Oberste Gerichtshof diese Berechnungsart missbilligt hätte. Es gilt daher das vorhin Gesagte auch für diesen Punkt.
Zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird geltend gemacht, daß nicht künftige Erhöhungen der Witwenpension der Klägerin als Abzugspost berücksichtigt worden seien.
Der Oberste Gerichtshof hat aber schon im vorigen Rechtsgang diese Vorgangsweise des Berufungsgerichtes gebilligt (2 Ob 176/74, ONr. 89, S. 579), weil die Beklagten keine konkreten Prozeßbehauptungen darüber aufgestellt haben, daß sich die Witwenrente der Klägerin künftig in einem heute bereits ziffernmäßig genau bestimmbaren Ausmaß erhöhen werde. Es kann daher auch dieser Punkt nicht nochmals zur Sprache gebracht werden. Im Übrigen werden zu diesem Revisionsgrund die vorigen Ausführungen wiederholt, zu denen bereits Stellung genommen wurde.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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