Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Rekursgerichts wird in ihrem angefochtenen Punkt B dahin abgeändert, dass dem Rekurs des MMag. Johannes Pf***** gegen Punkt 2. des Beschlusses des Erstgerichts ebenfalls nicht Folge gegeben und damit die abweisliche Entscheidung des Erstgerichts auch in diesem Punkt wiederhergestellt wird.
Text
Begründung
Die am 4. 6. 2007 verstorbene Erblasserin setzte in ihrem Testament vom 4. 10. 2005 - unter gleichzeitiger Enterbung ihres Adoptivsohnes - als Erben zu drei gleichen Teilen ihre beiden Enkelinnen Caroline und Irene sowie das St. Anna-Kinderspital in Wien ein, und traf im Schlussabsatz folgende weitere Anordnung:
„Als Testamentsvollstrecker setze ich MMag. Johannes Pf*****, ..., ein. Er hat nach meinem Ableben mein Vermögen (Liegenschaften, bewegliches Vermögen) zu veräußern und den Erlös an meine Erben zu verteilen, sowie meine Verlassenschaft notfalls prozessual zu vertreten, falls Herr ... [Adoptivsohn] seine Enterbung oder die Reduzierung seines Pflichtteils nicht akzeptiert. Die Einsetzung des Testamentsvollstreckers verfüge ich ausdrücklich als Auflage für die Erben."
Sämtliche eingesetzten Erben gaben im Verlassenschaftsverfahren bedingte Erbantrittserklärungen zu je einem Drittel des Nachlasses ab; die Enkelinnen lehnten gleichzeitig die Beiziehung des genannten Rechtsanwalts als Testamentsvollstrecker ab, da er die Erblasserin nach der Testamentserrichtung wegen einer Honorarforderung geklagt habe, wodurch eine Verletzung des Vertrauensverhältnisses eingetreten sei (ON 19 und 20).
Rechtsanwalt MMag. Pf***** seinerseits beantragte beim Abhandlungsgericht - unter Hinweis auf seine Einsetzung im Testament -, ihn für den Fall, dass der Adoptivsohn seine Enterbung akzeptiert, oder zwischen ihm und den Erben eine Einigung erzielt wird, „als Verlassenschaftskurator zu bestellen" (ON 3), sowie ihn weiters „zur Vertretung des Nachlasses mit dem Auftrag, das Nachlassvermögen zu veräußern und den Erlös an die testamentarischen Erben zu verteilen, zu ermächtigen", wobei er gleichzeitig mitteilte, „aufgrund des erteilten Auftrags ermächtigt und verpflichtet zu sein, gegebenenfalls im Klagsweg auf Zuhaltung der Auflage zu dringen" (ON 44). Schließlich beantragte er, den Verlassakt dem Gerichtskommissär wegen Befangenheit zu entziehen und einen anderen Gerichtskommissär mit der Weiterführung des Verfahrens zu beauftragen (ON 47).
Das Erstgericht wies sämtliche Anträge ab. Begründend führte es aus, dass der Gerichtskommissär keine gesetzlichen Vorschriften verletzt habe und seine bisherige Vorgehensweise weder der Rechtsprechung noch „den gesetzlichen Gegebenheiten" widerspreche; der Antrag auf Bestellung zum Verlassenschaftskurator sei abzuweisen, weil § 156 Abs 2 AußStrG darauf abziele, dass die Bestellung eines solchen überhaupt erforderlich sei, was aber nicht zutreffe, weil der (enterbte) Adoptivsohn bislang keine Rechte geltend gemacht habe (ON 48).
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Testamentsvollstreckers gegen die Abweisung seines Antrags auf Enthebung des Gerichtskommissärs wegen Befangenheit nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei (Punkt A); dieser Teil der Entscheidung des Rekursgerichts ist in Rechtskraft erwachsen. Im Übrigen gab es jedoch dem Rekurs Folge, hob den bekämpften Beschluss in seinem Punkt 2. auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf; weiters sprach das Rekursgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 20.000 EUR übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei (Punkt B).
Zu diesem allein noch gegenständlichen Teil seiner Entscheidung führte es (zusammengefasst) aus:
Das Amt des Testamentsvollstreckers sei lediglich sehr knapp in § 816 ABGB geregelt, seine Stellung im Nachlassverfahren nur in § 174 AußStrG. Dieses normative Defizit an Regelungen habe mehrere Rechtsfragen aufgeworfen, darunter jene, inwieweit sich der Erbe die Testamentsvollstreckung gefallen lassen müsse. Das Rekursgericht folge hiebei jener Lehre und Rechtsprechung, wonach der Erbe die ihm unangenehme Nachlassverwaltung jederzeit widerrufen könne, sobald er die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses erreicht habe, was nunmehr bei bloßer Abgabe der Erbantrittserklärung und Erbringen des Erbrechtsausweises der Fall sei. Der Erbe müsse nur erklären, auf welchen Rechtstitel er sich berufe und ob er die Erbschaft unbedingt oder bedingt annehmen wolle; diesen Voraussetzungen genügten die hier vorliegenden drei Erbantrittserklärungen. Mehrere Erben bildeten hiebei eine Gemeinschaft im Sinne der §§ 825 ff ABGB. Daraus folge, dass mehrere Erben, die vor der Einantwortung eine letztwillig angeordnete Nachlassverwaltung widerrufen wollen, gemeinschaftlich vorgehen müssten. Da im vorliegenden Fall lediglich die beiden Enkeltöchter erklärt hätten, die Beiziehung des Testamentsvollstreckers ausdrücklich abzulehnen, nicht aber auch der Vertreter des St. Anna-Kinderspitals, werde das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zu klären haben, ob zwischen den drei Erben insoweit Einigkeit über den Ausschluss des Testamentsvollstreckers bestehe. Bejahendenfalls werde Rechtsanwalt MMag. Pf***** im Verfahren keine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker entfalten können, andernfalls hingegen schon, wenn nicht das Erstgericht wegen Uneinigkeit der Erben die Bestellung eines Verlassenschaftskurators (§ 156 AußStrG) für erforderlich erachte (§ 173 Abs 1 AußStrG). Dass die letztwillige Einsetzung des Testamentsvollstreckers hiebei als „Auflage" verfügt worden sei, sei unbeachtlich, weil im Zweifel ein Wille des Erblassers nicht anzunehmen sei, wonach der Erbe den Nachlass verlieren solle, wenn er gegen die Verwaltungsanordnungen des Erblassers verstoße. MMag. Pf***** habe in seinem Rekurs selbst ausgeführt, es sei offensichtlich nicht die Absicht der Erblasserin, dass nicht die im Testament Eingesetzten, sondern die gesetzlichen Erben (der Adoptivsohn und eine Schwester) den Nachlass erhalten sollten, zumal sie den Adoptivsohn sogar ausdrücklich enterbt habe.
Der Rekurs (richtig: Revisionsrekurs; Klicka in Rechberger, AußStrG § 64 Rz 1) an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt, da (soweit erkennbar) höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Fall, insbesondere eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen Zankls (in NZ 1998, 71 ff) nicht vorhanden sei.
Noch während laufender Rechtsmittelfrist teilte auch der Vertreter des erbantrittserklärten St. Anna-Kinderspitals dem Abhandlungsgericht mit, für die Beiziehung eines Testamentsvollstreckers keine Notwendigkeit zu erblicken, würde eine solche doch „nur einer einzigen Person zum Wohl gereichen", nämlich diesem selbst (aufgrund des „standesgemäßen Entlohnungsanspruchs" zu Lasten der „Erbmasse"; ON 90).
Gegen Punkt B) der Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der auf die Rechtsmittelgründe der Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs des Testamentsvollstreckers mit dem Antrag, in Abänderung des bekämpften zweitinstanzlichen Beschlusses seinem Antrag auf Bestellung als Verlassenschaftskurator mit dem Auftrag und der Ermächtigung zur Veräußerung des Nachlassvermögens stattzugeben.
Revisionsrekursbeantwortungen wurden nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch wegen Entscheidungsreife in der Sache selbst berechtigt, jedoch im Sinne eines abweislichen Ergebnisses.
Dies aus folgenden Erwägungen:
Vorauszuschicken ist, dass auf das gegenständliche Verlassenschaftsverfahren die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes BGBl I 2003/111 idgF anzuwenden sind (§ 205). Die Person und das Amt des Testamentsvollstreckers werden im neuen Gesetz nur an einer einzigen Stelle, nämlich in § 174 Abs 1 AußStrG unter den vom Gerichtskommissär zur mündlichen Verhandlung bei Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger (nach §§ 813 ff ABGB) zu ladenden Personen, erwähnt. Darüber hinaus findet sich eine Regelung bloß noch im § 816 ABGB (Stammfassung), wonach es einem vom Erblasser „erlangten Vollzieher (Exekutor) seines letzten Willens" freigestellt ist („hängt es von dessen Willkür ab"), „dieses Geschäft auf sich zu nehmen" (oder auch nicht), und er bejahendenfalls „entweder als ein Machthaber die Anordnungen des Erblassers selbst zu vollziehen, oder den saumseligen Erben zur Vollziehung derselben zu betreiben schuldig ist". Angesichts dieser in der Tat sehr knappen gesetzlichen Bestimmungen sind auch weiterhin die bisherige Judikatur und Lehre heranzuziehen. Danach steht dem Testamentsvollstrecker aber zwar hinsichtlich seiner Aufgaben ein Antrags- und Rechtsmittelrecht zu (SZ 69/263; RIS-Justiz RS0106750), auf die Durchführung der Abhandlung an sich steht ihm jedoch kein Einfluss zu (EvBl 1957/73; Sailer in KBB ABGB2 § 816 Rz 4; Welser in Rummel, ABGB3 § 816 Rz 8 und 9; Eccher in Schwimann, ABGB3 § 816 Rz 5 ff).
Der Testamentsvollstrecker hat primär Überwachungs- und Betreibungsaufgaben; diese Funktion ist grundsätzlich - den Fall der Abberufung durch das Gericht aus wichtigen Gründen ausgenommen - unwiderruflich und unkündbar (vgl F. Bydlinski, Letztwillige Verwaltungsanordnungen, JBl 1981, 72 [73]; Zankl, Vertretungs- und schadenersatzrechtliche Aspekte der Testamentsvollstreckung, JBl 1998, 293 [294]). Darüber hinaus (also zusätzlich) können ihm aber auch im Rahmen der zu besorgenden Aufgaben Verwaltungsfunktionen zukommen; maßgeblich ist stets der Wille des Erblassers (zu beiden Funktionen siehe auch 2 Ob 105/98z). Nur letztere können ihm die Erben entziehen, nicht aber sein Amt schlechthin; dies kann nur das (Abhandlungs-)Gericht aus wichtigem Grund (vgl F. Bydlinski aaO; 2 Ob 105/98z mwN). Im vorliegenden Fall wurden dem Rechtsmittelwerber von der Erblasserin als Testamentsvollstrecker solche Verwaltungsaufgaben übertragen, nämlich die Veräußerung und Liquidierung des erblasserischen Vermögens samt anschließender Verteilung auf die drei eingesetzten Erben (die zusätzliche prozessuale Vertretung des Nachlasses in einem Pflichtteilsstreit des enterbten Adoptivsohns ist zufolge zwischenzeitlicher Annahme dessen Vergleichsvorschlags durch sämtliche Erbenvertreter überholt: vgl ON 73, 83 und 90).
Da nach § 810 Abs 1 ABGB der Erbe (bei mehreren Personen diese gemeinsam, sofern sie nichts anderes vereinbaren), „der bei Antretung der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweist", das ihm ex lege (also ohne Gerichtsbeschluss: 2 Ob 243/07k) zustehende Recht hat, „das Verlassenschaftsvermögen zu benützen, zu verwerten und die Verlassenschaft zu vertreten, solange das Verlassenschaftsgericht nichts anderes anordnet", und nur (wovon hier nicht auszugehen ist: vgl etwa den Schriftsatz des Vertreters der Erbin St. Anna-Kinderspital ON 90, wonach sämtliche Verwaltungstätigkeiten der übrigen zwei Erbinnen ausdrücklich „gebilligt" werden) bei fehlender Einigung oder Notwendigkeit eines Verfahrens über das Erbrecht (§§ 160 ff AußStrG) gemäß § 173 Abs 1 AußStrG ein Verlassenschaftskurator zu bestellen wäre, steht den Erbinnen damit grundsätzlich auch ein gemeinschaftliches Widerrufsrecht bezüglich einer ihnen „unangenehmen Nachlassverwaltung" zu (F. Bydlinski aaO 77; Sprung/Fink, Letztwillig angeordnete Nachlassverwaltung im österreichischen Recht, JBl 1996, 205 [210 und 216]), ohne dass es eines gesonderten Enthebungsbeschlusses durch das Abhandlungsgericht bedürfte.
Allerdings hat die Erblasserin im vorliegenden Fall - ausdrücklich - die Einsetzung des Testamentsvollstreckers den Erben als „Auflage" überbürdet. Auch wenn diese Konstruktion bloß obligatorische Wirkungen zu entfalten vermag (F. Bydlinski aaO 78), der Erbe also wirksam gegen die Auflage handeln kann, jedoch dann gewärtigen muss, dadurch unter Umständen den Nachlass zu verwirken (F. Bydlinski aaO), so scheidet diese Sanktion jedenfalls dann aus, wenn es sich um einen bloßen Wunsch der Erblasserin handelt, was im Zweifel anzunehmen ist (F. Bydlinski aaO 79); gegenteiligenfalls hätte die Erblasserin ein eigenes Verwaltungshandeln der Erben verbindlich ausschließen und diesen die Duldung der (ausschließlichen) Verwaltung durch ihren Vertrauensmann ebenso ausdrücklich zur Pflicht machen müssen (F. Bydlinski aaO 79), was jedoch nicht geschehen ist.
So wie ein Testamentsvollstrecker aus wichtigen Gründen als solcher gerichtlich abberufen werden kann (RIS-Justiz RS0013115), kann er also von gemeinsam agierenden Miterben (jedenfalls dann, wenn der Erblasser in einer gültigen letztwilligen Verfügung hiezu nichts Gegenteiliges angeordnet hat) von seinen Verwaltungsaufgaben enthoben werden, wobei ihm bereits nach alter Rechtslage keine Mittel zu Gebote standen, seinen Willen gegenüber einzelnen an der Abhandlung beteiligten Personen im Verlassenschaftsverfahren zwangsweise zur Geltung zu bringen (RIS-Justiz RS0106750). Soweit Zankl aaO (in teleologischer Reduktion des in § 816 ABGB enthaltenen Verweises auf das von F. Bydlinski für wesentlich erachtete Vollmachtsrecht) zu einem gegenteiligen Ergebnis im Sinne einer unwiderruflichen Bevollmächtigung bzw „prinzipiellen Unabsetzbarkeit" des Testamentsvollstreckers (schlechthin) gelangt (in diesem Sinne wohl auch Welser in Rummel, ABGB3 § 816 Rz 17), kann dem aus den vorstehenden Erwägungen nicht gefolgt werden.
Die vom Rekursgericht (im Rahmen seines Aufhebungsbeschlusses) für erforderlich erachtete Abklärung, „ob zwischen den drei Erben Einigkeit über den Ausschluss des Testamentsvollstreckers besteht", in welchem Fall der Genannte im Abhandlungsverfahren „keine Tätigkeit (mehr) als solcher entfalten werde können" (S 7 der Rekursentscheidung), beruht damit an sich auf einer im obigen Sinne zutreffenden Rechtsansicht. Allerdings hat der dritte Erbenvertreter (St. Anna-Kinderspital) eben diese fehlende Erklärung zwischenzeitlich (noch vor Einbringung des Revisionsrekurses) dem Abhandlungsgericht gegenüber abgegeben (ON 90). Damit ist aber der Oberste Gerichtshof kraft der Sonderregel des § 70 Abs 2 AußStrG berechtigt, bereits in der Sache - im Sinne einer Nichtstattgebung des Rekurses des Testamentsvollstreckers auch gegen Punkt 2. der erstinstanzlichen Entscheidung - zufolge gegebener Entscheidungsreife zu entscheiden. Das Verbot der reformatio in peius gilt hier nicht (Fucik/Kloiber, AußStrG § 70 Rz 2; Klicka in Rechberger aaO § 70 Rz 2).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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