OGH 23Ns2/14t

OGH23Ns2/14t20.3.2014

Über die Ablehnung des Präsidenten des Disziplinarrats der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer im Verfahren AZ D 9/13 ergeht der

Beschluss:

 

Spruch:

Gründe für Befangenheit des Präsidenten des Disziplinarrats Dr. Armin B***** liegen nicht vor.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Befangenheit (Ausgeschlossenheit im Sinn des § 43 Abs 1 Z 3 StPO) liegt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nur bei begründet erscheinender Annahme vor, der Richter (hier: der Präsident des Disziplinarrats) „sei - ungeachtet einer vorläufigen, dem Verfahrensstand angepassten, zumeist unwillkürlich vonstatten gehenden und einer sachgerechten Stoffsammlung keineswegs hinderlichen Meinungsbildung - auch angesichts allfälliger gegenteiliger Verfahrensergebnisse nicht gewillt, seine Einschätzung zu ändern“ (RIS-Justiz RS0096914 [T19]).

Weder der Umstand, dass sich die Rechtsansicht des abgelehnten Organwalters nicht mit jener des Beschuldigten deckt, noch die gesetzeskonforme Erfüllung von Dienstpflichten wie die Begründung einer Entscheidung über einen Vertagungsantrag, sind für sich allein geeignet, dessen Unvoreingenommenheit oder Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen (RIS-Justiz RS0096914 [T20]; zum Ganzen Lässig, WK-StPO § 43 Rz 9 ff).

Der Beschuldigte lehnt den Präsidenten des Disziplinarrats als Senatsvorsitzenden mit der (vagen) Begründung ab, dieser habe bei Ablehnung der Verlegung der Verhandlung eine Rechtsauffassung erkennen lassen, die sich von jener des Beschuldigten unterscheidet. Zudem enthalte der Verweisungsbeschluss eine „vorweggenommene abschließende Würdigung des Sachverhaltes“, wozu „die entscheidende Verwechslung der meldungslegenden Einheit“ (als rechtliche Fehlbeurteilung) komme, was „in Summe zur Befangenheit des Vorsitzenden“ führe.

Nicht einmal Anschein von Hemmnissen der oben angeführten Art, die offenes Herangehen des Senatsvorsitzenden an den Fall zweifelhaft erscheinen lassen könnten, wird damit aufgezeigt, sodass Befangenheitsgründe im Sinn des § 26 DSt nicht vorliegen.

Klarzustellen bleibt, dass - ungeachtet der Frage, in welchem Umfang Art 6 EMRK in Disziplinarverfahren gilt - selbst erwiesene Rechtsfehler oder Ungeschicklichkeiten (über deren Vorliegen vorliegend nicht zu befinden ist) Anschein von Befangenheit für sich allein nicht begründen.

Der nicht weiter substantiierte Hinweis, dass „das Disziplinarstatut selbst Art 6 EMRK verletzt“, wird nicht mit der nach § 26 Abs 5 DSt zu treffenden Entscheidung in Verbindung gebracht, sodass sich die Frage von Normanfechtungsbefugnis (auch bloß) des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs nicht stellt (vgl Art 89 Abs 2 B‑VG idgF; § 5 Abs 1 erster Satz OGHG).

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