European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020OB00109.23B.0627.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Unterhaltsrecht inkl. UVG
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Gegenstand des Rekursverfahrens ist ein auf § 94 ABGB iVm Art XLII EGZPO gestütztes Rechnungslegungs- und Eidesleistungsbegehren der Klägerin.
Rechtliche Beurteilung
[2] Der gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO erhobene Rekurs ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 526 Abs 2 ZPO) – mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Auch die Zurückweisung solcher Rekurse kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO; RS0043691).
[3] 1. Der – hier maßgebliche – erste Anwendungsfall des Art XLII EGZPO begründet keinen neuen materiell‑rechtlichen Anspruch auf Rechnungslegung; er setzt eine solche Verpflichtung vielmehr voraus (RS0034986). Im streitigen Unterhaltsverfahren ist ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung betreffend die für die Unterhaltsbemessung maßgebenden Umstände anerkannt, der neben dem Nachweis, dass der Klageanspruch auf Unterhalt dem Grunde nach zu Recht besteht, weiters voraussetzt, dass der nach materiellem Recht aufgrund einer Sonderbeziehung Auskunftsberechtigte gegen den Auskunftsverpflichteten ein bestimmtes Klagebegehren auf Leistung nur mit erheblichen Schwierigkeiten, die durch eine solche Abrechnung vermieden werden können, zu erheben vermag und dass die Auskunftserteilung dem Verpflichteten zumutbar ist (RS0122058).
[4] Dass eine Rechnungslegungsverpflichtung auch durch eine Vereinbarung abgeändert oder aufgehoben werden kann, entspricht der Rechtsprechung (vgl 1 Ob 239/05m [Generalvergleich]). Ob eine vertragliche Abänderung des Rechnungslegungsanspruchs vorliegt, richtet sich nach der Parteienvereinbarung im Einzelfall, deren Beurteilung aber nur dann eine erhebliche Rechtsfrage aufwirft, wenn infolge wesentlicher Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares, fundamentale Auslegungsregeln verletzendes Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936; RS0042776 [T22]).
[5] Weshalb die Beurteilung des Berufungsgerichts, die (bloß mit der prozessualen Vorgangsweise im Zusammenhang stehende) Einigung der Parteien anlässlich einer Tagsatzung, zunächst ein Sachverständigengutachten zur Eruierung der Unterhaltsbemessungsgrundlage einzuholen, stelle keine vertragliche, das Auskunftsinteresse beseitigende Abänderung des Auskunftsanspruchs dar, das Ergebnis unvertretbarer Erklärungsauslegung sein soll, legt der Rekurs nicht dar.
[6] 2. Zwar ist ein Rechnungslegungsbegehren abzuweisen, wenn dem Berechtigten die notwendigen Daten bereits bekannt sind, er also schon über die für die behauptete Anspruchsverfolgung erforderlichen Informationen verfügt (RS0034956 [T1]; RS0034907). Inhalt und Umfang der Rechnungslegungspflicht richten sich aber ebenso nach den Umständen des Einzelfalls (RS0019529 [T7]) wie die Frage, ob bereits eine formell vollständige Rechnung gelegt wurde (RS0035044 [T6]).
[7] Eine unvertretbare Fehlbeurteilung zeigt der Beklagte auch im Zusammenhang mit der Erfüllung des Rechnungslegungsanspruchs nicht auf. Vielmehr unterlässt er jede Auseinandersetzung mit dem Argument des Berufungsgerichts, aus den Feststellungen des Erstgerichts und dem bloßen Verweis auf die lediglich gegenüber dem Sachverständigen erteilten Auskünften und übergebenen Unterlagen, die zu zahlreichen Rechenvarianten geführt hätten, bleibe unklar, inwieweit eine formell vollständige Auflistung der erzielten Einkünfte vorliege. Die sich mit diesen rechtlichen Argumenten des Berufungsgerichts überhaupt nicht auseinandersetzende und daher nicht gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge kann aber keine Überprüfung der in der angefochtenen Entscheidung insoweit vertretenen Rechtsansicht bewirken (RS0043654 [T14, T15], RS0043605 [T1]).
[8] 3. Insoweit das Berufungsgericht den Sachverhalt in der von ihm aufgezeigten Richtung als ergänzungsbedürftig erachtet, kann dem der Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (RS0042179).
[9] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Im vorliegenden Zwischenstreit über die (mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte) Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss im Sinn des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO gibt es keinen Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO (RS0123222 [T2]). Die Klägerin hat aber auf die Unzulässigkeit nicht hingewiesen, sodass ihre Rekursbeantwortung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente (RS0035979).
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