OGH 2Ob146/50

OGH2Ob146/505.4.1950

SZ 23/90

Normen

Mietengesetz §17
Mietengesetz §17

 

Spruch:

Zur Frage der Ablöse bei Geschäftslokalen.

Entscheidung vom 5. April 1950, 2 Ob 146/50.

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Der Vater des Klägers betrieb in Räumlichkeiten seines eigenen Hauses auf Grund einer ihm erteilten Gewerbeberechtigung seit dem Jahre 1913 den Verkauf von Farben, Lacken, Fetten, Ölen und chemischen Produkten; im Jahre 1940 wurde der Betrieb, der in der letzten Zeit faktisch vom Kläger geführt worden war, stillgelegt. Am 5. September 1946 vermietete der Kläger als nunmehriger Hauseigentümer die Räume den Beklagten zur Ausübung eines Drogistengewerbes; nach dem Inhalte des Mietvertrages hatten die Beklagten einen Zins von monatlich 200 S und außerdem eine Umsatzprovision von 2 bis 3% zu bezahlen. Die Preisbehörde setzte den Mietzins auf 175 S monatlich herab und verwies die Parteien, "soweit im Mietvertrag andere Rechtsverhältnisse geregelt sind", auf den Zivilrechtsweg. Der Kläger begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der vereinbarten Umsatzprovision.

Das Prozeßgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Für das Schicksal des Prozesses gibt die Lösung der Frage den Ausschlag, ob nach den Feststellungen der Untergerichte der Umsatzprovision eine vermögenswerte Gegenleistung des Vermieters gegenübersteht. Die Lösung dieser Frage durch das Berufungsgericht in verneinendem Sinne entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und auch der herrschenden Auffassung im Schrifttum (vgl. E. v. 22. Mai 1930, JBl. 1930, S. 476, und v. 24. Oktober 1929, ZBl. 1930, Nr. 41, sowie Ohmeyer, "Die "Ablöse" bei Mietverträgen", JBl. 1931, Nr. 1 und 23). Wie der Oberste Gerichtshof in den vorerwähnten Entscheidungen bei der Beurteilung der Berechtigung von Ablösen für Geschäftslokalitäten ausgesprochen hat, ist eine Ablöse für die Übertragung eines lebenden Geschäftsunternehmens zulässig, nicht aber für die Übertragung des Geschäftspostens allein. Die Übertragung eines Geschäftsunternehmens wäre nun anzunehmen, wenn der Kundenkreis und damit die Absatzgelegenheit, der geschäftliche Ruf, die Organisation des Betriebes und dergleichen mehr mit übergegangen wären. All dies stellt vermögenswerte Güter dar. Da aber die Geschäftslokalitäten nicht zur Fortführung eines gleichen Betriebes, sondern zur Ausübung eines anderen Gewerbes dienen und, abgesehen von den vier für die rechtliche Beurteilung nicht in Betracht kommenden leeren Ölbehältnissen, keine Geschäftseinrichtung mit übertragen wurde, handelt es sich im vorliegenden Fall nur um die Vermietung von leeren Geschäftslokalitäten. Die Aufgabe des Mietgegenstandes, der bisher als Geschäftslokal verwendet wurde, hat den Verlust der Erwerbsmöglichkeit an der bisherigen Betriebsstätte zur notwendigen Folge. Dieser Verlust kann daher nicht als besondere Leistung des Vermieters neben der Aufgabe der Bestandsache gewertet werden und rechtfertigt nicht die Entrichtung eines besonderen Entgeltes. Steht aber der Umsatzprovision nicht neben der Überlassung der Geschäftslokalitäten noch eine andere Gegenleistung des Vermieters gegenüber, dann stellt sie sich als Teil des Mietzinses dar und ist insoweit, als sie den preisbehördlich festgesetzten Mietzins überschreitet, verboten und nichtig.

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