OGH 24Os2/15x

OGH24Os2/15x17.2.2016

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 17. Februar 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Hofstätter und Dr. Niederleitner sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als weitere Richter in den Disziplinarsachen gegen 1.) Dr. *****, Rechtsanwalt in *****, und 2.) Mag. *****, Rechtsanwalt in *****, über die Beschwerden des Kammeranwalts gegen die Beschlüsse des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 7. Oktober 2015, ad 1.) AZ D 11/14, ad 2.) AZ D 6/14, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 60 Abs 1 OGH‑Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0240OS00002.15X.0217.000

 

Spruch:

1.) Das Verfahren über die Beschwerde gegen den Rechtsanwalt Dr. ***** betreffenden Beschluss wird abgebrochen.

2.) Der Beschwerde gegen den Rechtsanwalt Mag. ***** betreffenden Beschluss wird nicht Folge gegeben.

Gründe:

Ad 1.): Mit Beschluss vom 7. Oktober 2014, AZ D 11/14 sah der Disziplinarrat der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer keinen Grund zur Disziplinarbehandlung (§ 28 Abs 3 DSt) des Rechtsanwalts Dr. ***** wegen Berufspflichtenverletzung und Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes hinsichtlich des Vorwurfs, er habe ohne erteilte Vollmacht Rechtshandlungen für Peter P***** gesetzt. Der Disziplinarrat ging dabei davon aus, dass der Beschuldigte kurzzeitig von P***** bevollmächtigt gewesen und aufgrund dessen für diesen tätig geworden sei.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Kammeranwalts.

Dr. ***** hat auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft per 30. September 2015 verzichtet. Da die Berechtigung des Beschuldigten zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft damit gemäß § 34 Abs 1 Z 3 RAO erloschen ist, unterliegt er nicht mehr der Disziplinargewalt der Organe des Rechtsanwaltsstandes. Das Beschwerdeverfahren, war daher in sinngemäßer Anwendung des § 427 Abs 2 zweiter Satz (§ 197 Abs 1) StPO iVm § 77 Abs 3 DSt abzubrechen (vgl 25 Os 1/15g mwN).

Ad 2.): Mit ‑ auch die Verfahrenseinleitung (§ 28 Abs 2 DSt) hinsichtlich eines weiteren Vorwurfs enthaltendem ‑ Beschluss vom 7. Oktober 2014, AZ D 6/14, sah der Disziplinarrat der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer keinen Grund zur Disziplinarbehandlung (§ 28 Abs 3 DSt) des Rechtsanwalts Mag. ***** wegen Berufspflichtenverletzung und Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes hinsichtlich der Vorwürfe, er habe anlässlich des (ergänze: zwischen ihm und Peter P***** erfolgten, zwei Liegenschaften des Genannten betreffenden) Abschlusses eines Kaufvertrags vom 18. Oktober 2013 P***** unter Druck gesetzt, und der vom Beschuldigten gebotene Kaufpreis liege unter der Hälfte des Werts der von ihm gekauften Liegenschaften.

Nach Ausführungen zu einem ohne Ergebnis gebliebenen Zwangsversteigerungsverfahren und zum ‑ auf Schätzgutachten beruhenden ‑ Wert der kaufgegenständlichen Liegenschaften ging der Disziplinarrat davon aus, dass weder von laesio enormis noch einem (unsachlichen, sich zum Nachteil P*****s auswirkenden) Unterdrucksetzen die Rede sein könne.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen gerichtete, die Verfahrenseinstellung nur hinsichtlich des Vorwurfs des Unterdrucksetzens P*****s bekämpfende Beschwerde des Kammeranwalts schlägt fehlt.

Der Disziplinarrat darf mit einem Einstellungsbeschluss nur dann vorgehen, wenn kein Verdacht eines ein Disziplinarvergehen begründendensVerhalten des angezeigten Rechtsanwalts vorliegt. Vom ‑ eine Verfahrenseinstellung rechtfertigenden ‑ Fehlen eines solchen Verdachts ist (im Licht des § 212 Z 2 StPO [§ 77 Abs 3 DSt]) auszugehen, wenn das Tatsachensubstrat Grund zur Annahme bietet, dass seine Dringlichkeit und sein Gewicht nicht ausreichen, um eine Verurteilung des Disziplinarbeschuldigten auch nur für möglich zu halten, und von weiteren Ermittlungen eine Intensivierung des Verdachts nicht zu erwarten ist. Diese Beurteilung ist Sache der Beweiswürdigung des Senats gemäß § 28 DSt, während dem erkennenden Senat gemäß § 30 DSt die Prüfung vorbehalten bleibt, ob sich der Verdacht zum Schuldbeweis verdichtet hat (RIS‑Justiz RS0056973 [T5]).

Der Beschwerde zuwider schließen die Begründungen der beiden Einstellungsbeschlüsse in den zusammenhängenden Disziplinarsachen gegen Dr. ***** und Mag. ***** einander nicht aus, wurde Mag. ***** doch die Ausübung von Druck auf P***** zum Abschluss des Kaufvertrags vom 18. Oktober 2013 und nicht zur Unterfertigung der im Dr. ***** betreffenden Einstellungsbeschluss bezeichneten Schreiben P*****s vom 12. Dezember 2013 und vom 21. Jänner 2014 (in denen dieser behauptete, Mag. ***** nicht bevollmächtigt zu haben) zur Last gelegt.

Nach Lage des Falls ist weder eine Verurteilung, noch ‑ was die Beschwerde im Übrigen nicht einmal (durch konkreten Hinweis auf mögliche Beweisaufnahmen) behauptet ‑ eine Intensivierung des Verdachts gegen Mag. ***** durch weitere Ermittlungen zu erwarten, zumal sich aus der Zeugenaussage P*****s in Bezug auf den gegenständlich ausschließlich relevanten Vorwurf nur ergibt, dass der Beschuldigte erklärt habe, er werde die Zwangsversteigerung der Liegenschaften betreiben, sollte der Kaufvertrag nicht unterfertigt werden. Daraus sind aber ‑ auch in Zusammenhang mit dem gebotenen Kaufpreis ‑ noch keine Anhaltspunkte für ein (unsachliches, sich zum Nachteil P*****s auswirkendes) Unterdrucksetzen abzuleiten. Soweit der Kammeranwalt die Klärung behaupteter Unterdrucksetzung P*****s durch den Beschuldigten zur Unterfertigung von Schreiben vom 12. Dezember 2013 und 21. Jänner 2014 anstrebt, bezieht er sich nicht auf den Gegenstand des bekämpften Beschlusses.

Der Beschwerde war daher keine Folge zu geben.

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