OGH 2Nd501/01

OGH2Nd501/0115.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko und Dr. Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Bernd Fritsch und andere Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Eveline W*****, D*****, wegen S 48.288 sA, infolge Ordinationsantrages der klagenden Partei, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag, gemäß § 28 JN aus den sachlich zuständigen Gerichten für die gegenständliche Rechtssache ein Gericht zu bestimmen, welches als örtlich zuständig gilt, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt das Entgelt für die Beistellung von Arbeitskräften über Auftrag der beklagten Partei auf einer Baustelle in Österreich. Da die klagende Partei die für den Vertrag charakteristischen Werkleistungen für die Beklagte erbracht und zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren Sitz in Österreich gehabt habe, sei österreichisches Recht anzuwenden. Infolge der anzuwendenden Bestimmungen des Europäischen Schuldvertragsübereinkommens sei somit gemäß Art 4 Abs 1 und 2 EVÜ 1980 die inländische Jurisdiktion gegeben.

Gemeinsam mit der Klage stellte die Klägerin den Antrag, der Oberste Gerichtshof wolle gemäß § 28 Abs 1 Z 1 JN aus den sachlich zuständigen Gerichten ein örtlich zuständiges bestimmen, weil gemäß Art 4 Abs 1 und 2 EVÜ 1980 die inländische Jurisdiktion gegeben sei und es an einem örtlich zuständigen inländischen Gericht fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Ordinationsantrag ist nicht berechtigt.

Gemäß § 28 Abs 1 JN hat der Oberste Gerichtshof eine Ordination durchzuführen, wenn im Inland keine örtliche Zuständigkeit gegeben ist oder sich eine solche nicht ermitteln lässt, wenn

1. Österreich aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrages zur Ausübung der Gerichtsbarkeit verpflichtet ist;

2. der Kläger österreichischer Staatsbürger ist oder seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz im Inland hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre; oder

3. die inländische Gerichtsbarkeit, nicht aber ein örtlich zuständiges Gericht vereinbart worden ist.

Entgegen der von der klagenden Partei vertretenen Ansicht ergibt sich aus Art 4 EVÜ keine Verpflichtung Österreichs, zur Ausübung der Gerichtsbarkeit. Vielmehr ist das nach den Art 3 bis 6 und nach Art 12 des EVÜ auf einen Vertrag anzuwendende Recht maßgebend für seine Auslegung, die Erfüllung der durch ihn begründeten Verpflichtungen, die Folgen der Nichterfüllung, die verschiedenen Arten des Erlöschens der Verpflichtungen und die Folgen der Nichtigkeit des Vertrages. Art 4 EVÜ enthält sohin keine Verpflichtung Österreichs, die Gerichtsbarkeit auszuüben.

Dass die Rechtsverfolgung im Einzelfall in Deutschland nicht möglich oder nicht zumutbar wäre, wird von der klagenden Partei gar nicht behauptet.

Der Ordinationsantrag war deshalb abzuweisen.

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