OGH 2Ob111/69

OGH2Ob111/6920.11.1969

SZ 42/174

Normen

ZPO §1
ZPO §190
ZPO §1
ZPO §190

 

Spruch:

Der Sozialversicherungsträger, der einen positiven Bescheid erlassen hat und diesem zufolge Leistungen an den geschädigten Sozialversicherten erbringt, ist jedenfalls Zessionar.

Entscheidung vom 20. November 1969, 2 Ob 111/69.

I. Instanz: Kreisgericht Krems a. d. D.; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Am 14. April 1963 erlitt Hildegard E., nunmehr verehelichte M., in Krems an der Donau als Mitfahrerin auf dem von ihrem nachmaligen Gatten Alfred M. gelenkten Moped einen Unfall, dessen Alleinverschulden den Erstbeklagten, der seinerseits ein Moped gelenkt hatte, trifft. Halterin des Mopeds, das vom Erstbeklagten gelenkt worden war, war die Zweitbeklagte. Der Erstbeklagte ist wegen dieses Unfalles strafgerichtlich verurteilt worden. Die Klägerin, bei der Hildegard M. pflichtversichert war, hat diesen Unfall als Arbeits(weg)unfall anerkannt und in der Zeit vom 9. Juni 1963 bis 30. Juni 1967 an ihre Versicherte eine Versehrtenrente von insgesamt 6768.50 S erbracht. Sie begehrt, gestützt auf § 332 ASVG., von den Beklagten den Ersatz dieses Betrages und stellt ferner ein Feststellungsbegehren.

Das Erstgericht hat im Sinne des Klagebegehrens entschieden.

Über Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Ersturteil im Leistungsausspruch ohne Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen. Es hat jedoch mit Teilurteil die erstgerichtliche Entscheidung im Feststellungsausspruch bestätigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beiden Beklagten gegen das Teilurteil nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision will in der Rechtsrüge dartun, daß der Unfall der Hildegard M. kein Arbeitsunfall im Sinne der §§ 175 ff. ASVG. war, ferner, daß die Gerichte an einen Bescheid des Sozialversicherungsträgers, mit dem ein Arbeitsunfall festgestellt wurde, nicht gebunden sind.

Die Beantwortung beider Fragen kann im vorliegenden Fall - wie die Revisionsbeantwortung zutreffend aufzeigt - dahingestellt bleiben. Es steht außer Streit, daß die Klägerin der Geschädigten aus Anlaß des gegenständlichen Unfalles Leistungen erbracht und solche auch in Zukunft zu erbringen hat. Wenn aber immer der Sozialversicherungsträger dem Geschädigten Leistungen im Hinblick auf einen positiven Bescheid erbracht hat und weiterhin erbringt, sind die kongruenten Forderungen des Geschädigten gegen den Schädiger, auch wenn kein Arbeitsunfall vorliegen und daher keine Legalzession stattgefunden haben sollte, auf den Sozialversicherungsträger übergegangen. Zwischen dem Versicherungsträger und dem Versicherten läßt sich nämlich aus Hingabe und Annahme der Versicherungsleistung die Meinung beider entnehmen, es liege eine Zessionssituation vor. In der kundgetanen Meinung beider muß eine gewillkürte stillschweigende Zession gesehen werden, sofern eine Legalzession nicht wirklich Platz gegriffen haben sollte. Der Sozialversicherungsträger erbringt seine Leistungen eben nur gegen Abtretung der kongruenten Schadenersatzansprüche und jeder Geschädigte geht davon aus, daß er, soweit er Leistungen des Sozialversicherungsträgers bezieht, diese gegen Abtretung seiner Schadenersatzansprüche erhält. Deshalb ist der Sozialversicherungsträger, der einen positiven Bescheid erlassen hat und Leistungen erbringt, ohne Rücksicht darauf, ob ein Arbeitsunfall vorliegt oder nicht, wirklicher Gläubiger. Deshalb ist es auch ohne Rücksicht darauf, ob eine wirksame Legalzession vorliegt, d. h. ein Arbeitsunfall gegeben ist, dem Zivilgericht verwehrt, die auf das Nichtvorliegen eines Arbeitsunfalles gegrundete Rüge der Klagslegitimation des Sozialversicherungsträgers zu beachten (siehe hiezu: Selb in ZAS. 1967, S. 146 f. und OGH. 27. Oktober 1961, 2 Ob 180/61 = JBl. 1962 S. 264).

Bereits aus diesen Erwägungen muß der Revision ein Erfolg versagt bleiben, ohne daß es erforderlich wäre, diesfalls auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen.

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