OGH 26Os13/14b

OGH26Os13/14b11.12.2014

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 11. Dezember 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Buresch und Dr. Morent sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Danzl in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Tagwerker als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen Dr. *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes über die Beschwerde des Kammeranwalts gegen den Beschluss des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 6. Dezember 2013, AZ D 195/13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0260OS00013.14B.1211.000

 

Spruch:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Gegen den Beschuldigten ist bei der Staatsanwaltschaft Wien ein Ermittlungsverfahren wegen des Vergehens des geheimen Nachrichtendienstes zum Nachteil Österreichs nach § 256 StGB und des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB anhängig.

Mit der angefochtenen Entscheidung gab der Disziplinarrat dem Antrag des Kammeranwalts keine Folge, gegen den Beschuldigten die einstweilige Maßnahme der Entziehung des Vertretungsrechts vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien und dem diesen in Strafsachen nachgeordneten Bezirksgerichten sowie allen diesen genannten Gerichten beigeordneten Strafverfolgungsbehörden (§ 19 Abs 1 Z 1 und Abs 3 Z 1 lit b DSt) zu beschließen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Kammeranwalts, der jedoch ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ keine Berechtigung zukommt.

Zweck der vom Kammeranwalt angestrebten einstweiligen Maßnahme ist es, zu besorgende schwere Nachteile, besonders für die Interessen der rechtsuchenden Bevölkerung oder das Ansehen des Standes, hintanzuhalten (vgl § 19 Abs 1 DSt).

Ausgehend davon kann von der Verhängung einer einstweiligen Maßnahme nach § 19 Abs 3 Z 1 lit b DSt im Hinblick auf eine ‑ wie im gegebenen Fall ‑ vom Beschuldigten abgegebene und der Staatsanwaltschaft zugestellte „Selbstverpflichtungserklärung“, bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens keine Vertretungstätigkeit vor den im Antrag des Kammeranwalts genannten Gerichten sowie allen ihnen beigeordneten Strafverfolgungsbehörden zu entfalten, abgesehen werden (RIS-Justiz RS0125185). Wenn der Beschuldigte gegen seine Selbstverpflichtungserklärung verstoßen sollte, könnte er dies zwar wirksam tun, Letzteres wäre jedoch nicht anders, wenn die einstweilige Maßnahme beschlossen worden wäre und er sich nicht daran hielte (VfSlg 15.957; „Suspensionsbruch“, vgl § 17 DSt).

Für die vom Kammeranwalt angestrebte sichernde Maßnahme besteht daher kein Grund, auch nicht mit Blick darauf, dass der Beschuldigte zwar selbstständiger Anwalt, jedoch im Rahmen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung tätig ist. Mit seiner Selbstverpflichtungserklärung werden die anderen Gesellschafter nicht gebunden. Das selbe träfe auf die angestrebte vorläufige Entziehung des Vertretungsrechts zu, sodass der Beschwerde auch unter diesem Aspekt ein Erfolg zu versagen war.

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