European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0220OS00003.15D.1201.000
Spruch:
Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Erkenntnis aufgehoben und der Disziplinarbeschuldigte vom Vorwurf, er habe
a) trotz seiner vorbehaltslosen Pauschalierung des Honorars der Kanzlei Dr. H***** für die Vertretung des Gostimir M***** im Verfahren AZ 26 Hv 14/13g des Landesgerichts Innsbruck mit 1.000 Euro letztlich ein restliches Honorar in Höhe von 1.379 Euro verlangt und in weiterer Folge trotz anderslautender Vereinbarung die Einklagung eines restlichen Honorars durch die Kanzlei Dr. H***** zu AZ 15 C 555/13h des Bezirksgerichts Innsbruck veranlasst, sowie
b) trotz seiner vorbehaltslosen Pauschalierung des Honorars der Kanzlei Dr. H***** für die Vertretung der Samantha D***** im Verfahren AZ 16 St 125/13a der Staatsanwaltschaft Innsbruck mit 900 Euro mit Schreiben vom 5. November 2013 einen Restbetrag von 1.049,18 Euro (1.349,19 Euro ‑ 300 Euro) geltend gemacht, gemäß § 38 Abs 1 DSt
freigesprochen.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Dr. ***** wegen des aus dem Spruch erhobenen Vorwurfs (richtig:) der Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes schuldig erkannt und zu einer Geldbuße von 500 Euro verurteilt.
Dagegen richtet sich seine Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld (vgl RIS‑Justiz RS0128656 [T1]) und (implizit; § 49 DSt) Strafe, auf deren umfangreiche Argumentation sich ein Eingehen erübrigt, weil sich der Oberste Gerichtshof aus deren Anlass davon überzeugte, dass selbst bei Ausgehen von den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses sämtliche Voraussetzungen mangelnder Strafwürdigkeit der Tat nach § 3 DSt vorliegen (§ 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO).
Die Schuld des Rechtsmittelwerbers ist im Vergleich zu Durchschnittsfällen überhöhter Kostenforderungen gering ( Feil/Wennig , Anwaltsrecht 8 § 3 DSt, S 883).
Zwar hat sich ein Rechtsanwalt ‑ wie der Disziplinarrat zutreffend ausführt ‑ bei der Legung von Honorarnoten an Klienten peinlichster Genauigkeit zu befleißigen und sind grundsätzlich diesbezügliche Pauschalvereinbarungen bindend (RIS‑Justiz RS0055940).
Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Disziplinarbeschuldigte Gostimir M*****, dessen Freispruch in einem Strafverfahren er erzielte, einen Betrag von ca 1.000 Euro als hiefür anfallende Kosten nannte und letztlich nach Anbot einer betreffenden Pauschalierung unter Berücksichtigung des geleisteten Beitrags zu den Kosten der Verteidigung nach § 393a StPO 1.349 Euro nach mehrmals erfolgloser Urgenz von Zahlungen forderte und letztlich einklagte (ES 5), so handelt es sich bloß um eine marginal höhere Einforderung in Bezug auf eine adäquat erbrachte Leistung.
Gleiches gilt hinsichtlich des Faktums b): Diese Klientin hatte er als Geschädigte in einem Strafverfahren vertreten, welches in der Folge wegen Auslandsaufenthalts des Beschuldigten abgebrochen wurde (und überdies Korrespondenz und Kommissionen in einem Verwaltungsverfahren zwecks Erreichung eines Einreiseverbots gegen jenen vorgenommen). Wenn nun D***** mit dem Disziplinarbeschuldigten eine Pauschalvereinbarung über 900 Euro an Kosten für dessen Vertretung abschloss, in der Folge die erste der bedungenen Raten von 300 Euro verspätet und die weiteren gar nicht mehr leistete, kann in der Forderung von weiteren 449,19 Euro für auch hier erfolgreiches Einschreiten bloß ein geringer Sorgfaltsverstoß erblickt werden.
Zu berücksichtigen ist weiters, dass der Disziplinarbeschuldigte bloß als Konzipient beschäftigt ist, mithin der Führung seines rechtsanwaltlichen Arbeitgebers unterliegt.
Hinsichtlich beider Fakten sind ‑ wie aus den oben beschriebenen Summen erhellt ‑ nur unbedeutende Folgen entstanden; zu b) wurde die Forderung beglichen, zu a) befindet sie sich im Exekutionsstadium.
Berücksichtigt man das disziplinär bislang nicht getrübte Vorleben des Disziplinarbeschuldigten, so erweist sich schon sein Aufwand im Disziplinarverfahren und dessen lange Dauer bei ungewissem Sachausgang als hinreichend spezialpräventiv.
Die besondere Lage des Einzelfalls (der „Sammelanzeige“ lagen angebliche Ausführungen von drei Personen zugrunde, deren Unterschriften gefälscht worden waren) gebietet auch keine Sanktionierung aus Rücksichten der Generalprävention.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)