OGH 2Ob143/14i

OGH2Ob143/14i11.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

 Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen A*****, wegen Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Kinder‑ und Jugendhilfeträgers Land Kärnten, Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt, Bereich 9 ‑ Jugend und Familie, 9010 Klagenfurt am Wörthersee, Völkermarkter Ring 19, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 16. Juni 2014, GZ 4 R 179/14m‑79, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00143.14I.0911.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

 

Begründung:

Der Kinder‑ und Jugendhilfeträger stellte den Antrag, der Mutter den Obsorgeteilbereich Pflege und Erziehung zu entziehen und an ihn zu übertragen.

Das Erstgericht trug der Mutter des Minderjährigen auf, zur Feststellung einer allfälligen Drogenkonsumation eine Haaranalyse durchführen zu lassen.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluss des Erstgerichts ersatzlos auf und ließ den Revisionsrekurs nicht zu. Es erwog, dass ungeachtet des im Außerstreitverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes die Mutter mehrfach durch ‑ im Hinblick auf einen Drogenkonsum jeweils negative ‑ Urinproben überprüft worden sei. Entgegen der nicht näher untermauerten Behauptung des Antragstellers sei es äußerst unwahrscheinlich, dass die Urinproben wegen der Abgabe von „Fremdharn“ durch die Mutter verfälscht seien. Es sei daher von einem biochemisch richtigen Ergebnis auszugehen. Überdies sei die Relevanz dieser Untersuchung nicht erkennbar, habe doch niemand behauptet, die Mutter sei wegen Drogenkonsums in ihrer Erziehungsfähigkeit eingeschränkt. Schließlich greife die vom Erstgericht ausgesprochene Verpflichtung der Mutter zur Abgabe einer Haarprobe in deren Grundrecht nach Art 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) ein. Dies sei nur so weit zulässig, als es zum Schutz der Gesundheit und der Rechte und Freiheiten anderer (hier nämlich ihrer Kinder) notwendig sei. Diese Notwendigkeit bestehe im vorliegenden Fall nicht.

Dagegen richtet sich der an das Rekursgericht gerichtete Antrag auf Abänderung des Unzulässigkeitsausspruchs, verbunden mit dem an den Obersten Gerichtshof gerichteten ordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers.

Das Rechtsmittel ist ungeachtet seiner Bezeichnung als außerordentlicher Revisionsrekurs zu behandeln, da der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist (§ 62 Abs 5 AußStrG; vgl auch 7 Ob 145/12t = RIS‑Justiz RS0036258 [T26]).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Die Prüfung, ob zur Gewinnung der erforderlichen Feststellungen noch weitere Beweise notwendig sind, ist ein Akt der Beweiswürdigung, deren Überprüfung dem Obersten Gerichtshof entzogen ist (RIS‑Justiz RS0043414 [T4]). Dies betrifft hier die Frage der Einholung einer Haarprobe der Mutter.

Weiters ist nach dem vom Rekursgericht angenommenen Sachverhalt die Richtigkeit der negativen Urinproben erwiesen. Auch dabei geht es um die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbare Beweiswürdigung.

Auf die von der Rechtsmittelwerberin aufgeworfene Abwägung der Interessen zwischen dem mit einer Haaranalyse verbundenen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Mutter und dem zu gewährleistenden Kindeswohl kommt es daher nicht an.

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