European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0200OS00009.14W.0219.000
Spruch:
In Stattgebung der Berufung sowie aus deren Anlass wird das angefochtene Erkenntnis, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, in Ansehung aller Disziplinarbeschuldigten ‑ auch hinsichtlich Rechtsanwältin Priv. Doz. Mag. Dr. ***** - aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:
Dr. *****, Mag. *****, Mag. *****, Mag. *****, Mag. ***** M.B.L.‑HSG, Mag. *****, Mag. *****, MMag. Dr. ***** LL.M., Mag. *****, Dr. ***** und Priv. Doz. Mag. Dr. ***** werden von dem wider sie erhobenen Vorwurf, sie hätten ‑ und zwar Mag. ***** seit 17. 03. 2011, Mag. ***** seit 01. 01. 2005, Mag. ***** seit 01. 07. 2011, Mag. ***** seit 01. 11. 2008, Mag. ***** seit 07. 07. 2011, MMag. Dr. ***** seit 17. 01. 2008, Mag. ***** seit 12. 04. 2007, Dr. ***** seit 01. 08. 2007 und Priv. Doz. Mag. Dr. ***** seit 01. 02. 2012 sowie Dr. ***** und Mag. ***** seit 01. 01. 2005 (einverständlich mit den jeweils angeführten Disziplinarbeschuldigten) bis zur Auflösung der ***** Rechtsanwälte GesbR, Code: *****, am 28. 02. 2013 ‑ obwohl nur die Rechtsanwälte Dr. ***** und Mag. ***** Gesellschafter der ***** Rechtsanwälte GesbR mit Sitz in *****, waren, nicht jedoch die anderen Genannten, die nicht Gesellschafter der ***** Rechtsanwälte GesbR waren, sondern von dieser nur durch Substitutionsvollmachten beschäftigt wurden, im gesamten Auftritt ‑ sei es am Briefpapier oder im Internet www.jura.at ‑ den täuschenden Eindruck erweckt, als wären auch die anderen, obwohl Nichtgesellschafter, Gesellschafter der ***** Rechtsanwälte GesbR, und sich dadurch einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil verschafft,
freigesprochen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen ‑ auch einen rechtskräftigen Freispruch enthaltenden und hinsichtlich Priv. Doz. Mag. Dr. ***** gänzlich in Rechtskraft erwachsenen ‑ Erkenntnis wurden Dr. *****, Mag. *****, Mag. *****, Mag. *****, Mag. ***** M.B.L.‑HSG, Mag. *****, Mag. *****, MMag. Dr. ***** LL.M., Mag. *****, Dr. ***** und Priv. Doz. Mag. Dr. ***** wegen des im Spruch näher bezeichneten Verhaltens des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes (§ 1 Abs 1 zweiter Fall DSt) schuldig erkannt und gemäß § 39 DSt von der Verhängung einer Disziplinarstrafe abgesehen.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die gemeinsam ausgeführte Berufung sämtlicher ‑ ausgenommen Priv. Doz. Mag. Dr. ***** - Disziplinarbeschuldigten wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO) und wegen des Ausspruchs über die Schuld.
Der Kammeranwalt beantragte in seiner Gegenäußerung, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Zutreffend wenden die Berufungswerber ein (§ 281 Z 9 lit a StPO), dass fehlende Angaben zur Gesellschaftereigenschaft der einzelnen Disziplinar-beschuldigten am Briefpapier und beim Internet‑Auftritt der ***** Rechtsanwälte GesbR, der nur zwei der Disziplinarbeschuldigten als Gesellschafter angehörten, und von der die weiteren Disziplinarbeschuldigten als eingetragene Rechtsanwälte durch Substitutionsvollmachten beschäftigt wurden, den Vorwurf eines Verstoßes gegen § 45 RL‑BA nicht zu begründen vermag.
Die im angefochtenen Erkenntnis herangezogenen Erwägungen aus der Entscheidung der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission vom 20. 12. 1993, 6 Bkd 2/93 (AnwBl 1995, 263), wonach durch die Anführung auch von in einer Kanzlei tätigen Rechtsanwaltsanwärtern unter der (für Laien nicht ohne weiteres erkennbaren) Angabe „RAA“ das Verständnis eines Zusammenschlusses einer größeren als tatsächlichen Anzahl von Rechtsanwälten (neben Vortäuschen einer einem Rechtsanwalt vergleichbaren Qualifikation) bewirken kann, sind auf das gegenständliche Tatsachensubstrat nicht übertragbar.
Ausgehend von der in Österreich bestehenden Übung, wonach auf dem Briefpapier einer Rechtsanwalts-Gesellschaft neben den Namen deren Gesellschafter auch solche eingetragenen Rechtsanwälte, die mit dieser ständig etwa im Rahmen einer Substitutionsvollmacht zusammenarbeiten, ohne Verdeutlichung deren fehlenden Gesellschaftereigenschaft angeführt werden (vgl Feil/Wennig, Anwaltsrecht8 860; RIS‑Justiz RS0055188, zuletzt 20 Os 6/14d), setzte die Erweckung eines falschen, dem Wahrheitsgebot des § 45 Abs 2 RL‑BA widerstreitenden Verständnisses über die Größe eines solchen Zusammenschlusses den Nichtbestand (zumindest) einer derartigen Einbindung der Nichtgesellschafter in die Organisation der Rechtsanwalts‑Gesellschaft (was bis zu deren konkludenten Erweiterung gehen kann) voraus, was dem angefochtenen Erkenntnis jedoch nicht zu entnehmen ist (zur Zusammenarbeit vielmehr ausdrücklich ES 5).
Demzufolge kann aber die inkriminierte Gestaltung des Außenauftritts durch die Disziplinarbeschuldigten das Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes bereits mangels Vorliegen eines objektiven Verstoßens gegen eine gefestigte Standesauffassung nicht verwirklichen, weshalb hinsichtlich der Disziplinarbeschuldigten Dr. *****, Mag. *****, Mag. *****, Mag. *****, Mag. ***** M.B.L.‑HSG, Mag. *****, Mag. *****, MMag. Dr. ***** LL.M., Mag. ***** und Dr. ***** in der Sache selbst mit Freispruch vorzugehen war, ohne dass es erforderlich gewesen wäre, auf die weiteren Ausführungen der Berufung einzugehen.
Aus Anlass der von den Disziplinarbeschuldigten ergriffenen Berufung konnte sich der Oberste Gerichtshof (§ 290 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StPO iVm § 77 Abs 3 DSt) davon überzeugen, dass dieselben Gründe, auf denen der Freispruch zugunsten der Rechtsmittelwerber beruht, auch der Disziplinarbeschuldigten Priv. Doz. Mag. Dr. *****, die gegen das angefochtene Erkenntnis kein Rechtsmittel ergriff, zustatten kommen. Die aufgezeigte Nichtigkeit war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ zu deren Gunsten von Amts wegen wahrzunehmen.
Eine Einsichtnahme in die Liste der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer betreffend Wiedereintragungen im Jahr 2014 hat ergeben, dass Priv. Doz. Mag. Dr. ***** nach deren Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft mit Ablauf des 31. 07. 2014 (TZ 67) seit 18. 12. 2014 neuerlich in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen ist und damit seit diesem Zeitpunkt wieder der standesrechtlichen Aufsicht der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer unterliegt. Es war daher auch in Ansehung dieser Disziplinarbeschuldigten mit einer meritorischen Entscheidung und sohin mit einem Freispruch vorzugehen.
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